TE Vwgh Beschluss 1990/12/6 AW 90/04/0100

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Veröffentlicht am 06.12.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §158 Abs5;
GewO 1973 §198 Abs5;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der A-OHG, der gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 25. September 1990, Zl. MD-6175/1989, betreffend Vorschreibung einer früheren Sperrstunde, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 6. Juni 1989 bei der Ausübung ihrer Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Cafe-Restaurant" im Standort Innsbruck, X-Straße 14, gemäß § 158 Abs. 5 GewO 1973 eine frühere Sperrstunde, und zwar 24.00 Uhr täglich, vorgeschrieben.

Über eine seitens der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung erkannte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck mit Bescheid vom 12. September 1990 (ausgefertigt am 25. September 1990) dahin, daß die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid (Vorverlegung der Sperrstunde auf 24.00 Uhr) unter Bedachtnahme auf § 198 Abs. 5 GewO 1973 vollinhaltlich bestätigt werde. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf ein lärmtechnisches und ein medizinisches Sachverständigengutachten sowie einen durchgeführten Lokalaugenschein ausgeführt, es sei sachverhaltsmäßig davon auszugehen, daß vor der Betriebsanlage des Restaurantes "R" im Anwesen X-Straße 14 durch nicht strafbares Verhalten von Gästen dieser Betriebsanlage Lärmspitzen bis zu 84 dB über längere Zeiträume hervorgerufen würden und diese Lärmspitzen Schlafbeeinflussungen bei der Nachbarschaft hervorriefen, welche ihrerseits das vegetative Nervensystem derartig belasteten, daß es zu Leistungsminderungen, Nervosität, Abgeschlagenheit bis hin zu Kreislaufbeschwerden der benachbarten Bevölkerung komme. Es sei somit als erwiesen anzunehmen, daß die Nachbarschaft des Restaurant-Lokales im Anwesen X-Straße 14 durch nicht strafbars Verhalten von Gästen dieses Betriebes unmittelbar vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetreibenden in unzumutbarer Weise belästigt würden. Da sich diese unzumutbare Belästigung insbesondere auf den Zeitraum nach Mitternacht bis zur derzeit bewilligten Sperrstunde erstrecke, sei die Vorverlegung der Sperrstunde auf 24.00 Uhr zu Recht erfolgt und es sei der diesbezügliche Bescheid der Erstbehörde zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0313 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung hiefür wird ausgeführt, der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Der Gastgewerbebetrieb werde seit mehreren Jahren tatsächlich mit einer Sperrstunde um 01.00 Uhr betrieben. Es handle sich um einen sehr renommierten Betrieb, der von einer gehobenen Publikumsschicht frequentiert werde, sodaß mit unzumutbaren Lärmbelästigungen nicht zu rechnen sei. Rund um das Lokal befänden sich andere Gastgewerbebetriebe, die zum allergrößten Teil nicht vor 01.00 Uhr sperrten. Der angefochtene Bescheid resultiere des weiteren weniger auf einer sachlichen Notwendigkeit sondern mehr auf einem politischen Hintergrund, was allein schon der Umstand dokumentiere, daß der Stadtsenat erst in einer Kampfabstimmung und unter Überstimmung des Bürgermeisters den angefochtenen Bescheid erlassen habe. Demgegenüber würde durch den sofortigen Vollzug des Bescheides der Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteil entstehen. Da es in Innsbruck - wie wohl auch in den meisten größeren Städten - üblich sei, erst etwas später auszugehen bzw. nach Besuchen von abendlichen Veranstaltungen noch einen Gastgewerbebetrieb zu besuchen, sei die Geschäftszeit zwischen 22.00 Uhr und 01.00 Uhr für die Lokalbesitzer am interessantesten. Durch Vorverlegung der Sperrstunde sei zu befürchten, daß potentielle Gäste gleich gar nicht mehr in den Gastgewerbebetrieb gingen, sondern sich schon im vorhinein einen Betrieb aussuchten, in welchem die in Innsbruck übliche Sperrstunde von 01.00 Uhr eingehalten werden könnte. Auch die Interessen der Nachbarschaft wären durch eine aufschiebende Wirkung nicht unzumutbar beeinflußt. Schon im vorhergehenden Verfahren zur Erlassung des angefochtenen Bescheides hätten sich zahlreiche Nachbarn bereit erklärt, eine Petition zur Beibehaltung der Sperrstunde von 01.00 Uhr für den Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin zu unterfertigen.

Die mit diesem Antrag vom Verwaltungsgerichtshof befaßte belangte Behörde sprach sich mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1990 gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, der ihrer Ansicht nach zufolge der im angefochtenen Bescheid dargelegten Ermittlungsergebnisse zwingende öffentliche Interessen im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Nachtruhe für eine "große Nachbarschaft" entgegenstünden.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Ausgehend von den dargestellten Ermittlungsergebnissen erachtet die belangte Behörde die Voraussetzungen für eine Vorverlegung der Sperrstunde nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 als gegeben, da die Nachbarschaft der Beschwerdeführerin zufolge eines im Sinne der angeführten Gesetzesstelle tatbestandsmäßigen Verhaltens von Gästen Lärmspitzen bis zu 84 dB über längere Zeiträume ausgesetzt sei, die das vegetative Nervensystem derart belasteten, daß es bis zu Kreislaufbeschwerden der benachbarten Bevölkerung komme, die dadurch jedenfalls in unzumutbarer Weise belästigt werde.

Von dieser Annahme hatte auch der Verwaltungsgerichtshof zunächst auszugehen, da die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Verfahren betreffend den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, einem Provisorialverfahren, nicht zu prüfen ist. Eine wiederholte ungebührliche Belästigung durch eine mit den angeführten Wirkungen auf die Nachbarschaft verbundene, dem Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin im Sinne des § 198 Abs. 5 GewO 1973 zuzurechnende Lärmerregung ist aber unter das gemäß § 30 Abs. 2 VwGG relevante Tatbestandsmerkmal der zwingenden öffentlichen Interessen zu subsumieren, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 4. August 1987, Zl. AW 87/04/0039, u. a.), ohne daß in diesem Zusammenhang dem Antragsvorbringen Relevanz zukäme, daß sich "zahlreiche" Nachbarn bereit erklärt hätten, eine Petition zur Beibehaltung der Sperrstunde 01.00 Uhr für den Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin zu unterfertigen. Im Hinblick darauf war daher nicht zu prüfen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist.

Aus den dargelegten Gründen war somit dem Antrag nicht stattzugeben.

Schlagworte

Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990040100.A00

Im RIS seit

06.12.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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