Kommentar zum § 3 KraSchG

Norbert Gugerbauer3 am 31.07.2013

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1) Die zweijährige Kündigungsfrist gilt für selektive Vertriebsverträge, also für qualitativ selektive Verträge (Werkstattverträge werden meist im Rahmen eines qualitativ selektiven Systems abgeschlossen, über Zulassung und Verbleib in diesem System entscheidet alleine die Erfüllung der vom Hersteller/Generalimporteur vorgegebenen, objektiv gerechtfertigten Standards/Kriterien) und quantitativ selektive Verträge (wie KFZ-Händlerverträge, bei denen der Hersteller/Generalimporteurdie Zahl der zugelassenen Händler auch unabhängig von der Erfüllung von Standards/Kriterien beschränken darf), sie gilt nicht für exklusive Vertriebssysteme, bei denen dem Händler/Werkstattinhaber ein bestimmtes Vertragsgebiet, beispielsweise das Gebiet eines politischen Bezirks, exklusiv zugesagt wird.
 
2) Bei sog. Strukturkündigungen verkürzt sich die Kündigungsfrist auf ein Jahr. Es genügt allerdings nicht, dass der Hersteller/Generalimporteur zur Begründung der Verkürzung der Kündigungsfrist die Notwendigkeit der Umstrukturierung des Vertriebsnetzes behauptet, sondern diese Begründung unterliegt der gerichtlichen Überprüfung.
 
3) Der Gesetzgeber hat zwar für unbefristet abgeschlossene Vertriebsbindungsvereinbarungen die in der (mit 31.5.2013 endgültig außer Kraft getretenen) VO (EG) 1400 / 2002 verpflichtend vorgesehene zweijährige Kündigungsfrist in das Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz übernommen, aber nicht die Verpflichtung, bei befristet abgeschlossenen Verträgen die Nichtverlängerung mindestens sechs Monate im Voraus anzukündigen (Art. 3 Abs. 5 lit. a VO 1400/2002).
 
4) Soweit einem Vertragspartner die weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist, kann es auch zur sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses kommen. Eine solche ist aber in der Regel nur nach Setzung einer Nachfrist und jedenfalls nur dann zulässig, wenn ein Vertragspartner schuldhaft Vertragspflichten verletzt hat.
 
5) Dem Recht des gebundenen Unternehmers, bei Auflösung der Vertriebsbindungsvereinbarung Waren an den bindenden Unternehmer zurückzuverkaufen, steht kein Anspruch des bindenden Unternehmers gegenüber, den Rückverkauf solcher Waren verlangen zu können.
 
6) ISv. Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 (über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen [Euro 5 und Euro 6] und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge, ABl L 171 vom 29.6.2007) dürfen Hersteller/Importeure von gekündigten Vertragshändlern (Vertragswerkstätten) nicht die Zürückgabe von Reparatur- und Wartungsinformationen und/oder Weiterbildungsmaterial verlangen.
 

§ 3 KraSchG | 4. Version | 427 Aufrufe | 31.07.13
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Norbert Gugerbauer3
Zitiervorschlag: Norbert Gugerbauer3 in jusline.at, KraSchG, § 3, 31.07.2013
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