Kommentar zum § 7 KraSchG

Norbert Gugerbauer3 am 30.07.2013

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1) Die Verpflichtung, vor Einbringung einer Klage zunächst - auf die Dauer von zumindest drei Monaten - eine Schlichtungsstelle zu befassen, schützt in der Regel den Hersteller/Generalimporteur. Denn insbesondere in den Fällen der - aus Sicht des KFZ-Händlers oder -Werkstattinhabers- ungerechtfertigten vorzeitigen Auflösung des Vertrages kann es für den - wirtschaftlich schwächeren - Händler/Werkstattinhaber von entscheidender Bedeutung sein, möglichst rasch eine Einstweilige Verfügung zu erwirken, durch welche der Hersteller/Generalimporteur verpflichtet wird, die Zusammenarbeit, insbesondere die Belieferung des Händler/Werkstattinhabers, vorläufig fortzusetzen. Da ein Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung mit einer Klage zu verbinden ist, eine Klage aber frühestens drei Monate nach Einleitung eines Schlichtungsverfahrens eingebracht werden darf, wird es sich für Händler/Werkstätteninhaber im Anlassfall empfehlen, unverzüglich ein Schlichtungsverfahren einzuleiten. Zumal nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Klage selbst dann erst nach Ablauf der Drei-Monats-Frist eingebracht werden darf, wenn der (frühere) Vertragspartner das Verfahren zur gütlichen Einigung boykottiert.
 
2) Unter den im Gesetz angeführten Schlichtungsvarianten wird in der Regel dem Verfahren vor dem Bezirksgericht der Vorrang eingeräumt werden. Da Anträge nach § 433 Abs. 1 ZPO in § 51 Abs. 1 JN nicht berücksichtigt sind ist bei einem Sitz des Antraggegners in Wien nach § 52 Abs. 1 JN nicht das Bezirksgericht für Handelssachen, sondern das örtlich zuständige allgemeine Bezirksgericht anzurufen. Eine Klage ist dem Antrag nicht anzuschließen, es genügt der Hinweis, dass für den Fall des Scheiterns des Schlichtungsversuches die Einbringung einer Klage beabsichtigt wird. Die Klage kann auf Unterlassung, Feststellung oder Leistung gerichtet sein, Leistungsbegehren werden sich vielfach auf einen Anspruch nach § 24 HVertrG (Ausgleichsanspruch für den Kundenstock), auf einen Anspruch nach § 454 UGB (Investitionskostenersatz) oder auf einen Schadenersatzanspruch (etwa wegen unzulässiger Verkürzung der Kündigungsfrist oder vorzeitiger Auflösung eines befristeten Vertragsverhältnisses) stützen.
 
3) In analoger Anwendung von § 24 Abs. 1 HVertrG gebührt dem Vertragshändler von Neufahrzeugen einer bestimmten Marke nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit er - 1. - dem Hersteller/Generalimporteur neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat, 2. zu erwarten ist, daß der Hersteller/Generalimporteur oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und 3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. Gem. § 24 Abs. 2 HVertrG besteht der Ausgleichsanspruch auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch Tod des Vertragshändlers endet und die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch besteht gem. § 24 Abs. 3 HVertrG nicht, wenn 1. der Vertragshändler das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dem Hersteller/Generalimporteur zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 HVertrG darstellen, hiezu begründeten Anlaß gegeben haben oder dem Vertragshändler eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann, oder 2. der Hersteller/Generalimporteur das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Vertragshändlers gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder 3. der Vertragshändler gemäß einer aus Anlaß der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Hersteller/Generalimporteur, die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet. Nach § 24 Abs. 4 HVertrG beträgt der Ausgleichsanspruch  mangels einer für den Vertragshändler günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich. Der Vertragshändler verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Hersteller/Generalimporteur nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, daß er seine Rechte geltend macht (§ 24 Abs. 5 HVertrG).
 
4)  Nach § 454 Abs. 1 UGB hat ein Unternehmer, der an einem vertikalen Vertriebsbindungssystem (vgl. dazu die Definition in Art. 1 Abs. lit. a der Verordnung [EU] Nr. 330/2010 der Kommission vom 20.4.2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, ABl. L 102 vom 23.4.2010; Bergmann in Straube, Komm. z. UGB I, 4. Aufl., § 454 Rz 19 f.)) als gebundener Unternehmer  oder als selbständiger Handelsvertreter (§ 1 HVertrG) teilnimmt, etwa ein KFZ-Vertragshändler oder der Inhaber einer autorisierten Vertragswerkstätte, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem bindenden Unternehmer (KFZ-Hersteller/Generalimporteur) Anspruch auf Ersatz von Investitionen, die er nach dem Vertriebsbindungsvertrag für einen einheitlichen Vertrieb zu tätigen verpflichtet war, soweit sie bei der Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind.
Gem. § 454 Abs. 2 UGB besteht der Anspruch nicht, wenn (a) der gebundene Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dafür ein dem bindenden Unternehmer zurechenbarer wichtiger Grund vorlag, (b) der bindende Unternehmer das Vertragsverhältnis aus einem dem gebundenen Unternehmer zurechenbaren wichtigen Grund gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder (c) der gebundene Unternehmer gemäß einer Vereinbarung mit dem bindenden Unternehmer die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet.
Der gebundene Unternehmer verliert gem. § 454 Abs. 3 UGB den Anspruch, wenn er dem bindenden Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht.
Ansprüche nach § 454 Abs. 1 UGB können zum Nachteil des gebundenen Unternehmers im Voraus durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden.
Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG bleibt von den Bestimmungen des § 454 UGB unberührt, mit anderen Worten kann ein KFZ-Vertragshändler bei Vorliegen der Voraussetzungen kumulativ sowohl den Investitionskostenersatz, wie auch den Ausgleichsanspruch begehren.

§ 7 KraSchG | 9. Version | 476 Aufrufe | 30.07.13
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Norbert Gugerbauer3
Zitiervorschlag: Norbert Gugerbauer3 in jusline.at, KraSchG, § 7, 30.07.2013
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