TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/27 89/07/0047

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Veröffentlicht am 27.02.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §41 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §104;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs1 litc;
WRG 1959 §32 Abs1;

Betreff

1. RT und 2. GT gegen Landeshauptmann von Burgenland vom 1. Februar 1989, Zl. VI/1-314/2-1989, betreffend wasserrechtliche Bewilligung

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Über Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (im folgenden BH) beantragten die Beschwerdeführer die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für zwei von ihnen auf ihrem Grundstück in der KG S errichteten Teiche. Diese Teiche mit einer Oberfläche von 400 bzw. 70 m2 und einer Tiefe von 3 bzw 1,6 m waren den Angaben der Beschwerdeführer zufolge "lediglich durch Erdverschiebungen im Gelände" zustande gekommen und werden durch einen durch das Grundstück der Beschwerdeführer verlaufenden und vorher auf diesem versickernden Bach gespeist. Nach Durchführung einer mündlichen Bewilligungsverhandlung am 28. September 1987 und Einholung ergänzender Stellungnahmen der Beschwerdeführer und der Fachabteilung Gewässeraufsicht des Amtes der Burgenländischen Landesregierung erteilte die BH mit Bescheid vom 1. Juli 1988 dem Erstbeschwerdeführer gemäß den §§ 9, 32, 98 und 111 WRG 1959 unter einer Mehrzahl von Bedingungen bzw. Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Weihers auf dem angeführten Grundstück. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Punkte der Bedingungen bzw. Auflagen lauten:

"1. Die bestehenden Weiher sind mit einer geeigneten Folie so abzudichten, daß eine dauerhafte Sperre zum Grundwasserkörper gegeben ist bzw. ein Versickern von Teichwasser in den Untergrund wirksam hintangehalten wird.

2. Die Dichtungsfolie ist mit mindestens 50 cm Lehmschlag abzudecken.

.....

5. Um die beiden Weiher ist ein entsprechend dimensioniertes Umlaufgerinne herzustellen, sodaß bei Starkregenereignissen eventuell anfallende Hochwässer schadlos um die beiden Becken umgeleitet werden.

....

13. Die Abdichtung der beiden Weiher zum Untergrund hin ist unverzüglich von einem Fachunternehmen durchführen zu lassen. Nach Fertigstellung der Dichtungsarbeiten ist die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg hievon in Kenntnis zu setzen.

14. Die übrigen Anlagenteile sind bis spätestens Mai 1988 fertigzustellen."

In der Bescheidbegründung wurde insbesondere ausgeführt, daß der Ansicht des Erstbeschwerdeführers, durch den Weiher könne eine Beeinträchtigung des Grundwassers nicht erfolgen, das schlüssige Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen entgegenstehe, sodaß zur Hintanhaltung einer Grundwassergefährdung die wasserrechtliche Bewilligung nur unter den spruchgemäß auferlegten Vorschreibungen habe erteilt werden können.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, ausdrücklich gegen einen Teil der Bedingungen und Auflagen, nicht aber gegen die wasserrechtliche Bewilligung selbst gerichteten Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, daß der Boden der Teiche aus lehmigem Material bestehe und somit dicht sei. Das Wasser des Baches sei vor Errichtung der Teiche erst im weiteren Verlauf des Baches verschwunden. Der größere Teich sei durch Betonierungsarbeiten im Bereich des Ablaufrohres abgedichtet worden, sodaß nunmehr die Zu- und Ablaufwassermenge gleich groß seien. Auch der unterhalb liegende kleinere Teich habe sich ohne weitere Maßnahmen selbst abgedichtet. An die Errichtung eines Folienteiches sei nie gedacht gewesen und sei auch die Aufbringung eines Lehmschlages unnötig, weil der Untergrund ohnedies aus wassertragendem lehmigen Material bestehe. Die Errichtung eines Umlaufgerinnes, das nur für einen ablaßbaren Fischteich sinnvoll wäre, sei nicht möglich. Hochwässer seien schon bisher "im Tal" verblieben und würde der Lauf des Hochwassers durch die kleine Teichanlage nicht beeinflußt. Zusammenfassend würden die Bedingungen und Auflagen, soweit sie bauliche Maßnahmen vorschreiben, zur Gänze bekämpft, da ein technisches Bauwerk nie errichtet werden sollte und die Beschwerdeführer darüber hinaus der Ansicht seien, daß das gesamte Projekt wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtig sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 1989 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Gleichzeitig wurde die im Punkt 14 der Bedingungen bzw. Auflagen festgesetzte Frist gemäß § 59 Abs. 2 AVG 1950 mit 30. Juni 1989 neu bestimmt. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer hätten es unterlassen, dem schlüssigen, von der Behörde erster Instanz eingeholten hydrogeologischen Gutachten ein Gegengutachten entgegenzusetzen. Aus dem Gutachten ergebe sich, daß die Teichanlage im direkten Einflußbereich der "PQuelle" und in weiterer Folge auch der neuerbohrten Gemeindequelle von S liege. Eine Versickerung von Oberflächen- bzw. Teichwasser im Bereich der Anlage bedeute eine negative Beeinträchtigung des Grundwasserstromes und hätte eine Gefährdung der Grund- bzw. Heilwasservorkommen von S zur Folge. Eine Abstandnahme von den aufgetragenen Vorschreibungen komme daher aus öffentlichen Interessen nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen nach erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf wasserrechtliche Bewilligung des von ihnen eingereichten Projektes eines Feuchtbiotops bzw. eines Weihers verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfen Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, der Bewilligung.

Wenn auch die Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr ausdrücklich die Bewilligungspflicht der von ihnen gesetzten Maßnahmen bezweifeln, so sieht sich der Verwaltungsgerichtshof doch veranlaßt festzuhalten, daß auf Grund der in der Verhandlung vom 28. September 1987 abgegebenen Gutachten der Amtssachverständigen (Gewässeraufsicht und Wasserbautechnik) wie auch der Vertreterin der hydrogeologischen Abteilung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung, denen die Beschwerdeführer nicht auf sachverständig untermauerter Basis entgegengetreten sind und in denen eine von der Teichanlage der Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Verunreinigung des Grundwassers schlüssig dargelegt wird, die Behörden des Verwaltungsverfahrens zu Recht vom Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung für das Vorhaben der Beschwerdeführer ausgegangen sind.

Gemäß § 105 WRG 1959 kann ein Unternehmen im öffentlichen Interesse insbesondere dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Bedingungen bewilligt werden, wenn:

....

b) eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises .... zu besorgen ist;

....

e) die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde.

Gemäß § 111 Abs. 1 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde nach Beendigung aller erforderlichen Erhebungen und Verhandlungen, wenn das Ansuchen nicht als unzulässig abzuweisen ist, über Umfang und Art des Unternehmens und die von ihm zu erfüllenden Bedingungen zu erkennen.

Die Beschwerdeführer haben der Behörde erster Instanz ein umfang- und ausführungsmäßig bestimmtes, durch Planunterlagen belegtes Projekt mit dem Ersuchen vorgelegt, dieses wasserrechtlich zu bewilligen. Die hiezu abgegebenen und den Beschwerdeführern mitgeteilten Gutachten der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen, in denen diese die Ansicht vertraten, die im Projekt dargestellte und in der Natur bereits bestehende Teichanlage sei wegen der von ihr ausgehenden Gefährdung des Grundwassers bzw. des in diesem Bereich bestehenden Heilwasservorkommens sofort stillzulegen und erst nach Durchführung von Abdichtungsmaßnahmen in Betrieb zu setzen, haben die Beschwerdeführer weder zu einer Änderung ihres Vorhabens in der von den Amtssachverständigen als erforderlich erachteten Richtung noch zu einer Zurückziehung ihres Ansuchens bewogen. Vielmehr haben die Beschwerdeführer wiederholt die von den Amtssachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen abgelehnt. Dennoch hat die BH das eingereichte Projekt wasserrechtlich bewilligt, hiebei aber in Form von Bedingungen bzw. Auflagen die Durchführung der von den Beschwerdeführern abgelehnten Dichtungsmaßnahmen wie auch die Errichtung eines im Projekt nicht vorgesehenen Umlaufgerinnes aufgetragen. Mit dieser durch Abweisung der Berufung von der belangten Behörde zum Inhalt des angefochtenen Bescheides gemachten Vorgangsweise wurde aber der Rahmen der durch die §§ 105 und 111 Abs. 1 WRG 1959 den Wasserrechtsbehörden eröffneten Möglichkeiten, ein Unternehmen durch Auflagen und Bedingungen entsprechend den Erfordernissen der öffentlichen Interessen zu modifizieren, überschritten. Aus den Vorschriften der §§ 104 und 105 WRG 1959 folgt, daß ein Unternehmen, dessen Ausführung (einschließlich seiner künftigen Folgewirkungen) öffentlichen Interessen zuwiderläuft, abgewiesen werden muß, es sei denn, daß dem Interessenwiderstreit durch Bedingungen (Auflagen) abgeholfen werden kann, an deren Erfüllung die angestrebte Bewilligung gebunden wird. Solche "Bedingungen" können aber naturgemäß nur eine Modifizierung des zur Bewilligung stehenden Projektes zum Gegenstand haben, nicht aber Maßnahmen, die in den Rahmen des Projektes nicht mehr einzufügen wären. Denn es ist immer davon auszugehen, daß der Gegenstand eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens nur ein umfänglich bestimmtes Vorhaben sein kann und daß demgemäß alle aus dem Blickpunkt des § 105 WRG 1959 zu setzenden "Bedingungen" auf dieses Vorhaben abgestimmt sein müssen (vgl. hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1968, Zl. 340/68). Die Beschwerdeführer haben wiederholt betont, ihr bereits verwirklichtes Vorhaben sei lediglich durch relativ geringfügige Erdbewegungen entstanden. Diesen Projektsmaßnahmen gegenüber stellt aber die Errichtung von durch Folien und zusätzlichen Lehmschlag abgedichteten Teichbecken eine substantielle Änderung dar, weil hiedurch der Rahmen des ursprünglichen Projektes, der im wesentlichen eben nur Erdabschiebe- und Aushubarbeiten vorsah, bei weitem überschritten wird. Ähnliches gilt auch für die im Projekt nicht vorgesehene, im Punkt 5 der Bedingungen bzw. Auflagen des erstinstanzlichen Bescheides vorgeschriebene Herstellung eines Umlaufgerinnes.

Die im Beschwerdefall geübte Vorgangsweise, dem Bewilligungswerber Maßnahmen vorzuschreiben, die über den Rahmen des zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereichten Projektes hinausgehen, erweist sich auch im Hinblick darauf, daß es bei einem solchen Vorgehen den vom Vorhaben betroffenen Dritten nicht möglich ist, zu den projektsändernden Auflagen und Bedingungen entsprechend vorbereitet Stellung zu nehmen, als im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 41 Abs. 2 AVG 1950 und des § 107 Abs. 1 WRG 1959 (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 9. November 1982, Zl. 82/07/0039).

Im Beschwerdefall ergibt sich sohin, daß bei dem durch die Gutachten der Amtssachverständigen schlüssig geklärten Sachverhalt das von den Beschwerdeführern unverändert belassene, im Widerspruch zu den von den Amtssachverständigen aufgezeigten öffentlichen Interessen stehende Projekt einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht zugänglich war. Durch den angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern zwar die von ihnen grundsätzlich angestrebte wasserrechtliche Bewilligung erteilt, doch erfolgte dies nur unter Vorschreiben von das Projekt substantiell ändernden Nebenbestimmungen. Da die Beschwerdeführer ihr Vorhaben bereits ihrem Projekt entsprechend verwirklicht haben, ergibt sich aus diesem Bewilligungsbescheid für sie eine vollstreckbare Verpflichtung zum sofortigen bescheidgemäßen Handeln und somit ein Eingriff in ihre subjektiven Rechte. Dieser Eingriff stellt im Vergleich zu einer Abweisung ihres Bewillungsansuchens und einem anschließend allfällig erteilten Beseitigungsauftrag gemäß § 138 WRG 1959 eine schwerere Belastung der Beschwerdeführer dar.

Da die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid trotz der ihm anhaftenden, dargestellten inhaltlichen Mängel bestätigt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits den Ersatz von Umsatzsteuer enthält.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989070047.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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