TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/26 I421 2236771-1

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Veröffentlicht am 26.11.2020
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Entscheidungsdatum

26.11.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
StGB §146
StGB §153d
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WaffG §50 Abs1

Spruch

I421 2236771-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nordmazedonien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 13.10.2020, Zl. 231744007/191254436, zu Recht erkannt:

A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots auf sieben (7) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 20.05.2019 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA) mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wegen §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (1) 2. Fall SMG §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 3 SMG § 50 (1) WaffG § 224a StGB in Untersuchungshaft genommen worden sei.

2.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 15.10.2019, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 1 StGB, wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 2 StGB und wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Zusatzstrafe von vier Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

3.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 22.10.2019, XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG, wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG und wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des OGH vom 04.05.2020, GZ XXXX zurückgewiesen. Auch der gegen das Strafurteil erhobenen Berufung sowie der implizierten Beschwerde gegen den im Zuge des Strafurteils gefassten Beschluss wurde seitens des Oberlandesgerichtes XXXX zu XXXX mit Entscheidung vom 05.05.2020 nicht Folge gegeben.

4.       Am 19.12.2019 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde.

5.       Mit Bescheid vom 13.10.2020 erteilte die belangte Behörde dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erlies gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass dessen Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig sei (Spruchpunkt III.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erlies gegen ihn ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.).

6.       Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig mit Datum 29.10.2020 Beschwerde, wobei Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert wurden. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe seit 20.09.2001 durchgehend einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet, sei verheiratet und habe zwei Töchter, somit im Bundesgebiet ein schützenswertes Familien- und Privatleben. Er habe bis zum 18.07.2019 über einen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger verfügt und könne sich in der deutschen Sprache auf Muttersprachenniveau verständigen, zudem habe er viele österreichische Freunde. Aus Sicht des BF gehe von ihm keine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, welche die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 10 Jahren zu rechtfertigen vermag. Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose sei nur auf gesetzliche Bestimmungen verwiesen, Dauer und Umfang des Einreiseverbotes nicht begründet worden. Auch habe eine Auseinandersetzung mit den individuellen Angaben des BF nicht stattgefunden.

7.       Mit Schriftsatz vom 06.11.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 11.11.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der am XXXX geborene, verheiratete BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist mazedonischer Staatsangehöriger.

Er ist seit 20.09.2001 im Bundesgebiet durchgehend melderechtlich mit Hauptwohnsitz erfasst. Seit 15.05.2019 befindet sich der BF in Strafhaft, wobei er gegenwärtig in der Justizanstalt XXXX -Simmering aufhältig ist.

Mit Datum 19.09.2001 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 06.06.2002 negativ entschieden wurde. Dagegen erhob der BF das Rechtsmittel der [damals] Berufung, welche er jedoch zurückzog und die negative Entscheidung mit 11.05.2004 in Rechtskraft erwuchs. Am XXXX .2004 heiratete der BF die österreichische Staatsangehörige D. K. Der Ehe entstammen die beiden minderjährigen Kinder des BF, geboren am XXXX und am XXXX . Ab dem 15.09.2011 bis zum 18.07.2019 verfügte der BF über einen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger. Mit Bescheid vom 26.05.2020 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ zurückgewiesen, welcher mit 22.06.2020 in Rechtskraft erwuchs.

Der BF besuchte 12 Jahre lang die Schule und schloss eine Ausbildung als Maschinentechniker ab. Ab dem Jahr 2002 arbeitete der BF auf der Baustelle. Zwar war der BF regelmäßig als Arbeiter beschäftigt, jedoch dauerten die einzelnen Arbeitsverhältnisse nie länger als maximal etwa vier Monate und bezog der BF zwischenzeitlich immer wieder Arbeitslosengeld. Im Zeitraum vom 01.05.2009 bis 28.02.2014 war der BF als gewerblich selbständig Erwerbstätiger bei der Sozialversicherung gemeldet. 2015 arbeitete der BF als Prokurist in einer Firma. Im Jahr 2016 erlitt der BF einen Unfall und war für die Dauer von zwei Jahren im Krankenstand. Zuletzt war der BF für die Dauer von sechs Tagen vom 07.06.2018 bis 12.06.2018 als Arbeiter beschäftigt. Seitdem bezog der BF bis zum 13.05.2019 Notstands- bzw. Überbrückungshilfe. Gegenwärtig ist der BF gesund und arbeitsfähig.

Seit 10.06.2003 lebte der BF bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung im gemeinsamen Haushalt mit seiner Gattin sowie den beiden Kindern, welche alle österreichische Staatsangehörige sind. Das ältere der beiden Kinder leidet an Epilepsie sowie an einem Entwicklungsrückstand in mehreren Bereichen, auch zeigt sich eine emotionale Anpassungsstörung. Der BF verfügt über soziale Kontakte im Bundesgebiet, auch leben Cousins des BF in Österreich. Der BF steht zu keiner in Österreich lebenden Person in einem Abhängigkeitsverhältnis. Er spricht sehr gut Deutsch, weiters fließend Serbisch, Mazedonisch und Bosnisch.

In Nordmazedonien leben die Mutter und der Onkel des BF, zudem viele weitere Verwandten. Etwa einmal jährlich reist der BF nach Nordmazedonien oder auch nach Bosnien zu den Verwandten seiner Ehegattin.

Der Strafregisterauszug der Republik Österreich weist drei Verurteilungen auf:


01) LG XXXX XXXX vom 21.06.2016 RK 21.12.2016

§ 15 StGB, § 12 2. Fall StGB § 288 (1) StGB

§ 12 2. Fall StGB § 288 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 11.02.2015

Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX XXXX RK 21.12.2016

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX XXXX vom 22.10.2019

02) LG XXXX 112 HV 70/2018m vom 15.10.2019 RK 23.01.2020

§ 153d (1) StGB

§ 153d (2) StGB

§ 146 StGB

Datum der (letzten) Tat 22.04.2011

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX RK

21.12.2016

03) LG XXXX XXXX vom 22.10.2019 RK 05.05.2020

§ 28a (1) 4. Fall SMG

§ 28 (1) 2. Satz SMG

§ 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

§ 50 (1) Z 1 WaffG

§§ 28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 3 SMG

Datum der (letzten) Tat 14.05.2019

Freiheitsstrafe 4 Jahre

Entsprechend dem Strafregisterauszug erfolgt die erste Verurteilung des BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.06.2016, rechtskräftig seit 21.06.2016, zu XXXX , wegen des Vergehens der Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB und des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB, wobei der BF unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt wurde. Weiters wurde der BF wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 1 StGB, wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 2 StGB und wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Die zweite strafgerichtliche Verurteilung erfolgte dabei während der offenen Probezeit seiner ersten Verurteilung, weswegen diese von drei auf fünf Jahre verlängert und gegen den BF unter Bedachtnahme auf die erste Verurteilung eine Zusatzstrafe verhängt wurde. Die dabei verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten wurde neuerlich unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 22.10.2019 zu XXXX für schuldig befunden, in XXXX I./ vorschriftswidrig Sucht 1./ in einer die Grenzmenge (§28b SMG) übersteigenden Menge A./ überlassen zu haben, und zwar Kokain an einen verdeckten Ermittler des LKA XXXX am 16.04.2019 eine Menge von 1g mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 20% Cocain zum Preis von 50,-- Euro, am 06.05.2019 eine Menge von 5,4g mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 20% Cocain Kokain und 1,7 Gramm Marihuana mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 4,6% THCA und 0,4% Delta-9-THC zum Preis von 300,-- Euro, am 14.05.2019 eine Menge von 297,4g mit einem Reinheitsgrad von 80,6% Cocain, sohin 239,7g in Reinsubstanz, dies entspricht der 15,9-fachen Grenzmenge, indem er es dem verdeckten Ermittler zum Preis von 15.000,-- Euro übergab; B./ am 13.05.2019 einem verdeckten Ermittler des LKA XXXX 3.300g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 0,89% Delta-9-THC und 11,74% THCA, sohin 29,3g Delta-9-THC und 387,4g THCA, dies entspricht der 11-fachen Grenzmenge zum Preis von 15.000,-- Euro angeboten zu haben; C./ mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gebracht wird, am 14.05.2019 besessen, und zwar D./ von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis 14.05.2019 die Cannabispflanze zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem Vorsatz angebaut zu haben, dass das hiedurch gewonnene Marihuana, beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC und den Wirkstoff THCA, in Verkehr gesetzt werde, indem er 100 Cannabispflanzen anbaute; 2./ eine Menge von 20g Kokain (mit einem Reinheitsgrad von 32,4% Cocain, sohin 6,48g in Reinsubstanz) zum Zwecke des Weiterverkaufes am 14.05.2019 besessen; III. am 14.05.2019 vorsätzlich eine Schusswaffe der Kategorie B, nämlich eine Pistole der Marke ZASTAVA EKOL TUNA, unbefugt besessen zu haben. Hiedurch hat der BF das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG, das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG, das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG und das Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG begangen und wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Dem BF kam es bei der Tatbegehung darauf an, sich den Lebensunterhalt zu finanzieren bzw. aufzubessern, nicht hingegen, sich die Suchtmittel bzw. Mittel zu deren Erwerb für einen allfälligen persönlichen Gebrauch zu verschaffen. Mildernd wurde die Sicherstellung des Suchtgiftes, erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens und die Tatbegehung während offener Probezeit gewertet.

Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des OGH vom 04.05.2020, GZ XXXX zurückgewiesen. Auch der gegen das Strafurteil erhobenen Berufung sowie der implizierten Beschwerde gegen den im Zuge des Strafurteils gefassten Beschluss wurde seitens des Oberlandesgerichtes XXXX zu XXXX mit Entscheidung vom 05.05.2020 nicht Folge gegeben.

Es liegen keine Gründe vor, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Mazedonien:

Hinsichtlich der aktuellen Lage in Mazedonien sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 13.10.2020 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Mazedonien, Stand 16.04.2020, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Zudem gilt Mazedonien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Mazedonien (Stand Gesamtaktualisierung am 16.04.2020, letzte Information eingefügt am 16.04.2020). Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt, zudem auch ein Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Umstand, dass der BF mazedonischer Staatsangehöriger ist, gründet auf einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister, aus dem die Staatsangehörigkeit durch den Reisepass mit der Dokumentnummer XXXX belegt wurde, weiters geht die Staatsangehörigkeit auch aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister zur Person des BF hervor sowie dem unstrittigen Akteninhalt. Die Identität des BF samt Geburtsdatum steht damit ohne Zweifel fest. Hinsichtlich dem Familienstand gilt es, auf die Heiratsurkunde vom XXXX .2004, ausgestellt vom Standesamt XXXX , zu verweisen (AS 315).

In Zusammenhang mit der durchgehenden melderechtlichen Erfassung des BF im Bundesgebiet kann auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Person des BF verwiesen werden, ebenso hinsichtlich dem Strafhaftaufenthalt seit 15.05.2019 und dem derzeitigen Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX .

Die Umstände zum Antrag auf internationalen Schutz sowie zum Aufenthaltstitel als Familienangehöriger werden im Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister zur Person des BF ersichtlich. Dass zuletzt der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ zurückgewiesen wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bescheid des Amtes der Wien er Landesregierung, MA 35 (AS 187). Aus dem Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 03.07.2020 geht hervor, dass diese Entscheidung mit Datum 22.06.2020 in Rechtskraft erwachsen ist. Das Datum der Hochzeit gründet auf der vorgelegten Heiratsurkunde (AS 315), welche auch im Auszug aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich wird. Hinsichtlich der beiden Kinder des BF wurden die jeweiligen Geburtsurkunden vorgelegt, in welchen der BF als Kindesvater angeführt ist (AS 311 & AS 324).

Die Feststellungen zur Schulbildung, zur Ausbildung als Maschinentechniker sowie zum Tätigwerden auf der Baustelle ab dem Jahr 2002 basieren auf den glaubhaften Ausführungen des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom 19.12.2019, AS 91) und wurde selbiges auch im Zuge des Beschwerdevorbringens wiedergegeben (AS 304). Die Dauer der jeweiligen Arbeitsverhältnisse wird im Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF ersichtlich, ebenso der Umstand der zwischenzeitlichen Arbeitslosengeldbezüge. Auch der Zeitraum, in welchem der BF als gewerblich selbständig Erwerbstätiger gemeldet war, kann dem Sozialversicherungsdatenauszug entnommen werden. Hinsichtlich der Tätigkeit des BF als Prokurist im Jahr 2015 wird auf die Ausführungen des BF vor der belangten Behörde verwiesen, ebenso hinsichtlich des Unfalles samt Krankenstand (Protokoll vom 19.12.2019, AS 91; Beschwerde vom 29.10.2020, AS 304). Die letzte Beschäftigung des BF ist durch den Sozialversicherungsdatenauszug dokumentiert, ebenso der Umstand, dass der BF danach bis zum 13.05.2019 Notstands- bzw. Überbrückungshilfe bezogen hat. Der BF führte selbst vor der belangten Behörde aus, gesund und wieder arbeitsfähig zu sein. Gegenteilige Hinweise lassen sich dem Akteninhalt nicht entnehmen, zumal auch der Umstand, dass der BF haftfähig ist, dies bekräftigt.

Die Feststellungen zum Leben im gemeinsamen Haushalt basieren auf den diesbezüglich übereinstimmenden Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, aus welchen auch die österreichische Staatsangehörigkeit der Gattin und der beiden Kinder hervorgeht. Hinsichtlich der Erkrankungen des älteren Kindes kann auf den klinisch-psychologischen Befund vom 15.06.2020 verwiesen werden (AS 326 ff). Dass der BF im Bundesgebiet über soziale Kontakte verfügt, ergibt sich aus den entsprechenden Ausführungen des BF (Protokoll vom 19.12.2019, AS 93; Beschwerde vom 29.10.2020, AS 304) und ist dies auch in Anbetracht der Aufenthaltsdauer des BF in Österreich nachvollziehbar. Der Umstand, dass viele Cousins des BF im Bundesgebiet leben, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des BF vor der belangten Behörde, weiters auch die Feststellung, dass der BF zu keiner in Österreich lebenden Person in einem Abhängigkeitsverhältnis steht (Protokoll vom 19.12.2019, AS 93). Bereits im Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme ist angemerkt, dass sich der BF einwandfrei in der deutschen Sprache unterhalten kann (Protokoll vom 19.12.2019, AS 91). Hinsichtlich seiner weiteren Sprachkenntnisse gilt es, auf die Ausführungen des BF vor der belangten Behörde zu verweisen (Protokoll vom 19.12.2019, AS 91).

Der Umstand, dass die Mutter und der Onkel des BF, zudem viele weitere Verwandten in Nordmazedonien leben, basiert ebenfalls auf den Ausführungen des BF vor der belangten Behörde, auch hinsichtlich der jährlichen Besuche (Protokoll vom 19.12.2019, AS 93).

Die strafrechtlichen Verurteilungen des BF im Bundesgebiet ergeben sich aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich. Die Feststellungen hinsichtlich seiner letzten Verurteilung samt Milderungs- und Erschwernisgründe sowie hinsichtlich dem Umstand, dass der BF die Taten begangen hat, um sich den Lebensunterhalt zu finanzieren bzw. aufzubessern, ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 22.10.2020 zu XXXX (AS 3 ff). Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht ergibt sich einerseits die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des OLG, andererseits, dass der Berufung und der implizierten Beschwerde nicht Folge gegeben wurde (AS 147 ff).

Die Feststellung betreffend dem Nichtvorliegen zu berücksichtigender Hindernisse hinsichtlich der Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) des BF in den Herkunftsstaat Mazedonien beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde etwaige Angaben tätigte, welche in Zusammenhang mit einer Rückkehr Entscheidungsrelevanz entfalten würden. Der BF brachte vielmehr vor, er hätte nie in irgendeinem Land der Welt Probleme gehabt (Protokoll vom 19.12.2019, AS 94). In diesem Zusammenhang gilt es weiters festzuhalten, dass der BF auch regelmäßig seine in Nordmazedonien aufhältige Familie unbehelligt besuchen konnte (Protokoll vom 19.12.2019, AS 93).

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Mazedonien gilt als ein sicherer Herkunftsstaat.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Mazedonien und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat haben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG ist ein Drittstaatsangehöriger ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Mazedonien ist Drittstaatsangehöriger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmung.

Zu A)   

3.1.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG 2005. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war daher nicht zu erteilen.

3.2.    Zur Rückkehrentscheidung und zum Einreiseverbot (Spruchpunkt II. und Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1   Rechtslage

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (§ 10 Abs 2 AsylG).

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist) und eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden vorzunehmen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, sondern auch für das – nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige – Einreiseverbot iSd § 53 FPG, in dessen Abs 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art 8 MRK angesprochen wird (vgl. B 3. September 2015, Ra 2015/21/0111; B 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0179) (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs 3 FPG ist ein solches für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (Ziffer 5).

Die Beurteilung, ob der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (hier: § 7 Abs 1 Z 1 iVm § 6 Abs 1 Z 3 AsylG 2005), erfordert im jeweiligen Einzelfall eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. §§ 9 Abs 2 Z 2 und 57 Abs 1 Z 1 AsylG 2005; §§ 53 und 66 Abs 1 FrPolG 2005). Bei dieser Einzelfallprüfung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0155, Rn. 18, sowie VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0246, Rn. 26, jeweils in Bezug auf die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005) (VwGH 07.10.2020, Ra 2019/20/0358).

In den Fällen des § 53 Abs 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des BF (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 mwN).

3.2.2   Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie oben ausgeführt, war ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) nicht zu erteilen. Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung bzw. die Verhängung eines Einreiseverbotes mit Art 8 EMRK vereinbar ist.

Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 01.02.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein – massives – strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN) (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409).

Dies bedeutet im Ergebnis, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).

Der BF hält sich im konkreten Fall seit (mindestens) 19.09.2001, somit etwa neunzehn Jahre im österreichischen Bundesgebiet auf. Zumal der Asylantrag des BF negativ entschieden wurde und dieser schließlich mit 11.05.2004 in Rechtskraft erwachsen ist, gestaltete sich der Aufenthalt des BF erst ab dem Zeitpunkt der Heirat mit einer österreichischen Staatsangehörigen, welche am XXXX 2004 erfolgt ist, als rechtmäßig.

Unbestritten führt der BF im Bundesgebiet ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMR mit seiner Ehegattin und den beiden minderjährigen Kindern, welche alle österreichische Staatsangehörige sind. Die Kinder gehen altersbedingt in Österreich auch zur Schule. Seit nunmehr knapp eineinhalb Jahren war aufgrund des Haftaufenthaltes des BF jedoch ein Zusammenleben mit der Familie nicht mehr möglich.

Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff). In Anbetracht des langjährigen Aufenthalts des BF ist von einem Privatleben desselben auszugehen, wobei es dabei zu berücksichtigen gilt, dass er zu keiner in Österreich lebenden Person in einem Abhängigkeitsverhältnis steht. Zugunsten des BF gilt es, die Erlangung der sehr guten Kenntnisse in der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Zulasten des BF gilt es zu berücksichtigen, dass eine nachhaltige berufliche Verfestigung des BF im Bundesgebiet – ungeachtet seines erlittenen Unfalls und dem damit einhergehenden Krankenstand – nicht erfolgt ist. Dies ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass der BF immer nur kurz bei den jeweiligen Arbeitgebern verblieb und die Arbeitsverhältnisse nie länger als etwa vier Monate andauerten, andererseits stellte der BF auch seine selbständige Tätigkeit bereits im Jahr 2014 wieder ein und wurde er zudem in diesem Zusammenhang wegen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse strafgerichtlich verurteilt. Zuletzt war der BF lediglich für die Dauer von sechs Tagen im Zeitraum vom 07.06.2018 bis 12.06.2018 als Arbeiter beschäftigt. Seitdem bezog er bis zum 13.05.2019, somit bis zwei Tage vor seinem Haftaufenthalt, Notstands- bzw. Überbrückungshilfe.

Weiters gilt es, die lange Aufenthaltsdauer des BF sowie sein Privat- und Familienleben aufgrund seiner Straffälligkeiten erheblich zu relativieren:

So wurde der BF insgesamt dreimal strafrechtlich verurteilt. Die erste Verurteilung des BF erfolgte mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.06.2016, rechtskräftig seit 21.06.2016, zu XXXX , wegen des Vergehens der Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB und des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB, wobei der BF unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt wurde. Weiters wurde der BF wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 1 StGB, wegen des Vergehens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 2 StGB und wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Die zweite strafgerichtliche Verurteilung erfolgte dabei während der offenen Probezeit seiner ersten Verurteilung, weswegen diese von drei auf fünf Jahre verlängert und gegen den BF unter Bedachtnahme auf die erste Verurteilung eine Zusatzstrafe verhängt wurde. Die dabei verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten wurde neuerlich unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Zuletzt wurde der BF schließlich – während offener Probezeiten – mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX vom 22.10.2019, rechtskräftig seit 05.05.2020, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG, wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG und wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Dem BF kam es bei der Tatbegehung darauf an, sich den Lebensunterhalt zu finanzieren bzw. aufzubessern, nicht hingegen, sich die Suchtmittel bzw. Mittel zu deren Erwerb für einen allfälligen persönlichen Gebrauch zu verschaffen. Mildernd wurde die Sicherstellung des Suchtgiftes, erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens und die Tatbegehung während offener Probezeit gewertet. Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des OGH vom 04.05.2020, GZ XXXX zurückverwiesen. Auch der gegen das Strafurteil erhobenen Berufung sowie der implizierten Beschwerde gegen den im Zuge des Strafurteils gefassten Beschluss wurde seitens des Oberlandesgerichtes Wien zu XXXX mit Entscheidung vom 05.05.2020 nicht Folge gegeben.

Mit seiner letzten Verurteilung und der dabei unbedingt verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren erfüllt der BF die Tatbestandsmerkmale des § 53 Abs 3 Z 5 FPG, nämlich, dass er von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist. Die Erfüllung der Ziffer 5 vermag sogar objektiv die Verhängung eines unbefristeten Einreiseverbotes zu rechtfertigen.

Gerade Suchtgiftdelinquenz stellt – auch nach gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben – ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), zumal die Grundinteressen der Gesellschaft durch ein derartiges Verhalten gravierend beeinträchtigt werden und Suchtmitteldelinquenz eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen darstellt (vgl. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014).

Auch besteht ein großes öffentliches Interesse an der Einhaltung der waffengesetzlichen Bestimmungen (VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076).

Das vom BF gezeigte Verhalten lässt gegenständlich eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminellen Energie erkennen. Dabei geht bereits aus dem Strafurteil hervor, dass der BF die Suchtmittel bzw. Mittel zu deren Erwerb sich ausschließlich dazu verschaffte, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren bzw. aufzubessern, nicht hingegen aufgrund eines allfällige persönlichen Gebrauchs. Selbst die noch offenen Probezeiten vermochten den BF nicht davon abzuhalten, erneut strafbare Handlungen zu begehen. Es steht daher außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten andere erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt. Dies spiegelt auch das Verhalten des BF wider, der im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde keinerlei Einsicht hinsichtlich seiner begangen Straftaten zeigte und vermeinte, die Schusswaffe sei nicht von ihm gewesen und habe er seine letzte Straftat gar nicht begangen. Erst zwei Fragen später gab er zu, dass es schon sein Kokain in der Wohnung gewesen sei und er früher Suchtmittel konsumiert habe, wobei er keine zeitliche Einschätzung vorzunehmen vermochte, seit wann er solche nicht mehr nehme. Später gab er dazu im Widerspruch stehend an: „Ich hatte im ganzen Leben nichts mit Drogen zu tun und auf einmal bekomme ich wegen einem verdeckten Ermittler Probleme“. Hinsichtlich seiner Verurteilung in Zusammenhang mit dem betrügerischen Anmelden zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gab er zu Protokoll: „Die Anklage ist wegen Steuerhinterziehung / Steuerbetrag, das ist nichts. Das habe ich aber ebenso nicht gemacht, aber [die] Finanzpolizei hat das nicht akzeptiert“ (Protokoll vom 19.12.2019, AS 92 f). Aufgrund der derart negierenden Einstellung in Zusammenhang mit seinen begangenen Straftaten vermag auch das Beschwerdevorbringen, dem zufolge der BF die Tat bereue und ein neues Leben anfangen wolle, keine Relevanz zu entfalten (Beschwerde vom 29.10.2020, AS 303).

Insbesondere gilt es auch hinsichtlich des Gesinnungswandels eines Straftäters festzuhalten, dass ein solcher grundsätzlich erst – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – daran gemessen werden kann, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. B 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014) (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276). Zumal der Täter sich gegenwärtig noch in Strafhaft befindet, ist auf dieser Grundlage gegenwärtig auch keinesfalls von einem Gesinnungswandel auszugehen und eine positive Zukunftsprognose zum derzeitigen Zeitpunkt auszuschließen.

In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftdelinquenz, dem großen öffentlichen Interesse an der Einhaltung der waffengesetzlichen Bestimmungen und in Anbetracht des übrigen strafbaren Verhaltens des BF samt – wie oben ausgeführt – negativer Zukunftsprognose ist im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und anderer in Art 8 Abs 2 EMRK genannter öffentlichen Interessen die Verhängung eines Einreiseverbotes jedenfalls gerechtfertigt, obgleich dadurch ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF verbunden ist. Das Bundesverwaltungsgericht kommt im konkreten Fall dabei auch trotz der langen Aufenthaltsdauer von etwa 19 Jahren im Ergebnis zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung aufgrund des gravierenden Fehlverhaltens die persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib bzw. der Möglichkeit, jederzeit ins Bundesgebiet einreisen zu können, überwiegen. Dabei gilt es festzuhalten, dass den BF selbst seine familiären Bindungen zur Gattin und den zwei gemeinsamen minderjährigen Kindern nicht von der Begehung von Straftaten abzuhalten vermochten, dies obwohl bereits zum Datum seiner letzten Tat (22.04.2011) seiner zweiten Verurteilung sein älteres Kind geboren war.

Es bedarf hierbei eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des BF um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird.

In Anbetracht der massiven familiären Bindungen in Österreich und aufgrund des langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet erscheint die Erlassung eines zehnjährigen Einreiseverbotes jedoch nicht geboten und gilt es, die Dauer auf ein entsprechendes Maß zu reduzieren. Das erkennende Gericht geht davon aus, dass aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom BF begangenen Straftat unter Berücksichtigung der konkreten Strafzumessungsgründe sowie in Hinblick auf das Privat- und Familienleben des BF ein siebenjähriges Einreiseverbot ausreicht, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einem Umdenken hin zu einem rechtskonformen Verhalten zu veranlassen. Während dieser Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes wird es dem BF möglich sein, seinen Gesinnungswandel durch die Vermeidung eines Rückfalls zu untermauern. Diese Dauer ist ausreichend, aber auch notwendig, um eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.

Gleichzeitig hat der BF auch in seinem Herkunftsstaat Mazedonien, in dem er aufgewachsen ist und knapp die Hälfte seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen, welche sich dadurch aufrecht erhalten haben, dass der BF nach wie vor in Kontakt zu seiner Mutter steht und auch regelmäßig Besuche in Nordmazedonien getätigt hat.

Die Beschwerde erweist sich daher hinsichtlich Spruchpunkt II. als unbegründet, sodass sie gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war. Die Dauer des Einreiseverbotes hinsichtlich (Spruchpunkt VI.) war spruchgemäß herabzusetzen.

3.3.    Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt III.):

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2020, Ra 2020/14/0368).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im Zuge des Verfahrens sind keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Nordmazedonien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Der BF hat Berufserfahrung in der Baubranche, ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er durch die Aufnahme einer Beschäftigung in Nordmazedonien in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Darüber hinaus leben seine Mutter, zu welcher der BF in Kontakt steht, sowie ein Onkel, zudem weitere Verwandte nach wie vor in Nordmazedonien und ist der BF bei einer Rückkehr daher auch nicht auf sich allein gestellt.

Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Mazedonien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, zumal die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können.

Des Weiteren gilt Mazedonien als ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 4 der Herkunftsstaaten-Verordnung. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Mazedonien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4.    Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1   Rechtslage

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

3.4.2   Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Aufgrund der hohen kriminellen Energie des BF, seiner negierenden Einstellung in Zusammenhang mit seinen bisherigen Verurteilungen, dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftdelinquenz, dem großen Interesse an der Einhaltung der waffengesetzlichen Bestimmungen sowie in Anbetracht des übrigen strafbaren Verhalten des BF ist seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 13.10.2020 die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt.

Mazedonien gilt zudem gemäß § 1 Z 4 der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat.

Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Mazedonien keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben hat der BF aufgrund seines strafrechtlich relevanten Verhaltens und in Ermangelung einer positiven Zukunftsprognose hinzunehmen. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG sowie § 55 Abs 4 FPG zur Anwendung gebracht, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheids unbegründet und die Spruchpunkte – entsprechend den obigen Ausführungen – nicht zu beanstanden sind.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf, zumal seit der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde und dem gegenständlichen Erkenntnis lediglich etwa ein Monat verstrichen ist. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente, es wurde nur neuerlich auf das Familien- und Privatleben des BF im Bundesgebiet verwiesen und unsubstantiiert dargelegt, weshalb vom BF keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehen würde. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Dabei steht die Regelung des § 21 Abs 7 BFA-VG auch mit Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) im Einklang (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2236771.1.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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