TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/3 2007/10/0266

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Veröffentlicht am 03.10.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApBO 2005 §25 Abs2;
ApG 1907 §29 Abs1;
ApG 1907 §29 Abs2;
ApG 1907 §29 Abs3;
ApG 1907 §29 idF 2006/I/041;
ApG 1907 §29;
ApG 1907 §62a Abs3 idF 2006/I/041;
AVG §67d Abs4;
MRK Art6 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der C-Apotheke Mag. pharm. C L KG in Pasching, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10- 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Oktober 2006, Zl. VwSen- 590147/2/WEI/Ps, betreffend Bewilligung der Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (mitbeteiligte Partei: Dr. E K in H, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. des im Instanzenzug ergangenen Bescheides vom 23. Oktober 2006 hat die belangte Behörde der Mitbeteiligten die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke an einem bestimmt bezeichneten Berufssitz in Pasching als Nachfolgerin von Dr. H. erteilt und dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.

Zur Begründung führte die belangte Behörde dazu - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, die Mitbeteiligte, eine Ärztin für Allgemeinmedizin, habe am 21. Oktober 2005 die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke als Nachfolgerin von Dr. H., der seinen Berufssitz in 4061 Pasching, S-straße 33, habe, beantragt. Dazu habe sie vorgebracht, dass Dr. H. seine Kassenverträge mit 31. Dezember 2005 zurücklegen und seine ärztliche Tätigkeit einstellen werde. Mit 1. Jänner 2006 werde sie die Kassenplanstelle von Dr. H. übernehmen. Die Entfernung zwischen ihrem Berufssitz und der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke, der Apotheke der Beschwerdeführerin im Einkaufszentrum P.-City, betrage mehr als vier, jedoch weniger als sechs Straßenkilometer. Die Ärztekammer habe dazu am 1. Dezember 2005 bestätigt, dass die Mitbeteiligte beabsichtige, ihre Ordination als Ärztin für Allgemeinmedizin mit 1. Jänner 2006 in 4061 Pasching, S-straße 33, zu betreiben.

Die Gemeinde Pasching habe am 13. Jänner 2006 ablehnend Stellung genommen und ausgeführt, dass die Entfernung von der Adresse S-straße 33 bis zur Apotheke der Beschwerdeführerin 4 km betrage. Nach dieser Bestätigung bestehe die Gemeinde Pasching zum einen aus dem alten Ort Pasching mit mehreren Streusiedlungen, darunter auch Wagram, und zum anderen aus dem seit den 1950er-Jahren entstandenen Ortsteil Langholzfeld. Im Ortsteil Langholzfeld herrsche Wohnbebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern vor. Es bestehe hier eine eigene Infrastruktur mit Schulen, Kindergärten, Hort, Krabbelstube, Gemeindeverwaltung, Seniorenwohnheim, Kirche, Gastgewerbebetrieben, Geschäften und Ärzten. Der Ortsteil Pasching samt den genannten Streusiedlungen sei von bäuerlicher Struktur geprägt, wobei auch hier in den letzten Jahren viele Einfamilienhäuser und mehrgeschossige Wohnbauten dazugekommen seien. Auch hier gebe es eine eigene Infrastruktur mit Schule, Kirche, Hort, Kindergarten, Rathaus, Veranstaltungszentrum, Gewerbebetrieben und Geschäften. Zudem befinde sich hier das Einkaufszentrum P.-City und eine Vielzahl von Betrieben.

Mit Eingabe vom 1. Februar 2006 habe die Mitbeteiligte vorgebracht, dass sie seit 1. Jänner 2006 jeden Mittwoch von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr als Wahlärztin in den Ordinationsräumen von Dr. H. tätig sei. Dr. H. werde seine Tätigkeit erst mit 31. März 2006 einstellen. Ab 1. April 2006 werde sie Vertragspartnerin der Krankenkassen sein. In der Zwischenzeit habe sie die Liegenschaft mit der voraussichtlichen Grundstücksadresse S-straße 28 gegenüber der Ordination von Dr. H. erworben. Da sie die Ordinationsräume von Dr. H. nur mehr zeitlich begrenzt nutzen könne, werde sie auf ihrem Grundstück zunächst Container aufstellen und dort ihre Ordination betreiben. In der Folge werde sie dort ein Gebäude errichten, in dem sie ihre Ordination zu betreiben plane.

Am 8. Februar 2006 habe die Behörde erster Instanz die Kundmachung des Ansuchens der Mitbeteiligten veranlasst.

Mit Einspruch vom 2. März 2006 habe die Beschwerdeführerin das Vermessungsgutachten von DI S. vorgelegt. Nach diesem Gutachten betrage die kürzerste Entfernung auf ganzjährig befahrbaren öffentlichen Straßen zwischen der Ordination von H. und dem Eingang in die P.-City beim Kreisverkehr 3,99 km.

Mit Eingabe vom 13. April 2006 habe die Mitbeteiligte eine Wegstreckenermittlung mit Plandarstellung von DI K. vorgelegt. Nach diesem Gutachten betrage die Durchschnittsentfernung zwischen der Ordination und dem Nachtschalter der Apotheke der Beschwerdeführerin an der Ostseite der P.-City 4,55 km.

Mit Eingabe vom 26. April 2006 habe die Mitbeteiligte der Behörde berichtet, dass sie am 25. April 2006 die Baugenehmigung zur Errichtung ihrer Ordination in Containern an der Anschrift Sstraße 28 erhalten habe und sie dort die Ordination Anfang Juni 2006 eröffnen werde. Mit weiterer Eingabe vom 16. Mai 2006 habe die Mitbeteiligte vorgebracht, von 1. Jänner bis 31. März 2006 ihre ärztliche Tätigkeit in der Ordination von Dr. H. als Wahlärztin ausgeübt zu haben. Dies habe sie auch der Ärztekammer gemeldet. Zwischenzeitig seien die Arbeiten zur Errichtung ihrer Ordination in der S-straße 28 voll im Gang und kurz vor dem Abschluss. Mit weiterer Eingabe vom 18. Mai 2006 habe die Mitbeteiligte vorgebracht, dass ihre Stelle von der Ärztekammer als Nachfolge von Dr. H. ausgeschrieben worden sei. Sie habe bereits den Kassenvertrag mit der Gebietskrankenkasse unterzeichnet. Mit den anderen Kassen stehe sie bereits seit 1. April 2006 in einem Vertragsverhältnis als Nachfolgerin von Dr. H. Patienten dieser Kassen würden bereits von ihr betreut.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2006 habe die Behörde erster Instanz den Antrag der Mitbeteiligten mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass ein Nachweis über die Eröffnung einer Ordination und somit über das Vorhandensein eines Berufssitzes nicht vorgelegt worden sei.

Dieser Bescheid sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 2006 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur Durchführung einer Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen worden.

Mit Eingabe vom 25. August 2006 habe die Mitbeteiligte das Schreiben einer Datenverarbeitungsgesellschaft vorgelegt, in dem bestätigt werde, dass die Mitbeteiligte sämtliche Daten der EDV-Anlage von Dr. H., insbesondere auch die Patientendokumentation, übernommen habe. Im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 17. August 2006 habe die Mitbeteiligte bereits 759 Patienten aus dem Patientenstamm von Dr. H. behandelt. Weiters habe die Mitbeteiligte eine eidesstättige Erklärung ihres Ehegatten vorgelegt, dass die Ordination in der S-straße 28 bereits am 17. Mai 2006 eröffnet worden sei.

Die Behörde erster Instanz habe am 31. August 2006 eine Verhandlung in Anwesenheit der Parteien bzw. ihrer Vertreter sowie von Vertretern der Österreichischen Apothekerkammer und der Ärztekammer für Oberösterreich durchgeführt. Dieser Verhandlung sei ein Amtsachverständiger für Vermessungstechnik beigezogen worden, der einen als Beilage zur Verhandlungsschrift genommenen vermessungstechnischen Bericht über die Ermittlung der Wegstrecken zwischen der Ordination der Mitbeteiligten und der Apotheke der Beschwerdeführerin mit Luftbildern und einer Fotodokumentation erstattet habe.

Mit Eingabe vom 28. August 2006 habe die Beschwerdeführerin schließlich die Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz wegen behaupteter Befangenheit abgelehnt.

Festzuhalten sei, dass die von der Beschwerdeführerin beantragte mündliche Verhandlung nicht erforderlich sei, weil es im gegenständlichen Verfahren nur um die Lösung strittiger Rechtsfragen gehe und alle Argumente bereits mehrfach in Schriftsätzen und in der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz vom 31. August 2006 vorgetragen worden seien. Die technischen Fragen seien durch die vorliegenden Gutachten und vermessungstechnischen Berichte der Privatgutachter und des beigezogenen Amtsachverständigen hinreichend geklärt. Widersprüche in tatsächlicher Hinsicht lägen nicht vor. Es bestünden nur unterschiedliche Auffassungen über die Rechtsfrage, bis zu welchem Endpunkt die Entfernung zu messen sei. Diese Rechtsfrage sei überdies bereits im ersten Rechtsgang geklärt worden. Der Verhandlungsantrag sei eine konsequente Fortsetzung der Verzögerungstaktik der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin sei bestrebt gewesen, das Verfahren über den 31. Oktober 2006 hinaus zu verzögern, weil nach diesem Stichtag auf Grund der neuen Rechtslage eine Bewilligung der beantragten Hausapotheke unmöglich sei. Dafür spreche, dass die Beschwerdeführerin nach der am 11. August 2006 zugestellten Ladung erst am 22. August die Verlegung der für den 31. August anberaumten Verhandlung beantragt habe. Dabei habe die Beschwerdeführerin nicht nur einen Urlaub des Konzessionärs, sondern auch einen Urlaub des ausgewiesenen Rechtsvertreters und eine angeblich untersagte Substitution ins Treffen geführt. Wie sich dann herausgestellt habe, habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 31. August 2006 in Begleitung eines Gesellschafters der Beschwerdeführerin an der Verhandlung teilnehmen können. Auch der am 28. August 2006 eingebrachte Schriftsatz zur Ablehnung der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz Dr. R. unter Hinweis auf eine von dieser Sachbearbeiterin etwa fünf Monate zuvor angeblich gemachte Äußerung ziele offenbar darauf ab, eine Verzögerung des Verfahrens zu erreichen. Die Sachbearbeiterin habe angeblich am 22. März 2006 geäußert, dass sie es selbst gerne hätte, wenn sie anlässlich des Arztbesuches die Medikamente gleich mitnehmen könnte. Dieser Befangenheitsantrag erscheine sowohl inhaltlich und zeitlich als auch im Hinblick darauf, dass die Behörde erster Instanz den Antrag zunächst am 19. Mai 2006 ohnehin abgewiesen habe, völlig unbegründet. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass das Recht, eine weitere Verhandlung im Berufungsverfahren zu beantragen, im vorliegenden Fall missbräuchlich ausgeübt werde, weil es der belangten Behörde nicht möglich gewesen wäre, die Sache so kurzfristig zu verhandeln, dass die Entscheidung noch vor dem 31. Oktober 2006 hätte erlassen werden können. Nach der Rechtsprechung des EGMR seien die Anforderungen des Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung erfüllt, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder technische Fragen betreffe. § 29 Abs. 2 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006, stelle für die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke durch den Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes nur auf eine zwischen vier und sechs Straßenkilometern gelegene Entfernung zur Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke ab. Im Unterschied zum Bewilligungstatbestand gemäß § 29 Abs. 1 ApG in der erwähnten Fassung werde die Bedingung, dass sich in der Ortschaft des ärztlichen Berufssitzes keine öffentliche Apotheke befinden dürfe, nicht genannt. Abgesehen davon sei die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die P.-City ein Teil der Ortschaft Pasching sei, nach der Aktenlage eindeutig widerlegbar. Schon ein Blick auf den Ortsplan oder in die aktenkundigen Luftbilder zeige, dass die von der Gemeinde Pasching vertretene Ansicht, dass die P.- City zur einige Straßenkilometer entfernt gelegenen Ortschaft Pasching zu zählen sei, offensichtlich falsch sei. Aus sämtlichen Karten, Plänen und Luftbildern sei ersichtlich, dass die Streusieldung Wagram in unmittelbarer Nähe zur Ortschaft Langholzfeld und nicht zur Ortschaft Pasching situiert sei. Der Umstand, dass Wagram mangels ausreichender Infrastruktur nicht als eigenständige Ortschaft gelten könne, könne nicht dazu führen, dass diese Streusieldung zur Ortschaft Pasching zu rechnen sei. Schon der Ortsplan der Gemeinde Pasching zeige, dass Wagram zu einem geschlossenen Siedlungsgebiet mit Langholzfeld, das unstrittig eine eigene Infrastruktur aufweise, zusammengewachsen sei. Getrennt würden diese Siedlungen nur durch die Kremstal-Bundesstraße, an der auch die P.-City liege. Selbst aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gesamtplan der P.-City gehe eindeutig hervor, dass sich gegenüber der P.-City auf der anderen Straßenseite der Kremstal-Bundesstraße bereits das Siedlungsgebiet von Langholzfeld befinde. Diese Umstände seien dem erkennenden Mitglied der belangten Behörde, das über ausreichende Ortskenntnisse verfüge, im Übrigen auch aus eigener Wahrnehmung bekannt.

Die Mitbeteiligte sei von 1. Jänner bis 31. März 2006 an einem Tag in der Woche als Wahlärztin in der Ordination von Dr. H. tätig gewesen. Nach Zurücklegung der ärztlichen Tätigkeit von Dr. H. mit 31. März 2006 habe sie ab 1. April 2006 vorübergehend über keine Ordination in Pasching verfügt. Erst am 17. Mai 2006 habe sie auf dem der Ordination von Dr. H. gegenüber liegenden Grundstück mit der Adresse S-straße 28 zunächst in Containern ihre eigene Ordination eröffnet. An dieser Adresse seien die Voraussetzungen für das Vorliegen eines ärztlichen Berufssitzes vorhanden. Dies sei beim Ortsaugenschein vom 31. August 2006 festgestellt worden und werde nicht bestritten.

Auch die Eigenschaft der Mitbeteiligten als Nachfolgerin von Dr. H. habe erwiesen werden können. Die Ärztekammer habe mit Schreiben vom 21. August 2006 bestätigt, dass die Mitbeteiligte auf Grund der "Kassenrücklegung" von Dr. H. die direkte Nachfolge dieses Arztes angetreten habe. Die Ausschreibung sei nach den Richtlinien für die Auswahl von Vertragsärzten erfolgt; die Mitbeteiligte habe als Erstgereihte die Kassenverträge bekommen. Aus dem von der Mitbeteiligten vorgelegten Schreiben einer Datenverarbeitungsgesellschaft ergebe sich, dass die Mitbeteiligte die Patientendaten von Dr. H. übernommen und von 1. Juni bis 17. August 2006 bereits 759 ehemalige Patienten von Dr. H. behandelt habe.

Der Umstand, dass die Mitbeteiligte die Adresse des in Aussicht genommenen Berufssitzes am 1. Februar 2006 von Sstraße 33 auf S-straße 28 geändert habe, stelle eine rechtlich zulässige und praktisch bedeutungslose Modifikation des Antrages dar. Aus dem vermessungstechnischen Bericht des Amtsachverständigen ergebe sich, dass der Fahrweg von der Adresse S-straße 33 bis zur Apotheke der Beschwerdeführerin ebenso lang sei wie der Fahrweg von der Adresse S-straße 28. Lediglich der Fußweg zwischen dem Eingang zur Ordination und dem Fahrzeug sei bei der Adresse S-straße 28 um 4,6 m weiter.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin habe die Mitbeteiligte im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht über einen Ordinationssitz verfügen müssen. Für die Belange eines Verfahrens nach § 29 Abs. 2 ApG genüge es, die Ordination des Vorgängers zu benennen und auf die Nachfolgeeigenschaft hinzuweisen. Die Mitbeteiligte habe darüber hinaus bereits Anfang Februar 2006 ihre Absicht angekündigt, die Ordination an der Adresse S-straße 28 zu eröffnen, womit sie ihren ursprünglichen Antrag entsprechend modifiziert habe.

Nach der Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 3 ApG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 sei auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle (29. März 2006) anhängige Verfahren bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 die alte Rechtslage weiterhin anzuwenden. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin gelte das auch für anhängige Verfahren zur Bewilligung der Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.

Die belangte Behörde habe bereits im ersten Rechtsgang die Auffassung vertreten, dass die Entfernung nach Straßenkilometern von der Ordination der Mitbeteiligten nicht bis zu irgendeinem Eingang in die P.-City, sondern bis zum Eingang in die Betriebsstätte der Apotheke der Beschwerdeführerin zu messen sei. Anhaltspunkte für eine sachgerechte Auslegung könnten dabei aus der Apothekenbetriebsordnung 2005, BGBl. II Nr. 65/2005, gewonnen werden. Gemäß § 25 Abs. 2 dieser Verordnung seien beim Eingang in eine öffentliche Apotheke oder in dessen unmittelbarer Nähe eindeutig erkennbar

1. eine Einrichtung zum Herbeirufen des dienstbereiten Apothekers /der dienstbereiten Apothekerin bzw. ein Hinweis, wie der diensthabende Apotheker/die diensthabende Apothekerin erreichbar sei,

2. ein Hinweis auf die Betriebs- und Bereitschaftsdienstzeiten der Apotheke,

3. außerhalb der Betriebs- und Bereitschaftsdienstzeiten ein Hinweis auf die nächsten dienstbereiten Apotheken und

4. die Bereitschaftsdienstausgabe

einzurichten. Aus dieser Bestimmung ergebe sich auch für den Anwendungsbereich des § 29 ApG, wo sich der Eingang zur Betriebsstätte einer Apotheke befinde. Dort wo sich die für den Eingangsbereich der Apotheke vorgeschriebenen Einrichtungen befänden, sei mangels anderer Regelung im ApG der Eingang zur Betriebsstätte anzunehmen. Deshalb sei die auf der Straße zurückzulegende Entfernung von der Ordinationsstätte bis zur Bereitschaftsdienstausgabe der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke maßgeblich und der Entscheidung über die beantragte Hausapothekenbewilligung zu Grunde zu legen. Diese rechtlichen Vorgaben habe die Behörde erster Instanz beachtet und dem Amtsachverständigen den Auftrag erteilt, den "Tagweg" zu den Geschäftszeiten bis zum Eingang in die P.-City mit Zugang zur Apotheke und den "Nachtweg" bis zum Eingang bei der Nachtglocke der Apotheke zu berechnen. Diese Berechnung habe ergeben, dass sämtliche Fahrwege klar über der Grenze von vier Straßenkilometern liegen. Eines Rückgriffs auf Fußwege bedürfe es daher nicht. Aus diesem Grund gehe der Einwand der Beschwerdeführerin, dass Fußwege innerhalb der P.-City nicht mitgerechnet werden dürften, ins Leere. Der Amtsachverständige habe bei der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2006 das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten als vermessungstechnisch richtig bezeichnet. Zu einem anderen Ergebnis sei dieses Gutachten nur deshalb gekommen, weil dem Privatgutachter vorgegeben worden sei, die Entfernung lediglich bis zur Einfahrt in die P.-City beim Kreisverkehr zu bestimmen.

Da die Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 ApG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 somit gegeben seien, sei der Mitbeteiligten die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke als Nachfolgerin von Dr. H. zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2007, B 2019/06, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "insbesondere" wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Dazu bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 3 ApG auf das vorliegende Verfahren nicht anzuwenden sei. Die damit normierte Anwendbarkeit der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 auf anhängige Verfahren bis zum 31. Oktober 2006 sei eine Folge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, G 1305 u.a., und beziehe sich daher nur auf Verfahren nach Bestimmungen, die vom Verfassungsgerichtshof mit diesem Erkenntnis aufgehoben worden seien. Da dies auf das Verfahren zur Bewilligung der Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nicht zutreffe, seien solche Verfahren ohne Übergangsfrist nach der neuen Rechtslage fortzuführen. Weiters ergebe sich aus § 62a Abs. 4 ApG, der ausdrücklich von "anhängigen Konzessionsverfahren" spreche, dass sich auch der Abs. 3 dieser Bestimmung nur auf Konzessionsverfahren beziehe.

Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens sei abzuleiten, dass die Mitbeteiligte ihre Ordination nicht bereits am 17. Mai 2006, sondern erst am 1. Juni 2006 eröffnet habe. Ein vollständiger Antrag auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke könne - ebenso wie bei der Beantragung einer Apothekenkonzession - erst vorliegen, wenn sämtliche Daten und Nachweise der Innehabung der genannten Betriebsstätte vorlägen. Das Vorhandensein eines Berufssitzes sei somit Voraussetzung für die Stellung des gegenständlichen Antrages gewesen. Da die Mitbeteiligte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 mit 29. März 2006 über keinen Berufssitz verfügt habe, hätte die belangte Behörde nicht von einem zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren ausgehen dürfen.

Dass es sich bei der P.-City um einen Teil der Ortschaft Pasching handle, ergebe sich aus einer Bestätigung der Gemeinde. Die Behörde hätte Widersprüche dieser Bestätigung mit anderen Beweisergebnissen in einer anzuberaumenden Berufungsverhandlung aufzuklären gehabt.

Die Entfernung zwischen der Ordination der Mitbeteiligten und dem nächstgelegenen Beginn der P.-City betrage weniger als 4 km. Da das Gesetz ausdrücklich auf Straßenkilometer abstelle, komme es nur auf die mittels Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen zurückzulegenden Strecken an. Die belangte Behörde habe sich mit der Frage nicht auseinandergesetzt, was zu gelten habe, wenn ein Teil der gesamten Fahrstrecke nicht auf öffentlichen Straßen zurückgelegt werden könne, sondern - wie vorliegend - nur auf Privatgrund der P.-City. (Die Beschwerdeführerin gesteht jedoch in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde ausdrücklich zu, dass die Fahrstrecke unter Berücksichtigung der mit einem Pkw innerhalb der P.-City zurückzulegenden Wege mehr als vier Straßenkilometer beträgt.)

Die belangte Behörde habe den Antrag auf Ablehnung der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz als Verzögerungstaktik abgetan, ohne sich in einer Berufungsverhandlung damit auseinander zu setzen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die Mitbeteiligte - eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 29 Abs. 1 bis Abs. 3 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 hat folgenden Wortlaut:

"§ 29. (1) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

(2) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist auf Antrag dem Nachfolger eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer beträgt.

(3) Verlegt ein Arzt für Allgemeinmedizin seinen Berufssitz in eine andere Ortschaft, so erlischt die für den vorherigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke."

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, G 13/05 u.a., Slg. 17.682, mehrere Bestimmungen des ApG, darunter eine Wortfolge in § 29 Abs. 4 aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Oktober 2006 in Kraft tritt.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 wurden Ersatzregelungen geschaffen, wobei die ärztliche Hausapotheken betreffenden Bestimmungen der §§ 28 und 29 ApG zur Gänze neu formuliert wurden. Dabei ist u.a. die - vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehobene -

in § 29 Abs. 2 ApG geregelte Privilegierung von Nachfolgern hausapothekenführender Ärzte im Bewilligungsverfahren weggefallen. Diese Novelle ist am 29. März 2006 (dem Tag nach ihrer Kundmachung) in Kraft getreten. Nach der Übergangsregelung des § 62a Abs. 3 ApG ist jedoch auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle anhängige Verfahren bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 die bisherige Rechtslage weiterhin anzuwenden.

Nach ihrem umfassenden Wortlaut ("anhängige Verfahren") ist diese Übergangsbestimmung auf alle Verfahren nach dem ApG anzuwenden, somit auch auf Verfahren zur Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke. Dass § 62a Abs. 4 ApG eine Regelung für im Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Novelle anhängige und am 31. Oktober 2006 noch nicht abgeschlossene Apothekenkonzessionsverfahren trifft, spricht ebenso wenig wie der Hinweis in den Materialien (Abänderungsantrag AA-202 XXII. GP) auf die vom Verfassungsgerichtshof gesetzte Frist für die Schaffung einer Ersatzregelung dafür, § 62a Abs. 3 ApG nur auf Apothekenkonzessionsverfahren anzuwenden. Zum einen wäre zu erwarten, dass der Gesetzgeber eine von ihm gewollte eingeschränkte Anwendbarkeit von § 62a Abs. 3 ApG im Gesetzestext - ebenso wie im darauffolgenden Absatz - durch die Verwendung des Wortes "Konzessionsverfahren" (anstelle von "Verfahren") zum Ausdruck gebracht hätte. Zum anderen kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe für anhängige Konzessionsverfahren die vom Verfassungsgerichtshof für die Umsetzung gesetzte Frist voll ausschöpfen, für die vom genannten Verfassungsgerichtshoferkenntnis nicht betroffenen anhängigen Verfahren zur Bewilligung einer Hausapotheke jedoch gar keine Übergangsregelung vorsehen wollen.

Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, dass am 29. März 2006 anhängige Verfahren zur Bewilligung der Haltung einer ärztlichen Hausapotheke für den Nachfolger eines haushaltsapothekenführenden Arztes gemäß § 62a Abs. 3 ApG bis 31. Oktober 2006 nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 fortzuführen sind.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für den Inhalt des Begriffes "Nachfolger eines praktischen Arztes" in § 29 Abs. 2 ApG in der hier anzuwendenden Fassung in erster Linie die Identität des Patientenkreises maßgebend. Unter diesem Aspekt wird auch eine gewisse zeitliche Nahebeziehung zur Tätigkeit des Vorgängers zu fordern sein, also eine Zeitspanne, innerhalb derer sich nach der Lebenserfahrung noch keine dauerhafte Bindung der Patienten an andere Ärzte in der Ortschaft oder deren Umgebung einstellt, was zur Folge hätte, dass der neue Arzt praktisch mit dem Neuaufbau des Patientenkreises beginnen müsste. Bei gegebener Standortidentität ist die Nämlichkeit des Ordinationssitzes nicht wesentlich; ebenso wenig die Übernahme von Betriebsmitteln, etwa der Ordinationseinrichtung (vgl. etwa die Erkenntnis vom 29. Mai 1995, Zl. 93/10/0138, Slg. 14.261A, und vom 22. April 2002, Zl. 99/10/0067, Slg. 15.812A). Im erstgenannten Erkenntnis kam der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass ein Zeitraum von neun Monaten zwischen der Aufgabe der ärztlichen Berufsausübung durch den Vorgänger und der Eröffnung der Ordination durch den neuen Arzt der Stellung als Nachfolger nicht entgegen stehe.

Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die - vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur unabhängig davon, ob die Ordinationseröffnung am 17. Mai oder am 1. Juni 2006 erfolgte, unbedenkliche - Auffassung der belangten Behörde, dass die Mitbeteiligte nunmehr nach Eröffnung der Ordination am der ehemaligen Ordination von Dr. H. gegenüber liegenden Grundstück, das in der Antragsmodifikation vom 1. Februar 2006 als künftiger Berufssitz bezeichnet wurde, und nach Übernahme der Kassenverträge und des Patientenstocks von Dr. H. als dessen Nachfolgerin anzusehen sei. Sie vertritt jedoch im Ergebnis die Auffassung, dass die Antragstellung durch den Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes bereits das Bestehen eines Berufssitzes, an dem die ärztliche Tätigkeit als Nachfolger ausgeübt wird, voraussetzt und daher vorliegend im für die anzuwendende Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 mit 29. März 2006 noch kein zulässiger Antrag vorgelegen sei.

Eine die Zulässigkeit der Antragstellung in dieser Weise einschränkende Norm findet sich im ApG jedoch nicht. Eine derartige Bestimmung hätte im Übrigen zur Folge, dass der Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes erst nach Einrichtung der Ordinationsräume - unter Berücksichtigung des Raumbedarfs für die Hausapotheke - und Aufnahme seiner Tätigkeit die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke beantragen könnte, was dazu führen würde, dass die Patienten während der Verfahrensdauer nicht mit Medikamenten aus der ärztlichen Hausapotheke versorgt werden könnten. Derartiges kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Die Ansicht der belangten Behörde, auf das gegenständliche, am 29. März 2006 bereits anhängige Verfahren sei gemäß § 62a Abs. 3 ApG bis zum 31. Oktober 2006 die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 anzuwenden, ist somit unbedenklich.

Der Begriff der "Ortschaft" in § 29 ApG in der hier anzuwendenden Fassung ist nicht mit jenem der "Gemeinde" ident. Für das Vorliegen einer "Ortschaft" ist wesentlich, dass sie sich von anderen Siedlungen als eigene Einheit abhebt. Unter Bedachtnahme auf den Gesichtspunkt der Regelung, eine am Bedarf der Wohnbevölkerung orientierte Heilmittelversorgung zu gewährleisten, ist daher unter "Ortschaft" im Sinne des ApG ein räumlich von anderen Siedlungsgebieten klar abgegrenztes Siedlungsgebiet zu verstehen. (vgl das hg Erkenntnisse vom 22. Dezember 2003, Zl 2003/10/0263).

Bei Pasching und bei Langholzfeld handelt es sich auf Grundlage der unstrittigen Feststellungen um Ortschaften im Sinn von § 29 Abs. 2 ApG. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wird die P.-City vom geschlossenen Siedlungsgebiet der Ortschaft Langholzfeld nur durch eine Bundesstraße getrennt, während sie vom geschlossenen Siedlungsgebiet der Ortschaft Pasching mehrere Kilometer entfernt liegt. Diese Feststellungen ergeben sich nach den Ausführungen der belangten Behörde offenkundig etwa aus dem Ortsplan der Gemeinde Pasching. Dies wird in der Beschwerde nicht bestritten und stimmt im Übrigen mit dem bei dem Verwaltungsakten erliegenden Ortsplan überein.

Ausgehend von diesen Feststellungen hat die belangte Behörde die Rechtsfrage, zu welcher Ortschaft die P.-City gehört, richtig gelöst, indem sie dieses Einkaufszentrum als Teil der Ortschaft Langholzfeld qualifiziert hat. Die Stellungnahme der Gemeinde vom 13. Jänner 2006 widerspricht den genannten Feststellungen über die örtlichen Verhältnisse nicht. Schon deshalb geht das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte sich mit den Widersprüchen zwischen dieser Stellungnahme und anderen Beweisergebnissen auseinandersetzen müssen, ins Leere. Dass die Gemeinde in der genannten Stellungnahme die Rechtsfrage, zu welcher Ortschaft die P.-City gehört, - ohne Begründung - anders gelöst hat, kann zu keiner Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid führen.

Somit ist auch die Ansicht der belangten Behörde, die P.-City sei kein Teil der Ortschaft Pasching, unbedenklich. Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob die in § 29 Abs. 1 ApG in der anzuwendenden Fassung normierte Voraussetzung für die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke, dass sich in der Ortschaft des Berufssitzes keine öffentliche Apotheke befinden darf, auch auf die Bewilligung für den Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes gemäß § 29 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden ist.

Die belangte Behörde hat die von § 29 Abs. 2 ApG geforderte Mindestentfernung von vier Straßenkilometern zwischen dem Berufssitz der Mitbeteiligten und der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke der Beschwerdeführerin in der P.-City vom Ordinationssitz bis zu jenem Eingang in die P.-City berechnet, an dem sich die gemäß § 25 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung 2005, BGBl. II Nr. 65/2005, beim Eingang oder in dessen unmittelbarer Nähe erforderlichen Einrichtungen (Nachtglocke, Hinweisschilder, Bereitschaftsdienstausgabe) befinden. Sie hat festgestellt, dass bis zu diesem Eingang in die P.-City jedenfalls mehr als vier Straßenkilometer Fahrstrecke zurückzulegen sind.

Die Beschwerdeführerin bestreitet das nicht, sondern vertritt die Auffassung, dass nur die Straßenkilometer bis zu der der Ortschaft Pasching nächstgelegenen Einfahrt in das Areal der P.- City zu berücksichtigen seien, während die innerhalb des Areals zurückzulegenden Fahrwege auf Privatgrund der P.-City außer Betracht zu bleiben hätten.

Nach der hg. Judikatur hat der Gesetzgeber bei Normierung der Mindestentfernung auf die tatsächliche Erreichbarkeit der Heilmittelabgabestelle bei einem vertretbaren Zeitaufwand abgestellt. Dabei wurde der Terminus "Straßenkilometer" und nicht etwa "Wegstrecke" gewählt, dem die Vorstellung einer für Straßen typischen Benützbarkeit, die den Kraftfahrverkehr miteinschließt, zu Grunde liegt. Als Anknüpfungspunkt wurde formalisiert der Verkehrsaufwand des Patienten, der unmittelbar am Ort der Ordination des Arztes wohnt, gewählt. Die - typisierende - Regelung besagt, dass dem Patienten, der gedachterweise am Ort des Arztes wohnt, eine Strecke von mehr als der gesetzlich normierten Anzahl von Straßenkilometern nicht zugemutet werden soll (vgl. das Erkenntnis vom 27. März 1991, Zl. 90/10/0026).

Demgemäß sind zweifellos auch die innerhalb des Areals eines Einkaufszentrums zurückzulegenden Fahrwege bei der Berechnung der Gesamtentfernung in Straßenkilometern mitzuberücksichtigen. Die tatsächliche Erreichbarkeit mit einem vertretbaren Zeitaufwand hängt nur von der insgesamt zu fahrenden Strecke, nicht aber davon ab, ob es sich um Straßen außerhalb oder innerhalb des Areals eines Einkaufszentrums handelt. Es ist somit auch die Ansicht der belangten Behörde unbedenklich, dass die zurückzulegenden Straßenkilometer zu der in einem Einkaufszentrum gelegenen Apotheke der Beschwerdeführerin bis zu jenem Eingang in das Einkaufszentrum zu berechnen sind, bei dem sich die von § 25 Apothekenbetriebsordnung 2005 geforderten Einrichtungen (Nachtglocke, Hinweisschilder, Bereitschaftsdienstausgabe) befinden.

Mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde sei auf die für die Befangenheit der in erster Instanz tätigen Organwalterin ins Treffen geführten Argumente nicht ausreichend eingegangen, zeigt die Beschwerdeführerin schon deshalb keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid auf, weil selbst eine von einem befangenen Organwalter getroffene erstinstanzliche Entscheidung durch eine von Befangenheit freie Berufungsentscheidung saniert wird (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, E 10a und 10b zu § 7 AVG zitierte hg. Judikatur). Im Übrigen stellt die von der Organwalterin nach dem Beschwerdevorbringen abgegebene Äußerung, auch sie hätte es gerne, wenn sie anlässlich eines Arztbesuches gleich die Medikamente mitnehmen könnte, für sich allein keinen wichtigen Grund im Sinn von § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG dar, der geeignet ist, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Weiters führt die Beschwerdeführerin ins Treffen, dass die von ihr beantragte Berufungsverhandlung zur Klärung der Frage, zu welcher Ortschaft die P.-City gehört, und zur Erörterung des Ablehnungsantrages erforderlich gewesen wäre.

Gemäß § 67d Abs. 4 AVG kann der unabhängige Verwaltungssenat ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegen steht.

Wie oben dargestellt, handelt es sich bei der Beurteilung, welcher Ortschaft die P.-City zuzuordnen ist, um eine auf Grundlage der sich bereits aus dem Plan des Gemeindegebietes von Pasching offenkundig ergebenden und unstrittig feststehenden örtlichen Gegebenheiten zu lösende Rechtsfrage. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Auffassung, die P.-City gehöre zur Ortschaft Pasching, lediglich auf eine Bestätigung der Gemeinde, die diesbezüglich jedoch nicht begründet ist. In der Beschwerde werden keine rechtlichen Überlegungen aufgezeigt, die für eine Zuordnung der P.-City zur Ortschaft Pasching sprechen könnten. Es ist daher nicht ersichtlich, in wie weit eine mündliche Erörterung dieser Frage eine weitere Klärung hätte erwarten lassen. Die Ablehnung der in erster Instanz tätigen Organwalterin hat - wie dargestellt - auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides von vornherein keinen Einfluss. Auch Art. 6 EMRK steht einem Absehen von der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, zumal die Erteilung der Hausapothekenbewilligung an die mitbeteiligte Partei civil rights der Beschwerdeführerin nicht berührt.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333.2003.

Wien, am 3. Oktober 2008

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007100266.X00

Im RIS seit

06.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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