TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 85/05/0064

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

L85004 Straßen Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73;
B-VG Art119 Abs5;
B-VG Art18 Abs2;
LStVwG OÖ 1975 §3;
LStVwG OÖ 1975 §4;
LStVwG OÖ 1975 §46;
LStVwG OÖ 1975 §9 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F und der MN gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 1982, Zl. BauR-493/5-1981 Gr/Pl, betreffend Öffentlichkeitserklärung eines Weges und Bildung einer Beitragsgemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Roßleithen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Oktober 1980, betreffend eine Beitragsgemeinschaft (Pkt. 3 und 4) aufrechterhalten wurde; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.670,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit ihrem am 10. Jänner 1977 beim Gemeindeamt Roßleithen eingelangten Antrag begehrten die Beschwerdeführer die Durchführung eines Feststellungsverfahrens, ob der Weg Parzelle Nr. nn/2, KG X, als privat oder als öffentlich gelte. Ausdrücklich wurde auf § 3 des

O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 (LStVG) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 19. September 1977 richteten die Beschwerdeführer an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG 1950, in welchem sie ausführten, daß nach Ablauf von über sechs Monaten über ihren Antrag nicht entschieden worden sei.

Über diesen Devolutionsantrag faßte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 24. November 1977 den Beschluß, den Weg Parzelle Nr. nn/2 als Ortschaftsweg im Sinne des

O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 festzustellen. Es handle sich dabei um einen öffentlichen Weg, der sich zur Zeit im Privateigentum der Beschwerdeführer befinde.

Mit dem in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangenen Bescheid der Gemeinde vom 13. Februar 1978 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß §§ 73 Abs. 2 und 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß bereits im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 4. Mai 1951 festgestellt worden sei, daß der hier maßgebliche Ortschaftsweg eine öffentliche Straße im Sinne des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes sei, deren Benützung innerhalb des Gemeingebrauches jedermann gestattet sei. Das Grundstück Nr. nn/2, KG X, sei damit von der Öffentlichkeitserklärung durch die Bezirkshauptmannschaft erfaßt, sodaß der Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei.

Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung gab die O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 22. August 1978 Folge, behob den Bescheid der Gemeinde und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Spruch des Bescheides der Gemeinde sich nicht mit dem in dieser Angelegenheit gefaßten Beschluß des Gemeinderates decke. Den Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 68 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, sei nämlich dem Wortlaut des Beschlusses nicht zu entnehmen. Der von den Beschwerdeführern bekämpfte Bescheid sei daher nicht in Ausfertigung des maßgeblichen Gemeinderatsbeschlusses ergangen und die Beschwerdeführer seien bereits insoweit in ihren Rechten verletzt worden. Aber auch der vom Gemeinderat tatsächlich gefaßte Beschluß sei nach Auffassung der Aufsichtsbehörde unter Mißachtung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Der Antrag der Beschwerdeführer sei auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens im Sinne der Bestimmungen des Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 zur Klärung, ob ihr Weg als privat oder öffentlich gelte, gerichtet gewesen. Habe der Gemeinderat mit seiner Beschlußfassung eine Entscheidung (Feststellung) über die Öffentlichkeit des fraglichen Ortschaftsweges treffen wollen, so seien die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt worden, weil einer solchen Entscheidung ein im § 4 des Gesetzes normiertes Ermittlungsverfahren voranzugehen habe. Habe aber der Gemeinderat zum Ausdruck bringen wollen, daß es einer förmlichen Feststellung, ob der Ortschaftsweg als öffentlich anzusehen sei, nicht bedürfte, weil etwa im Hinblick auf die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf verfügte Bildung einer Beitragsgemeinschaft für die Erhaltung dieses Ortschaftsweges und die im Bescheid ausdrücklich festgehaltene Öffentlichkeit der Straße kein Zweifel an dieser Eigenschaft bestehen könnte, so wäre der Antrag unter Darstellung der maßgeblichen Erwägungen vom Gemeinderat abzuweisen gewesen.

In seiner Sitzung vom 8. Februar 1979 beschloß der Gemeinderat, seinen Beschluß vom 24. November 1977 aufzuheben und den Antrag der Beschwerdeführer wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. In seiner Sitzung vom 21. Juni 1979 beschloß dann der Gemeinderat, den Beschluß vom 8. Februar 1979 aufzuheben. Der Gemeinderat beschloß nunmehr, den Antrag der Beschwerdeführer auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens im Hinblick auf die von der Bezirkshauptmannschaft getroffene Entscheidung abzuweisen.

Den in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangenen Bescheid der Gemeinde vom 22. Juni 1979 behob die

O.ö. Landesregierung auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. August 1979 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Die Gemeindeaufsichtsbehörde vertrat die Ansicht, daß die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf in ihrem Bescheid vom 4. Mai 1951 getroffene Tatsachenfeststellung anläßlich der Bildung der Beitragsgemeinschaft bis zur Fertigstellung eines neuen Wirtschaftsweges im Jahre 1958 von niemandem in Zweifel gezogen worden sei. Seit der Errichtung dieses Wirtschaftsweges zu den Anwesen A, B und C werde jedoch der Weg Grundstück Nr. nn/2 kaum mehr von jemandem benützt und sei somit als öffentlicher Weg überflüssig. Auch sei die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf gegründete Beitragsgemeinschaft gegenstandslos geworden. Es wäre daher ohne weiteres möglich, daß anläßlich der Errichtung des Wirtschaftsweges der Gemeinderat den alten Weg durch einen entsprechenden Beschluß aufgelassen habe. Für die Auflassung des Weges als öffentlichen Weg durch die Gemeinde spreche die Tatsache, daß die Gemeinde einer beantragten Grundabteilung erst dann zugestimmt habe, als die Verkäufer dem Antragsteller über diese Wegparzelle das grundbücherlich sichergestellte Geh- und Fahrtrecht zum Baugrundstück eingeräumt hätten. Weiters habe die Gemeinde anläßlich einer weiteren Grundteilung ebenfalls nur unter der Voraussetzung zugestimmt, daß das grundbücherlich sichergestellte Geh- und Fahrtrecht über dieses Weggrundstück zum Bauplatz eingeräumt werde. Schließlich habe die Gemeinde auch bei weiteren beantragten Grundteilungen, welche von der Bezirkshauptmannschaft genehmigt worden seien, verlangt, daß das Geh- und Fahrtrecht über das gegenständliche Weggrundstück sichergestellt werde. Darüber, ob das Weggrundstück mit Beschluß des Gemeinderates als öffentlicher Weg aufgelassen worden sei, oder ob der Weg trotz der neuen Zufahrt noch als öffentlicher Weg bestehe, sage weder der angefochtene Bescheid etwas aus, noch könne diesbezüglich aus dem vorgelegten Akt eine eindeutige Aussage getroffen werden. So stehe die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung zumindest teilweise im Widerspruch mit einer von den Beschwerdeführern in Kopie vorgelegten Bestätigung der Gemeinde vom 9. Juli 1974, in der ausgeführt werde, daß ab Errichtung des Wirtschaftsweges "D" für die Wegparzelle Nr. nn/2 keine Erhaltungsgemeinschaft für diesen Weg tätig sei. Die Gemeinde habe daher die angeführte Wegparzelle ab Errichtung des Wirtschaftsweges nicht mehr verwaltet. Wenngleich aus dieser Bestätigung keine unmittelbare Feststellung über den Status des Weges als öffentlicher oder privater Weg abgeleitet werden könne, bestünden dennoch berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Annahme der Gemeindebehörde. Aufgabe des Gemeinderates werde es sein, anläßlich der neuerlich zu treffenden Entscheidung im Rahmen einer Augenscheinsverhandlung unter Ladung der Parteien und sonstigen Beteiligten festzustellen, ob der gegenständliche Weg öffentlich oder nicht öffentlich sei.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1980 behob der Gemeinderat den seinerzeitigen Beschluß vom 21. Juni 1979 und den darüber ergangenen Bescheid vom 22. Juni 1979 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister zwecks Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 4 LStVG zurück. Diesen Bescheid behob die

O.ö. Landesregierung auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 18. Juni 1980 mit der Begründung, daß auf Grund des Devolutionsantrages der Beschwerdeführer die Zuständigkeit vom Bürgermeister auf den Gemeinderat übergegangen sei.

Nach einer Augenscheinsverhandlung am 25. September 1980 beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 16. Oktober 1980 neuerlich über den Antrag der Beschwerdeführer. In einem Pkt. 1 wurde das Weggrundstück Nr. nn/2 auf eine näher beschriebene Länge für öffentlich erklärt, und zwar für den gesamten Verkehr. Im Pkt. 2 wurde der restliche Teil dieses Weggrundstückes für öffentlich erklärt, der Gemeingebrauch jedoch auf den Fußgängerverkehr eingeschränkt. In einem Pkt. 3 wurde eine Beitragsgemeinschaft gebildet und deren Kostenbeteiligung geregelt. In einem Pkt. 4 wurde eine mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems gebildete Beitragsgemeinschaft aufgelassen und eine weitere Bestimmung getroffen. In einem Pkt. 5 wurden privatrechtliche Einwendungen gemäß § 4 Abs. 2 LStVG auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Gegen den in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangenen Bescheid der Gemeinde vom 17. Oktober 1980 erhoben die Beschwerdeführer neuerlich Vorstellung an die

O.ö. Landesregierung.

Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung am 24. September 1981 gab die O.ö. Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Vorstellung keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, daß der sogenannte B-Weg seit Alters her bis zum Jahre 1951, also auf alle Fälle länger als 30 Jahre, einer Reihe von Benützern als alleinige Zufahrt zu ihren Gehöften und Grundstücken gedient habe. Eine anderweitige Wegverbindung zum übergeordneten Straßennetz habe bis zum Jahre 1951 bzw. 1957 (Errichtung des D-Weges) nicht bestanden. Auch dann, wenn ein Weg nur von verhältnismäßig wenigen Personen benützt werde, er jedoch die einzige Verbindung zu den nächsten größeren Ortschaften sei, sei ein allfälliges dringendes Verkehrsbedürfnis gegeben. Durch den Wegfall von Benützern sei die Öffentlichkeit des B-Weges nicht verlorengegangen. Die Feststellung in den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf aus den Jahren 1951 und 1954, daß es sich beim B-Weg um einen öffentlichen Weg handle, entspreche daher dem Gesetz und sei richtig gewesen. Aus dieser Tatsache heraus ergebe sich aber nun, daß der gesamte B-Weg auch heute noch ein öffentlicher Weg im Sinne des § 2 LStVG sei, da ein öffentlicher Weg, auch wenn er im Eigentum von Privatpersonen stehe, diese Eigenschaft nur dann verliere, wenn sie durch die zuständige Behörde ausdrücklich aufgehoben werde. Durch eine Änderung der Benützungsart und der Benützungsfrequenz könne nämlich eventuell eine Änderung in der Beitragspflicht hervorgerufen werden, nicht aber könne dadurch die Eigenschaft als öffentlicher Weg verlorengehen. Dies ergebe sich eindeutig aus § 9 LStVG, wonach die Auflassung einer öffentlichen Straße nur durch Verordnung der zuständigen Behörde, also bei Ortschaftswegen durch Verordnung des Gemeinderates, erfolgen könne. Habe eine Straße einmal durch langjährige Übung und wegen Vorliegens eines dringenden Verkehrsbedürfnisses die Eigenschaft als öffentliche Straße erlangt, so bleibe sie eine öffentliche Straße im Sinne des Gesetzes, bis sie diese Eigenschaft durch Verordnung der zuständigen Behörde wieder verliere. Eine Änderung in den Benützungsverhältnissen allein könne eine öffentliche Straße nicht zum Privatweg machen. Aber auch durch andere behördliche Akte als durch straßenrechtliche Auflassungsverordnungen könne diese Eigenschaft nicht aufgehoben werden. Die Tatsache, daß bei Grundteilungen die Einräumung eines Fahrtrechtes als Auflage aufgetragen werde, vermöge daher ebenfalls nicht den Charakter des B-Weges als öffentliche Straße in Zweifel zu ziehen, da diese Auflage einerseits der Rechtslage widerspreche und andererseits zudem von einer unzuständigen Behörde, nämlich der Baubehörde, vorgeschrieben worden sei. Die Beurteilung der Öffentlichkeit des Weges könne aber nur von den zuständigen Straßenbehörden vorgenommen werden, wobei es hiebei ohne Belang sei, daß der Bürgermeister und der Gemeinderat sowohl als Baubehörden als auch als Straßenbehörden auftreten. Der B-Weg sei also ein öffentlicher Weg, und zwar ein Ortschaftsweg gemäß § 8 Abs. 1 Z. 5 LStVG. Er stehe, da keine anderslautenden Behördenakte gesetzt worden seien, in seiner ganzen Länge uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr, und zwar sowohl dem Fußgeher- als auch dem Fahrzeugverkehr offen, wobei es für seinen rechtlichen Charakter ohne Belang sei, daß ein Fahrzeugverkehr auf Grund seiner Beschaffenheit schwer möglich ist. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid des Gemeinderates, daß er ab der Zufahrt zum Anwesen N bis zu seinem Ende nur dem Fußgängerverkehr offenstehe, sei daher unrichtig; durch diese Unrichtigkeit würden aber die Beschwerdeführer in ihren Rechten nicht verletzt, sodaß dieser Fehler nicht zur Aufhebung des Bescheides führen könne. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Bildung einer Beitragsgemeinschaft erfolge auf Grund des § 46 LStVG von Amts wegen, eine Vorgangsweise, die durch das Gesetz gedeckt sei und gleichfalls keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer hervorrufen könne. Die Art der Aufteilung sei von den Beschwerdeführern nicht bekämpft worden, sodaß diesbezüglich keine Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde vorgenommen hätte werden müssen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 21. Februar 1985, Zl. B 164/82-11, ablehnte, die Beschwerde jedoch dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Über diese Beschwerde, den ergänzenden Schriftsatz der Beschwerdeführer sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst ergibt sich schon aus der Sachverhaltsdarstellung, daß die Beschwerdeführer mit ihrem an die Gemeinde gerichteten Antrag ausdrücklich nur die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach den hier maßgeblichen Bestimmungen des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 (LStVG), LGBl. Nr. 22, begehrten. Da der Bürgermeister über ihren Antrag innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung getroffen hatte, stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG 1950 an den Gemeinderat. Die Zuständigkeit ist daher an den Gemeinderat lediglich hinsichtlich der Durchführung eines solchen Feststellungsverfahrens übergegangen, nicht aber war der Gemeinderat für die Festsetzung einer Beitragsgemeinschaft und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen zuständig, weil hiefür nach § 46 LStVG als Straßenbehörde erster Instanz der Bürgermeister zuständig ist. Zu Recht haben die Beschwerdeführer in ihrem ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof auf diese Unzuständigkeit des Gemeinderates verwiesen. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift behauptet, der Antrag der Beschwerdeführer habe sich auch auf eine Regelung der Aufteilung der Erhaltungskosten bezogen, so trifft dies nach der Aktenlage, wie dargetan, nicht zu. Entgegen der Meinung der belangten Behörde war daher der Gemeinderat zu einer solchen Entscheidung nicht zuständig, sodaß es Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, in dieser Beziehung den bei ihr angefochtenen Bescheid aufzuheben. Soweit die belangte Behörde daher diesbezüglich die Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen hat, hat sie ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Soweit die Beschwerdeführer Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend machen, weil die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, verkennen sie die Aufgabe der Gemeindeaufsichtsbehörde. Im allgemeinen steht es der Gemeindeaufsichtsbehörde frei, ob sie bei Vorliegen von Verfahrensmängeln ein eigenes Ermittlungsverfahren durchführt oder den angefochtenen Gemeindebescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhebt, zumal es hier nicht etwa um eine Ermessenskontrolle durch die Gemeindeaufsichtsbehörde ging (vgl. etwa die Ausführungen bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, S. 106 ff., und die dort zitierte Rechtsprechung). Die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt sohin nicht vor.

Bezüglich der Frage, ob das den Beschwerdeführern gehörende Grundstück Nr. nn/2, KG X, ein öffentlicher Weg oder Teil eines öffentlichen Weges ist, sind die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt, daß das genannte Weggrundstück - dieses ist seit der Anlegung des Grundbuches als Weggrundstück ausgewiesen - zusammen mit anderen Grundstücken den sogenannten B-Weg gebildet hat, welcher von der Liegenschaft B bis zur Vorderstoder Landesstraße führte, wie auch dem im Akt erliegenden Plan eindeutig entnommen werden kann (auf eine hier nicht maßgebliche Abzweigung wird nicht eingegangen). Erst durch später errichtete Verkehrsflächen hat der B-Weg in einem Teilbereich seine Bedeutung verloren. Dieser B-Weg war nun Gegenstand eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 4. Mai 1951, welcher in den Verwaltungsakten erliegt. Damals hat die Bezirkshauptmannschaft im Spruch des Bescheides nicht nur eine Beitragsgemeinschaft mit bestimmten Beitragsanteilen festgesetzt, sondern auch ausdrücklich festgestellt, daß der Ortschaftsweg eine öffentliche Straße im Sinne des Landes-Straßenverwaltungsgesetzes ist, deren Benützung innerhalb des Gemeingebrauches jedermann gestattet ist. Dieser Bescheidspruch ist und bleibt Bestandteil der Rechtsordnung, solange die Gemeinde eine Auflassung des Ortschaftsweges im Sinne des § 9 Abs. 4 LStVG nicht ausgesprochen hat. Eine solche Auflassung könnte nur in Form einer Verordnung des Gemeinderates erfolgen. Wenn die Baubehörde bei der Schaffung von Bauplätzen oder Erteilung von Baubewilligungen die Benützung dieser Grundflächen auf andere Weise durch Vorschreibungen oder Erklärungen für Verkehrszwecke sichern wollte, so war dies nicht erforderlich, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend feststellte. Diese Vorgangsweise der Baubehörde kann aber nicht der Erlassung einer Verordnung über die Auflassung der Straße durch die Straßenbehörde (Gemeinderat) gleichgesetzt werden. Solange eine solche Auflassung nicht ausgesprochen worden ist, erweist sich auch ein geringeres oder überhaupt nicht mehr bestehendes Verkehrsbedürfnis als bedeutungslos. Wenn die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, daß dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf keine Präjudizwirkung für das Feststellungsverfahren zukomme, so trifft dies nicht zu, weil dieser Bescheid eben nicht nur eine Beitragsgemeinschaft gebildet hat. Ob die seinerzeitige Feststellung allerdings zutraf oder nicht, ist deshalb rechtlich unerheblich, weil dieser Bescheid jedenfalls in Rechtskraft erwachsen ist. Soweit die Beschwerdeführer im einzelnen das Ermittlungsverfahren als mangelhaft bekämpfen, erübrigte sich im Hinblick auf die dargelegten rechtlichen Erwägungen eine nähere Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid im genannten Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen jedoch war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderliche Stempelgebühren.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren Vorstellung Sachverhaltsermittlung Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1985050064.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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