TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/4 89/13/0188

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Veröffentlicht am 04.04.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/09 Internationales Privatrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §34 Abs3;
IPRG §1;
IPRG §2;
IPRG §3;
IPRG §4;
IPRG §9;
VwRallg;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 43;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Juli 1989, Zl. GA 5-1564/89, betreffend außergewöhnliche Belastungen in den Jahren 1986 und 1987

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsbürger, ist seit mehreren Jahren in Wien als Bauarbeiter tätig. In seinem Haushalt in Jugoslawien befinden sich die Ehefrau, drei minderjährige Kinder und die 1925 geborene Mutter. Der Streit zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geht allein darum, ob Unterhaltsleistungen an die Mutter mit einem Betrag von S 1.700,-- monatlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können. Die belangte Behörde verneinte dies in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid. Zwar treffe den Beschwerdeführer grundsätzlich eine Unterhaltspflicht. Dies jedoch in einem eingeschränkten Ausmaß, weil sein Nettoeinkommen nicht sehr hoch sei und er für seine Ehefrau und für drei Kinder sorgepflichtig sei. Hinzu komme, daß die Mutter eine ältere Frau mit wenigen Bedürfnissen sei und im Haushalt des Beschwerdeführers wohne, sodaß weder Miete, noch Beheizungs- oder Beleuchtungskosten anfielen. Nehme man zum Vergleich für die Bedürfnisse der Mutter den in Jugoslawien einen eigenen Haushalt führenden Bruder des Beschwerdeführers, einen jüngeren Menschen mit einem höheren Lebenshaltungsanspruch, der mit umgerechnet S 1.200,-- monatlich das Auslangen finden müsse, so sei aus sittlichen Gründen im Kalenderjahr 1986 nur ein monatlicher Unterhalt an die Mutter in der Höhe von S 500,-- als zwangsläufig anzusehen. Für das Kalenderjahr 1987 könne eine Unterhaltsverpflichtung von S 600,-- als zwangsläufig angesehen werden. Die zumutbare Mehrbelastung habe jedoch im Jahre 1986 S 6.893,-- (6 % von S 114.893,--) und im Jahr 1987 S 9.241,-- (6 % von S 154.020,--) betragen. Die anerkannten außergewöhnlichen Belastungen überstiegen diese Beträge nicht.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem ersten Satz des § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs. 3) erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs. 3) größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. § 34 Abs. 3 (erster Satz) EStG 1972 zufolge erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Darüber, daß Unterhaltsleistungen an einen Elternteil eine AUSSERGEWÖHNLICHE Belastung bilden können, besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu Recht kein Streit (siehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1982, Zl. 81/14/0124). Strittig ist lediglich, in welcher Höhe die Unterhaltszahlungen zwangsläufig anfielen.

Die belangte Behörde hält aus SITTLICHEN GRÜNDEN monatliche Unterhaltsleistungen an die Mutter von S 500,-- bzw. S 600,-- für ausreichend. Diese Annahme beruht aber auf keiner ausreichenden Auseinandersetzung mit dem Beschwerdefall. Ist doch zu berücksichtigten, daß die Unterhaltsleistungen von einem jugoslawischen Staatsbürger an seine in Jugoslawien lebende Mutter (deren österreichische Staatsbürgerschaft nicht festgestellt wurde) zu erbringen sind. Bei dieser Sachlage oblag der belangten Behörde in erster Linie die Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer nicht nach jugoslawischem Recht aus RECHTLICHEN GRÜNDEN zu Unterhaltsleistungen an seine Mutter verpflichtet war. Der Gerichtshof verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf § 1 Abs. 1, §§ 2 bis 4 und § 9 Abs. 1 IPRG, BGBl. Nr. 304/78. Greifen nach jugoslawischem Recht rechtliche Gründe Platz, so ist an Hand dieser rechtlichen Gründe auch zu prüfen, in welcher Höhe der Beschwerdeführer seiner Mutter Unterhalt zu leisten hatte. Nur wenn dem Beschwerdeführer nach jugoslawischem Recht keine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Mutter träfe, kämen für die Unterhaltsbemessung sittliche Gründe in Betracht.

Das in der Beschwerde erwähnte Vorbringen zum Einkommen des Bruders von monatlich S 1.200,--, das niedere Lohnniveau in Jugoslawien werde "meistens durch eine weitere private zusätzliche Tätigkeit gemildert" und es sei auch noch ein kleines bäuerliches Anwesen vorhanden, ist, wie zur GEGENSCHRIFT bemerkt sei, in jedem Fall zu allgemein gehalten, um daraus den Schluß zu ziehen, der Bruder könne dermaßen zum Unterhalt der Mutter beitragen, daß dem Beschwerdeführer keine die Mehrbelastungsgrenze übersteigende Unterhaltspflicht trifft. Der in der Gegenschrift vermißte Nachweis der Unterhaltszahlungen an die Mutter stand im Verwaltungsverfahren nicht zur Diskussion; es ging dort lediglich um die Verpflichtung des Beschwerdeführers zu diesen Zahlungen.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989130188.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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