TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/30 90/04/0201

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Index

L71098 Automatenverkauf Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AutomatenverkaufsV Dornbirn 1982 Z1;
AVG §5;
GewO 1973 §367 Z15;
GewO 1973 §52 Abs4;
VStG §27 Abs1;
VStG §29a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. Mai 1990, Zl. VIb-205/48-1983, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1974, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das Amt der Stadt Dornbirn richtete am 10. Jänner 1989 eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, in welcher geltend gemacht wird, die "Firma N" habe in der A-Straße - B-Straße - in Dornbirn an der Nordseite des Hauses Nr. X in unmittelbarer Nähe der Schule in der C-Straße - 90 m von dieser Schule entfernt - einen dreiteiligen Süßigkeitsautomaten (Kaugummi) öffentlich aufgestellt. Dieser Automat sei am 9. Jänner 1989 um 15.00 Uhr in einem Teil betriebsbereit und gefüllt gewesen. Diese Anzeige trat die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am 16. Jänner 1989 an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann i.P. "gemäß § 29a bzw. § 27 Abs. 1 VStG 1950 urschriftlich" ab. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann i.P. stellte mit Schreiben vom 19. Jänner 1989 diese Strafanzeige der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn "unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurück, da im Gegenstand durch die Übertragung der Durchführung des Strafverfahrens gemäß § 29a VStG 1950 an die Wohnsitzbehörde das Verfahren nicht wesentlich vereinfacht und beschleunigt" werde. Es seien noch eine Konkretisierung des Tatzeitraumes und Erhebungen bezüglich des tatsächlichen Betriebes (nicht nur des Vorhandenseins) des (der) Automaten durchzuführen, was eine Befassung der Tatbehörde erforderlich erscheinen lasse.

Daraufhin richtete die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann i.P. folgendes Schreiben:

"Die BH Dornbirn vertritt die Ansicht, daß die verfahrensgegenständliche Anzeige sehr wohl einen konkreten Tatzeitpunkt sowie einen eindeutigen Hinweis über das tatsächliche Betreiben der betreffenden Automaten enthält. Ihr bereits erwähntes Schreiben wird trotzdem zur Kenntnis genommen. Die BH Dornbirn wird deshalb das Strafverfahren gegen den Verantwortlichen der Fa. N selbst durchführen ...."

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erließ die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn das Straferkenntnis vom 14. Juni 1989, mit welchem der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, am 9. Jänner 1989 im Rahmen seiner "Firmentätigkeit" ("Fa. N, Einzelhandel mit Waren aller Art Z 149") am Standort Dornbirn, an der nördlichen Seite des Hauses Nr. X in einer Entfernung von 90 m von der Schule C-Straße gewerbliche Tätigkeiten mittels Warenverkaufsautomaten (dreiteiliger Süßwaren-/Kaugummiautomat) ausgeübt zu haben, obwohl dies an dem betreffenden Standort auf Grund der Z. 2 der Verordnung der Stadt Dornbirn vom 22. Oktober 1982 verboten sei. Anläßlich einer an diesem Tag durchgeführten überprüfung sei festgestellt worden, daß zumindest einer der betreffenden Automaten gefüllt und betriebsbereit gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 in Verbindung mit der Z. 1 der Verordnung der Stadt Dornbirn vom 22. Oktober 1982 begangen, weshalb über ihn gemäß § 367 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 10 Tage) verhängt wurde.

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 23. Mai 1990 keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer deshalb, weil er gewerbliche Tätigkeiten mittels eines Süßwarenautomaten ausgeübt habe, obwohl dies gemäß Z. 1 der Verordnung der Stadt Dornbirn vom 22. Oktober 1982 verboten sei, bestraft werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter anderem vor, nach Übertragung des Strafverfahrens nach § 29a VStG 1950 durch die Erstbehörde sei ein weiteres Tätigwerden dieser Behörde ausgeschlossen, weshalb "das gegenständliche Verfahren insoweit bereits rechtswidrig ist, als erneut die Erstbehörde im gegenständlichen Verfahren tätig geworden ist; insbesondere auch deshalb, weil eine entsprechende Rückübertragung tatsächlich auch nicht stattgefunden hat".

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 ist zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Nach § 29a leg. cit. kann, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, die zuständige Behörde die Durchführung des Strafverfahrens oder des Strafvollzuges auf eine andere sachlich zuständige Behörde übertragen, und zwar hinsichtlich des Strafverfahrens nur an jene sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, hinsichtlich des Strafvollzuges nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde. In den Angelegenheiten der Landesverwaltung kann das Strafverfahren überdies nur auf eine Behörde im selben Bundesland übertragen werden.

Mit der Übertragung der Durchführung eines Strafverfahrens an die Behörde am Wohnsitz (Aufenthalt) des Beschuldigten endet die Zuständigkeit der übertragenden Behörde in diesem Strafverfahren. Die Rückübertragung des Strafverfahrens durch die Behörde am Wohnsitz des Beschuldigten (Bezirkshauptmannschaft St. Johann i.P.) konnte im vorliegenden Fall einen Übergang der Zuständigkeit zurück an die übertragende Behörde (Bezirkshauptmannschaft Dornbirn) deshalb nicht bewirken, weil diese auf der Rechtmäßigkeit der Übertragung beharrte. Es lag daher ein negativer Kompetenzkonflikt vor, zu dessen Lösung nur der in § 5 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) vorgezeichnete Weg offensteht. Daran vermag der Umstand, daß sich die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ungeachtet ihrer anders lautenden Rechtsansicht zur Fortführung des Strafverfahrens bereit erklärte, nichts zu ändern, weil Fragen der Zuständigkeit nicht der Disposition der Behörden unterliegen.

Da der Weg des § 5 AVG 1950 im vorliegenden Fall bisher nicht beschritten wurde, ist die am 16. Jänner 1989 erfolgte Übertragung der Durchführung der Strafsache an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann i.P., in deren Sprengel der Beschwerdeführer unbestritten seinen Wohnsitz hat, weiterhin aufrecht, weshalb ab diesem Zeitpunkt der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn keine Zuständigkeit zur Durchführung dieses Strafverfahrens mehr zukam.

Da die belangte Behörde dies verkennend es unterließ, im angefochtenen Bescheid die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zur Erlassung des erstbehördlichen Straferkenntnisses aufzugreifen und die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis materiell erledigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040201.X00

Im RIS seit

30.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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