TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/27 89/12/0080

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

BDG 1979 Anl1 VGrA;
BDG 1979 Anl1 VGrB;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 idF 1972/214;
GehG 1956 §30a Abs2 idF 1972/214;

Betreff

N gegen Bundesminister für Finanzen vom 17. Februar 1989, Zl.471201/22-VI/1/88, betreffend Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 31. Oktober 1968 als Beamter der Verwendungsgruppe B in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde zuletzt mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1987 zum Amtsrat (Dienstklasse VI) befördert. Seine Dienststelle ist die Finanzlandesdirektion X, deren Geschäftsabteilung 4 (Bezeichnung ab 15. Jänner 1989 mit geändertem Wirkungsbereich Geschäftsabteilung 6/5) er als Referent zur Dienstleistung zugewiesen ist.

Mit Formularantrag vom 1. Juli 1987 trat die Dienstbehörde des Beschwerdeführers wegen Zustimmung zur Bemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für den Beschwerdeführer an die belangte Behörde heran, die mit Schreiben vom 14. März 1988 die Zustimmung des Bundeskanzleramtes zu dieser Maßnahme beantragte.

Seitens des Bundeskanzleramtes wurde die Zustimmung unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0264, deshalb verweigert, weil - in diesem Falle - für die A-Wertigkeit ausschließlich der Umstand ausschlaggebend gewesen sei, daß die seinerzeitige Beschwerdeführerin auf dem Gebiet der Lohnsteuer zu 80 % Berufungsentscheidungen zu behandeln gehabt habe, während der nunmehrige Beschwerdeführer mit Berufungsentscheidungen zumindest nicht in erheblichem Ausmaß befaßt sei.

Infolgedessen stellte die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 4. Oktober 1988 fest, daß dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Referent in der Geschäftsabteilung 4 eine Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht gebühre. Der Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers wurde in der Begründung dieses Bescheides wie folgt dargestellt:

"Sie sind Referent in der Geschäftsabteilung 4 (Fachabteilung für Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Rechtsmittelabteilung Wertpapiersparen) der Finanzlandesdirektion X. Ihr besonderes Aufgabengebiet ist:

SPEZIALGEBIET: Umsatzsteuer, Abgabe von alkoholischen Getränken und Sonderabgabe von Kreditunternehmungen und von Erdölprodukten,

WEITERS: Einkommensteuer und Gewerbesteuer, Aufhebung von Bescheiden im Aufsichtswege gem. § 299 BAO und Ausarbeitung damit zusammenhängender Gegenschriften an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, Mitwirkung an Inspektionen, Ausarbeitung von Präsidentenbeschwerden gem. § 292 BAO.

Laut dem von Ihnen vorgelegten Arbeitsnachweis für die Zeit vom 1. April 1986 bis 31. März 1987, der von geringfügigen Schwankungen abgesehen auch für die Vorjahre repräsentativ ist, gliedert sich Ihre Gesamtarbeitsleistung wie folgt:

                                               Stück      %

Präsidentenbeschwerden und Gegenschriften        13      8,4 %

Beurteilung von Senatsentscheidungen              2      1,3 %

Bearbeitung von Einschauberichten des Rech-

nungshofes                                        2      1,3 %

Präsidentenkorrespondenz                          2      1,3 %

Bescheidaufhebungen nach § 299 BAO               28     18,1 %

Inspektionen bei Finanzämtern                     4      2,6 %

Dienstaufsichtsbeschwerden                        6      3,9 %

Stellungnahmen an das Bundesministerium

für Finanzen                                     23     14,8 %

Rechtsauskünfte                                  22     14,2 %

Allgemeine Weisungen an Finanzämter (Ver-

fügungen)                                         5      3,2 %

Einzelweisungen an Finanzämter                   32     20,6 %

Diverses                                         16     10,3 %

                                                155    100,0 %"

Die Entscheidung der Dienstbehörde erster Instanz wurde im Sinne der Ausführungen des Bundeskanzleramtes im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer nicht in zumindest erheblichem Ausmaß mit Berufungsentscheidungen befaßt sei, weshalb eine Gleichstellung mit den Rechtsmittelbearbeitern der Finanzlandesdirektionen nicht möglich sei. Mit dem Vorhandensein bestimmter Grundkenntnisse auf mehreren Fachgebieten lasse sich eine der akademischen Ausbildung entsprechende Bildungshöhe nicht begründen. Der vom Beschwerdeführer verrichtete Dienst erfordere solcherart keinen Gesamtüberblick über eine den Gegenstand eines Universitätsstudiums bildende Wissenschaft. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob bei der Bearbeitung einzelner Akten mehr oder minder schwierige Rechtsfragen zu klären seien oder nicht.

In der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wies er insbesondere auf den großen Umfang der ihm obliegenden Aufgaben hin; weiters darauf, daß ihm die Aufhebung von Bescheiden im Aufsichtsweg gemäß § 299 BAO sowie die Ausarbeitung von Präsidentenbeschwerden und von Gegenschriften an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes obliege. Für die Lösung der bei ihm anfallenden Rechtsfragen sei nicht nur eine besondere Kenntnis des Finanzrechtes notwendig, sondern ein Gesamtüberblick über die Rechtswissenschaften vonnöten. Seine Tätigkeit sei in jedem Fall eine zweitinstanzliche und in gewissen Fällen eine letztinstanzliche. Seine Aufgaben seien jedenfalls umfassender als die einer Rechtsmittelbearbeiterin in Lohnsteuerangelegenheiten. Die von ihm zu verfassenden Präsidentenbeschwerden richteten sich gegen die zweitinstanzliche Tätigkeit der Berufungssenate, deren Sachbearbeitern eine der Verwendungsgruppe A zuzuordnende Tätigkeit zuerkannt worden sei. Die Abfassung von Präsidentenbeschwerden könne daher nur A-wertig sein. Des weiteren seien die Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO eine letztinstanzliche Tätigkeit. Gegen diese könne nur Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Nach der vorgelegten Aufstellung machten die Präsidentenbeschwerden und Gegenschriften 8,4 % und die Aufhebungsbescheide 18,1 % der von ihm zu bearbeitenden Akten aus. Insgesamt ergebe dies einen Prozentsatz von 26,5 %, der somit über 25 % liege, sodaß von ihm höherwertige Tätigkeit in einem erheblichen Ausmaß erbracht werde. Aber auch in den übrigen von ihm zu behandelnden Fällen handle es sich zumeist um keine Tätigkeit, die von Bediensteten der Verwendungsgruppe B erbracht werde. Es handle sich dabei um die Beurteilung von Senatsentscheidungen (1,3 %), Bearbeitung von Einschauberichten des Rechnungshofes (1,3 %), Präsidentenkorrespondenz (1,3 %), Inspektionen bei Finanzämtern (2,6 %), Dienstaufsichtsbeschwerden (3,9 %), Stellungnahmen für das Bundesministerium für Finanzen (14,8 %), Rechtsauskünfte (14,2 %), allgemeine Weisungen an Finanzämter (3,2 %) und Einzelweisungen an Finanzämter (20,6 %). Insgesamt ergebe dies eine höherwertige Verwendung von ca. 90 %. Obwohl nicht rechtsentscheidend, sei darauf hinzuweisen, daß eine vergleichbare Tätigkeit in der Finanzverwaltung nur von Bediensteten der Verwendungsgruppe A erbracht werde.

Dieser Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht stattgegeben und in Abänderung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides im Hinblick auf eine zwischenzeitlich erfolgte Organisationsänderung festgestellt, daß der Ausspruch nur für die Zeit bis 15. Jänner 1989 (Inkrafttreten der Organisationsänderung) gelte.

Zur Begründung wird nach zusammengefaßter Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides, der Berufung des Beschwerdeführers, der Rechtslage und der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen weiter ausgeführt, die vom Beschwerdeführer in der Geschäftsabteilung 4 der Finanzlandesdirektion X geleistete Tätigkeit werde im erstinstanzlichen Bescheid dargestellt. Sie übertreffe zweifelsohne die eines Beamten, der einfachere Bescheide genehmige und ausarbeite und umfasse auch die Lösung schwieriger Rechtsfragen. Es handle sich um eine Tätigkeit im Range einer selbständigen und selbstverantwortlichen Arbeit, deren klaglose Bewältigung überwiegend einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetze, wie sie durch die Zurücklegung der als Definitivstellungserfordernis vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und der ebenfalls geforderten Ablegung der Dienstprüfung zu erlangen seien. Die maßgebende Ausbildungs- und Prüfungsvorschrift sei die gemäß § 186 Abs. 2 BDG 1979 in Verbindung mit der Anlage 2 zum BDG 1979 als Bundesgesetz geltende Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 26. November 1974 betreffend die Ausbildung und die Prüfung für den gehobenen Finanzdienst, BGBl. Nr. 37/1975. Nach § 8 Abs. 2 dieser Verordnung umfasse die mündliche Dienstprüfung neben den im § 8 Abs. 2 lit. a des Gehaltsüberleitungsgesetzes angeführten Gegenständen, das seien Österreichisches Verfassungsrecht, Aufbau- und Organisation der österreichischen Behörden und Rechte und Pflichten der Bundesbeamten, folgende Gegenstände:

"1.

Finanzstrafrecht, Bundesabgabenordnung, Abgaben-Exekutionsordnung und die übrigen, bei der zwangsweisen Einbringung von Abgaben anzuwendenden Vorschriften;

2.

die Steuern vom Ertrag, Einkommen und Vermögen, die Umsatzsteuer sowie den Familienlastenausgleich;

3. die Bewertung und die Grundzüge der Bodenschätzung;

4.

das Buchführungs- und Bilanzwesen (einschließlich der Grundzüge der praktischen Kostenrechnung);

              5.              die Gebühren und Verkehrsteuern;

              6.              die Grundzüge des Gesellschaftsrechtes;

              7.              das Kassen-, Zahlungs- und Verrechnungswesen des Bundes;

8.

die Grundzüge des Haushaltswesens sowie der Rechnungskontrolle des Bundes;

9.

die Grundzüge des Finanzausgleiches und die Abgabenteilung."

Die Verwendung des Wortes "Grundzüge" vor einigen der aufgezählten Prüfungsgegenstände zwinge zum Schluß, daß hinsichtlich der anderen Gegenstände eingehende bzw. genauere Kenntnisse vorausgesetzt würden. Die erfolgreiche Ablegung der Dienstprüfung für die Verwendungsgruppe B setze somit jedenfalls genaue Kenntnisse des Abgabenverfahrensrechtes sowie des Abgabenrechtes voraus. Aber auch der Erwerb darüber hinausgehender genauer Kenntnisse von Rechtsvorschriften, die im Rahmen eines Arbeitsgebietes anzuwenden seien, seien dem Absolventen einer höheren Lehranstalt im Rahmen seiner vierjährigen einschlägigen Fachtätigkeit möglich und zumutbar.

Der Aufgabenbereich der Geschäftsabteilung 4 der genannten Finanzlandesdirektion werde im Geschäftsverteilungsplan wie folgt dargestellt:

" AUFGABENBEREICH

Materiellrechtliche Behandlung bestimmter Rechtsgebiete,

Aufhebung von Bescheiden in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO,

Gegenschriften an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof; Vertretung bei mündlichen Verhandlungen

Mitwirkung an Inspektionen,

Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen, Erlaßentwürfen, zu Einschauberichten des Rechnungshofes und des BMF, Gestaltung und Überprüfung von Drucksorten,

Dienstaufsichtsbeschwerden und Stellungnahmen betreffend Volksanwaltschaft hinsichtlich folgender SACHGEBIETE:

veranlagte Einkommensteuer

Gewerbesteuer

(mit Ausnahme der auf dem Gebiete der Lohnsummensteuer teilweise der Geschäftsabteilung 5 zugeteilten Agenden) Umsatzsteuer

Abgabe von alkoholischen Getränken Strukturverbesserungsgesetz und sonstige Sondergesetze Sonderabgabe von Kreditunternehmungen Investitionsprämiengesetz

Sonderabgabe von Erdöl

Zinsertragsteuer

Bausparen

Wertpapiersparen

Kapitalversicherungs-Förderungsgesetz

Ausarbeitung von Präsidentenbeschwerden hinsichtlich folgender

SACHGEBIETE:

veranlagte Einkommensteuer

Gewerbesteuer

Umsatzsteuer

Abgabe von alkoholischen Getränken Strukturverbesserungsgesetz und sonstige Sondergesetze

Entscheidungen über Berufungen hinsichtlich folgenden

SACHGEBIETES:

Wertpapiersparen."

Diese Geschäftsabteilung sei somit im wesentlichen eine Fachabteilung betreffend die Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Das Schwergewicht der Tätigkeit liege in der Fachaufsicht über die nachgeordneten Finanzämter einschließlich der Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO. Im Rahmen dieser Tätigkeit seien neben generellen und individuellen Weisungen an die Finanzämter insbesondere schriftliche, fernmündliche und mündliche Ersuchen um Erteilung von Rechtsauskünften der Finanzämter, der Steuerpflichtigen und der Wirtschaftstreuhänder zu bearbeiten, Inspektionen der Finanzämter durchzuführen und auszuwerten, Berichte an das Bundesministerium für Finanzen, Stellungnahmen zu Beschwerden an die Volksanwaltschaft und Stellungnahmen zu Berichten des Rechnungshofes zu verfassen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen seien Bescheide der Finanzämter in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO aufzuheben und die Finanzämter gleichzeitig zur weiteren Vorgangsweise anzuweisen. Im Falle der Anfechtung des Aufhebungsbescheides seien die Gegenschriften an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu verfassen und sei die belangte Behörde allenfalls in der mündlichen Verhandlung zu vertreten. Gegen die Aufhebungsbescheide stehe ein ordentliches Rechtsmittel nicht zur Verfügung; es handle sich dabei um letztinstanzliche Bescheide, deren Anfechtung nur mehr im Wege einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof möglich sei. Ein wesentlicher Aufgabenbereich sei die Verfassung von Präsidentenbeschwerden gemäß § 292 BAO. Die Berufungsentscheidungen, bei denen die ernannten Mitglieder des Berufungssenates von den entsendeten Mitgliedern überstimmt würden (vgl. § 270 Abs. 3 BAO), würden in der Regel von den Rechtsmittelabteilungen der Geschäftsabteilung 4 zur Prüfung zugeleitet, ob Präsidentenbeschwerde zu erheben sei. Gelange diese nach Studium der Akten zur Auffassung, daß eine derartige zu erheben sei, so sei diese zu verfassen und vor dem Verwaltungsgerichtshof zu vertreten. In den übrigen Finanzlandesdirektionen bestünden keine Geschäftsabteilungen, die mit der Geschäftsabteilung 4 der Finanzlandesdirektion X vergleichbar seien. Die Aufgaben der Fachabteilung seien nämlich jeweils den Rechtsmittelabteilungen zugeordnet, sodaß innerhalb derselben Abteilung Fachabteilungsaufgaben und Rechtsmittel erledigt würden. Wegen der Größe der Finanzlandesdirektion X bestehe innerhalb dieser Finanzlandesdirektion eine Fachabteilung, die nur Fachabteilungsagenden und keine Rechtsmittel zu erledigen habe. In den übrigen Finanzlandesdirektionen würden somit die Fachabteilungsaufgaben von den Rechtsmittelbearbeitern miterledigt.

Der Aufgabenbereich eines Referenten der Geschäftsabteilung 4 entspreche im wesentlichen dem eines Rechtsmittelbearbeiters, dem die Bearbeitung von Rechtsmitteln obliege, über die gemäß § 260 Abs. 2 BAO in Berufungssenaten entschieden werde. Dies treffe insbesondere auf die Kenntnis der Rechtsvorschriften zu, weil zur erfolgreichen Erfüllung der Aufgaben alle Rechtsnormen anzuwenden seien, die auch bei der Bearbeitung von Berufungen auf den Gebieten der Einkommensteuer, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer anzuwenden seien. Es könne daher von Kenntnissen in einem umfassenden Rechtsgebiet gesprochen werden, dem ein hoher Schwierigkeitsgrad zu eigen sei. Dies treffe insbesondere auf die Prüfung der Senatsentscheidungen, die Ausarbeitung von Präsidentenbeschwerden und die Aufhebung von erstinstanzlichen Bescheiden einschließlich der Verfassung allfälliger Gegenschriften an die Höchstgerichte zu. Auf diese Tätigkeiten entfalle nach den unbedenklichen Angaben im erstinstanzlichen Bescheid ein Anteil von insgesamt 27,8 % der Gesamttätigkeit des Beschwerdeführers. Bei der Prüfung von Senatsentscheidungen würden letztinstanzliche Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft, während anläßlich der Aufhebung von Bescheiden gemäß § 299 BAO die Prüfung der Rechtmäßigkeit erstinstanzlicher Bescheide vorangehe. Neben dem reinen Fachwissen auf steuerrechtlichem Gebiet sei zur Erfüllung der Aufgaben und zur Ausübung der Funktion insbesondere die Kenntnis des für das Verfahren vor dem Berufungssenat speziellen Verfahrensrechtes erforderlich. Auf Grund der Tatsache, daß die Geschäftsabteilung 4 über Rechtsfragen verschiedenster Art zu entscheiden habe, sei die Kenntnis der steuerrechtlichen Vorschriften und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen allein nicht ausreichend. Neben den Kenntnissen auf kaufmännischem Gebiet (Buchhaltung, Kalkulation) sei vor allem die Beherrschung der Bestimmungen des ABGB und des Handelsrechtes wesentlich. Aber auch die Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes und anderer Rechtsgebiete (Devisengesetz, Urheberrechtsgesetz etc.) seien für die Entscheidungen vielfach von wesentlicher Bedeutung. Nicht zuletzt sei auch die Kenntnis des Verwaltungsgerichtshofgesetzes und des Verfassungsgerichtshofgesetzes sowie der Bundesverfassung vonnöten. Aber nicht allein die Kenntnis von gesetzlichen Bestimmungen und der hiezu ergangenen Rechtsprechung sei ausschlaggebend für die erfolgreiche Erledigung dieser Aufgaben, sondern auch die Fähigkeit, diese Kenntnisse anzuwenden. Aber auch die Ausarbeitung von Berichten an die belangte Behörde und die Erteilung von Rechtsauskünften sowie die Erlassung von Weisungen an die nachgeordneten Finanzämter erforderten Kenntnisse, die denen eines Rechtsmittelbearbeiters keinesfalls nachstehen dürften. Der Schwierigkeitsgrad dieser Berichte, Rechtsauskünfte und Weisungen sei sicherlich äußerst unterschiedlich: In manchen Fällen sei eine ausführliche Befassung mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem einschlägigen Schrifttum erforderlich, während sich in anderen Fällen eine Erledigung äußerst einfach bewerkstelligen lasse.

Dies treffe aber auch auf die Bearbeitung von Rechtsmitteln zu:

Auch bei diesen reiche das Spektrum von einfachen Entscheidungen bis zu Erledigungen von höchstem Schwierigkeitsgrad.

Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Referent in der dargestellten Geschäftsabteilung sei aber dennoch nicht der Verwendungsgruppe A zuzuordnen. Es fehle seinen Erledigungen nämlich das Merkmal der zweit- und letztinstanzlichen Entscheidung über Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Bescheide. Dieses Merkmal sei in den vom Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom 14. Februar 1984, Zl. 83/12/0055, und vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0264, erledigten Beschwerdeverfahren maßgebend gewesen. Mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf diese Erkenntnisse könne er daher für seinen Standpunkt nichts gewinnen. Eine andere Tätigkeit in einer mit Angelegenheiten des Abgabenrechtes befaßten Fachabteilung einer Finanzlandesdirektion sei der Verwendungsgruppe A nicht zuzuordnen, auch wenn sie die Befassung mit schwierigen Rechtsfragen erfordere.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides legt die belangte Behörde dann dar, daß durch eine ab 15. Jänner 1989 wirksame Organisationsänderung die Geschäftsabteilung 4 die Bezeichnung "Geschäftsabteilung 5/6" trage und nun auch für die Rechtsmittelbearbeitung zuständig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, keine Gegenschrift erstattet und keinen Gegenantrag gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24.-Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung ist die Verwendungszulage mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört; sie darf drei Vorrückungsbeträge nicht übersteigen. Die Bemessung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen.

Der Verwendungsgruppe A sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. für den Bereich der Abgabenverwaltung des Bundes die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1982, Zl. 82/12/0045, vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0055, und insbesondere vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0264) nur Dienste zuzurechnen, für die im allgemeinen eine abgeschlossene Hochschulbildung Voraussetzung ist. Besteht die zu beurteilende Tätigkeit in der Anwendung von Rechtsvorschriften, so dürfen die Rechtsfragen, die der Beamte zu lösen hat, nicht bloß einem ganz kleinen Rechtsgebiet angehören, sondern muß für ihre Lösung ein Gesamtüberblick über die Rechtswissenschaft erforderlich sein.

In dem bereits genannten Erkenntnis vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0055, hat der Verwaltungsgerichtshof die Tätigkeit der damaligen Beschwerdeführerin als Rechtsmittelreferentin und ernanntes Mitglied eines Berufungssenates der Finanzlandesdirektion X als A-wertig beurteilt. In dem zuletzt genannten Erkenntnis vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0264, auf das sich der Beschwerdeführer insbesondere bezieht, hat der Verwaltungsgerichtshof die Tätigkeit der damaligen Beschwerdeführerin als Sach- und Rechtsmittelreferentin auf dem Gebiet der Lohnsteuer, jedenfalls insofern sie Berufungsentscheidungen auszuarbeiten hatte, als A-wertig beurteilt. Maßgebend hiefür war, daß hinsichtlich der Entscheidungsfindung zwischen dem Kollegialorgan Berufungssenat im Verhältnis zu monokratischen Entscheidungen kein für das Wissen und damit für die Wertigkeit im Sinne des § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 entscheidender Unterschied besteht und das Lohnsteuerrecht nicht bloß als kleines Rechtsgebiet bezeichnet werden kann.

Die belangte Behörde räumt selbst in der Begründung des angefochtenen Bescheides (in Übereinstimmung damit auch das Beschwerdevorbringen) ein, daß der Aufgabenbereich des Beschwerdeführers im wesentlichen dem eines Rechtsmittelbearbeiters entspricht und legt dar, daß dies insbesondere auf die erforderlichen Kenntnisse der Rechtsvorschriften in Verbindung mit der Prüfung der Senatsentscheidungen, die Ausarbeitung von Präsidentenbeschwerden und die Aufhebung von erstinstanzlichen Bescheiden einschließlich der Verfassung allfälliger Gegenschriften an die Höchstgerichte und damit jedenfalls auf einen erheblichen Anteil der Gesamttätigkeit des Beschwerdeführers zutrifft. Neben der profunden Kenntnis des gesamten Abgabenrechtes und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sowie neben Kenntnissen auf kaufmännischem Gebiet (nur solche Kenntnisse werden im Rahmen der Grundausbildung vermittelt) ist vor allem die Beherrschung der Bestimmungen des ABGB und des Handelsrechtes, aber auch des Sozialversicherungsrechtes und anderer von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides genannter Rechtsgebiete, deren Vermittlung nicht im Rahmen der Grundausbildung erfolgt, von wesentlicher Bedeutung.

Ausgehend von diesen Überlegungen, aus denen sich ergibt, daß der Beschwerdeführer nicht bloß in unerheblichem Umfang und nicht bloß auf einem kleinen Rechtsgebiet Ausarbeitungen vorzunehmen hat, die ihrem Inhalt nach letztinstanzlichen bzw. Berufungsentscheidungen gleichzuhalten sind, zeigt sich, daß die von der belangten Behörde gezogene, der nicht näher begründeten Auffassung des Bundeskanzleramtes Rechnung tragende, Schlußfolgerung (nämlich daß der Anspruch des Beschwerdeführers mangels des Merkmales seiner Erledigungen als zweit- und letztinstanzliche Entscheidungen über Rechtsmittel) auf einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung beruht. Den genannten Vorerkenntnissen (vgl. insbesondere das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom 14. Dezember 1987) darf nicht die Rechtsauffassung unterstellt werden, daß ein Anspruch auf Verwendungszulage im Sinne des § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 NUR bei der Bearbeitung von Rechtsmitteln gegeben sein könne.

Der angefochtene Bescheid mußte aus den vorher dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des Art. III der genannten Verordnung. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers für Umsatzsteuer war abzuweisen, weil im Rahmen des pauschalierten Schriftsatzaufwandes ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 17. April 1985, Zl. 83/01/0314). Ebenso war das Mehrbegehren an Stempelgebühren für eine überzählige Beschwerdeausfertigung nicht anzuerkennen.

Soweit in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes nicht veröffentliche Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989120080.X00

Im RIS seit

16.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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