Kommentar zum § 9 IWG

Dr. Johannes Oehlboeck LL.M. am 20.03.2012

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Standardbedingungen und Standardentgelte

§ 9 Abs 1 sieht vor, dass die für die Weiterverwendung von Dokumenten geltenden Standardbedingungen und Standardentgelte von den öffentlichen Stellen im Voraus festgelegt und in geeigneter Weise – soweit möglich und sinnvoll – im Internet veröffentlicht werden sollen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist kaum ein Fall denkbar, in dem keine Veröffentlichung im Internet erfolgt, da diese durch das Informationsweiterverwendungsregister (IWR)  möglich und jedenfalls auch sinnvoll ist. Eine Suche in einer online verfügbaren Datenbank ist schließlich bei weitem effizienter als eine Suche in gedruckten Listen, die bei irgendeiner Zentralstelle aufliegen.

Erwägungsgrund 15 der PSI-Richtlinie gibt vor, dass die Gewährleistung der Klarheit und öffentlichen Verfügbarkeit der Standardbedingungen und Standardentgelte für die Weiterverwendung von Dokumenten eine Voraussetzung für die Entwicklung des Informationsmarktes darstellt. Durch die Verpflichtung, Standardbedingungen und Standardentgelte bereits im Voraus festzulegen und zu veröffentlichen, ist sichergestellt, dass diese objektiv sind und damit den Leitgrundsätzen der Wettbewerbspolitik nicht widersprechen. Dadurch soll ein besser vorhersehbares Umfeld für Investitionsentscheidungen und Planungen der Verwerter von Dokumenten geschaffen werden (vgl Öhlböck, Kommentar zum Informationsweiterverwendungsgesetz, Wien, 2008, S 115 ff).

 

Berechnungsgrundlage für veröffentlichte Entgelte

Gemäß § 9 Abs 2 sind von der öffentlichen Stelle auf Anfrage die Berechnungsgrundlage für die veröffentlichten Entgelte (Standardfall, 1. Fall) und die Faktoren bei der Berechnung der Entgelte in atypischen Fällen (2. Fall) bekannt zu geben.  § 9 Abs 2 regelt zwei Fälle, nämlich den (unausgesprochenen) „Standardfall“ (1. Fall) und den atypischen Fall (2. Fall). Darüber hinaus lässt § 9 Abs 2 zwei Fragen völlig unbeantwortet: Wann liegt ein atypischer Fall vor und was ist der Unterschied zwischen der „Berechnungsgrundlage“ und den „Faktoren“?

Der Normzusammenhang des § 9 Abs 2 lässt erkennen, dass die „Berechnungsgrundlage“ des Standardfalles (1. Fall) weniger Informationen enthält als die „Faktoren … der Berechnung“ atypischer Fälle (2. Fall).

 § 9 Abs 2 lässt eine Zeitspanne vermissen, innerhalb derer auf die Anfrage reagiert werden muss. In Anbetracht der Zielsetzung der PSI-Richtlinie und des IWG erscheint es sinnvoll in diesem Fall die in § 5 Abs 3 genannte Frist von vier Wochen anzusetzen. Neben dem Verweis auf die Frist fehlt in § 9 Abs 2 auch jeglicher Hinweis auf das einzuhaltende Verfahren. Es ist daher dem Grunde nach auf die Regeln des § 5 Abs 3 zurückzugreifen, die eine schriftliche mit Gründen versehene Beantwortung unter Hinweis auf die Rechtsschutzmöglichkeiten vorsehen (vgl Öhlböck, Kommentar zum Informationsweiterverwendungsgesetz, Wien, 2008, S 116 ff).

 

 

Online-Register als praktische Vorkehrungen zur Erleichterung des Zuganges

§ 9 Abs 3 soll potentiellen Weiterverwendern einen Überblick über vorhandene und weiter verwendbaren Dokumente ermöglichen. § 9 Abs 3 zählt die Mittel und Erleichterungen demonstrativ auf. Es bleibt öffentlichen Stellen daher unbenommen, weitere Einrichtungen zu schaffen, die die Transparenz erhöhen und die praktische Umsetzung erleichtern. Die Materialien verweisen darauf, dass Internetportale, die mit dezentralisierten Bestandslisten verbunden sind, der Dokumentensuche durchaus dienlich wären, die Einrichtung derselben aber dennoch nicht zwingend sei. Hier ist den Materialien zu widersprechen und als Argument der Wortlaut der PSI-Richtlinie heranzuziehen. Art 9 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, „dass praktische Vorkehrungen getroffen werden, die die Suche nach den zur Weiterverwendung verfügbaren Dokumenten erleichtern, wie vorzugsweise online verfügbare Bestandslisten der wichtigsten Dokumente und Internet-Portale, die mit dezentralisierten Bestandslisten verbunden sind.“ Das IWG setzte diese Vorgabe dadurch um, dass gem § 9 Abs 3 Z 1 Listen und Verzeichnisse „nach Möglichkeit im Internet“ zu veröffentlichen sind.

Es ist im Zweifelsfall davon auszugehen, dass es iSv § 9 Abs 3 Z 1 möglich ist, Listen und Verzeichnisse im Internet zu veröffentlichen (vgl Öhlböck, Kommentar zum Informationsweiterverwendungsgesetz, Wien, 2008, S 118 ff).

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. (www.raoe.at)




§ 9 IWG | 1. Version | 369 Aufrufe | 20.03.12
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Dr. Johannes Oehlboeck LL.M.
Zitiervorschlag: Dr. Johannes Oehlboeck LL.M. in jusline.at, IWG, § 9, 20.03.2012
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