TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/11 90/18/0053

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Veröffentlicht am 11.05.1990
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Index

27/01 Rechtsanwälte;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
RAO 1868 §9 Abs2;

Betreff

Dr. N gegen Landeshauptmann von Wien vom 11. Jänner 1990, Zl. MA 70-10/704/89/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 bestraft, weil er es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen habe, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 19. September 1988, welches am 21. September 1988 persönlich übernommen worden sei, innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Zustellung bekanntzugeben, wer dieses Fahrzeug am 17. Juni 1988 um 16.08 Uhr in Kierling, B 14 Richtung Tulln, gelenkt habe.

Der Beschwerdeführer hatte während des Verwaltungsstrafverfahrens geltend gemacht, unmittelbar nach dem Anlaßfall für die Lenkerauskunft von jenem Lenker, welchem er das Fahrzeug überlassen gehabt habe, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung in einem allfälligen Verfahren wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit beauftragt worden zu sein, weshalb es ihm aus Gründen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht möglich sei, die verlangte Auskunft zu erteilen.

Dieser Auffassung hielt die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides entgegen, daß die Vorschrift des § 103 Abs. 2 KFG 1967 ausnahmslos für alle Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen gelte und diese Gesetzesstelle nicht erkennen lasse, welcher Personenkreis hievon ausgenommen sei, es sei denn, daß aus anderen Vorschriften ausdrücklich hervorgehe, daß derartige Auskünfte nicht verlangt werden dürften. Dies sei jedoch im vorliegenden Verfahren nicht der Fall. Auch § 9 RAO enthalte keinerlei Hinweise darauf, daß die Vorschrift des § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 für Rechtsanwälte, die Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen seien, nicht gelten soll. § 9 Abs. 2 erster Satz RAO verpflichte den Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit nur über die ihm anvertrauten Angelegenheiten. Die Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch einen Rechtsanwalt an seinen Klienten könne jedenfalls nicht als eine Angelegenheit gewertet werden, die von seinem Klienten dem Rechtsanwalt "anvertraut" worden sei.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde ausschließlich gegen die eben wiedergegebene Auffassung der belangten Behörde, daß das Überlassen eines Kraftfahrzeuges durch einen Rechtsanwalt an seinen Klienten jedenfalls nicht als eine Angelegenheit gewertet werden könne, die von einem Klienten dem Rechtsanwalt "anvertraut" worden sei, und meint, daß er das Kraftfahrzeug nicht seinem Klienten anvertraut habe, sondern die Person, der er das Kraftfahrzeug anvertraut habe, erst durch den Anlaßfall zu seinem Klienten geworden sei. Es sei ihm auch "nicht die Überlassung eines Kraftfahrzeuges anvertraut" worden, sondern "das Delikt der allfälligen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit", sodaß er sehr wohl berechtigt und vor allem verpflichtet sei, über diese Tatsachen Stillschweigen zu wahren.

Gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz der Rechtsanwaltsordnung (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 556/1985) ist der Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist, verpflichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0127, unter Berufung auf seine Vorjudikatur im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 die Rechtsansicht vertreten, daß die Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch einen Rechtsanwalt an seinen Klienten nicht als eine Angelegenheit gewertet werden könne, die dem Rechtsanwalt im Sinne des § 9 Abs. 2 erster Satz der Rechtsanwaltsordnung vom Klienten "anvertraut" worden wäre.

Da es sich ferner nach Ansicht des Gerichtshofes bei der verlangten Auskunft auch nicht um eine dem Rechtsanwalt "in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordene" Tatsache im Sinne der zitierten Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung handeln kann, vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen schon aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Ungeachtet dessen könnte der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die Regelung des § 9 Abs. 2 der RAO für seinen Standpunkt selbst dann nichts gewinnen, wenn es sich bei der in Rede stehenden Überlassung eines Kraftfahrzeuges um eine Angelegenheit handeln würde, die ihm als Rechtsanwalt "anvertraut" oder in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist und damit nach dieser Norm der Verschwiegenheitspflicht unterliegt, weil die Verfassungsbestimmung des § 103 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung nach der 10. Novelle vorsieht, daß Rechte auf Auskunftverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, Auskünfte im Sinne des ersten Satzes dieser Bestimmung zu verlangen, zurücktreten.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180053.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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