TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/26 90/19/0041

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Veröffentlicht am 26.02.1990
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

ARG 1984 §1 Abs1;
ARG 1984 §1 Abs2 Z5;
AZG §1 Abs2 Z8;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Salzburg vom 19. Jänner 1989, Zl. 3/07-6.985/2-1989, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der R. Bank Ges.m.b.H. zu verantworten, daß am 29. August 1987 im Betrieb in Salzburg, S-Gasse, um 14.45 Uhr die Dienstnehmerin E.P. mit Bankgeschäften beschäftigt gewesen sei, obwohl vorgeschrieben sei, daß für alle Arbeitnehmer die Wochenendruhe an Samstagen spätestens um 13.00 Uhr zu beginnen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes - ARG (BGBl. Nr. 144/1983) begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, bei E. P. handle es sich um eine leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 5 ARG, sodaß sie vom Anwendungbereich des ARG ausgenommen sei, führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, das gegenständliche Geschäftslokal umfasse amtsbekanntermaßen 6 m2, wobei es sich um eine Wechselstube handle, die von E. P. betreut werde. Da kein weiterer Mitarbeiterstab vorhanden sei, sei die Möglichkeit eines Interessengegensatzes zu anderen Arbeitnehmern schon deswegen nicht gegeben. Die Bargeldbeschaffung bei den Geschäftsbanken, die Rechnungslegung und Führung der Buchhaltung, die Erledigung der damit anfallenden administrativen Arbeiten und der Verkauf und Ankauf von Devisen bzw. Valuten sowie die Einlösung von Schecks gehörten zu den normalen Geschäften eines jeden Bankangestellten. Bei dieser Tätigkeit sei die erwähnte Bedienstete weder höher noch schlechter gestellt als jeder andere Dienstnehmer, der letztlich immer Angelegenheiten des Dienstgebers besorge. Weder aus dieser Aufzählung noch aus der der Dienstnehmerin eingeräumten selbständigen Urlaubseinteilung nach Geschäftsanfall bzw. der selbständigen Arbeitszeiteinteilung sei für den Standpunkt des Beschwerdeführers etwa zu gewinnen. Da die Urlaubsregelung nach Geschäftsanfall zu erfolgen habe, sei die Auswahlmöglichkeit der Dienstnehmerin von vornherein wesentlich eingeschränkt. Die Öffnungszeiten in der Wechselstube richteten sich entsprechend der Zeugenaussage der erwähnten Dienstnehmerin danach, wann erfahrungsgemäß Kunden kämen, was offensichtlich auch vom Beschwerdeführer erwartet werde. Es könne schon deswegen nicht von wesentlicher Dispositionsfreiheit gesprochen werden, weil eine eigenmächtige Verlagerung der Öffnungszeiten auf geschäftlich uninteressante Stunden für die Bedienstete zweifelsohne nachteilige Folgen nach ziehen würde, da es im eminenten Interesse des Beschwerdeführers liege, daß die Bedienstete zur Hauptgeschäftszeit offenhalte und diese auch richtig wahrnehme. Im übrigen habe das Arbeitsinspektorat vorgebracht, daß E. P. nicht einmal als Bevollmächtigte im Rahmen einer Überprüfung Auskunft hätte geben können, sondern sie sei gezwungen gewesen, jeweils Rücksprache zu halten, sodaß sich die Behauptung der Selbständigkeit als fragwürdig darstelle.

Festzuhalten sei sohin von der Behörde, daß die in Rede stehende Bedienstete nach den Verfahrensergebnissen als "Platzhalterin" in einer Wechselstube eingesetzt sei und dort die Geldwechselgeschäfte besorge, wie jeder andere Bedienstete an jedem Bankschalter. Sie habe ihre Geschäfte auf dem zugewiesenen Standplatz auszuführen und könne diesen nicht eigenmächtig wählen. Die bloße Besorgung der Geldwechselgeschäfte und die Instandhaltung der Wechselstube sowie die damit verbundenen buchhalterischen und administrativen Arbeiten könnten nicht als maßgebliche Führungsaufgaben angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 ARG gilt dieses Bundesgesetz für Arbeitnehmer aller Art, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird. Ausgenommen sind u.a. nach § 1 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsangaben selbstverantwortlich übertragen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 4. Juli 1989, Zl. 88/08/0114, zur Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Z. 5 ARG unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl.88/08/0140 (in welchem er sich mit der wortgleichen Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z. 8 Arbeitszeitgesetz auseinandergesetzt hat) ausgeführt, der Ausnahmetatbestand sei bereits dann erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich leite, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmes Einfluß genommen werde, sodaß er sich auf Grund seiner einflußreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebe. Der betreffende Arbeitnehmer stelle für diesen wesentlichen Teilbereich des Betriebes gleichsam den Unternehmensführer dar, der befugt sei, allen ihm in diesem Teilbereich unterstellten Arbeitnehmern Weisungen betreffend Inhalt und Organisation ihrer Tätigkeit sowohl genereller als auch individueller Art zu geben, wobei hier nicht bedeute, daß der betreffende Arbeitnehmer in diesem Bereich völlig weisungsfrei sei. Die Eigenverantwortlichkeit sei daher an einem relativen Maßstab zu messen, dem leitenden Angestellten müsse ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein.

Der Verwaltungsgerichtshof kann unter Zugrundelegung dieser Rechtsanschauung nicht finden, daß die Ansicht der belangten Behörde, die Dienstnehmerin E. P. sei nicht als leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 5 ARG anzusehen, rechtsirrig ist. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, der "Filialleiterin" E. P. sei durch die ihr eingeräumte selbständige Urlaubseinteilung die Beurteilung des jeweiligen Geschäftsanfalles überlassen, um demgemäß ihren Urlaub zu konsumieren, auch spreche für die Beurteilung als leitende Angestellte, daß diese die Öffnungszeiten des Betriebes nach dem zu erwartenden Kundenstrom zu bestimmen habe, so wird damit nicht dargetan, daß entsprechend der oben dargestellten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes bei den erwähnten Dispositionen der Dienstnehmerin auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird. Insbesondere wird dadurch die Argumentation der belangten Behörde, die erwähnte Dienstnehmerin sei in ihrer Disposition durch die Verpflichtung, auf den Geschäftsanfall Bedacht zu nehmen, wesentlich eingeschränkt, nicht entkräftet.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190041.X00

Im RIS seit

26.02.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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