TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/3 90/02/0055

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §18 Abs3 idF 1976/412;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Februar 1990, Zl. MA 70-10/1359/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "am 20.4.1988, um 07.43 Uhr, in Wien 3., Rennweg - Kreuzung Boerhaavegasse als Lenker d. Straßenbahn der Linie 71, Triebwagen Nr. 4769 bzw. Anhänger 1187, obwohl die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße reichte, nicht so angehalten, daß der Verkehr auf der Querstraße nicht behindert wird". Dadurch habe er eine Übertretung nach § 18 Abs. 3 StVO 1960 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Erstzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, mitgeteilt, daß auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet werde, und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 3 StVO 1960 haben die Lenker von Fahrzeugen, wenn auf demselben Fahrstreifen die Lenker hintereinanderfahrender Fahrzeuge anhalten und die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße zurückreicht, ihre Fahrzeuge so anzuhalten, daß der Verkehr auf der Querstraße nicht behindert wird.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer mit dem von ihm gelenkten Straßenbahnzug in die Kreuzung eingefahren sei und wegen der vor ihm auf den Schienen anhaltenden Kraftfahrzeuge diese nicht habe durchfahren können, sodaß der Anhänger des Straßenbahnzuges in der Kreuzung zum Stehen gekommen sei und den Querverkehr (in Gestalt eines Abbiegeverkehrs) behindert habe. Diese Sachverhaltsannahme wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Er behauptet aber, daß sein Verhalten nicht unter § 18 Abs. 3 StVO 1960 subsumiert werden könne. Die auf den Schienen anhaltenden Fahrzeuge hätten nicht bis zur Querstraße zurückgereicht.

Bei Auslegung des § 18 Abs. 3 StVO 1960 ist primär von der dieser Bestimmung zugrundeliegenden Zielsetzung auszugehen, eine Behinderung des Querverkehrs durch anhaltende Fahrzeuge zu verhindern. Diese Bestimmung verpflichtet einen sich einer Kreuzung nähernden Fahrzeuglenker, sich schon vor Erreichen der Kreuzung davon zu vergewissern, daß er diese zur Gänze überqueren können werde, m.a.W. daß ein allfälliges Anhalten erst nach Verlassen der Kreuzung mit der gesamten Fahrzeuglänge (samt Anhänger) erfolgen werde. Dieses Gebot hat der Beschwerdeführer objektiv verletzt.

Nach den im wesentlichen auf die Zeugenaussage des Meldungslegers, eines Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien, gestützten Feststellungen der belangten Behörde war es für den Beschwerdeführer schon vor Einfahren in die Kreuzung erkennbar, daß er sie mit dem von ihm gelenkten Straßenbahnzug nicht zur Gänze werde durchfahren können, weil auf den Schienen vor der nächsten Kreuzung bereits so viele Fahrzeuge angehalten hatten, daß vom letzten Fahrzeug bis zu der in der Folge verstellten Kreuzung zu wenig Platz für den ganzen Straßenbahnzug verblieb. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, daß - worauf der Beschwerdeführer an sich zutreffend hinweist - dem Verwaltungsstrafakt nicht eindeutig entnehmbar ist, wie groß der Abstand vom letzten auf den Schienen anhaltenden Fahrzeug bis zur Kreuzung war und ob demnach die Behinderung (nur) durch den Beiwagen oder (auch) durch den Triebwagen bewirkt wurde. Auch die diesbezüglichen Verfahrensrügen des Beschwerdeführers sind daher unbegründet, weil allfällige Verfahrensmängel, insbesondere Aktenwidrigkeiten, nicht wesentlich wären.

In der Frage des Verschuldens hält der Beschwerdeführer seine im Verwaltungsstrafverfahren aufgestellte Version, es hätten im Zuge des Überquerens der Kreuzung zwei Pkw's überraschend den Straßenbahnzug rechts überholt und sich noch vor diesem auf den Schienen eingeordnet, nicht aufrecht. Diese

- im Falle ihrer Richtigkeit den Beschwerdeführer tatsächlich entlastende - Version wurde auch vom Meldungsleger als Zeuge dezidiert verworfen; alle auf den Schienen vor dem Straßenbahnzug anhaltenden Fahrzeuge seien demnach schon vor dem Einfahren des Straßenbahnzuges in die Kreuzung auf den Schienen gestanden. Aus diesem Grunde gehen auch die Hinweise des Beschwerdeführers auf die geringe Bremsverzögerung bei Straßenbahnen ins Leere.

Ebenso ins Leere gehen die rechtspolitischen Ausführungen des Beschwerdeführers über das Verhältnis von Straßenbahnverkehr zum Individualverkehr.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020055.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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