RS Vfgh 1995/6/12 B2720/94

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 12.06.1995
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Nö GVG 1989 §11 Abs6
Nö GVG 1989 §20
AVG §68 Abs4 Z1

Leitsatz

Keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die amtswegige Nichtigerklärung eines Bescheides wegen Bescheiderlassung durch ein unzuständiges Organ; keine Zuständigkeit des Vorsitzenden der Grundverkehrs-Bezirkskommission mangels dahingehenden Antrags der Bezirksbauernkammer; keine willkürliche Annahme des Fehlens eines solchen Antrags; ausreichende Bescheidbegründung; keine Verletzung des Parteiengehörs

Rechtssatz

Zulässigkeit der Beschwerde.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde ein Bescheid aufgehoben, mit dem die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu einem zwischen den Beschwerdeführern beabsichtigten Rechtsgeschäft erteilt worden war. Aus diesem - rechtskräftigen - Bescheid ist den Beschwerdeführern selbst dann ein subjektives Recht erwachsen, wenn, wie die Grundverkehrs-Landeskommission in ihrer Gegenschrift vorbringt, das diesem Bescheid zugrunde liegende Rechtsgeschäft im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (noch) nicht rechtswirksam zustandegekommen sein sollte (vgl in diesem Zusammenhang §20 Nö GVG 1989).

Keine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die amtswegige Nichtigerklärung eines Bescheides wegen Bescheiderlassung durch ein unzuständiges Organ iSd §68 Abs4 Z1 AVG.

Bei der Frage, ob die Erteilung der Zustimmung durch das Kollegialorgan zu erfolgen hat oder durch dessen Vorsitzenden erteilt werden kann, handelt es sich um eine Frage der behördlichen Zuständigkeit und nicht um eine der inneren Gliederung der Behörde (vgl in diesem Zusammenhang etwa VfSlg 7122/1973, 9636/1983; ferner etwa VwSlg 10326 A/1980; VwGH 24.04.86, 86/17/0072-0079). Wird die Zustimmung nicht durch das Kollegialorgan, sondern durch dessen Vorsitzenden erteilt, obgleich nicht alle der in §11 Abs6 Nö GVG 1989 normierten, die Zuständigkeit des Vorsitzenden begründenden Voraussetzungen vorliegen, so wurde die Zustimmung von einem unzuständigen Organ erteilt. Der Verfassungsgerichtshof vermag der Grundverkehrs-Landeskommission nicht entgegenzutreten, wenn sie die von der Bezirksbauernkammer Krems unter Verwendung eines - mangelhaft ausgefüllten - Formulars abgegebene Stellungnahme vom 29.07.94 dahingehend wertete, daß mit ihr die Einberufung der Grundverkehrs-Bezirkskommission (durch den Vorsitzenden; s dazu §11 Abs1 Nö GVG 1989) beantragt werde und wenn sie somit davon ausging, daß schon die erste der in §11 Abs6 Nö GVG 1989 normierten Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung (allein) durch den Vorsitzenden, nämlich das Vorliegen eines diesbezüglichen Antrages der Bezirksbauernkammer, nicht vorlag.

Keine Willkür.

Wenn die Bezirksbauernkammer - offenbar im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung - den Weg vorzog, mit immerhin ausreichender Deutlichkeit die Einberufung einer Sitzung der Grundverkehrs-Bezirkskommission ausdrücklich zu beantragen, so kann es der Grundverkehrs-Landeskommission nicht als willkürliches Verhalten angelastet werden, wenn sie keine Ermittlungen über das Zustandekommen dieses Antrages sowie darüber anstellte, warum trotz Vorliegens dieses Antrages die Zustimmung nicht durch die Kommission, sondern durch deren Vorsitzenden erteilt wurde.

Ausreichende Bescheidbegründung.

Im Hinblick darauf, daß es bei der gegebenen Sachlage zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des §68 Abs4 Z1 AVG der Durchführung eines weiteren Beweisverfahrens nicht bedurfte, liegt in dem Umstand, daß die Grundverkehrs-Landeskommission vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides den Beschwerdeführern keine Gelegenheit zur Stellungnahme gab - wie immer man die Gesetzmäßigkeit dieses Vorgehens beurteilt -, kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler, insbesondere auch nicht die Verletzung eines durch Art6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes (vgl etwa VfSlg 11957/1989, 12432/1990).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, VfGH / Legitimation, Behördenzuständigkeit, Verwaltungsverfahren, Abänderung und Behebung von amtswegen, Bescheidbegründung, Kollegialbehörde, Parteiengehör, fair trial

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B2720.1994

Dokumentnummer

JFR_10049388_94B02720_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten