TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/19 90/04/0135

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §34 Abs1;

Betreff

N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Februar 1990, Zl. 312.105/1-III-3/89, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: A-GesmbH in X <vormals B-AG bzw. B-GesmbH>)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Februar 1990 die Berufung des "Vereines 'Bürgerinitiative Y'" und des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 25. Oktober 1988 sei der A-Baustoffindustrie AG gemäß § 79 GewO 1973 eine zusätzliche Auflage vorgeschrieben worden. Gegen diesen Bescheid sei von der "BIL Bürgerinitiative Y" das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden. Diese Berufung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. März 1989 gemäß § 8 AVG 1950 i.V.m. § 75 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid sei vom "Verein Bürgerinitiative Y" und vom Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 seien Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehrten, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 finde. Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung des § 68 Abs. 1 leg. cit. sei somit das Vorliegen eines formell rechtskräftigen Bescheides. Im vorliegenden Fall sei gegen den Bescheid erster Instanz weder vom "Verein Bürgerinitiative Y bei X" noch vom Beschwerdeführer, sondern nur von der "BIL Bürgerinitiative Y" das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden. Somit sei der erstinstanzliche Bescheid gegenüber den nunmehrigen Berufungswerbern - nämlich dem Verein "Bürgerinitiative Y bei X" und dem Beschwerdeführer - formell in Rechtskraft erwachsen. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. März 1989 berühre lediglich die Rechtsstellung der "BIL Bürgerinitiative Y", jedoch nicht jene des "Vereines Bürgerinitiative Y bei X" bzw. des Beschwerdeführers. Daher sei den Berufungswerbern das Rechtsmittel der Berufung gegen den zweitbehörden Bescheid mangels Beschwer nicht offengestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem aus § 75 Abs. 2 i.V.m. § 79 GewO 1973 abgeleiteten Nachbarrecht, in dem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren und insbesondere in dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Er bringt hiezu unter dem Titel einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung habe mit Bescheid vom 28. April 1987 der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zum Betrieb einer Mülldeponie am Standort Y erteilt. Der "Verein Bürgerinitiative Y bei X" habe der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung am 29. Mai 1988 eine Protestresolution übermittelt, die die Bezirkshauptmannschaft zum Anlaß für die Einleitung eines Verfahrens gemäß § 79 GewO 1973 genommen habe. In diesem Verfahren seien dem Verein die eingeholten ergänzenden Gutachten zur Kenntnis gebracht worden und er habe sich in seiner Stellungnahme namens der Anrainer für weitere Auflagen ausgesprochen. Der Verein habe mit Schreiben vom 12. September 1988 eine Vollmacht vorgelegt, in der er den Verein in diesem Verfahren mit der Vertretung beauftragt habe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 25. Oktober 1988 sei der mitbeteiligten Partei für die gewerbebehördlich genehmigte Mülldeponie am Standort Y eine zusätzliche Auflage erteilt worden. Dieser Bescheid sei dem Verein zugestellt worden. Gegen diesen Bescheid habe der Verein fristgerecht am 2. November 1988 die Berufung wegen "unzumutbarer Gesundheitsgefährdung der Nachbarn

... und des nicht kalkulierbaren Risikos für die Bevölkerung ..." eingebracht und in der Begründung ausführlich dargelegt,

daß durch die Nähe der Sondermülldeponie zum Wohngebiet "eine eminente Gefährdung der Gesundheit der Anrainer gegeben" sei, und daher die erteilte Auflage zum Schutz der Anrainer nicht ausreichend sei. Die Berufung des Vereines sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. März 1989 mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen worden, "daß der Bürgerinitiative Y als Verein und somit als eine Gemeinschaft von Einzelpersonen ... eine Nachbarstellung nicht zukommt". Gegen diesen Bescheid habe er durch seinen ausgewiesenen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung mit der Begründung erhoben, daß der Verein stets als Vertreter der durch die gegenständliche Betriebsanlage belästigten Nachbarn aufgetreten sei. Sämtliche Protestresolutionen und Eingaben des Vereines, die dann letztlich zur Erteilung dieser zusätzlichen Auflage geführten hätten, seien stets namens der belästigten Nachbarn eingebracht worden. Weiters habe er auf die dem Verein erteilte Vollmacht verwiesen, die im Verfahren vorgelegt worden sei. Da der Verein somit in diesem Verfahren als Bevollmächtigter aller Nachbarn, jedenfalls aber als sein Vertreter aufgetreten sei, wäre lediglich seine Nachbarstellung im Sinne der Gewerbeordnung zu prüfen gewesen. Selbst wenn die Behörde zu der Ansicht gekommen wäre, daß ein Verein nicht als Vertreter im Sinne des § 10 AVG 1950 auftreten könne, hätte dies nicht zur Zurückweisung der Berufung führen dürfen, sondern es hätte ihn die Behörde darauf aufmerksam machen müssen, daß sie den Verein als Vertreter nicht zulasse, sodaß er einen neuen Vertreter hätte namhaft machen können. Den Darlegungen im angefochtenen Bescheid sei zur Frage der Parteistellung betreffend die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nach § 79 GewO 1973 entgegenzuhalten, daß auf Grund der Übergangsbestimmung des Art. VI Abs. 4 Gewerberechtsnovelle 1988 für das gegenständliche Verfahren die Gewerbeordnung 1973 in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 anzusehen sei. Auf Grund dieser Übergangsbestimmung sei die die Nachbarstellung einschränkende Neuregelung des § 356 Abs. 4 GewO 1973 in der geltenden Fassung im gegenständlichen Verfahren noch nicht anzuwenden, sodaß ihm auf Grund der - in seiner Vertretung vom Verein - erhobenen Einwendungen Parteistellung zukomme. Was die Verletzung seines Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter betreffe, setze sich der angefochtene Bescheid mit seiner Berufung vom 18. April 1989, in der er vorgebracht habe, daß der Verein nur als sein Vertreter aufgetreten sei, überhaupt nicht auseinander, sondern stelle lapidar fest, daß der erstinstanzliche Bescheid nur von der "BIL Bürgerinitiative Y" bekämpft worden sei, nicht jedoch vom "Verein Bürgerinitiative Y bei X", sodaß dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Dem sei entgegenzuhalten, daß sämtliche Eingaben im Verfahren erster Instanz vom Verein unter dem Namen "Verein Bürgerinitiative Y" eingebracht worden seien. Mit der in erster Instanz vorgelegten Vollmacht habe er den "Verein Bürgerinitiative Y" mit seiner Vertretung beauftragt. Der erstinstanzliche Bescheid sei Z als Obmann des Vereines "Bürgerinitiative Y" zugestellt worden. Der Genannte habe dann auch gegen diesen Bescheid "im Namen des Vereines Bürgerinitiative Y Berufung" eingelegt. Auf Grund des Akteninhaltes stehe somit eindeutig fest, daß der Verein nicht nur unter der Kurzbezeichnung "BIL Bürgerinitiative Y" aufgetreten sei, sondern sowohl im Verfahren erster Instanz als auch in der Berufung als Verein. Die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, daß die Berufung nicht vom Verein eingebracht worden sei, sei somit aktenwidrig. Bestehen bleibe damit lediglich, daß der Verein manchmal unter den gängigen Kurzbezeichnungen "Verein Bürgerinitiative Y" bzw. nur "Bürgerinitiative Y" aufgetreten sei, und erst in der Berufung vom 18. April 1989 den vollen Vereinsnamen "Verein Bürgerinitiative Y bei X" genannt habe. Die belangte Behörde hätte, wenn sie nunmehr zur Ansicht komme, daß es sich beim "Verein Bürgerinitiative Y" um eine andere juristische Person handle, als beim "Verein Bürgerinitiative Y bei X", den § 37 AVG 1950 anwenden und sich im Zweifelsfall darüber Klarheit verschaffen müssen, wer Rechtsmittelwerber sei. Auf Grund dieses Verfahrensmangel sei die belangte Behörde auch auf sein Vorbringen, daß der Verein nur als sein Vertreter aufgetreten sei, nicht eingegangen, sodaß durch diesen Verfahrensfehler in sein Recht auf Entscheidung in der Sache selbst eingegriffen werde. Die Nichtberücksichtigung seines bereits dargestellten Vorbringens in der Berufung stelle einen schweren Verfahrensfehler dar, der die Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides bewirke. Selbst wenn aber die belangte Behörde der Ansicht sein sollte, daß eine Vertretung im Sinne des § 10 AVG 1950 nur durch "eigenberechtigte Personen" möglich sei, und daß daher die Vertretung durch eine juristische Person ausgeschlossen sei, hätte dieser Umstand allenfalls ein Formgebrechen dargestellt, den sie im Sinne des § 10 AVG 1950 im Wege eines Auftrages zur Behebung eines Formgebrechens gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 auszuräumen gehabt hätte.

Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, daß Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausschließlich von der "BIL Bürgerinitiative Y" eingebracht wurde. In diesem Zusammenhang wird auch in der Beschwerde vorgebracht, der Vereinsobmann Z habe gegen diesen Bescheid IM NAMEN DES "VEREINES 'BÜRGERINITIATIVE Y'" Berufung eingelegt. Damit behauptet aber der Beschwerdeführer in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht etwa, daß die Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid auch in seinem Namen "durch den von ihm bevollmächtigten Verein" erfolgt sei, was diesem im übrigen auch aus rechtlichen Gründen verwehrt gewesen wäre. Nur einem derartigen Umstand käme aber im gegebenen Zusammenhang Relevanz zu, nicht aber etwa unabhängig hievon den Intentionen des genannten Vereines, die zu dessen "Protestresolutionen" bzw. "Eingaben im erstinstanzlichen Verfahren" zur Wahrung der Anrainerinteressen geführt hätten.

Ausgehend davon wurde aber der Beschwerdeführer durch den Abspruch des angefochtenen Bescheides in den von ihm geltend gemachten Rechten nicht verletzt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040135.X00

Im RIS seit

19.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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