TE Vfgh Erkenntnis 1986/10/8 A23/85

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Veröffentlicht am 08.10.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
VfGG §41
ZPO §41 Abs2

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage auf Rückzahlung einer für eine Verwaltungsübertretung verhängten und bereits bezahlten Geldstrafe sowie eines geleisteten Kostenbeitrages nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VfGH; Beginn des Verzuges; Angemessenheit der Nachfrist von 14 Tagen; verfrüht, jedoch begründet erhobene Klage; auf Zahlung von Kosten eingeschränktes Klagebegehren nach Zahlung der Klagsforderung berechtigt; Kostenersatzforderung für das Verfahren vor dem VfGH war gemäß §41 iVm. §35 VerfGG und §41 Abs2 ZPO anhand des Rechtsanwalttarifes auszumessen

Spruch

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 845,44 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG am 8. August 1985 erhobenen Klage brachte der Kläger im wesentlichen vor, daß die Wr. Landesregierung mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 20. März 1985 über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 300 S verhängt und ihm Kostenbeiträge von 60 S für die Verfahren erster und zweiter Instanz auferlegt habe; er habe die Geldstrafe und den Kostenbeitrag am 24. Juni 1985 eingezahlt.

Obwohl der VfGH mit Erk. vom 27. Juni 1985 B355/85 den Bescheid der Wr. Landesregierung vom 20. März 1985 aufgehoben habe und obwohl der Kläger am 26. Juli 1985 die Rückzahlung der bezahlten Beträge binnen zehn Tagen gefordert habe, habe die beklagte Partei eine Refundierung des Betrages von insgesamt 360 S nicht vorgenommen.

Der Kläger begehrt den Zuspruch von 360 S samt 4% Zinsen seit Klagstag sowie den Ersatz der Verfahrenskosten für Schriftsatzaufwand, Umsatzsteuer und Stempelgebühren, zusammen 11240 S.

2. Das Land Wien trat in der Gegenschrift dem Sachverhaltsvorbringen des Klägers im wesentlichen nicht entgegen, beantragte jedoch die Abweisung der Klage. Der Kläger habe die Rückzahlung mit einer an den Magistrat Wien gerichteten und dort am 31. Juli 1985 eingelangten Eingabe vom 26. Juli 1985 begehrt. Darin sei der Magistrat Wien aufgefordert worden, den Eingang von 360 S auf dem Konto des Klagsvertreters binnen zehn Tagen zu bewirken. Die vom Kläger eingeräumte Zahlungsfrist von zehn Tagen, wobei innerhalb dieser Frist der Betrag bereits am klägerischen Konto hätte eingelangt sein müssen, sei als unangemessen kurz zu betrachten. Da das klägerische Schreiben erst am 31. Juli 1985 beim Magistrat Wien einlangte, könne überdies die - praktisch kaum einhaltbare - Zahlungsfrist von zehn Tagen wohl erst frühestens mit diesem Tage zu laufen begonnen haben. Wenn der Kläger daher die vorliegende Klage bereits am 8. August 1985 zur Post gegeben habe, sei bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die von ihm selbst gesetzte zehntägige Frist abgelaufen gewesen. Die dennoch erhobene Klage sei daher verfrüht und damit unnötigerweise eingebracht worden.

Veranlaßt durch die Klagsführung habe das Land Wien mit 17. Oktober 1985 die vollständige Rückzahlung des Klagsbetrages zuzüglich 3 S zur Abgeltung allfälliger Zinsenansprüche bewirkt.

Es wird daher der Antrag gestellt, das Klagebegehren vollinhaltlich als unbegründet abzuweisen.

3. Mit Schriftsatz vom 1. August 1986 schränkte der Kläger im Hinblick auf die - wenngleich seiner Meinung nach verspätete - Zahlung das Klagebegehren auf den Ersatz der Kosten ein.

II. Der VfGH hat über die - auf Kosten eingeschränkte - Klage erwogen:

1. Nach der ständigen Judikatur des VfGH ist die Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG in Ansehung der klagsweise geltend gemachten Forderung auf Erstattung des Strafbetrages samt Verfahrenskosten nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VfGH (vgl. hiezu VfSlg. 9498/1982 und die dort zitierten weiteren Rechtsprechungshinweise) gegeben.

2. Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, wonach in sinngemäßer Anwendung des §1334 ABGB (vgl. insbesondere VfSlg. 5079/1965) der Beginn des Verzuges nicht bereits mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des VfGH anzunehmen ist, sondern erst, wenn der im verfassungsgerichtlichen Verfahren obsiegende Bf. die Refundierung begehrt hat und eine (von ihm gesetzte) angemessene (s. unter II.3.) Nachfrist abgelaufen ist. Ein solches Refundierungsbegehren wurde vom Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 1985 erhoben. Da das Mahnschreiben jedoch beim beklagten Land Wien erst am 31. Juli 1985 eingelangt ist, ist die am 8. August 1985 erfolgte Klagsführung unter Berücksichtigung der vom Kläger selbst gewählten Leistungsfrist - die am 10. August 1985 geendet hätte - jedenfalls verfrüht erfolgt.

Das beklagte Land Wien hat am 17. Oktober 1985 dem Kläger den Klagsbetrag zuzüglich 3 S für Zinsen überwiesen.

3. Die Kostenersatzforderung des Klägers ist berechtigt:

Die Klage wurde zwar verfrüht erhoben (s. oben II.2), dennoch wurde sie - wie der Verfahrensablauf zeigt - begründet eingebracht. Die beklagte Partei geriet nämlich in Zahlungsverzug, weil sie erst nach Ablauf der angemessenen Zahlungsfrist (das ist 14 Tage ab Einlangen des Mahnschreibens des Klägers bei der Behörde - vgl. VfGH 26. Juni 1985 A2/83) die Schuld beglich. Das Klagebegehren wurde in der Folge eingeschränkt (s. oben I.3.).

Die dem Kläger daher zustehenden Prozeßkosten waren allerdings gemäß §41 iVm. §35 VerfGG und §41 Abs2 ZPO anhand des Rechtsanwaltstarifes auszumessen und nicht - wie der Kläger begehrt - anhand der im Verfahren nach Art144 B-VG gemäß §88 VerfGG gebührenden Pauschalsätze (vgl. VfGH 26. Juni 1985 A4/82); dies deshalb, weil in Verfahren nach Art137 B-VG der Rechtsanwaltstarif sinngemäß anzuwenden ist, während sich bei Beschwerdeverfahren eine analog anwendbare Position im Rechtsanwaltstarif nicht findet (vgl. VfSlg. 10938/1986).

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 55,04 S enthalten.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Verzug, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:A23.1985

Dokumentnummer

JFT_10138992_85A00023_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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