TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/13 88/06/0129

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Veröffentlicht am 13.12.1990
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;

Norm

BauO Tir 1978 §25 litd;
BauO Tir 1978 §31 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art44 Abs3;
MRK Art6;
ROG Tir 1984 §16b;
StGG Art6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Würth, Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Z-Gesellschaft m.b.H. & Co gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Juli 1987, Zl. Ve 550-1294/6, betreffend die Versagung einer Benützungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 22. Juli 1987 die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. April 1987 erhobene Vorstellung ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe mit Bescheid vom 20. Dezember 1984 der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Geschäftsgebäudes auf den Grundparzellen nnn/7, nnn/9 und nnn/10 KG W erteilt, jedoch mit Bescheid vom 5. Juni 1986 die Erteilung der Benützungsbewilligung für dieses Gebäude wegen wesentlicher, baurechtlich bedeutsamen Abweichungen des Bauvorhabens von der erteilten Baubewilligung versagt. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben und gleichzeitig um die baubehördliche Genehmigung der Abweichungen angesucht. Diesem Bauansuchen sei vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 12. August 1986 hinsichtlich der dort beschriebenen Baumaßnahmen 1 und 3 Folge gegeben, der Antrag auf Bewilligung der Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen in der Trennwand (Achse E) zum Mietgeschäft und damit die Zusammenlegung der beiden Verkaufsflächen jedoch wegen Widerspruchs zu § 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 abgewiesen worden. Der dagegen eingebrachten Berufung habe der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. Dezember 1986 keine Folge gegeben. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1987 abgewiesen worden. (Eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 88/06/0136, als unbegründet abgewiesen.)

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides weiters aus, der Bürgermeister habe nach rechtskräftiger Abweisung des nachträglichen Bauansuchens betreffend die Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen in der Trennwand (Achse E) zum Mietgeschäft und Zusammenlegung der beiden Verkaufsflächen mit Bescheid vom 19. Jänner 1987 die von der Beschwerdeführerin seinerzeit beantragte Benützungsbewilligung versagt. Eine dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung sei mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. April 1987 als unbegründet abgewiesen worden.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides ferner aus, der Rechtsfreund der Beschwerdeführerin habe in der gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde erhobenen Vorstellung die Meinung vertreten, es scheine nicht zielführend, ein Verfahren zur Erteilung einer Benützungsbewilligung durchzuführen, bevor das Bauverfahren "endgültig" abgeschlossen sei. Es gehe nämlich nicht um die Frage, ob im Verfahren zur Erteilung der Baubewilligung allenfalls eine rechtskräftige Entscheidung vorliege. Eine Versagung der Benützungsbewilligung könne erst dann einen Sinn haben, wenn im Bauverfahren nicht nur eine rechtskräftige Entscheidung vorliege, sondern eine "endgültige".

Die belangte Behörde führte dazu in der Begründung ihres Bescheides aus, daß gemäß § 43 der Tiroler Bauordnung die Vollendung einer bewilligungspflichtigen baulichen Anlage der Baubehörde anzuzeigen und vor der tatsächlichen Benützung um die Bewilligung zur Benützung der baulichen Anlage anzusuchen sei. Ergebe sich im Verfahren, daß die Ausführung des Bauvorhabens von der Baubewilligung abweiche und daß diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstelle, zu deren Vornahme bei bestehenden baulichen Anlagen eine Baubewilligung erforderlich wäre, so habe der Bauwerber nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung für die Änderung des Bauvorhabens anzusuchen. Werde diese versagt, so sei die Benützungsbewilligung zu versagen (§ 43 Abs. 2 vierter Satz TBO). Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausführlich geschildert, sei vor der gegenständlichen Abweisung der Benützungsbewilligung übereinstimmend von allen Verwaltungsinstanzen die nachträgliche Baubewilligung betreffend die Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen in der Trennwand (Achse E) zum Mietgeschäft und Zusammenlegung der beiden Verkaufsflächen im Sinne des § 43 Abs. 2 vierter Satz TBO versagt worden. Gegen diese Verwaltungsentscheidung sei kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Die Tatsache, daß eine Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes erhoben wurde ändere nichts an der - zumindest vorläufigen - Endgültigkeit der Verwaltungsentscheidung, da eine Beschwerde an den Verfassungs- oder den Verwaltungsgerichtshof nur einen außerordentlichen Rechtsbehelf darstelle, der unter gewissen Voraussetzungen im nachhinein die Rechtskraft eines Bescheides durchbrechen könne. Bei dieser Sach- und Rechtslage ergebe sich kein Interpretationsspielraum für die Annahme einer Rechtswidrigkeit im Vorgehen der Gemeindeinstanzen. Die belangte Behörde führte in ihrem Bescheid weiters aus, im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß durch die konsenslose Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen in der Trennwand (Achse E) zum Mietgeschäft und die Zusammenlegung der beiden Verkaufsflächen beim Geschäftsgebäude der Z-Gesellschaft m. b.H. & Co auf den vorne genannten Grundstücken das tatsächlich ausgeführte Bauvorhaben von dem bewilligten Bauvorhaben derart abweiche, daß dafür eine nachträgliche Baubewilligung erforderlich wäre, bevor eine Benützungsbewilligung erteilt werden könne. Es stehe nämlich außer Streit, daß durch die Herstellung der drei Mauerdurchbrüche ein Einkaufszentrum im Sinne des § 16b Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 mit weit über 400 m2 Nutzfläche, nämlich mit 770,80 m2, entstanden sei, eine Sonderflächenwidmung dafür jedoch nicht vorliege. Die Baubehörden der mitbeteiligten Gemeinde hätten daher das nachträgliche Bauansuchen wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan abweisen und in der Folge gemäß § 43 Abs. 2 vierter Satz TBO die Benützungsbewilligung versagen müssen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid vorerst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 14. März 1988, Zl. B 995/87-7, ab. Auf Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluß vom 27. Juni 1988, B 995/87-9, an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Die Beschwerdeführerin ergänzte im Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes die abgetretene Beschwerde und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit auch in dieser Beschwerde von der Beschwerdeführerin die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes aufgeworfen wird, wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage Zl. 88/06/0136 verwiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde die Rechtsansicht vertritt, daß die Benützungsbewilligung auch ohne vorhergegangene (nachträgliche) Baubewilligung hätte erteilt werden müssen, ist ihr zu erwidern, daß durch die konsenslose Herstellung von drei Mauerdurchbrüchen und die Zusammenlegung zweier Verkaufsflächen das Gebäude von dem seinerzeit bewilligten Bauvorhaben derartig abweicht, daß dafür die Erteilung einer (nachträglichen) Baubewilligung erforderlich gewesen wäre. Aus welchen Gründen aber die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht in Frage kommen konnte, ist ebenfalls in dem vorangeführten Erkenntnis vom heutigen Tage dargestellt. Die Baubehörden der mitbeteiligten Gemeinde haben daher in richtiger Anwendung des § 43 Abs. 2 vierter Satz der Tiroler Bauordnung die Benützungsbewilligung für das veränderte Gebäude versagt. Es ist daher auch der belangten Behörde kein Fehler unterlaufen, wenn sie mit dem angefochtenen Bescheid und der von ihr gegebenen Begründung die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. April 1987 erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988060129.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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