TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/16 90/01/0211

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Veröffentlicht am 16.01.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs5;
AVG §19 Abs2;
EGVG Art5;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/01/0159 90/01/0200

Betreff

N gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (Bezirkspolizeikommissariat Meidling) vom 31. August 1989, Zl. Af 756/89, gegen den Bescheid des Bundespolizeidirektion Wien (Bezirkspolizeikommissariat Liesing) vom 7. Juni 1990, Zl. Af 263/LI/90 Pi, und gegen den Bescheid des Bundespolizeidirektion (Bezirkspolizeikommissariat Liesing) vom 14. August 1990, Zl. Af 263/LI/90 Zwe, alle Bescheide betreffend Ladung im Dienste der Strafjustiz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 7.820,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerden wurden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden.

Das Strafbezirksgericht Wien übermittelte der belangten Behörde am 23. Juni 1989 Akten, damit diese den Beschwerdeführer zum Vorwurf einer näher bezeichneten strafbaren Handlung einvernehme. In einem mit 28. Juni 1989 datierten und an den Beschwerdeführer gerichteten Ladungsbescheid wurde folgendes ausgeführt:

"Wir haben wegen Verdachtes der üblen Nachrede, betreffend Ihre Äußerungen in der Klage (Besitzstörung) gegen Dr. Kn wegen gegen Sie Erhebungen zu führen."

Zum angegebenen Termin (19. Juli 1989) war der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen, teilte jedoch der belangten Behörde mit Schreiben vom 28. Juli 1989 mit, daß er sich voraussichtlich bis Ende August auf Urlaub befinde.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 1989 wurde der Beschwerdeführer für den 29. August 1989 neuerlich geladen, wobei ausgeführt wurde, daß "wegen Verdachts der üblen Nachrede - Anzeige des Dr. Kn" gegen den Beschwerdeführer Erhebungen zu führen sind. Der Beschwerdeführer hat sich bei der belangten Behörde ohne Entschuldigung nicht eingefunden.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer für den 27. Juni 1990 zur Behörde geladen, wobei als Gegenstand folgendes angegeben worden ist:

"Wir haben wegen Verdacht der üblen Nachrede, betreffend Ihrer Äußerung in der Klage gegen Dr. Ku wegen Besitzstörung gegen Sie Erhebungen zu führen."

Auch dieser Ladung leistete der Beschwerdeführer unentschuldigt keine Folge.

Mit dem drittangefochtenen Bescheid vom 14. August 1990 wurde der Beschwerdeführer abermals für den 10. September1990 zur Behörde geladen, wobei als Gegenstand wörtlich dasselbe wie im zweitangefochtenen Bescheid angegeben worden war. In allen Fällen wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer, wenn er die Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, z.B. Krankheit, nicht befolge, mit zwangsweiser Vorführung rechnen müsse. Außerdem wurde in allen Fällen unter Anführung des Art. V EGVG 1950 darauf hingewiesen, daß die Ladung im Dienste der Strafjustiz erfolgt.

Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht nicht ohne Notwendigkeit vor einer Behörde erscheinen zu müssen sowie in dem Recht auf vorherige und rechtzeitige Bekanntgabe des Gegenstandes einer Amtshandlung, auf die sich ein Befehl zum Erscheinen richtet, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. V EGVG 1950 finden, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über das Verwaltungsstrafverfahren auch auf die Amtshandlungen sinngemäß Anwendung, die von Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafjustiz vorzunehmen sind.

Gemäß § 19 Abs. 1 AVG 1950 ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Nach Abs. 2 ist in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

Gemäß § 24 VStG 1950 findet § 19 AVG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung.

Der Beschwerdeführer behauptet, daß das Bundespolizeikommissariat Liesing örtlich unzuständig sei, weil er im 23. Bezirk keinen Wohnsitz habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Bundespolizeikommissariat keine eigene Behörde, sondern nur eine örtliche Ausgliederung der belangten Behörde ist. Daß der Beschwerdeführer aber im Amtsbereich der Bundespolizeidirektion Wien keinen Wohnsitz hätte, wurde von ihm nicht behauptet. Die Behauptung der örtlichen Unzuständigkeit ist daher nicht berechtigt.

In der Sache ist zunächst darauf hinzuweisen, daß durch die angefochtenen Ladungsbescheide der Beschwerdeführer in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein kann, weil als Konsequenz des ungerechtfertigten Ausbleibens die zwangsweise Vorführung angedroht war.

Unbestritten ist, daß die belangte Behörde im Dienste der Strafjustiz eingeschritten ist. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, der Ladungsbescheid vom 14. August 1990 sei deshalb rechtswidrig, "weil die sechswöchige Anklagefrist durch den Verletzten auf jedenfall vorbei ist, da die Besitzstörungsklage im Jahre 1988 und 1989 von mir eingebracht wurde". Dem ist entgegenzuhalten, daß es nicht Aufgabe der Verwaltungsbehörde ist, die rechtlichen Grundlagen, die Anlaß des gerichtlichen Erhebungsersuchens waren, zu prüfen.

Weiters behauptet der Beschwerdeführer, daß die angefochtenen Ladungsbescheide nicht den Formerfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG 1950 entsprechen, insbesondere hinsichtlich des Gegenstandes der Amtshandlung und der Eigenschaft, in der der Beschwerdeführer von der Behörde zu erscheinen habe.

Die von den Verwaltungsbehörden, insbesondere den Sicherheitsbehörden und deren (Hilfs-)Organen im Dienste der Strafjustiz vorzunehmenden Amtshandlungen unterscheiden sich nach Art und Zweck beträchlich von jener Behördentätigkeit, auf die die Vorschriften über das Verwaltungsstrafverfahren zugeschnitten sind. Diesen Umstand berücksichtigt die Anordnung im Art. V EGVG 1950, daß diese Bestimmungen "sinngemäß" anzuwenden sind, was auch bedeutet, daß sie nur insoweit angewendet werden sollen, als die Aufgabenstellung der Behörde das ermöglicht. Hat also die Verwaltungsbehörde eine Person im Dienste der Strafjustiz zwecks Durchführung von Erhebungen vorgeladen - dies geht in den Beschwerdefällen unmißverständlich und unbestritten aus den angefochtenen Ladungsbescheiden hervor -, so bedarf es keiner näheren Qualifikation (Zeuge, Beteiligter usw.) der im Dienste der Strafjustiz von der Verwaltungsbehörde zu vernehmenden Person, wodurch sich die vorliegenden Fälle auch von dem (denselben Beschwerdeführer) betreffenden Fall des hg. Vorerkenntnisses vom 28. März 1980, Zlen. 2850/79, 290/80 unterscheiden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist mit der Bezeichnung "Verdacht der üblichen Nachrede - Anzeige des Dr. Kn" im angefochtenen Bescheid vom 31. August 1989 in ausreichender und deutlicher Weise angegeben, was Gegenstand der Amtshandlung bildet. Daß in den weiteren angefochtenen Bescheiden vom 7. Juni und 14. August 1990 der Schreibname unrichtig (Ku) angegeben war, ist schon deshalb unerheblich, weil es sich um einen offenbar auch für den Beschwerdeführer leicht erkennbaren auf einem Versehen beruhenden Schreibfehler handelt. Denn dem Beschwerdeführer mußte aus den an ihn zuvor gerichteten Ladungsbescheiden, denen er nicht Folge geleistet hatte, mit hinreichender Deutlichkeit auffallen, daß er abermals zum selben Gegenstand, nämlich zur Vernehmung wegen Verdachtes der üblen Nachrede, von der belangten Behörde im Dienste der Strafjustiz zu vernehmen war.

Da die Beschwerden sich sohin als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren der belangten Behörde für Aktenvorlage in der Gegenschrift zum Beschwerdefall 90/01/0200, war abzuweisen, weil mit dieser keine Akten vorgelegt worden sind. Die gesamten Verfahrensakten wurden bereits mit den Gegenschriften der vorangegangenen Beschwerdefälle vorgelegt.

Da bereits in der Sache selbst eine Entscheidung getroffen worden ist, erübrigte es sich über die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden (betreffend die Beschwerdefälle 90/01/0159 und 90/01/0211).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990010211.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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