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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
N gegen Bundesminister für Inneres vom 26. Juni 1989, Zl. 228.864/4-II/9/89, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge erhob der Beschwerdeführer, ein polnischer Staatsangehöriger, Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Oktober 1987, mit dem festgestellt worden war, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorliegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und führte begründend aus, der Beschwerdeführer habe angegeben, bereits als Schüler wegen Verteilens und Plakatierens von Flugblättern für die "Solidarität" von der Miliz geschlagen, bedroht und verwarnt worden zu sein. Er habe in der Folge seine politischen Aktivitäten eingeschränkt, um beim Abschluß der Schule (der Beschwerdeführer habe das Berufslyzeum für Mechaniker und Schlosser 1983 mit Ablegung der Matura absolviert) "keine Schwierigkeiten" zu haben. Der Beschwerdeführer habe sich auch wegen der während der Ausgangssperre gegebenen Behinderung beim Besuch des Handballtrainings verfolgt gefühlt. Bei schulischen Auslandsreisen sei er immer benachteiligt und ihm auch ein Reise- paß nicht sofort bewilligt worden. Während der Ableistung seines Militärdienstes sei mit dem Beschwerdeführer ein "klärendes Gespräch" bezüglich seiner politischen Einstellung geführt und er nach seiner Entlassung über den Vorsitzenden der "Solidarität" befragt worden. Der Beschwerdeführer sei von 1985 bis zu seiner Ausreise im Juli 1987 als Schlosser bei einer Lebensmittelgenossenschaft beschäftigt gewesen und habe im Jahre 1986 bei einer Betriebsversammlung lautstark eine Gehaltserhöhung gefordert. Daraufhin sei er im Lauf eines Verhörs geschlagen und verwarnt worden. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen präzisiert und dahin ergänzt, während der Militärdienstzeit mit einer Ausgangssperre belegt gewesen zu sein. Den Reisepaß habe der Beschwerdeführer nur deshalb erhalten, weil er wegen seiner politischen Tätigkeit in Polen unerwünscht sei.
Dieses Vorbringen wertete die belangte Behörde dahin, daß einfache Mitglieder der "Solidarität" nicht verfolgt und eine Generalamnestie erlassen worden sei. Die "Solidarität" sei darüber hinaus im April 1989 legalisiert worden. Die dem Beschwerdeführer erteilte Ausreisegenehmigung in einen westeuropäischen Staat spreche gegen das Vorliegen von Verfolgung, weil eine derartige Erlaubnis nur Personen mit "unauffälligem" oder regimekonformem Verhalten erteilt worden sei. Auch im Zusammenhang mit der beruflichen Laufbahn des Beschwerdeführers sei Verfolgung nicht erkennbar, weil der Beschwerdeführer nach Abschluß seiner Ausbildung eine seinen Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung ausgeübt habe. Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers sei unglaubwürdig, weshalb sein Aufenthalt im Ausland nicht auf wohlbegründete Furcht zurückgeführt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft und auf ein gesetzmäßiges Asylverfahren verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, Nachforschungen über die derzeitige Situation in Polen anzustellen. Tatsächlich seien die Verhältnisse dort derzeit auf Grund der ausgebrochenen Versorgungskrise so instabil, daß mit einem Sturz der liberalen Regierung und mit der Machtergreifung durch eine diktatorische Regierung gerechnet werden müsse. Ein derartiges Regime würde aber in jeglicher Hinsicht und somit auch gegen politische Gegner mit Verstößen gegen die Menschenrechte vorgehen. Die derzeitige Situation in Polen sei daher gerade für Mitglieder der "Solidarität" sehr unsicher.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Der Beschwerdeführer hat sich gegen die Würdigung seines im Verwaltungsverfahren erhobenen Vorbringens durch die belangte Behörde nur insofern gewendet, als er in der Beschwerde erstmals die seiner Ansicht nach "instabilen Verhältnisse" und die für Mitglieder der "Solidarität" derzeit unsichere politische Situation ins Treffen führt. Dieses Vorbringen enthält - abgesehen davon daß es dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 VwGG geltenden Neuerungsverbot unterliegt - lediglich Spekulationen über eine völlig ungewisse künftige Entwicklung der politischen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers und ist nicht geeignet, Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. Mängel des durchgeführten Verwaltungsverfahrens aufzuzeigen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Demgemäß konnte auch ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989010436.X00Im RIS seit
24.01.1990