§ 66 VAG Formwechselnde Umwandlung in eine Privatstiftung

VAG - Versicherungsaufsichtsgesetz 2016

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 20.04.2024

(1) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die ihren gesamten Versicherungsbetrieb in eine oder mehrere Aktiengesellschaften eingebracht haben, können durch Beschluss des obersten Organs nach den folgenden Bestimmungen in eine Privatstiftung gemäß PSG, umgewandelt werden (formwechselnde Umwandlung). Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Mindestens während eines Monats vor dem Tag der Versammlung des obersten Organs, die über die Zustimmung zur Umwandlung beschließen soll, sind am Sitz des Vereins die Stiftungserklärung und die Schlussbilanz des Versicherungsvereins (Abs. 5) zur Einsicht durch die Mitglieder aufzulegen. Darüber sind alle Mitglieder des Vereins vor Auflage der Unterlagen in der satzungsmäßig für Veröffentlichungen des Vereins vorgesehenen Weise zu informieren.

(2) Der Umwandlungsbeschluss bedarf der Genehmigung durch die FMA. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Stiftungserklärung nicht den Anforderungen dieses Bundesgesetzes entspricht oder durch die Umwandlung in Verbindung mit dem Inhalt der Stiftungserklärung die Interessen der Mitglieder als zukünftige Begünstigte der Privatstiftung gefährdet werden.

(3) Für die infolge der Umwandlung des Vereins entstehende Privatstiftung gilt:

1.

Als Stifter gilt der Verein; er kann sich das Recht auf Änderung der Stiftungserklärung, auf Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde, auf Widerruf der Privatstiftung und sonstige Gestaltungsrechte nicht vorbehalten.

2.

Die Privatstiftung ist auf unbestimmte Zeit zu errichten. § 35 Abs. 2 Z 3 PSG ist nicht anzuwenden.

3.

Die Privatstiftung hat mehr als die Hälfte ihres Gesamtvermögens, gemessen an der jeweils letztgeprüften Stiftungsbilanz, in Unternehmen zu veranlagen, die derselben Gruppe (§ 195 Abs. 1 Z 3 lit. a) angehören, wie die Aktiengesellschaft, in die der umgewandelte Verein den Versicherungsbetrieb gemäß § 62 eingebracht hat. Als Veranlagung im Sinne dieses Absatzes gelten ausschließlich Anteile am Grundkapital sowie nachrangige Verbindlichkeiten gemäß § 170 Abs. 1 Z 2, die für die Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung der Gruppe anrechenbar sind. Zudem haben die Unternehmen der Gruppe zusammen mehr als 50 vH der stimmberechtigten Aktien der Aktiengesellschaft, in die der umgewandelte Verein den Versicherungsbetrieb gemäß § 62 eingebracht hatte, zu halten. Ist die Privatstiftung an einem Tochterunternehmen der Gruppe beteiligt, so können in die Berechnung des Gesamtvermögens zusätzlich sämtliche Vermögenswerte des Tochterunternehmens anteilig zum Beteiligungsausmaß der Privatstiftung an dem Tochterunternehmen einbezogen werden; der Anteil der Privatstiftung an dem Tochterunternehmen ist diesfalls auszuscheiden. Der Abschlussprüfer hat im Zuge der Prüfung des Jahresabschlusses die Einhaltung dieser Bestimmung zu prüfen und darüber zu berichten. Der Stiftungsvorstand hat im Interesse der Begünstigten die dauernde Erfüllung dieser Bestimmung zu gewährleisten.

4.

Jede Verletzung der Bestimmungen der Z 3 ist unverzüglich der FMA anzuzeigen. Die FMA hat

a)

der Privatstiftung aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand binnen angemessener Frist herzustellen;

b)

im Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall die Privatstiftung aufzulösen. Der Stiftungsvorstand hat nach der Auflösung durch die FMA die Abwicklung nach Maßgabe von § 58 vorzunehmen, wobei an die Stelle des Vereins die Privatstiftung und an die Stelle der Mitglieder die Begünstigten treten, und einen Abwicklungsplan zu beschließen. Der Abwicklungsplan bedarf der Genehmigung durch die FMA. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Interessen der Begünstigten nicht ausreichend gewahrt sind.

Die Bestimmungen der Z 3 gelten als nicht verletzt, solange der Anteil der Privatstiftung an der Aktiengesellschaft, in die der umgewandelte Verein seinen Versicherungsbetrieb eingebracht hat, nicht unter 26 vH der stimmberechtigten Aktien sinkt. Ist die Privatstiftung an einer Aktiengesellschaft beteiligt, in die mehrere Vereine ihren Versicherungsbetrieb eingebracht haben, so gelten die Bestimmungen der Z 3 nur dann als verletzt, wenn ihr Anteil an der Aktiengesellschaft gemeinsam mit dem Anteil der betreffenden Vereine bzw., sofern diese in eine Privatstiftung umgewandelt worden sind, der betreffenden Privatstiftungen unter 26 vH sinkt. Ebenso gelten die Bestimmungen der Z 3 als nicht verletzt, wenn eine Umstrukturierung im Sinn des § 65 vorgenommen wird. Diesfalls ist § 65 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils an die Stelle des Vereins die Privatstiftung, an die Stelle der Interessen der Mitglieder die Interessen der Begünstigten und an die Stelle Mitgliedschaft beim Verein die Begünstigung in der Privatstiftung tritt.

5.

Nachträgliche Änderungen der Stiftungserklärung sind von den Stiftungsorganen zu beschließen. Der Änderungsbeschluss bedarf der Genehmigung durch die FMA. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die geänderte Stiftungserklärung nicht den Anforderungen dieses Bundesgesetzes entspricht oder durch die Änderung der Stiftungserklärung die Interessen der Begünstigten gefährdet werden. Die Änderung der Stiftungserklärung ist vom Stiftungsvorstand zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung sind der notariell beurkundete Änderungsbeschluss und der Bescheid der FMA, mit dem der Änderungsbeschluss genehmigt wurde, beizufügen. Das Gericht (§ 40 PSG) hat den Beschluss über die Eintragung der Änderung der Stiftungserklärung der FMA zuzustellen.

6.

Die Begünstigung in der Privatstiftung ist an das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses bei der Aktiengesellschaft gebunden, in die der umgewandelte Verein den Versicherungsbetrieb oder Versicherungsteilbetrieb eingebracht hat. Der Abschluss eines Versicherungsvertrages mit dieser Aktiengesellschaft begründet die Begünstigtenstellung bei der Privatstiftung, im Fall der Beteiligung mehrerer Privatstiftungen die Begünstigtenstellung bei allen Privatstiftungen. Die Aktiengesellschaft darf, soweit dies in der Satzung ausdrücklich vorgesehen ist, Versicherungsverträge auch ohne Begründung einer Begünstigtenstellung in der Privatstiftung abschließen. Die näheren Voraussetzungen hiefür können zwischen Privatstiftung und Aktiengesellschaft vertraglich geregelt werden. Auch ohne eine solche vertragliche Regelung ist die Aktiengesellschaft verpflichtet, der Privatstiftung auf deren schriftliches Verlangen Namen und Anschrift der Personen bekannt zu geben, die durch Abschluss eines Versicherungsvertrages die Begünstigtenstellung erworben haben. Das Ende des Versicherungsverhältnisses bewirkt das Ende der Begünstigtenstellung.

7.

Das sich aus der Schlussbilanz (Abs. 5) ergebende Vermögen des Vereins bleibt der Privatstiftung auf Dauer gewidmet und ist zu erhalten; ein sich aus dem Jahresabschluss ergebender Jahresüberschuss ist an die Begünstigten auszuschütten, soweit er nicht Gewinnrücklagen oder anderen in der Stiftungserklärung vorgesehenen Rücklagen zugeführt, für im PSG vorgesehene Vergütungen verwendet oder auf neue Rechnung vorgetragen wird. Den Rücklagen können jedenfalls jene Beträge zugeführt werden, die zur Aufrechterhaltung der Beteiligung der Privatstiftung an der Aktiengesellschaft, in die der umgewandelte Verein seinen Versicherungsbetrieb eingebracht hat, erforderlich sind. § 47 Abs. 2 ist anzuwenden, wobei an die Stelle der Satzung die Stiftungserklärung tritt. Den Rücklagen können im Fall der Z 3 auch Beträge in Höhe der Anteile am Grundkapital und den nachrangigen Verbindlichkeiten gemäß § 170 Abs. 1 Z 2 an Unternehmen derselben Gruppe zugeführt werden.

8.

Letztbegünstigte sind die Personen, die zur Zeit der Auflösung Begünstigte gemäß Z 6 waren. Das nach der Abwicklung verbleibende Vermögen ist, soweit die Stiftungserklärung nicht anderes vorsieht, nach den Grundsätzen für die Verteilung des Jahresüberschusses an diese Begünstigten zu verteilen.

9.

Die Privatstiftung kann in ihrem Namen (§ 2 PSG) auch die Bezeichnung „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“ oder eine Bezeichnung führen, in der das Wort „Versicherungsverein“ enthalten ist.

(4) Für die Organe einer aus der Umwandlung eines Vereins entstehenden Privatstiftung gilt:

1.

Die Privatstiftung hat einen Aufsichtsrat.

2.

Die § 15 Abs. 2 und 3 und § 23 Abs. 2 letzter Satz PSG sind auf die Privatstiftung nicht anzuwenden.

3.

Die bisherigen Mitglieder des Vorstands des Vereins werden Mitglieder des ersten Vorstands der Privatstiftung, jene des Aufsichtsrats Mitglieder des ersten Aufsichtsrats.

4.

Nachfolgende oder zusätzliche Mitglieder des Vorstands der Privatstiftung werden vom Aufsichtsrat bestellt. Dem Aufsichtsrat obliegt auch die vorzeitige Abberufung eines Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund, wenn diese in der Stiftungserklärung vorgesehen ist.

5.

Die Bestellung nachfolgender oder zusätzlicher Mitglieder des Aufsichtsrats ist von den verbleibenden Aufsichtsratsmitgliedern mit Mehrheitsbeschluss vorzunehmen. Jede beabsichtigte Bestellung ist im Vorhinein auf Kosten der Privatstiftung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bekannt zu machen. Die Begünstigten sind berechtigt, binnen drei Wochen ab Bekanntmachung, schriftlich einen Bestellungsvorschlag zu Handen des Vorstands der Privatstiftung zu erstatten. In der Stiftungserklärung ist zu regeln, von wie vielen Begünstigten der Bestellungsvorschlag unterstützt sein muss, um behandelt zu werden. Erfüllen mehrere Bestellungsvorschläge diese Voraussetzung, so muss nur jener behandelt werden, der von den meisten Begünstigten unterstützt wird. Der Bestellungsvorschlag ist nicht bindend. Gehört dem Aufsichtsrat noch kein von den Begünstigten vorgeschlagenes Mitglied an, so erfordert ein Abgehen von dem Bestellungsvorschlag eine Mehrheit von zwei Dritteln der verbleibenden Aufsichtsratsmitglieder.

6.

Die Tätigkeit der Mitglieder des Stiftungsvorstands gilt nicht als hauptberufliche Tätigkeit im Sinne des § 120 Abs. 2 Z 4. Der Stiftungsvorstand hat aus mindestens zwei Personen zu bestehen und die Satzung hat jede Einzelvertretungsbefugnis, Einzelprokura oder Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb auszuschließen.

(5) Der Vorstand des Versicherungsvereins hat eine Schlussbilanz aufzustellen, die den Bestimmungen des 7. Hauptstücks über die Rechnungslegung und Konzernrechnungslegung unter Berücksichtigung des § 63 Abs. 3 entspricht. § 220 Abs. 3 AktG gilt sinngemäß. Der Vorstand hat die Schlussbilanz gemeinsam mit der Stiftungserklärung der FMA im Zuge der Einholung von deren Genehmigung vorzulegen.

(6) Die Umwandlung des Vereins ist vom Vorstand zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung beizufügen sind jedenfalls

1.

der notariell beurkundete Umwandlungsbeschluss,

2.

der Nachweis der Veröffentlichung der Auflegung von Stiftungserklärung und Schlussbilanz,

3.

der Bescheid der FMA, mit dem der Umwandlungsbeschluss genehmigt wurde,

4.

die Schlussbilanz des Vereins gemäß Abs. 5 und

5.

der Prüfungsbericht gemäß § 11 Abs. 3 PSG.

(7) Mit der Eintragung der Umwandlung in das Firmenbuch besteht der Verein als Privatstiftung weiter. Das Gericht (§ 40 PSG) hat den Beschluss über die Eintragung der Privatstiftung der FMA zuzustellen.

(8) Auf die Privatstiftung sind § 38, § 85 Abs. 3 bis 6, § 122 Abs. 1 Z 1 erster Satz, § 123 Abs. 3, § 136 bis § 139, § 140 Abs. 5 und 6, § 144 bis § 148, § 149 Abs. 1 bis 3, § 155, § 246, § 248 Abs. 2, 3 und 7 bis 9, § 260, § 263, § 264, § 272 Abs. 1, 4 und 5, § 274 Abs. 1 bis 7, § 275 Abs. 1 und 3, § 276 und § 309 sinngemäß anzuwenden. § 287 ist nicht anzuwenden.

In Kraft seit 01.01.2016 bis 31.12.9999
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