TE Vfgh Erkenntnis 2005/6/15 B636/04

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Veröffentlicht am 15.06.2005
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Index

91 Post-und Fernmeldewesen
91/01 Fernmeldewesen

Norm

ABGB §879, §864a
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
KSchG §6
TelekommunikationsG 2003 §25

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Widerspruch der Telekom-Control-Kommission (TCK) gegen die Haftungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Mobil) eines Mobilfunkbetreibers; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgrund präziser Festlegung der Zuständigkeit der TCK im Telekommunikationsgesetz 2003; keine Verletzung des Art6 der Menschenrechtskonvention; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche; Tribunalqualität der TCK; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, des Eigentumsrechtes und des Legalitätsprinzips, keine Gleichheitsverletzung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Nach Kontaktaufnahmen zwischen der RTR-GmbH und der Mobilkom, der nunmehrigen Beschwerdeführerin, wurde diese von der RTR-GmbH mit Schreiben vom 18. November 2003 aufgefordert, bis 1. Dezember 2003 eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in der Folge: AGB) und Tarife anzuzeigen bzw. bestehende AGB den Erfordernissen des Telekommunikationsgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 70/2003 (in der Folge: TKG) anzupassen. Am 9. Dezember 2003 brachte die Mobilkom Austria AG & Co KG (in der Folge: Mobilkom) gemäß §25 Abs1 TKG eine Anzeige ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen samt Leistungsbeschreibung bei der RTR-GmbH ein.

Bei einer Besprechung am 20. Jänner 2004 führte die RTR-GmbH einzelne Bestimmungen in den angezeigten AGB-Änderungen an, die nach Ansicht der Behörde zu ändern bzw. zu ergänzen waren, um dem Prüfungsmaßstab des §25 Abs6 TKG 2003 zu entsprechen.

Die Beschwerdeführerin zog mit Schreiben vom 23. Jänner 2004 die Anzeige vom 9. Dezember 2003 zurück; eine neuerliche Anzeige ihrer Änderungen der AGB samt Leistungsbeschreibung erfolgte am 5. Februar 2004 per E-Mail, wobei den seitens der Behörde geäußerten inhaltlichen Bedenken weitgehend Rechnung getragen wurde.

Von den seitens der belangten Behörde als bedenklich bezeichneten AGB-Bestimmungen wurden lediglich die Haftungsklauseln (§§11 Abs2 und 12 Abs2 und 3 AGB) nicht den Wünschen der RTR GmbH entsprechend geändert. Diesen Haftungsklauseln hat die TCK mit Bescheid vom 29. März 2004 gemäß §25 Abs6 iVm §117 Z3 TKG widersprochen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie auf Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes behauptet, und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird. Ferner wird die Verletzung des Legalitätsgrundsatzes behauptet.

3. Gemäß §25 Abs1 TKG haben Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, in welchen die angebotenen Dienste beschrieben werden, sowie die dafür vorgesehenen Entgeltbestimmungen festzulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind der Regulierungsbehörde vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen.

§25 Abs2 TKG regelt nachträgliche Änderungen der AGB, Abs3 die Form der Mitteilung an die Kunden, Abs4 deren Mindestinhalt und Abs5 den Inhalt der Entgeltbestimmungen. Gemäß Abs6 kann die Regulierungsbehörde den AGB innerhalb von acht Wochen widersprechen, wenn diese dem TKG, den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, §879 und §864a ABGB oder den §§6 und 9 KSchG widersprechen. Die Zuständigkeiten zur Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Abs7 regelt die Form der Übermittlung und Abs8 den hier nicht erheblichen Regelungsumfang.

§25 TKG (Geschäftsbedingungen und Entgelte)lautet:

"(1) Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten haben Allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, in welchen auch die angebotenen Dienste beschrieben werden, sowie die dafür vorgesehenen Entgeltbestimmungen festzulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind der Regulierungsbehörde vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen.

(2) Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind vor ihrer Wirksamkeit der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen. Für den Teilnehmer nicht ausschließlich begünstigende Änderungen gilt eine Kundmachungs- und Anzeigefrist von zwei Monaten. Die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979, (KSchG), sowie des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches bleiben unberührt.

(3) Der wesentliche Inhalt der nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen ist dem Teilnehmer mindestens ein Monat vor In-Kraft-Treten der Änderung in geeigneter Form, etwa durch Aufdruck auf einer periodisch erstellten Rechnung, mitzuteilen. Gleichzeitig ist der Teilnehmer auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Änderungen hinzuweisen sowie darauf, dass er berechtigt ist, den Vertrag bis zu diesem Zeitpunkt kostenlos zu kündigen. Der Volltext der Änderungen ist den Teilnehmern auf deren Verlangen zuzusenden.

(4) Allgemeine Geschäftsbedingungen zwischen Betreibern von Kommunikationsdiensten und Endnutzern haben zumindest zu enthalten:

1. Name und Anschrift des Betreibers;

2. Dienstebeschreibung; dazu gehören zumindest die angebotenen Dienste, die angebotene Qualität der Dienste, die Frist bis zum erstmaligen Anschluss bzw. zur erstmaligen Freischaltung sowie die Arten der angebotenen Wartungsdienste;

3. Vertragslaufzeit, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Diensteerbringung und des Vertragsverhältnisses;

4. Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Dienstequalität;

5. Hinweis auf die Möglichkeit der Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens nach §122 sowie eine Kurzbeschreibung desselben;

6. Bestimmungen über die Intervalle der periodischen Rechnungslegung, die drei Monate nicht überschreiten dürfen;

7. Informationen über das Bestehen der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112.

(5) Entgeltbestimmungen haben zumindest zu enthalten:

1. Einzelheiten über einmalige, regelmäßig wiederkehrende und variable Entgelte einschließlich des Beginn- und Endzeitpunkts der Tarifierung von Verbindungen und sowie die Art der Tarifierung,

2. die Angabe, wie vom Endnutzer Informationen über aktuelle Entgelte des Betreibers eingeholt werden können,

3. allfällige Rabatte.

(6) Die Regulierungsbehörde kann den gemäß Abs1 und 2 angezeigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen innerhalb von acht Wochen widersprechen, wenn diese diesem Bundesgesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder §§879 und 864a ABGB oder §§6 und 9 KSchG widersprechen. Die Zuständigkeiten zur Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(7) Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten haben der Regulierungsbehörde die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Tarife sowie jede Änderung derselben in einer von der Regulierungsbehörde vorgegebenen elektronischen Form zu übermitteln. Die Regulierungsbehörde veröffentlicht diese Informationen sowie Informationen über den Universaldienst, insbesondere über die in §29 Abs2 angeführten Einrichtungen und Dienste.

(8) Diese Bestimmung gilt mit Ausnahme von Abs4 Z1 bis 5 nicht für Betreiber von Rundfunknetzen und für Betreiber, soweit sie die Übertragung von Rundfunksignalen besorgen. Abs4 Z7 gilt ausschließlich für Betreiber von öffentlichen Telefondiensten."

4. Nach §879 ABGB sind Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, nichtig. Nach §864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in AGB oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Vertragsteil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.

§6 KschG enthält eine Liste von nach §879 ABGB nichtigen Vertragsbestimmungen in Verträgen mit Verbrauchern und §9 KSchG Bestimmungen über die Gewährleistung in solchen Verträgen.

5. Der Widerspruch im angefochtenen Bescheid betrifft die §§11 Abs2 und 12 Abs2 und 3 der angezeigten AGB. Diese Bestimmungen lauten:

§11 Abs2 AGB-Mobil:

"(2) Der Kunde darf Dritten die Inanspruchnahme von Leistungen gestatten. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass von einem Mobilfunkanschluss A1, insbesondere in Verbindung mit einer SIM-Karte, auch die Inanspruchnahme von Leistungen der Mobilkom, von anderen Betreibern oder gemäß §16 von anderen Anbietern, die über die bloße Kommunikationsdienstleistungen hinausgehen, möglich ist. Nutzt der Kunde nicht die Möglichkeit, den Mobilfunkanschluss für diese Leistungen bei Mobilkom sperren zu lassen, so haftet er darüber hinaus für alle Entgeltforderungen, die durch die Inanspruchnahme von solchen Leistungen durch Dritte entstanden sind, soweit er dies innerhalb seiner Einflusssphäre zu vertreten hat."

§12 Abs2 und 3 AGB-Mobil:

"(2) Ist zur Inanspruchnahme einer Leistung ein spezieller Kode - etwa eine Persönliche Identifikationsnummer (z.B. PIN-Code) oder ein Kennwort - notwendig, so ist der Kunde verpflichtet, diesen Kode geheim zuhalten und ihn insbesondere nicht auf einer gleichfalls von der Mobilkom überlassenen Karte zu vermerken oder gemeinsam mit dieser aufzubewahren. Besteht der Verdacht einer Kenntnis des Kodes durch unberechtigte Dritte, so hat der Kunde den Kode unverzüglich zu ändern oder - falls dies nur durch die Mobilkom vorgenommen werden kann - die Mobilkom unverzüglich mit der Änderung des Kodes zu beauftragen. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung des Mobilfunkanschlusses, insbesondere in Verbindung mit einer SIM Karte durch Dritte im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen der Mobilkom und gemäß §16 von anderen Betreibern oder anderen Anbietern von Leistungen, die über bloße Kommunikationsdienstleistungen hinausgehen können, hingewiesen. Es besteht die Möglichkeit, Leistungen gemäß den entsprechenden Leistungsbeschreibungen bei der Mobilkom sperren zu lassen.

(3) Werden Leistungen der Mobilkom von unberechtigten Dritten unter Verwendung einer Karte oder eines Kodes in Anspruch genommen, so haftet der Kunde für alle dadurch angefallenen Entgelte bis zum Eintreffen der Meldung über den Verlust der Karte oder des Auftrages zur Änderung des Kodes bei der Mobilkom."

Die TCK hält diese Vertragsbestimmungen für sittenwidrig und gröblich benachteiligend und legt die einzelnen Erwägungen, die sie zu diesem Schluss veranlasst haben, im Detail dar.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur - zulässigen - Beschwerde erwogen:

1. Zur behaupteten Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter:

1.1 Die Mobilkom führt hiezu aus, dass die TCK ihre Prüfungskompetenz gemäß §25 Abs6 TKG 2003 aus folgenden Gründen überschritten habe:

"• Die Kompetenz zur Weiterentwicklung des Zivilrechts steht ihr nicht zu.

• Sie vermochte sich in ihrer Entscheidungsbegründung nicht auf ständige Judikatur der Zivilgerichte zu einer zivilrechtlichen Haftungsfrage berufen.

• Vielmehr bezog sie sich auf ein einziges Urteil des OGH, welches für die gegenständliche Frage nicht anzuwenden ist."

Darüber hinaus sei es der Beschwerdeführerin verwehrt, zivilrechtlich bedeutsame Klauseln vor den dazu berufenen Zivilgerichten gegenüber Vertragspartnern geltend zu machen. Zur Frage der Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln betreffend die Risikozuordnung und Beweislastverteilung bei Mehrwertdiensten über Mobiltelefon bestehe keine Rechtsprechung des OGH. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente ließen es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass der OGH in dieser Frage anders entscheiden würde.

Weiter sei dem Widerspruchsbescheid weder in seinem Spruch noch in seiner Begründung zu entnehmen, worauf sich seine Rechtsgestaltungswirkung beziehe. Würde der Widerspruchsbescheid die Wirkung einer Unterlassung der Veröffentlichung der widersprochenen Klauseln bedeuten, so sei den Zivilgerichten die Zuständigkeit zu diesen Klauseln vorab genommen, denn diese Klauseln würden erst gar nicht Teil von AGB werden und somit nicht vor Zivilgerichten anfechtbar sein. Umgekehrt würde die Veröffentlichung und In-Geltung-Setzung der die widersprochenen Klauseln beinhaltenden AGB die Entscheidungskompetenz einer Behörde und der Zivilgerichte in ein und derselben Sache bewirken. Sowohl die ordentlichen Gerichte als auch die TCK würden aufgrund derselben Rechtsvorschriften (§879 ABGB und §6 KSchG) dieselbe Sache im identischen Rechtszusammenhang nach denselben Kriterien und Rechtsnormen überprüfen, lediglich Letztere zu Unrecht.

Auch der Blick auf andere Rechtsvorschriften zeige, dass die TCK das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt habe:

"Wäre sie für die ausschließlich zivilrechtliche Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zuständig, würde diese Zuständigkeit ihr gesetzlich ausdrücklich eingeräumt worden sein, so wie dies das Energie-RegulierungsbehördenG (E-RBG) vorsieht. Dort ist ausdrücklich vorgesehen, dass eine Entscheidung nach §16 (3) E-RBG außer Kraft tritt, wenn innerhalb von 4 Wochen die Zivilgerichte angerufen werden (vgl. auch Lattenmayer, ÖJZ 2004, 13, 15). Eindeutige Zuständigkeitsabgrenzungen sehen auch die §§21 (2) und 37 (7) GWG sowie §21 (3) EIWOG) vor. Das Fehlen einer Zuständigkeitsverteilung zwischen Telekom-Control-Kommission und den Zivilgerichten reicht nicht aus, um die Zuständigkeit für über telekommunikationsrechtliche Agenden iSd TKG hinausgehende Agenden wahrzunehmen.

Daher hätte die Telekom-Control-Kommission von der Erhebung des Widerspruchs Abstand nehmen und eine Entscheidung des OGH zu dieser Frage abwarten müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter sowie in ihrem Rechtsschutzinteresse verletzt."

Im angefochtenen Bescheid komme die TCK zu dem Ergebnis, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegten AGB-Klauseln eine unzulässige Risikoüberwälzung darstellen würden und somit sowohl als sittenwidrig bzw. gröblich benachteiligend iSd §879 ABGB als auch als intransparent iSd §6 Abs3 KSchG zu qualifizieren seien:

"Wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheids deutlich wird, geht dieser Entscheidung eine ausschließlich zivilrechtliche Bewertung des Sachverhalts voraus, die unstrittig als eine Entscheidung einer bürgerlichen Rechtssache zu werten ist. Eine Ausnahme von der Kompetenz der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen muss in einem 'besonderen Gesetz' klar und eindeutig festgeschrieben sein (OGH 24.2.1998, 1 Ob 302/97m). Dies ist durch §25 Abs6 TKG nicht geschehen. Ganz im Gegenteil bleiben gemäß §25 Abs6 letzter Satz die Zuständigkeiten zur Überprüfung der AGB nach anderen Rechtsvorschriften unberührt. Damit trägt der Gesetzgeber der Rechtsprechung des OGH (...) Rechnung, wonach auch aufsichtsbehördlich genehmigte AGB einer gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, somit insbesondere der Überprüfung nach ABGB und KSchG durch die Zivilgerichte - und damit in letzter Instanz durch den OGH.

Nach der Ansicht des VfGH verbietet das Prinzip der Gewaltentrennung gemäß Art94 B-VG, dass Gerichte - mit der Ausnahme jener des öffentlichen Rechts - Entscheidungen von Verwaltungsbehörden überprüfen und umgekehrt. Es widerspricht jedoch nicht Art94 B-VG, wenn ein und dieselbe Rechtsfrage je nach ihrem Zusammenhang einmal von einer Verwaltungsbehörde und einmal von einem Gericht beantwortet wird. In VfSlg 2909/1955 wurde es als verfassungswidrig angesehen, wenn dieselbe Sache von einem Gericht bzw von einer Verwaltungsbehörde behandelt werden kann, ohne dass es objektiv erfassbare Voraussetzungen für die Zuständigkeitsabgrenzung gibt. Daraus folgt, dass bei einer parallelen Zuständigkeit in zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren jeweils unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe angelegt werden müssen. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit §25 Abs6 TKG einen Kompetenzkonflikt von Telekom-Control-Kommission und Zivilgerichten bei der Inhaltskontrolle von AGB schaffen wollte. Ein solcher lässt sich jedoch nur vermeiden, wenn eine Verteilung der Zuständigkeiten von materiellrechtlichen Momenten abhängig ist, die bei der gerichtlichen Entscheidung anders geartet sind als bei jener durch die Telekom-Control-Kommission. Daher ist davon auszugehen, dass sich der Maßstab und der Zweck einer Prüfung von AGB bzw Entgelten nach §25 Abs6 TKG von der gerichtlichen Überprüfung nach §§879 und §864a ABGB oder §§6 und 9 KSchG unterscheiden (...). Damit ist es der Telekom-Control-Kommission jedoch verwehrt, eine umfassende Prüfungskompetenz im zivilrechtlichen Bereich wahrzunehmen."

§25 TKG gelte grundsätzlich nur für AGB von Betreibern von Kommunikationsnetzen- oder diensten, eine Einschränkung der inhaltlichen Prüfungskompetenz von AGB folge schon allein aus dem sachlichen Anwendungsbereich des TKG. Die Prüfungskompetenz der TCK nach §25 Abs6 TKG im zivilrechtlichen Bereich sei keine eigenständige, sondern in einem unauflöslichen Zusammenhang mit der telekommunikationsrechtlichen Prüfung. Daher sei es der Prüfungskompetenz der TCK entzogen, ausschließlich Kernfragen des Zivilrechts zu entscheiden.

"Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wie auch in ihrem Rechtsschutzinteresse aber auch dadurch verletzt worden, dass die belangte Behörde - ohne dass die Beschwerdeführerin je einen Antrag ('auf Genehmigung ihrer AGB') gestellt hätte - einen Bescheid erlassen hat, mittels welchem den in Rede stehenden Haftungsklauseln der AGB Mobil der Beschwerdeführerin widersprochen wurde. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr, wie dies §25 Abs1 und Abs2 TKG 2003 für nicht marktbeherrschende Unternehmen statuiert, ihre AGB der belangten Behörde angezeigt und nicht - wie dies §45 Abs1 TKG für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht bestimmt - einen Antrag auf Genehmigung ihrer AGB eingebracht. Ohne jeden Zweifel kann es nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, unterschiedliche Regelungen (§§25, 45 TKG 2003) für marktbeherrschende und nicht marktbeherrschende Unternehmen zu schaffen, um im Ergebnis die für marktbeherrschende Unternehmen notwendige Genehmigung derer AGB auch auf nicht marktbeherrschende Unternehmen zu erstrecken, wodurch die Regelung des §25 TKG 2003 zumindest hinsichtlich der Rechtsfolgen sinnentleert würde und ohne Anwendungsbereich bliebe. Dieses Verständnis wird auch dadurch erhärtet, dass der Gesetzgeber bei Verletzung des in §45 Abs6 TKG 2003 vorgesehenen Prüfungsmaßstabes als Rechtsfolge explizit die Versagung der Genehmigung anordnet, während das Gesetz für nicht marktbeherrschende Unternehmen im Falle der Ausübung des Widerspruchsrechts durch die Behörde keine Rechtsfolgen vorsieht. Laut der lediglich mündlich vorgetragenen Rechtsansicht der belangten Behörde besteht jedoch zwischen dem mittels Bescheid ausgesprochenen Widerspruch laut §25 Abs6 TKG 2003 und der Versagung der Genehmigung gemäß §45 Abs6 TKG 2003 lediglich 'ein kosmetischer Unterschied', wodurch jedoch dem Widerspruch nach §25 Abs6 TKG die rechtliche Wirkung eines Verbots der Verwendung der gegenständlichen AGB-Klauseln zukäme; eine allfällige Kundmachung und Verwendung derselben könnte als gegen den Bescheid verstoßende rechtswidrige Handlung qualifiziert werden, welche mit empfindlichen Strafen (§111 TKG) bedroht ist. Diese durch die belangte Behörde zum Ausdruck gebrachte Interpretation des Inhalts des in §25 Abs6 TKG statuierten Widerspruchsrechts ist jedoch weder durch das TKG selbst noch durch die Materialien gedeckt und läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass ein allfälliger Widerspruch der Behörde zu den nach §25 TKG angezeigten AGB de facto einer Versagung der Genehmigung entspricht. Die Wertung einer allfälligen Kundmachung und Verwendung der vom Widerspruch betroffenen Haftungsklauseln als gegen den Bescheid verstoßende rechtswidrige Handlung hat zur Folge, dass die Beschwerdeführerin eine Inhaltskontrolle der in Rede stehenden, den Kernbereich des Zivilrechts darstellenden Haftungsklauseln durch den OGH nur auf rechtswidrige Weise erlangen könnte."

Der Oberste Gerichtshof hätte zu einer inhaltlich anders gelagerten Entscheidung kommen können, als dies die TCK getan habe. Schon die bloße Möglichkeit der Zweigleisigkeit zweier widersprechender Entscheidungen in derselben Sache sei verfassungsrechtlich unstatthaft. Deshalb könne §25 (6) TKG nur einschränkend und verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der TCK eine zivilrechtliche Prüfungsbefugnis nur im telekommunikationsrechtlichen Rahmen und unter Wahrung der Rechtsprechung der dazu befugten Gerichte zukomme.

Schließlich fasst die Beschwerdeführerin ihre Argumente wie folgt zusammen:

"Aufgrund der oben dargestellten Unterschiede im Sachverhalt und der besonderen Verwendung von Mobiltelefonen ist die von der Beschwerdeführerin in ihren AGB vorgenommene Risikozuordnung bzw Beweislastverteilung weder sittenwidrig iSd §879 ABGB noch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des §6 Abs3 KSchG. Es liegt eine haftungsrechtliche Gleichstellung mit der Risikoverteilung bei Zahlungskarten bzw mit den Mitwirkungspflichten im Bankenbereich vor, wo AGB-Klauseln nach der Judikatur des OGH die Inhaltskontrolle bestanden haben. Trotz der von der Telekom-Control-Kommission ins Treffen geführten Entscheidung 1Ob244/02t besteht somit aufgrund der sachlichen Unterschiede und der oben dargestellten Judikatur, die ähnliche Klauseln erlaubt, keine gesicherte Rechtsprechung des OGH, welche die Basis für eine Grobprüfung durch die Regulierungsbehörde bilden könnte. Daher hätte die Telekom-Control-Kommission von der Erhebung des Widerspruchs Abstand nehmen und eine Entscheidung des OGH zu dieser Frage abwarten müssen."

1.2 Die belangte Behörde tritt diesem Vorbringen in ihrer Gegenschrift entgegen, indem sie im Wesentlichen ihre Entscheidung erläutert und rechtfertigt.

Der Widerspruch gegen die AGB gemäß §25 Abs6 TKG habe die Wirkung, dass der Bescheidadressat verpflichtet sei, die (weitere) Verwendung der widersprochenen AGB zu unterlassen. Eine andere Deutung lasse sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen und würde den Sinn dieser Bestimmung entleeren.

Während für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht das Genehmigungsverfahren eine ex-ante Kontrolle von AGB und Entgelten vorsehe (§45 TKG), sodass es dem verpflichteten Unternehmen untersagt ist, AGB und Entgelte vor Genehmigung anzuwenden, gehe das Widerspruchsverfahren (§25 TKG) von einer grundsätzlichen ex-post-Kontrolle aus, da es dem Betreiber hierbei nicht untersagt sei, seine AGB zunächst anzuwenden. Der Prüfungsmaßstab sei, wie sich schon aus dem direkten Vergleich der Regelungen des §45 Abs6 TKG 2003 und §25 Abs6 TKG 2003 ergebe, vom Wortlaut her weitgehend identisch. Aus der Stellung des Marktbeherrschers erhelle jedoch, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens von AGB, in der Praxis eine Vielzahl von Gesetzesbestimmungen zu prüfen sein werden. Darüber hinaus seien AGB und zivilrechtliche Entgeltbestimmung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach §45 TKG 2003 "als eine Einheit" zu prüfen, während Entgeltbestimmungen nach §25 Abs6 TKG 2003 keiner Prüfungsbefugnis der TCK unterlägen.

Es sei für die TCK nicht nachvollziehbar, inwiefern der angefochtene Bescheid einer weiteren Individualisierung bzw. Konkretisierung der sich bereits aus dem Gesetz ableitbaren Rechtsfolge der Unterlassung der (weiteren) AGB-Verwendung bedürfe. Da weder das Gesetz in §25 TKG 2003 noch der angefochtene Bescheid eine Paritionsfrist vorsehe, sei von dessen sofortiger Leistungspflicht auszugehen. Die Beschwerdeführerin habe letztlich diesem Umstand auch dadurch Rechnung getragen, dass sie die AGB, welchen widersprochen wurde, bis dato nicht veröffentlicht bzw. ihren Kunden gegenüber nicht zur Anwendung gebracht habe.

Die Beschwerdeführerin verkenne auch, dass der Betreiber eines Kommunikationsnetzes oder -dienstes grundsätzlich die angezeigten und kundgemachten AGB sofort anwenden könne. Ein Zuwarten mit dem Inkraftsetzen oder der Veröffentlichung der AGB, bis zur rechtskräftigen Entscheidung der TCK, sehe §25 TKG 2003 nicht vor und sei somit auch nicht erforderlich. §25 Abs6 letzter Satz TKG 2003 normiere überdies, dass die Zuständigkeiten zur Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben.

Soweit eine Verwaltungsbehörde über sogenannte "civil rights" abspreche, setze Art6 Abs1 EMRK lediglich voraus, dass diese Entscheidung durch ein Tribunal iSd MRK erfolgen müsse. Die TCK sei unzweifelhaft als Tribunal anzusehen. Überdies sei die Unterstellung desselben Sachverhaltes unter verschiedene Rechtsvorschriften nicht mehr dieselbe Verwaltungssache.

Auch das Prinzip der Gewaltentrennung verbiete es lediglich, dass Gerichte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden überprüfen und umgekehrt. Es widerspreche jedoch nicht Art94 B-VG, wenn ein und dieselbe Rechtsfrage je nach ihrem Zusammenhang einmal von einem Gericht und einmal von einer Verwaltungsbehörde beantwortet würde.

Obgleich die Regelung des §25 Abs6 TKG 2003 ausführe, dass die TCK den AGB widersprechen "kann", werde der TCK bei der Ausübung des Widerspruchs kein Ermessen iSd Art130 Abs2 B-VG eingeräumt: Sind AGB gesetzwidrig iSd §25 Abs6 TKG 2003, so habe die Telekom-Control-Kommission den AGB binnen 8 Wochen zu widersprechen.

Im Rahmen der AGB-Prüfung orientiere sich die TCK an der bestehenden Rechtsprechung der Gerichtshöfe. Eine Bindung an die Rechtsprechung der Zivilgerichte sei aber gesetzlich nicht festgelegt.

Der Prüfungsmaßstab der AGB-Prüfung im Rahmen des Widerspruchrechtes unterscheide sich von jenem im Bereich des Zivilrechtes insbesondere dadurch, dass das Widerspruchsrecht bei einem Verstoß gegen nicht telekommunikationsspezifische Normen auf vier konkrete Bestimmungen des ABGB und des KSchG begrenzt sei. Der telekommunikationsrechtliche Prüfungsmaßstab der AGB-Prüfung sei somit, in Bezug auf die zur Anwendung gelangenden Bestimmungen, grundsätzlich enger als der zivilrechtliche.

Die Beschwerdeführerin habe nicht vorgebracht, dass jene Klauseln, welchen die TCK widersprochen hat, Sachverhalte regeln würden, welche in keinem Konnex zum telekommunikationsrechtlichen Regelungsgehalt des TKG 2003 stehen würden. Insbesondere habe die Beschwerdeführerin nicht dargelegt, welche Klauseln aufgrund welcher Umstände nicht in die Prüfungsbefugnis des §25 Abs6 TKG 2003 fallen sollten. Die Beschwerdeführerin habe weiters verkannt, dass die meisten von ihr bezeichneten "telekommunikationsrechtlichen Fragen" auch klassische Fragestellungen zivilrechtlicher Natur darstellen. Der Regelungsgegenstand des TKG 2003 umfasse auch klassische Kernbereiche des Zivilrechtes, denn weitgehend jeder Sachverhalt, welcher dem Regelungsgegenstand des TKG 2003 zu unterstellen ist, finde erst durch eine zivilrechtliche Vereinbarungen seine formelle Ausgestaltung. Die seitens der Beschwerdeführerin als "Exempel für telekommunikationsrechtliche Fragestellungen" angeführten Mindestinhalte des §25 Abs4 TKG 2003 würden großteils Beispiele für den klassischen "Kernbereich des Zivilrechtes" darstellen. Diese müssten, nach den somit widersprüchlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin, jedoch grundsätzlich in die alleinige Prüfungsbefugnis der Zivilgerichte fallen. So lasse sich kaum leugnen, dass Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichtverfügbarkeit des Dienstes als Haftungs- und Gewährleistungsregelungen klassischer Natur zu qualifizieren seien und in standardisierter Form meist ihren Ausdruck in AGB finden würden. Werde die Haftung bzw. Gewährleistung hierbei in unzulässiger Weise ausgeschlossen oder eingeschränkt, könnten derartige Regelungen eine Verletzung der §§879, 864a ABGB sowie der §6 Abs1 Z9 KSchG oder §9 KSchG darstellen; die TCK wäre in diesem Fall zu einem Widerspruch nach §25 Abs6 TKG 2003 verpflichtet.

Weiters führt die belangte Behörde aus:

"Nicht nachvollziehbar ist weiters das Vorbringen der Beschwerdeführerin eine von ihr geforderte eindeutigere Zuständigkeitsabgrenzung mit dem Vorliegen bzw. Erfordernis einer sukzessiven Zuständigkeit, wie jener in §16 Abs3 Energie-RegulierungsbehördenG, begründen zu wollen (...), da die Telekom-Control-Kommission gemäß §121 Abs5 TKG 2003 in oberster Instanz entscheidet.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist die Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft, wonach eine Zuständigkeitsverteilung im Gesetz fehlt. Die Beschwerdeführerin verkennt wohl, dass gerade die Regelung des §25 Abs6 TKG 2003 eine Zuständigkeitsverteilung darstellt, welche in einem 'besonderen Gesetz' (nämlich dem TKG 2003) klar und eindeutig festgeschrieben ist

(...)."

Es bestehe auch keine wechselseitige Bindungswirkung zwischen Entscheidungen der TCK und den ordentlichen Gerichten. Der Oberste Gerichtshof habe mehrmals ausgesprochen, dass aufsichtbehördlich genehmigte AGB einer gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Eine derartige Klarstellung des OGH wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der Gerichtshof nicht selbst davon ausgegangen wäre, dass die TCK die Befugnis besitze, die zur Genehmigung beantragten AGB gleichfalls nach zivilrechtlichen Aspekten zu prüfen. §25 Abs6 letzter Satz TKG stelle klar, dass die AGB-Prüfung der Zivilgerichte unberührt bleibe.

Würden trotz eines Widerspruchs AGB in Geltung gesetzt bzw. weiterverwendet werden, so liege ein Verstoß gegen das TKG vor, der verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden sei. Die weitere Verwendung von AGB könne überdies einen unlauteren Wettbewerb iSd §1 UWG darstellen. Weiters bestünde die Möglichkeit der Geltendmachung etwa der Nichtigkeit iSd §879 Abs3 ABGB oder der Verbandsklage nach den §§28 ff KSchG.

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin werde das Rechtschutzinteresse des Einzelnen durch die Einräumung der Prüfungsbefugnis nach §25 Abs6 TKG 2003 nicht berührt. Durch die präventive Normenkontrolle solle insbesondere erreicht werden, dass gesetzwidrige Klauseln erst gar nicht Eingang in AGB finden.

Das Verständnis der Mitwirkungspflicht im Sinne der Beschwerdeführerin könne in einer Verletzung des §6 Abs1 Z11 KSchG (unzulässige Beweislastumkehr) resultieren. Darüber hinaus habe die TCK bereits ausgeführt, dass Mobiltelefone nicht mit den als persönlichen Gegenständen zu qualifizieren Zahlungskarten vergleichbar sind. Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift zitierte Judikatur (insb. OGH 28.8.1991, 3 Ob 530/91) sei somit auf die vorliegende Problemstellung der generellen Haftung für Entgelte von Mehrwertdienstleistungen, welche von einem Mobiltelefon aus (missbräuchlich) von Dritten in Anspruch genommen werden, nicht anwendbar.

1.3 Zur behaupteten Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002). Art83 Abs2 B-VG bindet auch den Gesetzgeber, der Behördenzuständigkeiten präzise regeln muss (VfSlg. 10.311/1984 u.a.).

§25 Abs6 TKG enthält eine solche präzise Regelung der Zuständigkeit der TCK. Diese ist für die Erlassung von Bescheiden, wie den angefochtenen, eindeutig zuständig.

Die Argumente der beschwerdeführenden Gesellschaft laufen vielmehr darauf hinaus, dass zwar die Zuständigkeit der TCK nicht an sich bestritten wird, sondern es werden vielmehr Argumente vorgebracht, wonach der Gesetzgeber die TCK für die Entscheidung zivilrechtlicher Fragen nicht zuständig machen dürfte, zumal sich daraus die in der Beschwerde aufgezeigten Konflikte zwischen der TCK und den ordentlichen Gerichten ergeben könnten.

Der beschwerdeführenden Gesellschaft ist entgegenzuhalten, dass Art83 Abs2 B-VG den Gesetzgeber nicht hindert, festzulegen, ob über bestimmte Angelegenheiten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde entscheidet. Eine solche präzise Festlegung der Zuständigkeiten der TCK und der ordentlichen Gerichte lässt aber §25 TKG nicht vermissen.

1.4 Auch Art6 EMRK, der besagt, dass über "civil rights" ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht zu entscheiden hat, steht der Kompetenz der TCK nicht entgegen: Die TCK entscheidet nicht über einen konkreten zivilrechtlichen Anspruch, sondern ist zuständig, AGBs zu widersprechen. Aus diesen AGBs hat zunächst niemand einen Anspruch erworben, sodass über keine zivilrechtlichen Ansprüche entschieden wird. Die Entscheidung über Ansprüche zwischen der Mobilkom und ihren Kunden, die zivilrechtlichen Charakter haben, bleibt - wie auch der letzte Satz des §25 Abs6 TKG zeigt - den ordentlichen Gerichten vorbehalten. Im Übrigen ist auch die TCK als "Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag" ein "Gericht (Tribunal)" iSd Art6 EMRK.

Jedenfalls legt §25 TKG die Zuständigkeit der TCK präzise fest, weshalb die Bestimmung nicht in Widerspruch zu Art83 Abs2 B-VG steht. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Behörde eine Zuständigkeit zu Unrecht in Anspruch genommen hat.

2. Zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung:

2.1 Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt vor, dass ihr durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides verwehrt sei, die AGB-Haftungsklauseln den Vereinbarungen mit ihren Kunden zu Grunde zu legen. Dadurch werde den Kunden die Möglichkeit eröffnet, ihre aus der Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten resultierenden Zahlungsverpflichtungen mit der (Schein-)Begründung zu verweigern, nicht sie selbst, sondern Dritte hätten diese Dienste ohne ihre Zustimmung, vollmachtlos oder die erteilte Vollmacht überschreitend, in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführerin stünden aufgrund der den Kunden durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Möglichkeit, sich der Zahlungsverpflichtung zu entziehen, Forderungsausfälle in derzeit nicht bezifferbarem Ausmaß gegenüber. Dadurch werde der Beschwerdeführerin die weitere Ausübung ihrer Tätigkeit als Inkassant von Mehrwertdienstanbietern unmöglich gemacht und die Entwicklung des m-Commerce behindert.

2.2 Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art6 StGG und legt dar, dass den angewendeten Bestimmungen des TKG das öffentliche Interesse zu Grunde liege, den Wettbewerb zu fördern und die Versorgung der Bevölkerung mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Telekommunikationsleistungen zu gewährleisten. Somit stehe eine Vielzahl von Bestimmungen des TKG samt der hiezu ergangenen Verordnungen unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes. Der Verbraucherschutz des TKG stelle unzweifelhaft ein öffentliches Interesse dar, welches einen möglichen Eingriff in das Grundrecht der Erwerbsbetätigungsfreiheit zu rechtfertigen vermag. Dass eine Grundrechtsbeeinträchtigung möglicherweise zur Zielerreichung ungeeignet, inadäquat und auch sonst nicht sachlich gerechtfertigt wäre, sei selbst von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht worden.

2.3 Der Verfassungsgerichtshof hat zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung erwogen:

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen Bescheid verletzt, wenn dieser einem Staatsbürger den Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt, ohne dass ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.470/1997, 15.449/1999; vgl. auch VfSlg. 15.431/1999).

Die belangte Behörde war durch Gesetz ermächtigt den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Sie hat die gesetzlichen Bestimmungen, auf die sich der Bescheid stützt auch nicht denkunmöglich angewendet.

Auch in diesem Punkt ist die Beschwerde nur verständlich, wenn sie in Wahrheit die Verfassungswidrigkeit der angewendeten Gesetzesbestimmungen behaupten will.

Gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg. 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.024/2000 und 16.734/2002).

Die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen regeln nicht den Erwerbsantritt, sondern betreffen die Berufsausübung, sodass dem Gesetzgeber ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen steht.

Die von der Mobilkom mit den Kunden abzuschließenden Verträge werden im Allgemeinen nicht mit den Kunden ausgehandelt. An den den Verträgen zu Grunde liegenden AGBs kann die große Mehrzahl von Kunden in der Regel nichts ändern. Solche AGBs einer administrativen Kontrolle der Regulierungsbehörde zu unterwerfen, dient dem Kundenschutz und damit dem öffentlichen Interesse. Dass dadurch den Betreibern von Kommunikationsnetzen oder -diensten die Ausübung ihres Erwerbes wesentlich erschwert wird, ist nicht zu erkennen. Wie die belangte Behörde im Bescheid dartut, wäre bei Auslegung der Anwendung der §11 Abs2 und §12 Abs2 und 3 der AGBs davon auszugehen, dass das von den Kunden zu übernehmende Risiko nicht einschätzbar bzw. vorhersehbar sei. Es liegt im Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers, bei Abwägung der Interessen der Mobilkom, ihre Forderungen gegen Kunden effektiver eintreiben zu können, einerseits und dem Interesse der Kunden, dass kein derartiges Risiko auf sie überwälzt wird, andererseits, das Kundeninteresse höher zu bewerten.

3. Zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums:

3.1 Hiezu führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus, dass der Bescheid die Auswirkung habe, dass ein bestimmtes Rechtsgeschäft zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Kunden im Ergebnis unmöglich gemacht werde. Ein Hoheitsakt, der ein bestimmtes Rechtsgeschäft über ein vermögenswertes Privatrecht im Einzelfall unmöglich mache, greife aber in das Eigentumsrecht ein.

3.2 In der Gegenschrift der belangten Behörde wird ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid - falls er überhaupt in das Eigentumsrecht eingreift - durch das öffentliche Interesse am Verbraucherschutz gerechtfertigt sei.

3.3 Der Verfassungsgerichtshof hat zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums erwogen:

Es ist unerfindlich, wieso die Mobilkom durch den auf §25 TKG beruhenden Widerrufsbescheid gehindert werde, Verträge mit Kunden abzuschließen. Dass aber der Inhalt des Vertrages bestimmten Voraussetzungen entsprechen muss, greift nicht in das Eigentum ein, sondern betrifft die Modalitäten der Erwerbsausübung. In diesem Zusammenhang wird auf die obigen Ausführungen zu 2.3 hingewiesen.

4. Zur behaupteten Verletzung des Legalitätsprinzips:

4.1 Hiezu führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus, dass der Bescheid das Legalitätsprinzip verletze, da keine Subsumtion unter die §§879 ABGB und 6 KSchG erfolge und die belangte Behörde nicht hinreichend darzutun vermag, weshalb die genannten Bestimmungen verletzt wären. Die belangte Behörde übersehe, dass das OGH-Urteil vom 27. Mai 2003, 1 Ob 244/02t auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar sei und verzichte vollständig, auf die Judikatur der Zivilgerichte zu den unbestimmten Gesetzesbegriffen "Sittenwidrigkeit", "gröbliche Benachteiligung" und "Intransparenz" iSd ABGB und KSchG einzugehen. Die belangte Behörde dürfe nur den von den Zivilgerichten bereits als sittenwidrig erkannten Klauseln widersprechen, hier aber habe die belangte Behörde die auslegungsbedürftigen, unbestimmten Gesetzesbegriffe "Sittenwidrigkeit", "gröbliche Benachteiligung" und "Intransparenz" mit einer Bedeutung zu füllen versucht, was aber nur den Zivilgerichten vorbehalten sei.

4.2 Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift aus, dass es ihr unbenommen sei, auch andere als die von den Zivilgerichten bereits als sittenwidrig erkannten Klauseln als solche zu qualifizieren. Im Widerspruchsbescheid vom 29. März 2004 habe die TCK bereits ausführlich dargelegt, warum die aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 27. Mai 2003, 1 Ob 244/02 ableitbaren Grundsätze auf den Bereich der Mobilfunktelefonie zu übertragen sind.

4.3 Der Verfassungsgerichtshof hat zur behaupteten Verletzung des Legalitätsprinzips erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gewährleistet Art18 B-VG kein subjektives Recht auf eine gesetzmäßige Führung der Verwaltung (vgl. VfSlg. 1324/1930, 9708/1983, 10.349/1985, 16.177/2001). Es erübrigt sich daher, auf dieses Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. In Wahrheit wiederholt die beschwerdeführende Gesellschaft ihre Argumente mit etwas anderen Worten. Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft der belangten Behörde Fehler in der rechtlichen Beurteilung vorwirft, so würden diese - selbst wenn sie zuträfen - nicht in die Verfassungssphäre reichen.

5. Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:

5.1 Die beschwerdeführende Gesellschaft meint, dass eine einschränkende Interpretation des §25 (6) TKG 2003 verfassungsrechtlich geboten sei, weil nur auf diese Weise eine Gleichbehandlung des Telekommunikationssektors mit anderen Wirtschaftssektoren sichergestellt werden könne. In keinem anderen Gesetz andere Sektoren betreffend seien nicht-marktbeherrschende Unternehmen an eine vorherige Genehmigungspflicht oder an einen Widerspruch gegen ihre angezeigten AGB gebunden. Eine sachliche Rechtfertigung für solcherart Sonderbehandlung erscheine nicht ersichtlich und sei insbesondere aus den von der TCK herangezogenen Verbraucherschutzinteressen nicht ableitbar.

5.2 Die belangte Behörde führt hiezu aus, dass eine Benachteiligung nicht darin gesehen werden könne, dass AGB einer ex-post vorzunehmenden AGB-Kontrolle unterzogen werden, um gesetzwidrige Klauseln ausfindig zu machen und Verbraucher im Sinne des Schutzzweckes des §25 Abs6 TKG 2003 vor benachteiligenden Klauseln zu schützen. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Wirtschaftssektoren sei nicht zu erblicken, da es dem Gesetzgeber jederzeit unbenommen sei, dem Schutzzweck gesetzlicher Reglungen, in für Konsumenten vergleichbar sensibeln Bereichen, besondere Ausdruckskraft zu verleihen und ähnliche Genehmigungspflichten vorzusehen. In diesem Sinne weist die TCK darauf hin, dass selbst Versicherungsunternehmen aus Verbraucherschutzinteressen nur auf Basis der AVB (Allgemeinen Versicherungsbedingungen) kontrahieren dürfen und eine Vielzahl von Liberalisierungsgesetzen im Bereich der Gas-, Wasser und Elektrizitätsversorgung die Verwendung von AGB an die vorherige Genehmigung von Regulatoren binde.

5.3 Es ist zu bemerken, dass die Prämisse der beschwerdeführenden Gesellschaft, eine vorherige Genehmigung von Geschäftsbedingungen oder ein Widerspruch gegen diese treffe nur die Telekommunikationsbranche, unrichtig ist (vgl. §24 Abs1 und §31 Abs1 EIWOG, die aus kompetenzrechtlichen Gründen, aber nicht wegen ihres Inhalts Verfassungsbestimmungen sind, ferner §§26 Abs1, 33d Abs1, 42d Abs1 Gaswirtschaftsgesetz, §7 Bausparkassengesetz). Verträge von Anbietern von Telekommunikationsdiensten mit ihren Kunden sind - wie kaum in einer anderen Branche - Massenverträge, sodass eine administrative Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sachlich gerechtfertigt ist.

III. Aus den obigen Gründen war die Beschwerde abzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Erwerbsausübungsfreiheit, Fernmelderecht, Kollegialbehörde, Legalitätsprinzip, civil rights

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B636.2004

Dokumentnummer

JFT_09949385_04B00636_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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