TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/8 88/17/0209

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Veröffentlicht am 08.03.1991
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Index

L34002 Abgabenordnung Kärnten;
L37012 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BAO §278;
BAO §289 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §93 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art83 Abs2;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §2;
LAO Krnt 1983 §207;
LAO Krnt 1983 §212 Abs1;
LAO Krnt 1983 §212 Abs2;
LAO Krnt 1983 §71 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. September 1988, Zl. 3-Gem-409/1/88, betreffend Haftung für Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Magdalensberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei traf mit der als "Abgabenbescheid" bezeichneten Erledigung vom 1. Februar 1984 folgenden Abspruch:

"Gemäß § 2 des Getränkeabgabengesetzes, LGBl. 94/78 und Gemeinderatsbeschluß vom 30.12.1983 hebt die Gemeinde von steuerpflichtigen Getränken eine 10 %ige Abgabe vom Verkaufspreis ein.

Der offene Getränkeabgabenrückstand für den Pächter P (Gasthaus XY) vom Juli 1979 bis August 1980 beträgt

S 27.771,--.

Der offene Rückstand ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides fällig und zur Einzahlung zu bringen."

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei vom 2. Juli 1984, deren Abspruch wie folgt lautet:

"Der Gemeindevorstand der Gemeinde Magdalensberg hat in seiner Sitzung vom 26. April 1984 gemäß § 212 Abs. 2 der LAO, LGBl. 36, die eingebrachte Berufung abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt.

Gemäß § 2 des Getränkeabgabengesetzes, LGBl. 94/78 und Verordnung des Gemeinderates vom 11.3.1982 hebt die Gemeinde von steuerpflichtigen Getränken eine 10 %ige Abgabe vom Verkaufspreis ein.

Als Verpächter des Gasthauses XY wird ihnen der Getränkeabgabenrückstand des Pächters P für die Zeit vom 1.7.1979 bis 31.8.1980 in Höhe von

S 27.771,--

zur Zahlung vorgeschrieben.

Der Betrag von S 27.771,-- ist nach § 156 LAO 1983 mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig."

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Februar 1985 Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. In der Begründung wird u.a. ausgeführt, auf Grund der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 71 Abs. 2 LAO, LGBl. für Kärnten Nr. 36/1983, sei im Spruch der Abgabenbescheide bzw. Haftungsbescheide der Bescheidadressat ausdrücklich anzuführen; das sei bei solchen derjenige, an den das Leistungsgebot gerichtet werde, von dem also die Erbringung der Leistung verlangt werde. Die spruchmäßige Bezeichnung des Bescheidempfängers gewinne im Abgabenverfahren die Bedeutung, daß nur gegen die vom Spruch des Leistungsgebotes erfaßten Personen auf Grund eines hinsichtlich der Nennung der Person des Schuldners gleichlautenden Rückstandsausweises Exekution geführt werden könne. Weder "der erstinstanzliche noch der Bescheid des Gemeindevorstandes enthält in seinem Spruch", welcher ausschließlich in Rechtskraft erwachse, einen vom Gesetzgeber zwingend geforderten Bescheidadressaten.

Dieser Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Februar 1985 blieb unangefochten.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei wies hierauf mit Bescheid vom 13. August 1985 die Berufung des Beschwerdeführers (abermals) als unbegründet ab. Dem Beschwerdeführer wurde "als Haftungspflichtiger für Herrn P als Pächter des Gasthauses XY .... für die Zeit vom 1.7.1979 bis 31.8.1980 der Getränkeabgabenrückstand in Höhe von S 27.771,-- zur Zahlung vorgeschrieben".

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. September 1988 unter Bezugnahme auf § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, LGBl. für Kärnten Nr. 8, als unbegründet abgewiesen.

Der Begründung dieses Bescheides zufolge stehe außer Streit, daß dem "Verhältnis zwischen dem Einschreiter als Verpächter des Gasthauses XY und Herrn P als Pächter ein Bestandvertrag in Form einer Pachtvereinbarung zugrundelag". Die Erlassung eines Haftungsbescheides nach § 4 des Getränkeabgabegesetzes 1978 sei nur an die Voraussetzung geknüpft, daß eine Getränkeabgabeschuld des Pächters bestehe und es der Verpächter unterlassen habe, den Beginn des Pachtverhältnisses und dessen Beendigung innerhalb der gesetzlichen Frist der Gemeinde nachweislich mitzuteilen. Diesbezügliche Mitteilungen durch den Verpächter lägen dem Aktenvorgang nicht bei und seien auch der Gemeinde nicht übermittelt worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, deren Beschwerdepunkt dahin zu verstehen ist, daß sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, nicht als Haftpflichtiger für die Getränkesteuerrückstände des P herangezogen zu werden.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Erkenntnis vom 7. Dezember 1990, G 50/90-6 und G 51/90-6, hat der Verfassungsgerichtshof dem auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles gestellten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, § 4 des Gesetzes vom 30. Juni 1978 über die Abgabe vom Verbrauch von Speiseeis und Getränken (Getränkeabgabegesetz 1978), LGBl. für Kärnten Nr. 94/1978, als verfassungswidrig aufzuheben, nicht Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der kassatorische Spruch des Vorstellungsbescheides der Kärntner Landesregierung vom 14. Februar 1985 wird auch von der Frage der Nennung des Bescheidadressaten im Spruch eines Abgabenbescheides (Haftungsbescheides) getragen. So wird in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt:

"Weder der erstinstanzliche noch der Bescheid des Gemeindevorstandes enthält in seinem Spruch, welcher ausschließlich in Rechtskraft erwächst, einen vom Gesetzgeber zwingend geforderten Bescheidadressaten."

Dieser Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 1985 ist in Rechtskraft erwachsen, seine tragenden Begründungselemente binden die Gemeindebehörden, die Gemeindeaufsichtsbehörde selbst und auch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1971, Slg. N. F. Nr. 8091/A, vom 13. November 1973, Slg. N. F. Nr. 8494/A und vom 16. Dezember 1983, Zl. 17/0600/79). Im Hinblick auf diese Bindungswirkung war vom Verwaltungsgerichtshof daher auch nicht zu prüfen, ob die Rechtsauffassung der belangten Behörde zutrifft, daß die Erledigungen der Gemeindeabgabenbehörden vom 1. Februar 1984 und vom 2. Juli 1984 dem Erfordernis des § 71 Abs. 2 LAO, LGBl. für Kärnten Nr. 36/1983, wonach in jedem Bescheid die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen ist, an die er ergeht, nicht entsprochen hätten.

Ausgehend von der oben genannten Bindungswirkung hatte die Vorstellungsbehörde im zweiten Rechtsgang zunächst zu prüfen, ob der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei der von der Vorstellungsbehörde im ersten Rechtsgang geäußerten Rechtsauffassung gefolgt ist. Dies ist aus folgenden Erwägungen nicht der Fall:

Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, wurde im fortgesetzten Verfahren die Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei vom 13. August 1985 als unbegründet abgewiesen und dem Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen ein Getränkeabgabenrückstand zur Zahlung vorgeschrieben. Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. September 1988 als unbegründet abgewiesen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 8. Mai 1969, Zl. 984/68, zur inhaltsgleichen Rechtslage nach § 93 Abs. 2 BAO ausgeführt hat, fehlt einer Erledigung der Bescheidcharakter, wenn der Adressat des Bescheides in dessen Spruch nicht bezeichnet ist (vgl. dazu u.a. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1983, Zlen. 83/17/0096, 0097, 0099, 0100, 0101, 0127, zur inhaltsgleichen Regelung des § 70 Abs. 2 LAO, LGBl. für die Steiermark Nr. 158/1963). Den in der kassatorischen Vorstellungsentscheidung der Kärntner Landesregierung vom 14. Februar 1985 geäußerten Rechtsauffassung folgend, kam im vorgenannten Sinne der Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 1. Februar 1984 Bescheidcharakter nicht zu.

Aus diesen Erwägungen folgt aber weiters, daß die Berufung gegen die erstinstanzliche Erledigung mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes zurückgewiesen hätte werden müssen. Stattdessen hat die Berufungsbehörde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen zur Zahlung eines Getränkeabgabenrückstandes herangezogen, diesbezüglich somit in Wahrheit als Abgabenbehörde erster Instanz entschieden.

Dadurch, daß die Vorstellungsbehörde diese dem Bescheid der Gemeindeabgabenbehörde zweiter Instanz anhaftende Rechtswidrigkeit nicht zum Anlaß einer aufsichtsbehördlichen Aufhebung genommen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Im übrigen wird für den Fall, daß die Verpachtung schon vor dem Inkrafttreten des Getränkeabgabengesetzes 1978 begonnen haben sollte, auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 88/17/0210, verwiesen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Rechtmäßigkeit behördlicher Erledigungen Unterschrift des Genehmigenden Verfahrensbestimmungen Verwaltungsgerichtsbarkeit (hinsichtlich der Säumnisbeschwerde siehe Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden) Diverses Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988170209.X00

Im RIS seit

08.03.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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