TE Vwgh Beschluss 1990/5/21 88/15/0171

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Veröffentlicht am 21.05.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §696;
ABGB §704;
GebG 1957 §17 Abs4;
GebG 1957 §33 TP5;
MietenG §19;
MRG §30;
VwRallg;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 339;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Oktober 1988, Zl. GA 11-1195/88, betreffend Rechtsgebühr:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mietvertrag vom 1. Juni 1987 mieteten die Beschwerdeführerin und der Beschwerdevertreter von Frau A die Liegenschaft EZ 1490, Grundbuch XY, Gp. 543/4 Garten und 543/5 Baufläche, samt dem darauf befindlichen Haus.

Die Punkte III. und VIII. dieses Vertrages lauten wie

folgt:

"III. Mietdauer

Das Mietverhältnis beginnt am 1.7.1987 und wird auf die Dauer von einem Jahr abgeschlossen, sodaß das Mietverhältnis am 30.6.1988 endet.

....

VIII. Kündigungsbestimmungen

Die Kündigungsbestimmungen des § 30 MRG gelten sinngemäß, darüberhinausgehende Kündigungsmöglichkeiten bestehen für die Vertragsteile nicht.

Sofern das Mietverhältnis nicht zum 30.6.1988 beendet wurde, etwa durch ausdrückliche oder schlüssige Verlängerung, so gilt diese Verlängerung auf jeweils zwei weitere Mietjahre. Das Mietverhältnis endet jedenfalls zum 30.6.1992."

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG 1957 in Höhe von S 8.316,-- (das ist 1 v.H. von S 831.600,--) festgesetzt. Dies - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung - im wesentlichen mit der Begründung, nach dem für die Festsetzung der Gebühren maßgebenden Urkundeninhalt hätten die Vertragspartner im Punkt VIII. des Mietvertrages eine bedingte Vertragsverlängerung vereinbart. Diese bedingte Vertragsverlängerung sei gemäß § 17 Abs. 4 GebG 1957 bei der Bemessung der Gebühr als unbedingt vereinbarte Vertragsverlängerung heranzuziehen. Da die in Punkt VIII. des Vertrages vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 MRG weitgehend mit denen des § 19 MG übereinstimmten, sei im vorliegenden Fall von einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag auszugehen. Bemessungsgrundlage der Rechtsgebühr sei im Hinblick auf § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 das 36-fache des monatlichen Mietzinses von S 23.100,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bekämpft in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Rechtsansicht der belangten Behörde, zwischen den Parteien des Mietvertrages sei im Punkt VIII. eine bedingte Vertragsverlängerung vereinbart worden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei lediglich eine Vertragsdauer von einem Jahr vereinbart worden. Punkt VIII. des Mietvertrages verhindere lediglich eine Verlängerung des Vertrages um einen jeweils kürzer oder länger als zwei Jahre dauernden Zeitraum. Ausgehend davon hätte die belangte Behörde die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG 1957 lediglich mit S 2.772,-- (1 v.H. von S 277.200,--, das ist das 12-fache des monatlichen Mietzinses von S 23.100,--) festsetzen dürfen.

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluß, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Der Inhalt des Begriffes "Bedingung" im Tatbestand der zuletzt wiedergegebenen Gesetzesstelle ergibt sich aus dem bürgerlichen Recht (vgl. hiezu die §§ 696 und 704 ABGB sowie die Ausführungen von Welser in Rummel, Kommentar zum ABGB I2 Rz 1 ff zu § 696 ABGB, von Rummel in Rummel a.a.O. Rz 1 ff zu § 897 ABGB, und von Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I8 149 ff). Man versteht nämlich darunter ein ungewisses Ereignis, von dem der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung abhängt.

Im vorliegenden Fall wurde zwischen den Parteien des Mietvertrages in Punkt VIII., zweiter Absatz, eine Verlängerung des Mietverhältnisses "auf jeweils zwei weitere Mietjahre" unter der Voraussetzung vereinbart, daß das Mietverhältnis nicht zum 30. Juni 1988 bzw. mit Ablauf einer sich daran anschließenden Verlängerungsfrist beendet ist. Der wesentliche Inhalt dieser Vertragsbestimmung besteht also in der Vereinbarung, daß sich das Mietverhältnis in Abhängigkeit von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis (daß nämlich das Mietverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht beendet ist) um weitere zwei Jahre verlängert. Das Nichtvorliegen der Beendigung des Mietverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt ist sohin im rechtlichen Sinn negative und aufschiebende Bedingung für die vereinbarte Vertragsverlängerung. Daß die Parteien des Mietvertrages lediglich die Dauer einer möglichen Vertragsverlängerung mit zwei Jahren bestimmt, nicht aber eine bedingte Vertragsverlängerung vorgenommen hätten, läßt sich aus der maßgebenden Vertragsurkunde nicht entnehmen.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid weder die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch auch ein vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifender wesentlicher Verfahrensmangel anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988150171.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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