TE Vwgh Beschluss 1991/2/21 90/09/0176

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Veröffentlicht am 21.02.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs2;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §21;
BDG 1979 §96;
B-VG Art131;
HDG 1985 §40;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §58;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, in der Beschwerdesache des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 29. Dezember 1988, Zl. 224.918/21-I/B/88, betreffend Disziplinarverfahren (Schuldspruch ohne Strafe) den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Antrag beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seinem mit Wirksamkeit vom 31. März 1989 erfolgten Austritt (§ 21 BDG 1979) als Universitätsassistent in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Universitätsklinik für Urologie in K.

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung den Beschwerdeführer mit Beschluß vom 9. Juli 1987 schuldig erkannt, er hätte dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 verletzt, daß er am 30. Dezember 1986 ohne Ermächtigung durch die Berufungskommission einen "Forderungs- und Fragenkatalog" der Assistenten der Klinik Urologie an die Bewerber um die Professur Urologie verschickt habe.

Der nach der damaligen Rechtslage (§ 119 BDG 1979 idF vor der BDG-Novelle 1989, BGBl. Nr. 346; VwSlg. 10256/A und 10742/A) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Wege eines auf § 73 Abs. 2 AVG gestützten Devolutions-) Begehrens angerufene Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gab der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Annahme, sein Verhalten stelle eine Verletzung von Dienstpflichten dar, als rechtswidrig bezeichnete, keine Folge und bestätigte mit Bescheid vom 29. Dezember 1988 den erstinstanzlichen Beschluß.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie wegen Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gerichteten Beschwerde gegen den obgenannten Bescheid mit Beschluß vom 24. September 1990, B 189/89, ab, weil das Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung der Europäischen Kommission für Menschenrechte die behauptete Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß es - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Gleichzeitig wurde die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung hat zur Beschwerde einen als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz eingebracht, in dem er mit dem Hinweis, daß das Disziplinarverfahren zufolge des mit Wirksamkeit vom 31. März 1989 erklärten Austrittes des Beschwerdeführers aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 als eingestellt gelte, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Die nach § 118 Abs.1 BDG 1979 bescheidmäßig zu verfügende Einstellung des Disziplinarverfahrens stellt die gegensätzliche Handlung zum Einleitungsbeschluß (§ 123 Abs. 2 leg. cit.) dar ("actus contrarius").

Daneben gilt gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 das Disziplinarverfahren kraft Gesetzes, also ohne weiteren Rechtsakt, verfahrensrechtlich als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet. Verliert der Beamte durch die von ihm selbstgewählte Beendigung seines Dienstverhältnisses seinen besonderen Status (Rechtsstellung), dann ist nicht nur für die in § 96 BDG 1979 aufgezählten Disziplinarbehörden sondern, auch für den mit Säumnis- oder Bescheidbeschwerde angerufenen Verwaltungsgerichtshof eine (disziplinäre) Weiterverfolgung rechtens ausgeschlossen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß des erkennenden Senates vom 19. Jänner 1989, Zl. 88/09/0146, und die dort zitierte weitere Judikatur) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über eine nach Art. 131 B-VG erhobene Beschwerde, daß eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung der subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers keine (weitere) Veränderung bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen damit nicht mehr fallbezogene sondern nur noch THEORETISCHE Bedeutung besitzen, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Ein solcher Fall liegt hier vor: Das Disziplinarrecht beruht auf einer persönlichen Bindung in einem konkreten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Der Status eines Beamten im aktiven Dienst oder im Ruhestand (§ 133 BDG 1979) ist notwendige Voraussetzung für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens. Ist der Beamtenstatus nicht mehr gegeben, dann können durch den angefochtenen Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte nicht beeinträchtigt sein.

Damit war das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen. Da das Gesetz für einen solchen Fall den Zuspruch von Aufwandersatz nicht vorsieht, waren die darauf gerichteten Anträge der beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Hinweis auf die allgemeine Bestimmung des § 58 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990090176.X00

Im RIS seit

21.02.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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