TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/20 90/11/0094

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Veröffentlicht am 20.11.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §52;
AVG §8;
KFG 1967 §125;
KFG 1967 §126;
KFG 1967 §24 Abs4;
KFG 1967 §24 Abs5;

Betreff

Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. März 1990, Zl. 427.267/3-IV/2/89, betreffend Zurückweisung des Devolutionsantrages in Angelegenheit Kraftfahrwesen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 1. September 1988 stellte der Beschwerdeführer "an das Amt der Burgenländischen Landesregierung" das "Ansuchen um Bestellung zum Sachverständigen gemäß § 125 Kraftfahrgesetz 1967". Da darüber nicht entschieden worden sei, machte der Beschwerdeführer mit dem an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gerichteten Schreiben vom 7. November 1989 den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 geltend. Dieser Devolutionsantrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. März 1990 gemäß § 73 AVG 1950 zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die (unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) zuletzt im Beschluß vom 16. Mai 1980, Zl. 1108/80, dargelegte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, daß in Ansehung von Anträgen auf Bestellung zum rechtskundigen Sachverständigen für die Lenkerprüfung gemäß § 126 KFG 1967 keine Entscheidungspflicht der Behörde bestehe, auf die Fälle einer Antragstellung auf Bestellung zum Sachverständigen für die Einzelprüfung gemäß § 125 KFG 1967 uneingeschränkt übertragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Beschluß ausgeführt, daß eine Bestellung zum Sachverständigen gemäß § 126 KFG 1967 nur durch einen einseitigen Hoheitsakt der Behörde erfolge und der jeweilige Antragsteller auf die Erlassung eines solchen Hoheitsaktes mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung keinen Rechtsanspruch habe. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang nicht, ob der Betreffende die gesetzlichen Voraussetzungen für eine derartige Bestellung erfülle. Bei einer solchen Bestellung handle es sich um die Betrauung einer Person mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben; im Falle ihrer Bestellung habe diese Person als öffentliches Organ zu gelten, dessen sich die Behörde zur Durchführung ihrer Aufgaben bediene. Weder das Kraftfahrgesetz 1967 noch ein anderes Gesetz sehe eine Antragstellung von Personen, die eine derartige Bestellung anstreben, vor. Wenn dennoch eine solche Antragstellung erfolge, so könne darin lediglich eine Anregung, die betreffende Person zum Sachverständigen zu bestellen, erblickt werden. Dieser Person komme keinerlei Parteistellung und daher auch kein Anspruch auf Erledigung ihres Begehrens zu. Ähnlich verhalte es sich mit der Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, wobei die Behörde, an die ein Ansuchen dieser Art gerichtet worden sei, ebenfalls keine Entscheidungspflicht treffe.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände, aus denen sich ergebe, daß diese Judikatur nicht auch auf die Fälle eines Antrages auf Bestellung zum Sachverständigen gemäß § 125 KFG 1967 anzuwenden sei, vermögen nicht zu überzeugen.

Richtig ist, daß nach § 126 Abs. 2 Z. 2 KFG 1967 zu rechtskundigen Sachverständigen nicht dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörende Personen nur bestellt werden dürfen, wenn die Anzahl der verfügbaren, in der Z. 1 angeführten Personen (das sind rechtskundige Bedienstete aus dem Personalstand einer Gebietskörperschaft) nicht ausreicht, und eine solche Einschränkung im § 125 Abs. 2 Z. 2 (im Verhältnis zu dessen Z. 1) nicht normiert ist. Der daraus vom Beschwerdeführer gezogene Schluß, daß "DAHER nach dem Wortlaut des Gesetzes der Landeshauptmann die nicht dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörenden Personen zum Sachverständigen dann zu bestellen HAT, wenn er die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen erbringt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein Bedarf gegeben ist oder nicht", ist unrichtig. Sowohl im § 125 Abs. 2 als auch im § 126 Abs. 2 KFG 1967 sind lediglich die für eine Bestellung zum Sachverständigen erforderlichen Voraussetzungen normiert, ohne daß sich aus der (vom Landeshauptmann im Falle der Bestellung zu beachtenden) unterschiedlichen Regelung bezüglich der Bestellung einer Person, die nicht dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehört, zum Sachverständigen ein Rechtsanspruch dieser Person auf Bestellung ableiten läßt. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift zutreffend auf die Erläuternden Bemerkungen zur 3. KFG-Novelle, 57 Blg. NR 14. GP, verwiesen, wo es auf Seite 48 (zu Z. 269, auf die zu Z. 271 verwiesen wird) heißt, daß die bisherige Fassung (der §§ 124 Abs. 2 und 125 Abs. 2 KFG 1967) "sind zu bestellen" zu der irrigen Auffassung geführt habe, daß eine Person, bei der alle Voraussetzungen vorliegen, einen Rechtsanspruch auf die Bestellung zum Sachverständigen hätte, und sich die nunmehrige Fassung ("dürfen nur bestellt werden") bereits in § 126 Abs. 2 und 3 und in § 127 Abs. 2 und 3 finde. Damit hat der Gesetzgeber diesbezüglich seine Absicht klar zum Ausdruck gebracht, welche auf diese Weise im Gesetz ihren Niederschlag gefunden hat. Auch die jeweils im ersten Satz des Abs. 1 (des § 125 und des § 126 KFG 1967) gebrauchte Diktion, daß der Landeshauptmann der Art nach bestimmte "Sachverständige zu bestellen hat", bringt nichts anderes zum Ausdruck, als daß es Aufgabe des Landeshauptmannes sei, diese Sachverständigen (in erforderlicher Anzahl) zu bestellen. Wenn der Beschwerdeführer meint, es sei zu berücksichtigen, daß "der eigentliche Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens erst im Zuge eines Einzelgenehmigungsverfahrens gemäß § 31 KFG von der Behörde erteilt wird", "daher die eigentliche Betrauung des Sachverständigen mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben erst mit der Auftragserteilung an den Sachverständigen, ein Gutachten tatsächlich zu erstatten, erfolgt" und nur insofern (nämlich auf Verwendung als Sachverständiger in konkreten Fällen) kein Rechtsanspruch besteht, so spricht dies nicht gegen die Annahme, daß er auch schon auf die (allgemeine) Bestellung zum Sachverständigen keinen Rechtsanspruch hat. Auch die Bestellung von Sachverständigen gemäß § 126 KFG 1967 dient nur dem Zweck, die Voraussetzung dafür zu schaffen, daß sie bei Bedarf, nämlich im Zuge eines bestimmten Verwaltungsverfahrens, und zwar hier gemäß § 67 Abs. 3 KFG 1967, der Behörde für die erforderliche Begutachtung zur Verfügung stehen.

Der Beschwerdeführer erblickt schließlich einen "entscheidenden Unterschied zwischen dem Tätigkeitsbereich des gemäß § 126 KFG bestellten Sachverständigen für die Lenkerprüfung und dem gemäß § 125 KFG bestellten Sachverständigen für die Einzelprüfung" darin, daß mit der Bestellung gemäß § 125 KFG 1967 "auch Befugnisse des bestellten Sachverständigen verbunden sind, die über die Erstattung von Gutachten im behördlichen Auftrag hinausgehen", indem er in bestimmten Fällen "auf Grund eines zivilrechtlichen Auftrages" eine "privatwirtschaftliche Tätigkeit entwickeln kann". Dabei nennt der Beschwerdeführer in erster Linie die (seit 1. Jänner 1989 geltende) Bestimmung des § 24 Abs. 4 KFG 1967 in der Fassung der 12. Novelle, BGBl. Nr. 375/1988. Diese lautet dahingehend, daß der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges, das mit einem Fahrtschreiber ausgerüstet sein muß, die Fahrtschreiberanlage unter bestimmten Voraussetzungen bzw. innerhalb einer bestimmten Frist und in einer bestimmten Richtung durch einen gemäß § 125 bestellten Sachverständigen, durch die Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge oder durch einen hiezu gemäß Abs. 5 Ermächtigten prüfen zu lassen hat. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 477 Blg. NR 17. GP, führen dazu aus, daß es eine Verwendung des Fahrtschreibers als Nachweis für die Arbeits- und Ruhezeiten erforderlich mache, diese Geräte fachmännisch zu warten und gegen unbefugte Eingriffe (durch eine Plombe) zu sichern, und daher eine diesbezügliche, dem § 57a nachgebildete Regelung getroffen werden solle. Dies ist insofern verwirklicht worden, als die Begutachtung gleichfalls außerhalb eines behördlichen Verfahrens (anders als bei einer Überprüfung in einem Verfahren gemäß § 57 KFG 1967, in welchem Fall übrigens u.a. die gemäß § 125 KFG 1967 bestellten Sachverständigen herangezogen werden können) erfolgt. Ein Nachweis über das Ergebnis der letzten durchgeführten Überprüfung der Fahrtschreiberanlage ist aber bei einer Überprüfung (§ 55 oder § 56) bzw. Begutachtung (§ 57a) des Fahrzeuges vorzulegen. Daraus ergibt sich - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - zwar nicht, "daß der Auftrag zu einem Gutachten des Sachverständigen nach § 125 KFG behördlicherseits ergeht und der Sachverständige somit auch in dieser Angelegenheit nicht selbständig tätig wird". Es ist ihr aber darin beizupflichten, daß "die gemäß § 125 KFG bestellten Sachverständigen somit ebenso wie die Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge insofern eine besondere Rechtsstellung besitzen, als sie keiner Ermächtigung zu der Prüfung bedürfen", und diese "Sonderstellung ein weiteres Argument dafür ist, daß die Rechtsstellung des Sachverständigen gemäß § 125 KFG die eines öffentlichen Organs ist, das mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben betraut ist". Daß in diesem Falle für ihre Gutachtertätigkeit nicht eine Vergütung nach § 129 KFG 1967 in Verbindung mit § 66 KDV 1967 gebührt, ist lediglich eine Folge davon, daß derartige Gutachten nicht von der Behörde eingeholt werden, ändert aber nichts daran, daß Sachverständige gemäß § 125 KFG 1967 nur auf Grund der mit ihrer Bestellung verbundenen Stellung auch diesbezüglich zur Erstattung von Gutachten berechtigt sind und sie dabei - ungeachtet dessen, daß ihre Tätigkeit im Einzelfall jeweils auf einem privatrechtlichen Vertrag (und nicht auf einem behördlichen Auftrag) beruht - öffentliche Aufgaben zu erfüllen haben. Wurde eine Person, bei der sämtliche Voraussetzungen für ihre Bestellung nach § 125 Abs. 2 KFG 1967 vorliegen, nicht zum Sachverständigen bestellt, so kann sie - im Gegensatz zu einer Person, die eine solche Bestellung oder eine Ermächtigung nach § 24 Abs. 5 KFG 1967 erlangt hat - auch nicht eine Gutachtertätigkeit nach § 24 Abs. 4 KFG 1967 ausüben und daher auch insofern keine öffentlichen Aufgaben wahrnehmen. Darauf, dies tun zu können, besteht aber grundsätzlich kein Rechtsanspruch; lediglich § 24 Abs. 5 KFG 1967 sieht in diesem Zusammenhang eine Ausnahme vor. Es geht daher auch das verfassungsrechtliche Argument des Beschwerdeführers, würde man diese Entscheidungspflicht verneinen, dann würde damit der Verletzung des Grundrechtes der Erwerbsfreiheit aber auch des Gleichheitsrechtes (Artikel 2 StGG) Tür und Tor geöffnet werden", ins Leere. Dazu kommt im vorliegenden Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer als Ziviltechniker die Möglichkeit der Erwerbsausübung nach § 24 Abs. 4 KFG 1967 auf Grund einer Ermächtigung nach § 24 Abs. 5 leg. cit. erlangen könnte.

Was den weiteren Hinweis des Beschwerdeführers auf § 8b KDV 1967 anlangt, wonach gemäß Abs. 2 die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, ob nämlich bestimmte Kraftwagen als lärmarme Kraftfahrzeuge gelten, u.a. durch ein Gutachten eines Sachverständigen gemäß § 125 KFG 1967 nachzuweisen ist, so ist eine nähere Auseinandersetzung damit im vorliegenden Beschwerdefall entbehrlich. Diese Bestimmung wurde erst durch die 28. Novelle zur KDV 1967, BGBl. Nr. 451/1989, geschaffen und trat am 16. September 1989 in Kraft. Sollte erst durch diese Bestimmung - ohne gesetzliche Grundlage - eine Änderung der Rechtslage dahingehend bewirkt worden sein, daß die Behörde hinsichtlich eines Antrages auf Bestellung zum Sachverständigen gemäß § 125 KFG 1967 nunmehr eine Entscheidungspflicht trifft, so wäre im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages an die belangte Behörde mit Schreiben vom 7. November 1989 noch nicht ein Zeitraum von 6 Monaten, in dem den Landeshauptmann von Burgenland eine Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG 1950 getroffen hätte, verstrichen gewesen. Der Devolutionsantrag wäre dann allenfalls auch aus diesem Grunde zurückzuweisen gewesen.

Wenn der Beschwerdeführer "der Vollständigkeit halber" eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit einer in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Stellungnahme des Amtes der Burgenländischen Landesregierung, wonach der Beschwerdeführer erklärt habe, nicht zu beabsichtigen, "die Sachverständigentätigkeit im Burgenland auszuüben", geltend macht, so kommt dem schon deshalb keine rechtliche Relevanz zu, weil die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht darauf gestützt hat.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverständiger Aufgaben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110094.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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