TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/21 89/03/0140

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Veröffentlicht am 21.02.1990
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Index

35/02 Zollgesetz;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §14 Abs2 litb;
AVG §45 Abs3;
StVO 1960 §96 Abs7;
VStG §2;
VStG §29a;
ZollG 1988 §11 Abs1 litc;
ZollG 1988 §11 Abs4;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 27. Februar 1989, Zl. IIb 2-V-6987/4-1989 betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 1. Dezember 1987, gegen 1.20 Uhr, auf einer bestimmten - im Inland gelegenen - Straße von einem - im Ausland gelegenen - Ort kommend bis zur Grenzkontrollstelle einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwölf Tage) verhängt. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Übertragung der Durchführung des Strafverfahrens an die sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, setzt nach § 29a VStG 1950 voraus, daß hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird.

Laut Anzeige vom 1. Dezember 1987 war den Erhebungsbeamten der Wohnsitz des Beschwerdeführers bekanntgegeben worden. Es war zu erwarten, daß die Behörde des bekanntgegebenen Wohnsitzes unmittelbaren Zugriff auf für das Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere auch für die Strafbemessung, relevante persönliche Daten des Beschwerdeführers hat (siehe hiezu insbesondere § 96 Abs. 7 StVO). Solcherart war auch von einer Übertragung nach § 29a VStG 1950 eine dieser Bestimmung entsprechende Vereinfachung und Beschleunigung des Strafverfahrens zu erwarten. Der in der Beschwerde erhobene Einwand der Unzuständigkeit der Erstbehörde trifft somit nicht zu.

2. Im Spruch des im Verwaltungsrechtszug bestätigten Straferkenntnisses wurde eine im Inland gelegene Straßenstrecke als Tatort festgestellt. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, daß "die Grenzübertrittsstelle als Beginn des österreichischen Straßennetzes anzusehen" sei, ist verfehlt (siehe hiezu § 11 Abs. 1 lit. c und § 11 Abs. 4 des Zollgesetzes 1955, nunmehr wiederverlautbart als Zollgesetz 1988, BGBl. Nr. 644).

3. Am 21. Dezember 1988 richtete die belangte Behörde an die nach dem Kanzleisitz des Vertreters des Beschwerdeführers örtlich zuständige Rechtshilfebehörde folgendes Schreiben:

"Unter Anschluß der Verwaltungsakten I. und II. Instanz g. g.R. wird ersucht, Herrn Rechtsanwalt .... nachweislich Akteneinsicht zu gewähren. Dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers wäre die Möglichkeit zur Abgabe einer abschließenden schriftlichen Stellungnahme binnen einer zwei Wochen nicht überschreitenden Frist einzuräumen .....

BEILAGEN: Verwaltungsakten I. und II. Instanz g.g.R...."

Den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens ist weiters eine an die Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers gerichtete Ladung der Rechtshilfebehörde vom 2. Jänner 1989 für den 12. Jänner 1989 und eine von der Rechtshilfebehörde aufgenommene Niederschrift vom 12. Jänner 1989 zu entnehmen, in der entgegen der Vorschrift des § 14 Abs. 2 lit. b AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) die Person des anwesenden Beteiligten bzw. seines Vertreters nicht angeführt wurde. Solcherart wird mit dem in der Beschwerde enthaltenen Hinweis, dem zur Einsicht an die Rechtshilfestelle übermittelten Akt seien die Ergebnisse des Beweisverfahrens (Protokolle über Zeugenaussagen, SV-Gutachten) nicht enthalten gewesen, zu Recht ein Verfahrensmangel geltend gemacht. Diesem kommt allerdings keine wesentliche Bedeutung zu. Der Beschwerdeführer hatte sich nämlich im Verwaltungsstrafverfahren, und zwar in seiner Äußerung vom 28. April 1988 dagehingehend verantwortet, er habe nach dem Lenken eine ganze Flasche Champagner geleert, und zwar 0,7 l. Das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 22. November 1988 knüpft an eben diese Verantwortung des Beschwerdeführers an und führt hiezu aus:

"Geht man von den Angaben des Berufungswerbers aus, im angegebenen Zeitraum eine ganze Flasche Sekt bzw. Champagner zu 0,7 l getrunken zu haben, so hätte er damit unter sonst gleichen Voraussetzungen einen Blutalkoholgehalt von höchstens 1,4 %o anresorbieren können und hätte somit zum Betretungszeitpunkt noch eine Mindestblutalkoholkonzentration aus dem vorausgehenden Bierkonsum von 1,0 %o aufweisen müssen.

...

ZUSAMMENFASSEND besteht aus gerichtsmedizinischer Sicht an der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit zum Betretungszeitpunkt beim Berufungswerber kein Zweifel. Je nach Nachtrunkvariante ist für den Betretungszeitpunkt von einer Blutalkoholkonzentration von 1,7 %o (eine halbe Flasche Champagner) bzw. von 1,0 %o (eine ganze Flasche Champagner) rechnerisch auszugehen."

Indem die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid dieses Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 22. November 1988 zugrundelegte, ging sie somit von der Verantwortung des Beschwerdeführers aus. Insofern kam hinsichtlich der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen der Frage, ob in Ansehung der beiden durchgeführten Zeugeneinvernahmen hinlänglich Parteiengehör gewährt wurde, wie auch dem Umstand, daß die dritte Zeugin nicht einvernommen wurde, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Ferner werden die Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen ihrem fachlichen Inhalt nach in der vorliegenden Beschwerde nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich des Gutachtens vermag auch der Verwaltungsgerichtshof weder eine Unvollständigkeit der Befundaufnahme noch eine Unschlüssigkeit zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Parteiengehör Sachverständigengutachten Verwaltungsstrafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030140.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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