TE Vwgh Erkenntnis 1984/11/13 84/04/0118

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Veröffentlicht am 13.11.1984
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Index

95/02 Maßrecht Eichrecht;

Norm

MEG 1950 §20;
MEG 1950 §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des WF in W, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 1d, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 1983, Zl. MA 63 - F 42/83/Str., betreffend Übertretung des Maß- und Eichgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wurde der Beschwerdeführer schuldig erklärt, als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F-OHG dafür verantwortlich zu sein, dass diese Gesellschaft am 8. Juli 1982 als Inhaberin eines Drogistenbetriebes (Kräuter- und Reformhauses) in Wien, J-Straße 27, Getränke, nämlich gepressten Karottensaft, ausgeschenkt habe, ohne dass das zur Prüfung der hierfür verwendeten 1/8-Liter-Schankgefäße erforderliche geeichte Flüssigkeitsmaß für 1/8-Liter bereitgehalten worden sei, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 22 im Zusammenhalt mit § 63 Abs. 1 des Maß- und Eichgesetzes - MEG, BGBl. Nr. 152/1950, sowie § 1 der Schankgefäßeverordnung begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 150,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt.

Begründend wurde ausgeführt, im Hinblick auf die im Rahmen der Gast-, Schank- und Speisewirtschaften entfalteten betrieblichen Tätigkeiten und Vorkehrungen, die darauf abgestellt seien, dass die Getränke vom Konsumenten an Ort und Stelle genossen würden, müsse das von der F-OHG geführte Kräuter- und Reformhaus sehr wohl als ähnlicher Betrieb beurteilt werden, zumal auch die hier entscheidungswesentliche betriebliche Tätigkeit eine ähnliche sei, nämlich die Zubereitung und der Ausschank von Getränken - und zwar von gepresstem Gemüsesaft - an den Konsumenten zum Genuss an Ort und Stelle. Die F-OHG, deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Beschwerdeführer während der angelasteten Tatzeit gewesen sei, sei zufolge § 223 Abs. 3 GewO 1973 im Rahmen der ihr verliehenen Drogistenkonzession auch zur Zubereitung und zum Ausschank von Obst- und Gemüsesäften berechtigt. Sie sei daher als Inhaber eines "ähnlichen Betriebes" gemäß § 22 MEG verpflichtet, die zur Prüfung der verwendeten Schankgefäße erforderlichen geeichten Flüssigkeitsmaße bereitzuhalten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 29. Juni 1984, Zl. B 130/84, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Seinem Beschwerdevorbringen nach - soweit es in den Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichtshofes fällt - erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und hiefür auch nicht bestraft zu werden.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, entscheidend für die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 MEG sei im vorliegenden Fall die Ähnlichkeit des Betriebes, nicht etwa des Gewerbes. Ein "Kräuter- und Reformhaus" - also ein das Drogistengewerbe (§ 223 GewO 1973) ausübendes Unternehmen - sei kein derartiger "ähnlicher Betrieb". Die in § 223 Abs. 1 GewO 1973 genannten Gewerbetreibenden seien auch zur Zubereitung und zum Ausschank von Obst- und Gemüsesäften berechtigt (§ 223 Abs. 3 leg. cit.); für die Ausübung dieser Rechte gelte jedoch - im Gegensatz zu den in § 223 Abs. 2 aufgezählten Nebenrechten, die uneingeschränkt ausgeübt werden dürften - § 116 Abs. 2 leg. cit. sinngemäß. Es müsse daher der Charakter des Betriebes als Handelsbetrieb gewahrt bleiben. Nach den Bestimmungen der GewO 1973 dürfe daher überhaupt keine Ähnlichkeit zu anderen Betrieben bestehen. Auf Grund dieser Unähnlichkeit habe es der Gesetzgeber nicht einmal für nötig befunden, die Berechtigung der Drogisten zur Zubereitung und zum Ausschank von Obst- und Gemüsesäften unter den Ausnahmen von der Konzessionspflicht für das Gastgewerbe (§ 190 GewO 1973) aufzuzählen. Auch § 199 GewO 1973 und die auf Grund dieser Gesetzesstelle erlassene Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 20. März 1981, BGBl. Nr. 176, über Mindestvorschriften für die Einrichtung, Ausstattung und Betriebsführung von Gastgewerbebetrieben, fänden auf das Drogistengewerbe keine Anwendung. Selbst für nicht der Konzessionspflicht (§ 190 GewO 1973) unterliegende Tätigkeiten gälten diese Bestimmungen nur dann, wenn hiebei mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen oder Getränken) bereitgestellt würden (§ 199 Abs. 4 leg, cit.), also die für diese Tätigkeiten im Gegensatz zur Ausübung des Drogistengewerbes nicht geforderte Wahrung des Charakters des Betriebes als Handelsbetrieb verletzt werde. Eine solche Verletzung sei aber weder im ordentlichen Verfahren festgestellt worden, noch liege sie vor. Der Beschwerdeführer (gemeint offenbar die F-OHG) sei somit nicht Inhaber eines in § 20 MEG angeführten Betriebes und es sei der Beschwerdeführer daher auch nicht für die Bereithaltung der zur Prüfung der Schankgefäße erforderlichen geeichten Flüssigkeitsmaße verantwortlich.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun .

Nach § 20 Abs. 1 MEG sind Schankgefäße Gläser, Krüge, Flaschen, Karaffen, Kannen und ähnliche Gefäße, die in Gast-, Schank-, Speisewirtschaften oder ähnlichen Betrieben zum Ausschank von bestimmten, gemäß § 21 Z. 1 durch Verordnung festzulegenden Getränken dienen und erst bei eintretendem Bedarf gefüllt werden. Zu den festgesetzten Getränken zählen nach § 1 der Schankgefäßeverordnung BGBl. Nr. 122/1953 u.a. natürliche und künstliche alkoholfreie Getränke aller Art (mit bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen). Dabei ist es gleichgültig, ob das Getränk innerhalb oder außerhalb dieser Lokale genossen wird. Im Grunde des § 22 leg. cit. ist der Inhaber der in § 20 angeführten Betriebe dafür verantwortlich, dass die von ihm verwendeten Schankgefäße den Vorschriften dieses Bundesgesetzes entsprechen; er hat die zur Prüfung der Schankgefäße erforderlichen geeichten Flüssigkeitsmaße bereitzuhalten.

Streitentscheidend ist im vorliegenden Fall, ob es sich bei dem in Rede stehenden Betrieb um einen "ähnlichen Betrieb" im Sinne des § 20 Abs. 1 MEG handelt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Ansicht der belangten Behörde, dass dies zutrifft, aus folgenden Erwägungen nicht als rechtswidrig zu erkennen: Bei den im § 20 Abs. 1 MEG angeführten "Gast-, Schank- und Speisewirtschaften" handelt es sich, wie aus der normativen Verknüpfung mit dem Begriff "Ausschank" hervorgeht, um Betriebe, bei denen der Ausschank von (bestimmten) Getränken zum Betriebsgegenstand gehört. Daraus ist nicht der Schluss zu ziehen, dass es bei "ähnlichen" Betrieben auf den Umfang der Ausschanktätigkeit und den Charakter des Betriebes (etwa als Handelsbetrieb) ankommt. Vielmehr ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, dass es für die Anwendbarkeit der hier in Rede stehenden Bestimmungen der §§ 22 und 20 MEG nach deren Sinn, eine Täuschung des Konsumenten hintanzuhalten (und die Überprüfbarkeit zu gewährleisten), lediglich darauf ankommt, ob eine Ausschanktätigkeit - wenn auch in untergeordnetem Umfang - vorgenommen wird.

Da eine Bezugnahme auf gewerberechtliche Vorschriften in den hier anzuwendenden Bestimmungen fehlt und eine Norm primär aus sich selbst auszulegen ist, vermag der Beschwerdeführer durch den Hinweis auf Bestimmungen der GewO 1973 eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Die sohin unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff leg. cit. in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 13. November 1984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:1984040118.X00

Im RIS seit

12.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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