TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/22 99/10/0067

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Veröffentlicht am 22.04.2002
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §29 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 idF 1984/502;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Mag. pharm. H in Bad Deutsch Altenburg, vertreten durch Dr. Ulrike Christine Walter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 23. November 1998, Zl. 262.372/0-VIII/A/4/98, betreffend Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (mitbeteiligte Partei: Dr. Sch in Petronell-Carnuntum, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 947,24 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. Juli 1998 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich der Mitbeteiligten (einer praktischen Ärztin) gemäß § 29 Abs. 2 des Apothekengesetzes (ApG) die sanitätsbehördliche Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke an ihrem Berufssitz in P., H-Straße 324, als Nachfolgerin von Dr. Karl W. (Spruchpunkt 1.).

Der Einspruch des Beschwerdeführers als Inhaber der öffentlichen Apotheke in B. wurde (mit einem weiteren Spruchpunkt) zurückgewiesen.

Nach der Begründung habe die Mitbeteiligte als Nachfolgerin des praktischen Arztes Dr. Karl W. mit Schreiben vom 16. Februar 1998 einen Antrag auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke an ihrem Berufssitz gestellt. Dagegen habe der Beschwerdeführer als Inhaber der genannten Apotheke Einspruch erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass nahezu 9/10 des bewohnten Ortsgebietes von P. innerhalb von 4 km im Umkreis der öffentlichen Apotheke lägen; er fühle sich deshalb in seiner Existenz bedroht.

Nach dem Apothekengesetz - so heisst es in der Begründung weiter - sei die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke auf Antrag dem Nachfolger eines praktischen Arztes mit Hausapothekenbewilligung zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer betrage. Da sich in der Gemeinde P. keine öffentliche Apotheke befinde und sich der Berufssitz der Mitbeteiligten von der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke in B. (der des Beschwerdeführers) über 4 km entfernt befinde, lägen die Voraussetzungen zur Erteilung der beantragten Bewilligung vor. Die Frage einer möglichen Existenzgefährdung der öffentlichen Apotheke sei in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke komme aber Parteistellung lediglich in der Frage des Bedarfsmerkmales zu. Der die Existenzgefährdung behauptende Einspruch des Beschwerdeführers sei daher zurückzuweisen gewesen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der Ordinationssitz von Dr. Karl W. habe sich ca. 4,9 km von seiner öffentlichen Apotheke in B. befunden. Die Mitbeteiligte werde ihre Ordination nicht am gleichen Ordinationssitz wie Dr. W. führen. Die Entfernung von ihrem Berufssitz zu seiner Apotheke in B. betrage genau 4,345 km. Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke an Dr. W. sei außerdem vor der Neugründung der öffentlichen Apotheke in B. erteilt worden. Im Fall der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke werde zwar dem hausapothekenführenden Arzt eine Entfernung von 4 km zugesichert, der Apotheker in seiner Berufsausübung aber auf 0,345 km in das Ortsgebiet von B. "zurückgedrängt". Die öffentliche Apotheke gerate daher in eine nachteilige Position gegenüber der Hausapotheke.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt.

Nach der Begründung betrage die maßgebliche Entfernung zwischen dem Berufssitz der Mitbeteiligten und der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke des Beschwerdeführers 4,345 km. Dies werde auch in der Berufung bestätigt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke seien daher im Beschwerdefall gegeben.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. Februar 1999, B 35/99, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, aus der Aktenlage ergäbe sich, dass die Mitbeteiligte ihren Antrag auf Übernahme der Ordination und der Hausapotheke von Dr. Karl W. unter der alten Adresse, H.-Straße 324, gestellt habe. Noch vor Bescheiderlassung sei die Mitbeteiligte jedoch von dieser Adresse verzogen und habe ihre neue Ordination in P. "an einem Ort eröffnet, der statt 4,9 km lediglich 4,345 km" von seiner Apotheke entfernt sei. Da keine Standortidentität vorliege, sei auch keine "Übernahme", sondern eine "Neueröffnung" einer Hausapotheke gegeben. In diesem Fall sei jedoch eine Entfernung von mehr als sechs Straßenkilometern von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke erforderlich.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Nach § 29 Abs. 2 ApG in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke auf Antrag dem Nachfolger eines praktischen Arztes mit Hausapothekenbewilligung zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer beträgt.

Mit der Behauptung, dass die Mitbeteiligte ihren Antrag auf Übernahme der Ordination von Dr. Karl W. und dessen Hausapotheke unter der alten Adresse, H.-Straße 324, gestellt habe, und noch vor Bescheiderlassung von dieser Adresse verzogen sei, übersieht der Beschwerdeführer, dass "H.-Straße 324" die Adresse der Ordination der Mitbeteiligten ist und nicht jene, an der Dr. Karl W. seine Ordination betrieb.

Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat die Mitbeteiligte in ihrem Antrag vom 16. Februar 1998 erklärt, sie beabsichtige, sich mit 1. April 1998 als praktische Ärztin und Nachfolgerin von Dr. Karl W. in P., H.-Straße 324, niederzulassen (vgl. OZl. 1). Die Entfernung von dieser Ordination in P. bis zur nächstgelegenen öffentlichen Apotheke (des Beschwerdeführers) in B. beträgt nach Auskunft der Straßenmeisterei vom 6. März 1998 4,345 km (OZl. 20). Die Ärztekammer für Niederösterreich hat mit Schreiben vom 25. Februar 1998 bestätigt, dass die Mitbeteiligte seit 23. Februar 1998 als niedergelassene Ärztin für Allgemeinmedizin an der angegebenen Anschrift in die Ärzteliste eingetragen ist (OZl. 7) . Dr. Karl W. hat gegenüber dem Landeshauptmann erklärt, seine Hausapothekenpraxis mit 31. März 1998 zu schließen und die Hausapothekenbewilligung zu Gunsten der Mitbeteiligten mit diesem Datum zurückzulegen (OZl. 9).

Zutreffend am Vorbringen des Beschwerdeführers ist allerdings, dass die Mitbeteiligte ihre Ordination nicht am (früheren) Berufssitz von Dr. Karl W. ausübt, wobei die Entfernung von dessen Berufssitz und der Betriebsstätte des Beschwerdeführers 4,9 km betrug. Damit stellt sich die Frage, ob die Mitbeteiligte Nachfolgerin des praktischen Arztes Dr. Karl W. ist.

Für den Inhalt des im § 29 Abs. 2 ApG verwendeten Rechtsbegriffes des "Nachfolgers eines praktischen Arztes" ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in erster Linie unter Bedachtnahme auf die Entfaltung der freiberuflichen Tätigkeit eines Arztes die Identität des Patientenkreises maßgebend. Bei gegebener Standortidentität ist die Nämlichkeit des Ordinationssitzes nicht wesentlich; ebenso wenig die Übernahme von Betriebsmitteln, etwa der Ordinationseinrichtung (vgl. das Erkenntnis vom 29. Mai 1995, Zl. 93/10/0138, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Die Darlegungen der Beschwerde bieten keinen Anlass zu Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme, die Mitbeteiligte sei (im Hinblick auf die Identität des Patientenkreises) Nachfolgerin des Dr. Karl W. im Sinne des § 29 Abs. 2 ApG. Im Übrigen ist auch die Verlegung einer Hausapotheke durch ein und denselben Arzt innerhalb derselben Ortschaft nach dem Apothekengesetz bewilligungsfrei, sofern die konkret in Betracht kommenden Entfernungen von sechs bzw. vier Straßenkilometern von der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke beachtet werden (vgl. Schwamberger, Kommentar zum Apothekengesetz, Rz 19 zu § 29). Dass die Betriebsstätte der Mitbeteiligten von der Apotheke des Beschwerdeführers mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer entfernt ist, konnte die belangte Behörde auf Grund der Ermittlungsergebnisse frei von Rechtsirrtum annehmen.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Eine mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG entfallen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Für die nicht erforderlichen Beilagen, die mit der Gegenschrift der Mitbeteiligten vorgelegt worden sind, war kein Stempelgebührenersatz zuzusprechen.

Wien, am 22. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999100067.X00

Im RIS seit

08.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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