TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/27 89/04/0144

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Veröffentlicht am 27.11.1990
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Index

21/01 Handelsrecht;
21/03 GesmbH-Recht;
21/07 Sonstiges Handelsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ALöschG 1934 §1;
ALöschG 1934 §2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
AVG §9;
GmbHG §2 Abs1;
GmbHG §84 Abs1 Z6;
GmbHG §93;
HGB §15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH iL gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 5 zweiter Satz und § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG 1950 wird der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26. Jänner 1989 auf Übergang der Pflicht zur Entscheidung über ihren Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens auf den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zurückgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin richtete am 26. Jänner 1989 an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten einen Antrag auf Übergang der Pflicht zur Entscheidung über einen von ihr bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden gestellten Antrag auf Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens, da weder diese Behörde noch der am 1. Juni 1987 mittels Devolutionsantrag angerufene Landeshauptmann entschieden habe.

Mit Schriftsatz vom 2. August 1989 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Säumnisbeschwerde, weil dieser nicht innerhalb der Frist des § 27 VwGG über den Devolutionsantrag entschieden habe. Beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge an Stelle der säumig gewordenen Behörde innerhalb kürzester Frist dem Antrag auf Wiederaufnahme stattgeben und die beantragte Konzession verleihen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 1989 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, wegen der Löschung der Beschwerdeführerin im Handelsregister sei über den Devolutionsantrag nicht mehr entschieden worden.

Die Voraussetzungen zur Erhebung der Säumnisbeschwerde liegen somit vor.

Vorauszuschicken ist, daß nach der in den Verwaltungsakten erliegenden beglaubigten Abschrift aus dem Handelsregister des Kreisgerichtes Wels, Abteilung B Nr. X, vom 29. Juni 1989, betreffend die Beschwerdeführerin, zwar unter dem Datum 26. September 1988 deren amtswegige Löschung im Handelsregister eingetragen ist. In den Verwaltungsakten erliegt aber auch eine Ausfertigung des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz vom 3. November 1988, mit welchem der dieser Eintragung im Handelsregister zugrunde liegende Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 26. September 1989 aufgehoben und diesem die neuerliche Einleitung des Amtslöschungsverfahrens aufgetragen wurde. Nach dem Ergebnis der vom Verwaltungsgerichtshof gepflogenen Erhebungen ist ein neuerlicher Löschungsbeschluß noch nicht ergangen. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde steht daher die mit der wahren Rechtslage nicht in Einklang stehende Eintragung im Handelsregister vom 26. September 1989 über die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin einer Entscheidung über ihre im Verwaltungsverfahren gestellten Anträge nicht entgegen.

In der Sache selbst ergibt sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten, daß die Beschwerdeführerin bereits mit Eingabe vom 8. Februar 1988 einen gleichartigen Devolutionsantrag wie den vorliegenden an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten richtete. Dieser gab mit Bescheid vom 3. Mai 1988 dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 8. Februar 1988 gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 Folge und wies den an den Landeshauptmann von Oberösterreich mit Eingabe vom 1. Juni 1987 (eingelangt beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung am 2. Juni 1987) gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Zurückweisung der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. Mai 1986, mit Bescheid des "Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung" vom 2. Mai 1986, gemäß § 73 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurück.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG 1950 sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht zufolge Abs. 2 auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über.

Ein Devolutionsantrag ist nur zulässig, wenn die der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt hat. Trifft dies nicht zu, so ist der Antrag zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1985, Zl. 85/11/0117).

Im vorliegenden Fall traf den Landeshauptmann von Oberösterreich im Zeitpunkt der Erhebung des vorliegenden Devolutionsantrages an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (26. Jänner 1989) keine Entscheidungspflicht mehr, weil der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers - wie sich aus der obigen Darstellung des Verfahrensganges ergibt - bereits mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. Mai 1988 erledigt worden war.

Mangels Verletzung einer Entscheidungspflicht durch den Landeshauptmann von Oberösterreich war daher der Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang dieser Entscheidungspflicht an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als unzulässig zurückzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG abzusehen, da eine solche im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde nicht vorgesehen ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführerin und des Hermann Steger auf Verlängerung der der Beschwerdeführerin mit hg. Verfügung vom 4. Jänner 1990 gesetzten Frist.

Schlagworte

Parteistellung ParteienantragRechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des HandelsrechtsGewerberechtVerschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040144.X00

Im RIS seit

11.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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