§ 112 GWG 2011 Vermögenswerte, Unabhängigkeit, Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr

GWG 2011 - Gaswirtschaftsgesetz 2011

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Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 25.04.2024

(1) In den Fällen, in denen das Fernleitungsnetz am 3. September 2009 im Eigentum eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens gestanden hat, besteht die Möglichkeit, die eigentumsrechtliche Entflechtung nach § 108 nicht anzuwenden und stattdessen einen unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber zu benennen.

(2) Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber muss über alle personellen, technischen, materiellen und finanziellen Ressourcen verfügen, die zur Erfüllung seiner Pflichten und für die Geschäftstätigkeit der Fernleitung erforderlich sind. Unbeschadet der Entscheidungen des Aufsichtsorgans sind dem unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber angemessene finanzielle Ressourcen für künftige Investitionsprojekte und für den Ersatz vorhandener Vermögenswerte nach entsprechender Anforderung durch den unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber rechtzeitig vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen bereitzustellen. Für den Geschäftsbetrieb des Fernleitungsnetzes ist insbesondere Folgendes erforderlich:

1.

der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber muss Eigentümer des Fernleitungsnetzes sowie der Vermögenswerte sein. Der Betrieb fremder vorgelagerter Rohrleitungsnetze ist zulässig.

2.

das Personal muss beim unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber angestellt sein. Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber muss insbesondere über eine eigene Rechtsabteilung, Buchhaltung und über eigene IT-Dienste verfügen.

3.

die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Personalleasing, durch das vertikal integrierte Unternehmen für den unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber ist untersagt. Ein unabhängiger Fernleitungsnetzbetreiber darf für das vertikal integrierte Unternehmen Dienstleistungen, einschließlich Personalleasing, erbringen, sofern dabei nicht zwischen Nutzern diskriminiert wird, die Dienstleistungen allen Nutzern unter den gleichen Vertragsbedingungen zugänglich sind und der Wettbewerb bei der Gewinnung und Versorgung nicht eingeschränkt, verzerrt oder unterbunden wird.

(3) Tochterunternehmen des vertikal integrierten Erdgasunternehmens, die die Funktionen Gewinnung oder Versorgung wahrnehmen, dürfen weder direkt noch indirekt Anteile am Unternehmen des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers halten. Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber darf weder direkt noch indirekt Anteile an Tochterunternehmen des vertikal integrierten Erdgasunternehmens, die die Funktionen Gewinnung oder Versorgung wahrnehmen, halten und darf keine Dividenden oder andere finanzielle Zuwendungen von diesen Tochterunternehmen erhalten. Die gesamte Verwaltungsstruktur und die Unternehmenssatzung des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers gewährleisten seine tatsächliche Unabhängigkeit. Das vertikal integrierte Unternehmen darf das Wettbewerbsverhalten des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers in Bezug auf dessen laufende Geschäfte und die Netzverwaltung oder in Bezug auf die notwendigen Tätigkeiten zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans weder direkt noch indirekt beeinflussen.

(4) Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber muss in seinem gesamten Außenauftritt und seinen Kommunikationsaktivitäten sowie in seiner Markenpolitik dafür Sorge tragen, dass eine Verwechslung mit der eigenen Identität des vertikal integrierten Erdgasunternehmens oder irgendeines Teils davon ausgeschlossen ist. Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber darf daher nur Zeichen, Abbildungen, Namen, Buchstaben, Zahlen, Formen und Aufmachungen verwenden, die geeignet sind, die Tätigkeit oder Dienstleistung des Fernleitungsnetzbetreibers von denjenigen des vertikal integrierten Erdgasunternehmens zu unterscheiden, und die keine Verweise auf die Zugehörigkeit zum vertikal integrierten Erdgasunternehmen enthalten.

(5) Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber unterlässt die gemeinsame Nutzung von IT-Systemen oder -ausrüstung, Büroräumlichkeiten und Zugangskontrollsystemen mit jeglichem Unternehmensteil des vertikal integrierten Erdgasunternehmens.

(6) Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber gewährleistet, dass er in Bezug auf IT-Systeme oder -ausrüstung und Zugangskontrollsysteme nicht mit denselben Beratern und externen Auftragnehmern wie das vertikal integrierte Unternehmen zusammenarbeitet.

(7) Die Rechnungslegung von unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibern ist von anderen Wirtschaftsprüfern als denen, die die Rechnungsprüfung beim vertikal integrierten Erdgasunternehmen oder bei dessen Unternehmensteilen vornehmen, zu prüfen. Soweit zur Erteilung des Konzernbestätigungsvermerks im Rahmen der Vollkonsolidierung des vertikal integrierten Erdgasunternehmens oder sonstigen wichtigen Gründen erforderlich, kann der Wirtschaftsprüfer des vertikal integrierten Erdgasunternehmens Einsicht in Teile der Bücher des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers nehmen, sofern die Regulierungsbehörde keine Einwände aus Gründen der Wahrung der Unabhängigkeit mit Bescheid dagegen erhebt. Die wichtigen Gründe sind vorab schriftlich der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Der Wirtschaftsprüfer hat diesbezüglich die Verpflichtung, wirtschaftlich sensible Informationen vertraulich zu behandeln und insbesondere nicht dem vertikal integrierten Erdgasunternehmen mitzuteilen.

(8) Die Geschäftstätigkeit des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers beinhaltet neben den in § 62 aufgeführten Pflichten und Aufgaben mindestens die folgenden Tätigkeiten:

1.

die Vertretung des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers und die Funktion des Ansprechpartners für Dritte und für die Regulierungsbehörden;

2.

die Vertretung des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers innerhalb des ENTSO (Gas);

3.

die Gewährung und Regelung des Zugangs Dritter nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen Netzbenutzern oder Kategorien von Netzbenutzern;

4.

die Erhebung aller fernleitungsnetzbezogenen Entgelten, einschließlich Zugangsentgelten, Ausgleichsentgelten für Hilfsdienste wie zB Erwerb von Leistungen (Ausgleichskosten, Energieverbrauch für Verluste);

5.

den Betrieb, die Wartung und den Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes;

6.

die Investitionsplanung zur Gewährleistung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage zu decken, und der Versorgungssicherheit;

7.

die Gründung geeigneter Gemeinschaftsunternehmen, auch mit einem oder mehreren Fernleitungsnetzbetreibern, Gasbörsen und anderen relevanten Akteuren, mit dem Ziel, die Schaffung von Regionalmärkten zu fördern oder den Prozess der Liberalisierung zu erleichtern. Bei Kooperationen, die den Gashandel betreffen, ist der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes in die Kooperation entsprechend einzubeziehen.

(9) Als unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber können nur Gesellschaften in einer der in Art. 1 der Richtlinie 2009/101/EG genannten Rechtsformen benannt werden.

In Kraft seit 27.07.2017 bis 31.12.9999
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