TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 89/04/0259

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs4 idF 1988/399;
GewO 1973 §370 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §83 idF 1988/399;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N Baugesellschaft m.b.H. in X, vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Oktober 1989, Zl. Ge-7335/8-1989/Sch/Th, betreffend Anordnung gemäß § 360 Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit an die Beschwerdeführerin ergangenem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. August 1989 wurde wie folgt abgesprochen:

"Gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 i.V.m. § 360 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 werden die mit Bescheid vom 25.7.1989 ergangene Verfügung hinsichtlich der im Punkt 7. des Gutachtens der Verhandlungsschrift vom 25.7.1989 angeordnete Maßnahme betreffend die Verwertung der aus den Silos austretenden bzw. auszupumpenden Wässer, der Punkt 4. des mündlich verkündeten Bescheides vom 28.7.1989 (siehe Niederschrift vom 28.7.1989, Seite 10), sowie der Punkt 2. des mündlich verkündeten Bescheides vom 3.8.1989 (siehe Niederschrift vom 3.8.1989, Seite 3) insoferne abgeändert, als die aus den Silos ausgepumpten Flüssigkeiten an einen befugten Sonderabfallsammler oder -beseitiger zu übergeben, und hierüber Begleitscheine im Sinne der Sonderabfallnachweisverordnung vorzulegen sind. Diese Wässer dürfen nicht mehr im Ziegelformungsprozeß in der Ziegelei in X zugesetzt werden."

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin besitze nach Mitteilung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juli 1989 derzeit keine Berechtigung zur Beseitigung von Sonderabfällen. Die in den genannten Bescheiden getroffene Verfügung, daß die aus den Silos ausgepumpten bzw. aus den Silos ausgetretenen Flüssigkeiten auch in der Ziegelei verwertet werden könnten, sei daher abzuändern, weil die Beschwerdeführerin in diesem Fall gegen die Vorschriften der Gewerbeordnung 1973 verstoßen würde. Die Vorschreibung der Übergabe an einen befugten Entsorger sei jedoch auch deshalb notwendig, weil entgegen der Verfügung im Punkt 2. des Bescheides vom 3. Augsut 1989 bzw. entgegen der Vorschreibung unter Punkt 3. des Bescheides vom 7. August 1989 die angeordnete Trennung der wäßrigen Phase von der ölhältigen Phase nicht durchgeführt worden sei, wie aus dem Bericht des Sachverständigen in der Niederschrift vom 16. August 1989 hervorgehe. Die Beschwerdeführerin habe offensichtlich die abgepumpte Flüssigkeit zur Gänze in den Ziegelformungsprozeß eingebracht, obwohl insbesondere in den Flüssigkeiten in den Silos 1 und 4 auffällig viel Mineralöl vorliege (siehe Befund vom 7. August 1989) und diese ölhältige Phase mit Chlorkohlenwasserstoffen angereichert sei. Die Verbrennung von Chlorkohlenwasserstoffen führe jedoch zur Beeinträchtigung der Umwelt, sodaß diese Vorgangsweise nicht durchgeführt werden könne. Infolge Nichtbefolgung der aufgetragenen Maßnahmen durch die Beschwerdeführerin sowie im Hinblick auf die auch gewerberechtliche Unzulässigkeit der Beseitigung von Sonderabfällen durch die Beschwerdeführerin sei daher die Übergabe der ausgepumpten Flüssigkeiten an einen Sonderabfallsammler oder -entsorger vorzuschreiben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, über die der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 13. Oktober 1989 wie folgt erkannte:

"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des zitierten Bescheides wird durch folgende Neufassung abgeändert:

'Der N Baugesellschaft m.b.H. wird gemäß § 360 Abs. 2 der GewO 1973 i.d.g.F. die Verwendung der aus den Silos ausgepumpten Flüssigkeiten im Ziegelformungsprozeß in der Ziegelei X untersagt.'"

Dieser Ausspruch wurde damit begründet, die Beschwerdeführerin bekämpfe den erstbehördlichen Bescheid mit dem Vorbringen, "im Punkt 3. des angefochtenen Bescheides" werde aufgetragen, die ölhältige Phase in geeigneter Weise von den ausgepumpten Flüssigkeiten zu trennen. Dieser Auflage könne nicht entsprochen werden, da der Anteil von Öl derart gering sei, daß sich keines absetzen könne. Die Trennung auf andere Art sei nur mit übermäßigem wirtschaftlichem Aufwand möglich. Der Abtransport durch Sonderabfallsammler habe für die Umwelt auf Grund der Kraftfahrzeugemissionen wesentlich nachteiligere Auswirkungen als die Verwendung der Flüssigkeiten beim Anteigen des Lehmes in der Ziegelproduktion. Da eine Trennung von Öl nicht möglich sei, könnten auch die Auflagen Punkt 4. und 5. nicht bzw. nur mit übermäßigem Aufwand eingehalten werden. Zur Klarstellung des vorliegenden Sachverhaltes werde der für das gegenständliche Verfahren maßgebliche Verfahrensgang wie folgt festgehalten: Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land habe auf Grund von Feststellungen über das Austreten von Flüssigkeiten aus den Sonderabfallsilos der Beschwerdeführerin am 25. Juli 1989 unter Beiziehung von Sachverständigen eine Augenscheinsverhandlung durchgeführt. Bei dieser Verhandlung seien die zur Hintanhaltung einer Grundwassergefährdung notwendigen Maßnahmen festgelegt und mit mündlich verkündetem Bescheid vorgeschrieben worden. Die Erlassung dieses Bescheides und die einzelnen Vorschreibungspunkte seien in der Verhandlungsschrift beurkundet. Einwendungen seien nicht erhoben worden. Der Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Der Punkt 7. der Auflagen dieses Bescheides habe folgenden Wortlaut: "Die aus den Silos austretenden verunreinigten Wässer sowie die abgepumpten und im Zuge der Sofortmaßnahmen weiterhin aus den Silos auszupumpenden Wässer sind entweder der bescheidgemäß vorgesehenen Verwertung zuzuführen oder an einen hiezu befugten Sonderabfallsammler zuzuführen. Die Verwertung im eigenen Betrieb ist im übrigen von der chemischen Analyse der Eluatwässer abhängig und kann daher endgültig nicht beurteilt werden. Diese gesammelten Wässer sind daher in geeigneten korrosionssicheren Behältnissen zwischenzulagern."

Auf Grund des Ergebnisses einer am 28. Juli 1989 durchgeführten Augenscheinsverhandlung habe die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land - ebenfalls mündlich verkündete und in der Verhandlungsschrift beurkundete - Bescheidauflagen zur Wahrnehmung des Gewässerschutzes vorgeschrieben. Punkt 4. dieser Auflagen habe folgenden Wortlaut: "4. Der Inhalt der Auffanggrube ist nach Bedarf jedoch wenigstens täglich einmal abzupumpen. Das verunreinigte Wasser ist entweder nach der gewerberechtlichen Bewilligung vom 2.12.1981 zu verwenden, oder an einen hiezu befugten Sonderabfallsammler abzuliefern." Am 3. August 1989 habe die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land im Zuge der Festsetzung des Überprüfungsverfahrens der Abfallsiloanlage eine weitere Augenscheinsverhandlung durchgeführt und mit mündlich verkündetem und in der Verhandlungsschrift beurkundetem Bescheid folgende Maßnahmen verfügt: "1. Die Flüssigkeiten in den Drainrohren in den Behältern 1 und 2 (südöstlichster Silo und der diesem benachbarte Silo) dürfen bis zu einer weiteren behördlichen Verfügung nicht abgesaugt werden. 2. Die aus dem Silo 4 laufend abgesaugte Flüssigkeit ist in gesonderten, korrosionsbeständigen und gesichert aufgestellten Gebinden zwischenzulagern. Die wäßrige Phase aus dem Silo 4 kann auf Grund der vorliegenden analytischen Nachweise dann bei der Ziegelherstellung verwendet werden." In weiterer Folge wird - nach Darstellung der Bestimmungen des § 360 Abs. 2 GewO 1973, des § 83 leg. cit. und des § 4 Abs. 1 des Sonderabfallgesetzes - in der Bescheidbegründung ausgeführt, im Zuge der Berufungsverhandlung vom 15. September 1989 sei vom beigezogenen Amtssachverständigen folgendes ausgeführt worden:

"Auf Grund der bisher vorliegenden Analysenergebnisse über die Natur der flüssigen Behälterinhalte ist für den Sachverständigen abzuleiten, daß auch unerlaubte Einbringungen in die Siloanlagen erfolgten. Diese Feststellungen beziehen sich insbesondere auf die vorgefundenen Mineralölgehalte und die Gehalte an chlorierten Lösemitteln in den Flüssigphasen einzelner Silos. Wie einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes Berlin aus dem Jahre 1989, Beirat des Bundesministeriums für Inneres, Empfehlungen für die Lagerung und den Transport wassergefährdender Stoffe, zu entnehmen ist, liegt die Löslichkeit von Mineralölprodukten in Wasser bei Dieselkraftstoff im Bereich von ca. 5 mg/l, bei Vergaserkraftstoff (Superbenzin) auf Grund des höheren Aromatenanteiles bis ca. 200 - 300 mg/l. Wie bisher vorliegenden Analysenergebnissen entnehmbar, wies der Gehalt an Mineralprodukten in den aus den Behältern abgezogenen Flüssigphasen wesentlich höhere Werte auf. Im Zuge von Probenahmen stellte sich deshalb bei den aus zwei Behältern gezogenen Flüssigkeitsproben folglich eine Phasentrennung ein, welche auf Grund der oben geschilderten Löslichkeit von Mineralölprodukten auch durchaus erklärbar ist. Bei der Beurteilung der möglichen Beseitigungsmethode der aus den Behältern abgezogenen Flüssigphasen ist zu beachten, daß die mit den Flüssigkeiten als Anteigemedium beaufschlagten Ziegel im Gegenstrom zu den heißen Feuerungsgasen über eine Trocknungszone in die eigentliche Brennzone gelangten. Die feuchten Ziegel werden demnach vorerst getrocknet und in der Folge gebrannt. Während bei diesem Prozeß mit organischen Inhaltsstoffen belastete Abwässer durchaus in duldbarer Weise beseitigt werden können (weil sie in der Aluminiumsilikatmatrix eingebaut werden), werden organische Inhaltsstoffe allenfalls zersetzt und gelangen diese Zersetzungsprodukte auf Grund des beschriebenen Gegenstromprinzipes beim Ziegelbrennprozeß nicht in die heiße Brennzone. Auf Grund naturgesetzlicher Gegebenheiten (Nernst'sches Verteilungsgesetz) und der vorliegenden Analysenergebnisse (bis zu 3 mg an einzelnen Chlorkohlenwasserstoffen in der wäßrigen Phase) ist von vornherein ein wesentlich höherer Gehalt an halogenierten organischen Verbindungen in der Mineralölphase anzunehmen. Auf Grund der oben geschilderten Nichteignung des Ziegelbrennprozesses für die Beseitigung wenigstens bedenklicher organischer Verbindungen wurde diese Beseitigungsmethode für eine aus den Silos geförderte mineralölhältige Phase auch abgelehnt. Wie dargestellt, bewegt sich die max. Löslichkeit von Mineralölprodukten im Waser ohne Anwesenheit von Lösungsvermittlern im Bereich von bis zu 200 - 300 mg/l. Ausschließlich bis zu diesem Grenzwert wäre daher eine Beseitigung der flüssigen Phasen aus den Behältern bei der Ziegelformung tolerierbar, während flüssige Abfälle mit höheren Konzentrationen nach Meinung des Sachverständigen Sonderabfall darstellen, der über eine einschlägige Firma entsorgt werden soll." Die Vertretung der Beschwerdeführerin sei diesen Sachverständigenäußerungen nicht entgegengetreten. Das Sachverständigengutachten sei ausführlich und nachvollziehbar begründet und werde als schlüssiger Beweis der Entscheidung zugrunde gelegt. Von seiten der Beschwerdeführerin sei vorgebracht worden, daß wegen des geringen Gehaltes an Mineralölprodukten eine Trennung von Phasen nicht möglich wäre. Demgegenüber habe das Ermittlungsverfahren keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß von der Beschwerdeführerin geeignete Maßnahmen dahin gehend getroffen worden wären, daß ein im Sachverständigengutachten als unbedenklich anzusehender Anteil an Mineralprodukten erreicht würde. Für diese Beweisführung spreche auch die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin die abgepumpten Flüssigkeiten durch das Sonderabfallunternehmen Bachleitner habe entsorgen lassen. Dem Berufungsvorbringen, daß die Entsorgungstätigkeit nicht den Bestimmungen der GewO 1973 unterliege, sei entgegenzuhalten, daß die gegenständlichen Siloanlagen von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Bescheid vom 2. Dezember 1981, Ge-3062/81, unter Vorschreibung von Auflagen gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Aus dieser Anlagengenehmigung ergäben sich die von der Erstbehörde zutreffend vorgeschriebenen Maßnahmen. Im zitierten Gutachten des Amtssachverständigen sei auf die Gefährdungssituation hingewiesen worden. Demnach sei auf Grund der Unbestimmtheit der Inhaltsstoffe der zur Verbrennung gelangenden Flüssigkeiten im einzelnen die Umweltgefährdung nicht abzuschätzen, es sei jedoch ein konkretes Gefahrenpotential anzunehmen, sodaß die von der Erstbehörde getroffene Verfügung als zutreffend angesehen werde. Die Änderung des Spruches sei einerseits dem Konkretisierungsgebot folgend erfolgt, andererseits deswegen, weil gesetzliche Bestimmungen nicht als Auflagen oder Maßnahmen vorzuschreiben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in folgenden Rechten als verletzt:

"a)

Im Recht, für eine Betriebsanlage, die an einen Rechtsnachfolger übergegangen ist, nicht in Anspruch genommen zu werden;

b)

im Recht, bei Nichtvorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäß § 360 Abs. 2 Gewerbeordnung nicht in Anspruch genommen zu werden;

c)

im Recht auf Erledigung gemäß § 73 AVG und

d)

im Recht der Unwiderrufbarkeit bzw. Unwiederholbarkeit der Rechtskraft eines Bescheides."

Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. Dezember 1981, Ge-3062/1981, sei ihr die Genehmigung für die Errichtung einer Sondermülldeponie in Form von vier Stahlbetonbehältern (im folgenden von Süden nach Norden von 1 bis 4 numeriert) im Bereich der bestehenden Mülldeponie auf dem Grundstück Nr. 345/2 der KG B, Gemeinde C, unter bestimmten Vorschreibungen erteilt worden. Gemäß Auflagenpunkt 6 "hat die Beseitigung jeglicher, in den Behältern auftretender oder durch Entwässerung von Schlämmen gewonnener und sonstiger durch den Betrieb der Metallschlammdeponie bedingter verunreinigter Abwässer ausschließlich und vollständig in der im Projekt angedeuteten Weise zu erfolgen. Sie sind im Ziegeleiprozeß als Anteigewasser zu verwenden". Mitte Juli 1989 sei es im Zuge von Bauarbeiten zu Rißbildungen bei zwei dieser vier Behälter gekommen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25. Juli 1989 sei ihr u.a. vorgeschrieben worden, daß die aus den Silos austretenden verunreinigten Wässer sowie die abgepumpten und im Zuge der Sofortmaßnahmen weiterhin aus den Silos auszupumpenden Wässer entweder der bescheidgemäß vorgesehenen Verwertung zuzuführen oder einem hiezu befugten Sonderabfallsammler zu übergeben seien. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. Juli 1989 (Maßnahme Punkt 4.) sei vorgeschrieben worden, daß das verunreinigte Wasser entweder nach der gewerberechtlichen Bewilligung vom 2. Dezember 1981 zu verwenden oder an einen hiezu befugten Sonderabfallsammler abzuliefern sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3. August 1989 sei verfügt worden, daß die aus dem Silo 4 laufend abgesaugte Flüssigkeit in gesonderten, korrosionsbeständigen und gesichert aufgestellten Gebinden zwischenzulagern sei und daß die wäßrige Phase aus dem Silo 4 auf Grund der vorliegenden analytischen Nachweise bei der Ziegelherstellung verwendet werden dürfe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. August 1989 sei ihr aufgetragen worden, die ölhältige Phase auf geeignete Weise von den ausgepumpten Flüssigkeiten zu trennen und in geeignete Gebinde abzufüllen. Die wäßrige Phase der abgepumpten Flüssigkeiten sei in gesonderten, korrosionsbeständigen und gesichert aufgestellten Gebinden bis zur Verarbeitung zwischenzulagern. Mit Bescheid vom 17. August 1989 habe die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land die erwähnten mündlich verkündeten Bescheide insofern abgeändert, als die aus den Silos ausgepumpten Flüssigkeiten an einen befugten Sonderabfallsammler oder -beseitiger zu übergeben und hierüber Begleitscheine im Sinne der Sonderabfallnachweisverordnung vorzulegen seien und daß die Wässer nicht mehr im Ziegelformungsprozeß in der Ziegelei in X zugesetzt werden dürften. Einer Berufung sei die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Über eine am 31. August 1989 dagegen erhobene Berufung sei in der Folge der angefochtene Bescheid ergangen. Mit Kaufvertrag vom 30. Juni 1989 sei u.a. das Grundstück Nr. 345/2, eingetragen in der Liegenschaft EZ 137, Grundbuch B, Gerichtsbezirk D, an die S-Deponie-GesmbH veräußert worden. Gemäß Punkt IV. dieses Vertrages sei die Übergabe bzw. Übernahme des Kaufgegenstandes mit Unterfertigung dieses Vertrages erfolgt. Mit diesem Tag seien die Nutzen und Vorteile, die Lasten und Gefahren des Kaufgegenstandes auf die Käuferin übergegangen. Es sei amtsbekannt, daß das streitgegenständliche Grundstück, auf dem sich die Sondermülldeponie befinde, am 30. Juni 1989 an die S-Deponie-GesmbH verkauft und übergeben worden sei. Gemäß § 80 Abs. 4 GewO 1973 werde durch den Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt. Die Einhaltung der dem Vorgänger auferlegten Auflagen obliege dem neuen Konsensinhaber ohne gesonderten Auftrag. Die Anzeige des neuen Konsenswerbers bzw. Inhabers der Anlage sei von der Behörde lediglich zu den Akten zu nehmen.

Bescheidadressat hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht sie, sondern ihre Rechtsnachfolgerin als Eigentümer der Liegenschaft EZ 187, Grundbuch B, in der das streitgegenständliche Grundstück vorgetragen sei, sein müssen. Des weiteren erstattete die Beschwerdeführerin ein Vorbringen für den Fall, daß ein Rechtsübergang im Sinne des § 80 Abs. 4 GewO 1973 nicht anzunehmen sei. Hiezu wird unter Anführung einzelner Verfahrensvorgänge und Sachverständigenaussagen dargelegt, daß der angefochtene Bescheid an erheblichen Begründungsmängeln leide, da sich die belangte Behörde auf § 360 Abs. 2 GewO 1973 stütze, ohne konkret anzuführen, welche Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum bestünden. Schließlich wird auch vorgebracht, daß die belangte Behörde sich mit ihrem Antrag, den Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung aufzuheben und die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, überhaupt nicht auseinandergesetzt habe.

In ihrer Gegenschrift bringt die belangte Behörde einleitend vor, die Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde sei vollinhaltlich zutreffend. Im übrigen sei aber der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß § 80 Abs. 4 GewO 1973 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung komme. Es handle sich nämlich um eine aufgelassene Betriebsanlage. Die Siloanlage sei in den Jahren 1982 bis 1984 errichtet und in zeitlicher Folge befüllt worden. Ein Betrieb der Siloanlage habe jedoch seit 1988 nicht mehr stattgefunden. Die Rißbildung bei zwei Siloanlagen, welche zum Austreten von Flüssigkeit geführt habe, werde einerseits auf die konsenswidrige Ausführung der Silowände, andererseits auf unsachgemäße Bauarbeiten in der Nähe des Silos - halbseitige Abgrabung der Lehmaufschüttung - zurückgeführt. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer Sanierung der Siloanlagen. Um der Gefahr des Austretens weiterer Flüssigkeiten zu begegnen, seien verschiedene, von der Beschwerdeführerin teilweise dargestellte Maßnahmen angeordnet worden, wie u.a. das Abpumpen der Flüssigkeit. Die abgepumpte Flüssigkeit sei zunächst in Tanks zwischengelagert worden. In der Erwartung, daß nach einiger Zeit eine Entmischung der wäßrigen von der ölhältigen Phase der Flüssigkeit eintreten werde, sei zugelassen worden, daß die wäßrige Flüssigkeit weiterhin im Ziegelerzeugungsprozeß verwendet werde. Diese Erwartung sei jedoch nicht eingetreten. Das Verbot, die abgesaugte Flüssigkeit im Anteigeprozeß zu verwenden, treffe die Beschwerdeführerin als Betreiberin eines Ziegelwerkes, nicht als Betreiberin der Siloanlagen. Weder das Abpumpen, noch das Zwischenlagern, noch der Abtransport und die weitere Zwischenlagerung seien Gegenstand des angefochtenen Bescheides, sondern ausschließlich das Verbot der Verwendung im Anteigeprozeß. Damit fehle der Zusammenhang mit der aufgelassenen Betriebsanlage. Dem bei der Verhandlung vom 15. September 1989 abgegebenen Sachverständigengutachten sei zu entnehmen, daß die Verbrennung von ölhältigen Flüssigkeiten zu einer konkreten Gefährdung für die Gesundheit von Menschen führe. Als evident sei anzusehen, daß bei der Verbrennung von Altöl bei zu niedrigen Temperaturen Dioxine, die als Ultragifte bezeichnet würden, entstünden. Keineswegs stütze sich der angefochtene Bescheid auf die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin zur Altölverbrennung mangels Konzession für die Abfallverwertung nicht berechtigt gewesen sei. Der angefochtene Bescheid übernehme in seiner Begründung weitgehend das Gutachten des chemotechnischen Sachverständigen. Der Auffassung, daß Flüssigkeiten "äußerst geringer Konzentration" an Kohlenwasserstoffen ungefährlich seien, sei entgegenzutreten, schon deshalb, weil eine ständige Probenahme und Anlyse ausgeschlossen sei, weil die Konzentration je nach dem Absaugungsbereich sich ändere und schließlich, weil die abgesaugten Flüssigkeiten der Behälter zusammengelagert worden seien. Die von der Beschwerdeführerin weiter angestrebte Verwendung der Flüssigkeiten im Anteigeprozeß erscheine im übrigen nicht mehr aktuell, weil nach 10 Monaten Absaugezeit Flüssigkeiten nur mehr in untergeordneter Menge anfielen.

Der Beschwerde kommt im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:

Gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen.

Normadressat für Maßnahmen nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 ist der eine gewerbliche Tätigkeit Ausübende oder eine Betriebsanlage Betreibende, wogegen für aufgelassene Betriebsanlagen die Gewerbeordnung in ihrem § 83 eine Spezialnorm vorsieht (vgl. hiezu u.a. die insofern sinngemäß in Betracht kommenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1981, Zl. 04/1259/80, zu § 360 Abs. 2 und 4 in der Fassung vor der Gewerberechts-Novelle 1988). Daraus ergibt sich aber für den vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführerin in bezug auf die dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Maßnahmen gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 eine derartige Stellung zukommen müßte, um sie als Bescheidadressat geeignet erscheinen zu lassen.

Nach den von der belangten Behörde in der Gegenschrift ausdrücklich als vollinhaltlich zutreffend bezeichneten Sachverhaltsdarstellungen im angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. Dezember 1981 die Genehmigung für die Errichtung einer Sondermülldeponie in Form von vier Stahlbetonbehältern auf dem vorbezeichneten Grundstück erteilt, wobei als Auflagenpunkt 6 vorgeschrieben wurde, daß die Beseitigung jeglicher, in den Behältern auftretender oder durch Entwässerung von Schlämmen gewonnener oder sonstiger durch den Betrieb der Metallschlammdeponie bedingter verunreinigter Abwässer ausschließlich und vollständig in der im Projekt angedeuteten Weise zu erfolgen habe. Sie seien im Ziegeleiprozeß als Anteigewasser zu verwenden. Auf die Vorschreibung dieses Bescheides bezogen sich auch ihrem inhaltlichen Abspruch nach die in der Beschwerde dargestellten mündlich verkündeten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, die mit dem dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden erstbehördlichen Bescheid vom 17. August 1989 im dargestellten Umfang "gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 i.V.m. § 360 Abs. 2 GewO 1973" in der in dessen Spruch dargestellten Weise abgeändert wurden.

Daraus ergibt sich sachverhaltsmäßig, daß der erstbehördliche Abspruch im Zusammenhalt mit Vorschreibungen im Genehmigungsbescheid für die Errichtung der Sondermülldeponie durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. Dezember 1981 erfolgte, die aber von der belangten Behörde in der Gegenschrift selbst als bereits aufgelassen bezeichnet wird und in Ansehung deren sich die Beschwerdeführerin mit Stichtag 30. Juni 1989 auf die in der Beschwerde dargestellte Rechtsnachfolge durch die S-Deponie-GesmbH bezog.

Auf Grund der obigen Darlegungen kam aber die Beschwerdeführerin weder als Bescheidadressatin nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 im Falle des Vorliegens einer bereits aufgelassenen Betriebsanlage - für die die Sondervorschrift des § 83 GewO 1973 vorgesehen ist - noch auch als solche bei Nichtzutreffen dieses Umstandes im Falle eines im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits erfolgten Ausscheidens auf Grund tatsächlich eingetretener Nachfolge in Ansehung der bezeichneten Sondermülldeponie in Betracht. Daß aber die verfahrensgegenständlichen verwaltungsbehördlichen Bescheide an die Beschwerdeführerin nicht als Betreiberin der Siloanlagen, sondern als Betreiberin eines Ziegelwerkes ergangen seien - wie dies in der Gegenschrift vorgetragen wird -, ergibt sich weder aus dem dargestellten Abspruch des erstbehördlichen Bescheides noch auch - abgesehen von der durch den erstbehördlichen Bescheid bestimmten "Sachbefugnis" der belangten Behörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 - aus Spruch oder Begründung des angefochtenen Bescheides. In diesem Zusammenhang wird insbesondere darauf hingewiesen, daß abschließend in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich in allgemeiner Form ausgeführt wurde, die Änderung des Spruches sei einerseits dem Konkretisierungsgebot folgend und andererseits deswegen durchgeführt worden, weil gesetzliche Bestimmungen nicht als Auflagen oder Maßnahmen vorzuschreiben seien.

Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid somit schon in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des zu den inhaltlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 360 Abs. 2 GewO 1973 erstatteten Beschwerdevorbringens - das die belangte Behörde laut ihrem Vorbringen in der Gegenschrift im übrigen als nicht mehr aktuell erachtete - bedurfte.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 GewO 1973 abgesehen werden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für "Barauslagen" angesprochenen Betrag, da solche im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040259.X00

Im RIS seit

25.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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