TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0195

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.1990
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
25/01 Strafprozess;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art131a;
EGVG Art5;
StPO 1975 §139 Abs2;
StPO 1975 §140;
StPO 1975 §142 Abs1;
StPO 1975 §177;
StPO 1975 §24;
VStG §25;
VStG §35;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann,

Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im

Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des A gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 16. Mai 1987 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Lienz, gelegen in einer Personsdurchsuchung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem durch die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, die durch den Verfassungsgerichtshof eingeholten Akten der belangten Behörde, die Akten des Landesgerichtes Innsbruck 24 Vr 1880/87 und die von der belangten Behörde im verfassungsgerichtlichen Verfahren erstattete Gegenschrift belegten Beschwerdevorbringen steht folgender Sachverhalt unbestritten fest.

Der Beschwerdeführer, ein in Deutschland wohnhafter deutscher Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 14. August 1987 des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 16. Mai 1987 in Lienz der B dadurch, daß er sie festhielt und aus ihrer Manteltasche zwei Geldscheine im Wert von zusammen S 150,-- entnahm, mit Gewalt gegen deren Person mit Bereicherungsabsicht fremde bewegliche Sachen weggenommen hat, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an Sachen geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Das Landesgericht verhängte über ihn eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Die gegen dieses Urteil vom Beschwerdeführer ergriffenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.

Ebenso blieb die Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß Art. 144 B-VG gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 16. Mai 1987 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Lienz betreffend seine Festnahme, darauffolgende Anhaltung und Personsdurchsuchung ohne Erfolg. Mit Erkenntnis vom 24. September 1990, B 638/87, wies der Verfassungsgerichtshof diese Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG, soweit sie sich gegen die Personsdurchsuchung richtete, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber ab, ob der Beschwerdeführer in sonstigen Rechten verletzt wurde.

Der Beschwerdeführer macht in seinem Vorbringen an den Verwaltungsgerichtshof als Beschwerdepunkte geltend, er sei in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, "daß eine Personendurchsuchung ihm gegenüber nur vorgenommen werden darf, wenn ein richterlicher Befehl hiezu vorliegt und sogleich oder doch binnen 24 Stunden übergeben bzw. zugestellt wird, sowie in seinem Recht, daß eine Personendurchsuchung nicht durchgeführt werden darf, sofern das Gesuchte freiwillig herausgegeben wird."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die unbestrittenermaßen nach seiner Verhaftung durchgeführte Durchsuchung der Person des Beschwerdeführers durch Sicherheitsorgane der belangten Behörde stellt sich als unmittelbare Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Bei der Durchsuchung von Kleidern festgenommener oder verhafteter Personen und der daran anschließenden Abnahme von Effekten handelt es sich um einen aus dem besonderen Gewaltverhältnis über derartige Personen den Sicherheitsbedürfnissen nach Vermeidung von Gefahren von dem Festgenommenen (etwa Selbstbeschädigung), aber auch von Gefahren für die während der Haft mit ihm in Berührung kommenden Personen notwendigen organisatorischen Akt, der nicht den strafprozessualen Regeln über die Personsdurchsuchung unterliegt. Sie hat ihre Rechtsgrundlage, wie der Oberste Gerichtshof schon mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1930, SSt 10 Nr. 77, ausgesprochen hat, in der Verordnung des Justizministers vom 19. November 1983, RGBl. Nr. 152 (richtig § 24 Z. 2). Diese Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofes, wird auch von der Lehre (vgl. Foregger-Serini StPO4, S 175 f) und vom Verwaltungsgerichtshof geteilt (vgl. Erkenntnis vom 25. Oktober 1982, Slg. NF Nr. 10870/A). Nach dem zuletzt zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Personsdurchsuchung nach der Verhaftung um eine dem Begriff der Festnahme innewohnende Folgemaßnahme, die keiner weiteren Rechtfertigung bedarf.

Da, wie vom Verfassungsgerichtshof festgestellt, die Festnehmung des Beschwerdeführers im Gesetz begründet war, entsprach auch die ihr folgende Durchsuchung der Person des Beschwerdeführers dem Gesetz. Demgegenüber vermögen die Beschwerdeausführungen eine Rechtswidrigkeit vorliegendenfalls nicht aufzuzeigen. Selbst wenn der Beschwerdeführer nach seiner Verhaftung die geraubten Geldscheine vor der Durchsuchung seiner Person den Organen der Sicherheitsbehörde übergeben haben sollte, wie er behauptet, ist daraus keine Rechtswidrigkeit der Durchführung der bekämpften Maßnahme abzuleiten.

Zur Behauptung des Beschwerdeführers, die Personsdurchsuchung wäre deshalb rechtswidrig gewesen, weil sie sich nicht auf einen richterlichen Befehl stützen konnte, ist im übrigen auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen.

Zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde ist festzustellen, daß die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Sicherheitswacheorgan jener Behörde zuzurechnen ist, in deren Vollziehungsgewalt sie gehandhabt wurde. Im Gegenstand wurden die Organe der Bundesgendarmerie in Ausübung der Vollziehungsgewalt der Bezirkshauptmannschaft Lienz tätig, wie sich insbesondere auch aus dem in dieser Sache ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 1990, B 638/87, eindeutig ergibt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde, in dem Umfang, in dem sie an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten worden ist, erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, mußte die Beschwerde gemäß § 35 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010195.X00

Im RIS seit

05.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten