TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/11 90/06/0091

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Veröffentlicht am 11.10.1990
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Index

96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

BStG 1971 §17 idF 1983/063;
BStG 1971 §4 Abs1 idF 1983/063;
BStG 1971 §7 idF 1983/063;
BStG 1971 §7a idF 1983/063;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Februar 1990, Zl. 890.674/8-VI/12a-89, betreffend Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Bund- Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Steiermark), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem Inhalt des vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 31. Mai 1989 wurde nach den §§ 17 bis 20 des Bundesstraßengesetzes 1971 (BStG) für die Herstellung der Pyhrn Autobahn im Baulos n "X" ein Teilstück von 1.000 m2 aus dem Grundstück Nr. 368/2, KG Y, EZ 19, samt dem darauf befindlichen Bestand dauernd, sowie eine 7 m2 große Teilfläche desselben Grundstückes vorübergehend während der Bauzeit nach durchgeführter mündlicher Verhandlung enteignet. Dabei hatte der Beschwerdeführer vor der unterbrochenen und erst am 11. Mai 1987 fortgesetzten Verhandlung rechtzeitig schriftlich Einwendungen erhoben, die als nicht zutreffend angesehen wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Enteignungsbescheid keine Folge und bestätigte diesen. Begründend führte sie aus, daß nach den Ergebnissen des von der belangten Behörde durchgeführten Verfahrens die Notwendigkeit der vorgenommenen Enteignung gegeben sei. Die Trasse der A 9 Pyhrn Autobahn im Bereich von Autobahnkilometer r bis Autobahnkilometer s sei im gegenständlichen Bereich gemäß § 4 BStG eindeutig festgelegt worden. Die Rechtmäßigkeit und verfassungsmäßige Unbedenklichkeit dieser Verordnung sei vom Verfassungsgerichtshof in dessen Erkenntnis vom 20. Juni 1989, V 118/88-30, V 9/89-15, ausdrücklich bestätigt worden. Mit dieser Verordnung sei aber auch der Auftrag des Gesetzgebers an die zur Herstellung des Autobahnabschnittes berufene Stelle zur Realisierung des von der Verordnung erfaßten Bauvorhabens verbunden. Soweit also in der Berufung bzw. in den Stellungnahmen die Notwendigkeit der Enteignung allenfalls auch hinsichtlich des Zeitpunktes der Enteignung in Abrede gestellt werde, sei diese Entscheidung der Ingerenz der Berufungsbehörde entzogen. Die Notwendigkeit der Baudurchführung in zeitmäßiger Hinsicht ergebe sich schon daraus, daß es nicht zu vertreten sei, ein bereits begonnenes Straßenbauvorhaben von einer derartigen Dimension nicht zügig fortzusetzen, um es der Bestimmung, deretwegen die Festlegung der Trasse erfolgt sei, zuzuführen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch ihre Behandlung mit Beschluß vom 22. Juni 1990, B 466/90, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dabei verwies er auch auf seine Entscheidungen V 118/88 und V 9/89 vom 20. Juni 1989 sowie V 10 u.a./89 vom 26. September 1989.

In seiner Beschwerdeergänzung beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften insbesondere wegen Ergänzungsbedürftigkeit in wesentlichen Punkten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 7 BStG 1971 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 sind Bundesstraßen derart zu planen, zu bauen und zu erhalten, daß sie nach Maßgabe und bei Beachtung der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften von allen Straßenbenützern unter Bedachtnahme auf die durch die Witterungsverhältnisse oder durch Elementarereignisse bestimmten Umstände ohne Gefahr benützbar sind; hiebei ist auch auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.

Nach § 4 Abs. 1 leg. cit. hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 7 und 7a die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz und die Umweltverträglichkeit nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges sowie unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Anhörung (Abs. 3 und 5) den Straßenverlauf im Rahmen der durch Festlegung der Straßenachse durch Verordnung zu bestimmen.

Gemäß § 17 BStG 1971 kann für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten das Eigentum an Liegenschaften ... im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden.

Unter Hinweis auf eine größere Zahl verschiedenartigster Gutachten, Diskussionen, Kommentare und dgl. versucht der Beschwerdeführer darzutun, daß die Bewältigung des Verkehrs auf dem Schienenweg sowohl wirtschaftlich als auch hinsichtlich der Emissionen günstiger sei als der Bau von Autobahnen. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit wurde vor allem darauf hingewiesen, daß auch ökologische und soziale Kosten hätten untersucht und berücksichtigt werden müssen. Der Beschwerdeführer muß zwar zugestehen, daß mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1989 der Antrag auf Aufhebung der Trassenverordnung abgewiesen worden war, er vertritt jedoch die Ansicht, daß damit noch nichts über den Zeitpunkt der Realisierung der Verordnung ausgesagt worden sei.

Diesen Überlegungen kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Zunächst liegt es keineswegs im Belieben der Bundesstraßenverwaltung, den Bau von im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Straßen, für die noch dazu bereits eine rechtswirksame Trassenverordnung vorliegt, hinauszuschieben, da dies letztlich auf eine Prüfung von Gesetz oder Verordnung hinausliefe, die Verwaltungsorganen nicht zusteht. Daher muß - jedenfalls bei Anwendung des Bundesstraßengesetzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 159/1990, die hier noch nicht anzuwenden ist - davon ausgegangen werden, daß nach den gegebenen wirtschaftlichen Möglichkeiten die vorgesehenen Straßenprojekte EHESTENS durchzuführen sind.

Darüber hinaus kann auch den theoretisierenden Überlegungen über die Zweckmäßigkeit des Baues von Autobahnen anstelle(?) der Erweiterung des Bahnbetriebes gerade im konkreten Fall nicht beigetreten werden. Alle Berufungen auf Gutachten, die - mögen sie auch grundsätzlich zutreffen - die konkrete Situation an der "Gastarbeiterstrecke", um die es sich hier handelt, außer Betracht lassen, gehen an der notorischen Tatsache vorbei, daß die zu sanierende Strecke zu den unfallträchtigsten Straßenstücken Österreichs gehört. Dem Gerichtshof scheint es unverantwortlich, auf Grund allgemein verkehrspolitischer Ziele, die auch auf andere Weise als durch mangelhaften Ausbau von Straßen erreicht werden können, weiterhin die große Zahl von Verletzten und Toten auf dieser Strecke in Kauf zu nehmen. So stellt es einen Mißbrauch von Statistiken dar, auf die "durchschnittliche" Verkehrsbelastung der vorhandenen Straßen abzustellen, die sich naturgemäß aus einer Nichtbenützung zu bestimmten Zeiten und einer übermäßigen Inanspruchnahme zu anderen Zeiten ergibt. Schließlich vermag der Gerichtshof nicht einzusehen, was die Frage der Rentabilität von Straßenbaugesellschaften (anstelle der unmittelbaren Errichtung von Straßen durch die dazu berufenen Gebietskörperschaften) mit der Frage der Notwendigkeit der Errichtung einer mehrspurigen und daher sichereren Straßenverbindung als die bisher bestehende zu tun hat. Dazu kommt noch, daß ja Teilstücke der Autobahn bereits bestehen und der häufige Wechsel zwischen ausgebauten Autobahnstücken und dazwischenliegenden Engstücken der Bundesstraßen naturgemäß eine zusätzliche Unfallgefahr mit sich bringt.

Da sich bereits aus den Ausführungen der Beschwerde ergibt, daß die belangte Behörde im Rechtsmittelweg die Enteignung zu Recht ausgesprochen und den Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt hat, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990060091.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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