TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/11 90/06/0064

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Veröffentlicht am 11.10.1990
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art18 Abs3 Z9;
ROG Tir 1984 §16b Abs3;
ROG Tir 1984 §16b;
ROG Tir 1984 §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde A gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Oktober 1989, Zl. Ve-546-278/58, betreffend Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde gemäß den §§ 28 und 26 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG) dem Beschluß des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 19. Juni 1989 auf Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich der Grundparzellen 16/16, 16/2, 929/1, 916, 13, 913 und 14/2, alle KG X, sowie der Grundparzelle 387/1, der KG Y, bezüglich der Umwidmung in "Gewerbe- und Industriegebiet" die aufsichtsbehördliche Genehmigung (Punkt 1 des Bescheides), versagte jedoch gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 4 lit. f TROG die aufsichtsbehördliche Genehmigung bezüglich der Umwidmung in "Sonderfläche Einkaufszentrum" (Punkt 2). Zum versagenden Teil führte die belangte Behörde begründend an, daß nach § 16 b Abs. 3 TROG vom Gemeinderat Sonderflächen für Einkaufszentren nur insoweit gewidmet werden dürften, als in einem Entwicklungsprogramm bestimmt sei, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der Gemeinde zulässig sei. Nach § 26 Abs. 4 lit. f TROG sei die Genehmigung für einen Flächenwidmungsplan bzw. eine Flächenwidmungsplanänderung zu versagen, wenn im Flächenwidmungsplan Sonderflächen für Einkaufszentren gewidmet seien, ohne daß in einem Entwicklungsprogramm bestimmt sei, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der betreffenden Gemeinde zulässig sei. Da für das Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde ein Entwicklungsprogramm über die Zulässigkeit von Sonderflächen für Einkaufszentren nicht bestehe, sei dieser Flächenwidmungsplanänderung die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen. Den Einwendungen der Gemeinde, daß die Landesregierung schon lange ein Entwicklungsprogramm hätte erlassen müssen, komme angesichts der dargelegten Rechtslage keine Bedeutung zu. Ausschlaggebend sei lediglich, ob ein entsprechendes Entwicklungsprogramm vorliege oder nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gemeinde zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 26. Februar 1990, B 1486/89, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dabei verwies er auf seine ständige Rechtsprechung (etwa VfSlg. 11.163/1986, sowie die Erkenntnisse vom 2. März 1988, B 816/86, vom 5. März 1988, B 890/86, und vom 11. Oktober 1988, V 59/87).

In ihrer Beschwerdeergänzung beantragte die beschwerdeführende Gemeinde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Gemeinde erachtet sich vor allem in ihrem Recht auf Erlassung von Flächenwidmungsplänen auch mit der Widmung "Sonderfläche" (§ 16 b TROG) in ihrem Recht auf Wahrung der Gemeindeautonomie verletzt.

Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, dürfen Sonderflächen für Einkaufszentren nur im Bauland und nur insoweit gewidmet werden, als in einem Entwicklungsprogramm bestimmt ist, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der betreffenden Gemeinde zulässig ist. Derartige Entwicklungsprogramme hat die Landesregierung gemäß § 4 leg. cit. zu erlassen und darin unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Bestandaufnahmen jene Ziele und Grundsätze sowie die zu ihrer Verwirklichung dienenden Maßnahmen festzulegen, die für die geordnete Entwicklung des Planungsgebietes im Sinne der Ziele der ÜBERÖRTLICHEN RAUMORDNUNG erforderlich sind.

Nach den gemäß § 28 Abs. 3 grundsätzlich auch für Änderungen des Flächenwidmungsplanes anzuwendenden Verfahrensbestimmungen des § 26 TROG ist der vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungsplan (bzw. die Änderung) der Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen. Nach § 26 Abs. 4 lit. f ist die Genehmigung zu versagen, wenn im Flächenwidmungsplan Sonderflächen für Einkaufszentren gewidmet sind, ohne daß in einem Entwicklungsprogramm bestimmt ist, daß eine dieser Widmung entsprechende Verwendung von Grundflächen in der betreffenden Gemeinde zulässig ist.

In der Beschwerde wird nun keineswegs bestritten, daß ein von der Landesregierung zu erlassendes Entwicklungsprogramm als Voraussetzung für die Widmung einer Sonderfläche für Einkaufszentren nicht vorliegt, sondern abgesehen von Bedenken gegen die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen lediglich vorgebracht, daß die belangte Behörde "materiell-rechtliche Gründe" für die Versagung nicht angeführt habe, sodaß es notwendig sei, diese Gründe aus den "Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung des § 1 Abs. 2" zu entnehmen.

Damit verkennt die beschwerdeführende Gemeinde die Rechtslage. Setzt eine bestimmte Widmung in einem von der Gemeinde zu erlassenden Flächenwidmungsplan ein Entwicklungsprogramm der Landesregierung voraus, so ist es bedeutungslos, aus welchen Gründen die Landesregierung ein derartiges Programm in dem Bereich, in dem die beschwerdeführende Gemeinde liegt, noch nicht erlassen hat, und ob eine Erlassung möglich wäre bzw. ob in einem solchen Programm ein Einkaufszentrum in dieser Gemeinde für erforderlich gehalten wird. Selbst wenn die Landesregierung rechtswidrig mit der Erlassung eines derartigen Entwicklungsprogrammes säumig wäre, gibt die Bundesverfassung weder einzelnen Personen noch Gebietskörperschaften einen Rechtsbehelf dagegen.

Da der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach das Vorsehen von Einkaufszentren wegen des weit über eine Gemeinde hinausgehenden Einzugsgebietes der überörtlichen Planung zugewiesen hat, bestehen keine Bedenken gegen § 16 b Abs. 3 TROG. Der Verwaltungsgerichtshof hat wohl von sich aus die Frage aufgeworfen, ob die Vorschaltung einer Verordnung der Landesregierung im Zusammenhang mit § 16 b Abs. 3 TROG ganz allgemein zu einer Verhinderung von Einkaufszentren führen könnte, sodaß in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken auftreten könnten. Die belangte Behörde hat jedoch in ihrer Gegenschrift eine Reihe von Entwicklungsprogrammen aufgezeigt, die auch Einkaufszentren vorsehen, sodaß damit alle denkbaren Verdachtsmomente ausgeräumt sind.

Da die belangte Behörde bei Prüfung der von der Gemeinde beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes im Aufsichtsweg an die aufgezeigten gesetzlichen Vorschriften gebunden ist, durfte sie gar nicht prüfen, ob ein Entwicklungsprogramm eine Sonderfläche für Einkaufszentren im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde hätte vorsehen dürfen oder nicht; insofern gehen alle Ausführungen der beschwerdeführenden Gemeinde auch in bezug auf behauptete Verfahrensmängel ins Leere.

Da die belangte Behörde in dem eingangs umschriebenen Umfang damit zu Recht die Genehmigung versagt und dadurch nicht in Rechte der beschwerdeführenden Gemeinde eingegriffen hat, war deren Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990060064.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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