TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/11 90/16/0087

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Veröffentlicht am 11.04.1991
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §20 Abs1 Z2;
GrEStG 1955 §20 Abs1;
GrEStG 1955 §20;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 28. Februar 1990, Zl. 60.189-6/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - zunächst - im wesentlichen folgendes:

Der N und Josef St. hatten auf Grund des von ihnen zuerst unterfertigten Kaufvertrages vom (16./)29. Oktober 1986 gegenüber einer Aktiengesellschaft (in der Folge: Verkäuferin) den Anspruch auf Übereignung von 2/5 (Beschwerdeführer) und 3/5 (Josef St.) einer (aus neun Grundstücken bestehenden) inländischen Liegenschaft der Verkäuferin um einen Kaufpreis von insgesamt S 21,000.000,-- (Beschwerdeführer: S 8,400.000,--, Josef St.: S 12,600.000,--) erworben. Nach Punkt VI. dieses Kaufvertrages hatte die Verkäuferin dafür gehaftet, daß die Liegenschaft vollkommen frei von bücherlichen Lasten in das "grundbücherliche" Eigentum der Käufer übergehe.

Mit gesondert ausgefertigten - unangefochten gebliebenen - Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (in der Folge: FA) je vom 10. Dezember 1986 war gegenüber dem Beschwerdeführer und Josef St. (ausgehend von den angeführten Kaufpreisanteilen) für diese Erwerbsvorgänge Grunderwerbsteuer festgesetzt worden, und zwar gegenüber dem Beschwerdeführer mit einem Betrag von S 672.000,--.

Am 9. September 1988 langte beim FA je eine vom Beschwerdeführer unterfertigte Abgabenerklärung ein, und zwar die eine betreffend eine in Ablichtung angeschlossene Rücktrittsvereinbarung und die andere betreffend einen in Ablichtung angeschlossenen Kaufvertrag. Die (von Josef St. am 12. August 1988, vom Beschwerdeführer am 13. August 1988 und von der Verkäuferin am 26. August 1988 unterfertigte) Rücktrittsvereinbarung betraf den Kaufvertrag vom 29. Oktober 1986. Nach Punkt II. dieser Rücktrittsvereinbarung sei auf Grund des Urteiles des Bezirksgerichtes K. (in der Folge: BG) vom 18. Juni 1988 zu Lasten eines der erwähnten Grundstücke das Bestehen einer Dienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer einer anderen, derzeit Max E. gehörenden Liegenschaft festgestellt worden. Im Hinblick auf dieses Urteil könne die Verkäuferin die bedungene Lastenfreiheit nicht mehr gewährleisten. Laut Punkt III. dieser Rücktrittsvereinbarung seien die von den Käufern geleisteten Zahlungen an sie von der Verkäuferin zurückzuzahlen und die Käufer seien verpflichtet, die von ihnen übernommene Liegenschaft Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises an die Verkäuferin zurückzustellen.

Nach dem am 9. September 1988 dem FA in Ablichtung vorgelegten (von Josef St. und Johann H. je am 12. August 1988, vom Beschwerdeführer am 13. August 1988 und von der Verkäuferin am 26. August 1988 unterfertigten) Kaufvertrag erwarben der Beschwerdeführer 3/10, Josef St. 4/10 und Johann H. 3/10 der hier in Rede stehenden Liegenschaft der Verkäuferin um einen Kaufpreis von insgesamt S 20,000.000,-- (Beschwerdeführer:

S 6,000.000,--, Josef St.: S 8,000.000,-- und Johann H.:

S 6,000.000,--). Gemäß Punkt IV. Abs. 4 dieses Kaufvertrages sei der Kaufpreis mit Unterfertigung des Vertrages durch die Käufer zur Zahlung fällig und der Erhalt des Kaufpreises durch die Verkäuferin mit ihrer Unterschrift zu quittieren. Laut Punkt V. erster Satz dieses Kaufvertrages erfolge die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft mit Unterfertigung dieses Vertrages. Nach Punkt VI. dieses Kaufvertrages hafte die Verkäuferin dafür, daß die Liegenschaft - abgesehen von der oben erwähnten Dienstbarkeit - vollkommen frei von bücherlichen Lasten in das "bücherliche" Eigentum der Käufer übergehe. Gleichzeitig erklärten die Käufer, aus ihrer Nebenintervention in dem dem zitierten Urteil zugrundeliegenden Verfahren die die von Max E. behauptete Dienstbarkeit betreffende Sach- und Rechtslage zu kennen und mit Unterfertigung dieses Kaufvertrages an Stelle der Verkäuferin in das erwähnte Verfahren als Beklagte einzutreten. Der Beschwerdeführer übernehme ab diesem Zeitpunkt die Vertretung der Verkäuferin als Prozeßpartei ...

Am 20. September 1988 langte beim FA der Antrag des Beschwerdeführers und des (vom Beschwerdeführer vertretenen) Josef St. vom 19. September 1988 auf Rückerstattung der auf Grund der Bescheide des FA vom 10. Dezember 1986 entrichteten Grunderwerbsteuer ein. Dieser Antrag wurde damit begründet, daß die Antragsteller nunmehr mit der erwähnten Rücktrittsvereinbarung den Rücktritt vom Kaufvertrag vom 29. Oktober 1986 erklärt hätten.

Mit gesondert ausgefertigten Bescheiden je vom 21. Dezember 1988 setzte das FA auf Grund des zitierten

Antrages die mit den angeführten Bescheiden je vom 10. Dezember 1986 festgesetzte Grunderwerbsteuer (hinsichtlich des Josef St. von S 1,008.000,-- auf S 640.000,-- und hinsichtlich des Beschwerdeführers von S 672.000,-- auf S 480.000,--) herab, weil es sich um eine teilweise Rückgängigmachung des Vertrages und eine Kaufpreisreduzierung handle. Keinesfalls könne jedoch von einem gänzlichen Rücktritt gesprochen werden.

Nur gegen den den Beschwerdeführer betreffenden Bescheid vom 21. Dezember 1988 wurde (rechtzeitig) Berufung eingebracht und darin ausgeführt, der Kaufvertrag vom 29. Oktober 1986 sei durch die betreffende Rücktrittsvereinbarung zur Gänze aufgehoben worden. Aus diesem Grund sei es unverständlich, weshalb die Grunderwerbsteuer lediglich teilweise und nicht zur Gänze herabgesetzt worden sei. Der Umstand, daß zwischenzeitlich ein neuer Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, habe auf den "gegenständlichen" Grunderwerbsteuerbescheid keinerlei Einfluß.

In seinem (rechtzeitigen) Antrag vom 13. März 1989 auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies der Beschwerdeführer darauf, daß die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrages und der Abschluß eines geänderten neuen deshalb erforderlich gewesen sei, da sich nach Abschluß des ursprünglichen die zugunsten des Max E. als derzeitigem Eigentümer der erwähnten anderen Liegenschaft bestehende Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der verkauften Liegenschaft herausgestellt habe. Diese Dienstbarkeit sei bei Abschluß des ursprünglichen Vertrages noch nicht bekannt gewesen, da es sich um eine außerbücherliche handle. Sie entwerte die verkaufte Liegenschaft entscheidend, da es sich um ein Geh- und Fahrrecht im Eingangsbereich handle, wodurch die ursprüngliche Nutzung durch Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes nicht mehr im beabsichtigten Umfang möglich gewesen sei. Der Verkäuferin komme lediglich der reduzierte Kaufpreis zu. Sie wäre mit einem derartigen Vorgang grundlos selbstverständlich niemals einverstanden gewesen. Von einem Scheingeschäft zum Zwecke der Abgabenhinterziehung zu sprechen, sei daher völlig verfehlt.

Nachdem die Finanzlandesdirektion für Tirol (in der Folge: belangte Behörde) Ermittlungen durchgeführt hatte, übermittelte sie dem Beschwerdeführer mit ihrem Vorhalt vom 12. Dezember 1989 je eine - in der Folge noch näher darzustellende - Ablichtung seiner an die Verkäuferin gerichteten Schreiben vom 2. Mai und 23. Juni 1988 sowie der Schreiben der Verkäuferin vom 8. August 1988 an ihren sie vor dem Beschwerdeführer vertretenden Rechtsanwalt und vom 24. Oktober 1989 an die belangte Behörde, und zwar mit der Bekanntgabe der beabsichtigten (verbösernden - Herabsetzung der Grunderwerbsteuer nur auf den Betrag von S 640.000,--) Berufungsentscheidung.

Zu diesem Vorhalt brachte der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 9. Februar 1990 vor, die Annahme, es ergebe sich aus den übermittelten Schriftstücken kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer und Josef St. eine Vertragsrückgängigmachung angestrebt hätten, stehe im Widerspruch zur eindeutigen Vertragsurkunde über den erfolgten Rücktritt.

Der Abschluß eines geänderten Kaufvertrages, mit dem nicht nur ein anderer Kaufpreis festgesetzt, sondern auch eine wesentlich geänderte Bestimmung über die Beschaffenheit des Kaufobjektes (Übernahme einer für die Nutzbarkeit wesentlichen Dienstbarkeit im Eingangsbereich der Liegenschaft) vereinbart worden sei, rechtfertige nicht die Annahme, es handle sich beim Abschluß des zweiten Vertrages nur um die Modifizierung des ersten.

Der Folgekaufvertrag sei mit geänderten Miteigentumsverhältnissen zwischen den gleichen Verkäufern (richtig: derselben Verkäuferin) und den beiden ursprünglichen Käufern sowie einem neu hinzugekommenen dritten Käufer abgeschlossen worden.

Die Annahme, der Beschwerdeführer und Josef St. hätten auch ohne Hinzukommen des dritten Käufers die Liegenschaft wieder gekauft bzw. belastet behalten, sei durch die Aktenlage in keiner Weise gedeckt.

Unrichtig sei auch, daß die Verkäuferin die Verfügungsmacht über der Liegenschaft nicht wiedererlangt hätte. Tatsächlich habe sie ihre Verfügungsmacht durch Abschluß des neuen Kaufvertrages und unter Festlegung geänderter Vertragsbedingungen hinreichend dokumentiert.

Zusammenfassend könne also nicht von einer Änderung des Beteiligungsverhältnisses gesprochen werden, sondern es liege eindeutig der Abschluß eines neuen Vertrages vor und die Verkäuferin habe durch die abgeschlossene Rücktrittsvereinbarung kurzfristig auch ihre ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt.

Mit Berufungsentscheidung vom 28. Februar 1990 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Dezember 1988 ab und setzte die Grunderwerbsteuer nur auf S 640.000,-- herab. Dies nach einer kurzen Darstellung beider Kaufverträge und der Rücktrittsvereinbarung unter Anführung der Bestimmungen des § 20 Abs. 1 bis 5 GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG) mit einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1982 (richtig: 1989), Zl. 88/16/0187, im wesentlichen mit folgender Begründung:

Aus den übermittelten Schriftstücken ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer und Josef St. eine Vertragsrückgängigmachung dergestalt angestrebt hätten, daß die Verkäuferin den erhaltenen Kaufpreis zurückgegeben habe und die Käufer die am 22. Juni 1988 übernommene Liegenschaft rückzuübertragen gehabt hätten. Den Käufern sei es nur darum gegangen, eine Herabsetzung des Kaufpreises zu erreichen und bei dieser Gelegenheit auch eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der betreffenden Liegenschaft herbeizuführen (obwohl eine solche Änderung ohne Mitwirkung der Verkäuferin möglich gewesen wäre). Laut Schreiben des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1988 - mit dem Betreff "Ersuchen um Vertragsaufhebung und Neuabschluß eines Vertrages" - hätten der Beschwerdeführer und Josef St. beabsichtigt, das Beteiligungsverhältnis im Kaufvertrag unter Neuaufnahme eines weiteren Beteiligten zu ändern. Aus diesem Anlaß habe sich der Beschwerdeführer erlaubt, eine entsprechende Rücktrittsvereinbarung und einen neuen Kaufvertrag zu erstellen. Dabei gehe der Beschwerdeführer davon aus, daß durch den neuen Kaufvertrag der Verkäuferin keine Nachteile entstünden und die bereits erstellte Bankgarantie auch für den nunmehr geänderten Kaufvertrag zu gelten habe. Falls die Verkäuferin die Verfügungsmöglichkeit wiedererlangt hätte, wäre es ihre Sache gewesen, sich um eine neue Käufergruppe umzusehen und mit dieser einen neuen Vertrag abzuschließen.

Laut Schreiben des Beschwerdeführers vom 23. Juni 1988 sei ein Vergleich dahingehend angestrebt worden, daß der durch die hervorgekommene Dienstbarkeit entstandene Nachteil durch eine Verringerung des Kaufpreises um S 1,000.000,-- ausgeglichen werde. Außerdem habe der Beschwerdeführer erklärt, die Verfassung eines geänderten Vertrages wäre erforderlich.

Aus dem Schreiben der Verkäuferin vom 8. August 1989 - richtig: 1988 - (vier Tage vor der ersten Unterschriftleistung auf der Rücktrittsvereinbarung und dem neuen Kaufvertrag) an ihren früheren Rechtsfreund gehe hervor, daß sich sie sowie der Beschwerdeführer und Josef St. dahingehend geeinigt hätten, im Hinblick auf die Dienstbarkeit den Kaufpreis herabzusetzen, und es den Käufern überlassen werde, den Prozeß wegen der Dienstbarkeit zwar im Namen der Verkäuferin aber auf Kosten und Risiko des Beschwerdeführers und Josef St. weiterzuführen. Die Rücktrittsvereinbarung und der neue Kaufvertrag seien von den Vertragspartnern jeweils am gleichen Tag unterfertigt worden. Dabei habe die Verkäuferin die Rücktrittsvereinbarung erst am 26. August 1988 unterschrieben, während Josef St., Johann H. und der Beschwerdeführer den neuen Kaufvertrag bereits am 12. bzw. 13. August 1988 unterschrieben hätten.

Auf Grund dieser Sachlage ergebe sich, daß von keiner Seite beabsichtigt gewesen sei, eine Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 29. Oktober 1986 (Rückgabe des Kaufpreises und Rückgabe der Liegenschaft) durchzuführen und eine solche Rückgabe auch tatsächlich nie stattgefunden habe. Die Verkäuferin habe somit die Verfügungsmacht über die betreffende Liegenschaft nicht wiedererlangt und deshalb auch nicht die Möglichkeit gehabt, sich zu entscheiden, ob sie die zurückgegebene Liegenschaft wieder selbst behalte oder sich um einen anderen Kaufinteressenten umsehe.

Sowohl die Verkäuferin als auch der Beschwerdeführer hätten den Bedenkenvorhalt dahin gehend beantwortet, daß eine echte Rückgängigmachung vorliege und deshalb der Abschluß eines neuen Kaufvertrages möglich gewesen sei. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabenpflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne. Dies sei aber nicht geschehen.

Zutreffend sei jedoch, daß der Kaufpreis wegen der hervorgekommenen Dienstbarkeit um S 1,000.000,-- herabgesetzt worden sei, der auf den Beschwerdeführer entfallende Kaufpreisanteil vermindere sich dadurch auf S 8,000.000,--. Die Grunderwerbsteuer sei deshalb gemäß § 20 Abs. 3 und 4 GrEStG auf S 640.000,-- herabzusetzen. Ansonsten sei die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Gegen diesen Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtene Berufungsentscheidung im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG (Beschwerdepunkte) in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, daß die mit Bescheid des FA vom 10. Dezember 1986 ihm gegenüber festgesetzte Grunderwerbsteuer auf Null abgeändert werde.

Die Parteien dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen stillschweigend, aber auf Grund des § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 zutreffend davon aus, daß im vorliegenden Fall noch die Bestimmungen des GrEStG anzuwenden sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird.

Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 GrEStG darstellt, so gelten nach § 20 Abs. 2 GrEStG die Bestimmungen des Abs. 1 Z. 1 und 2 sinngemäß.

Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Grund des § 20 Abs. 3 GrEStG die Steuer auf Antrag der Herabsetzung entsprechend festgesetzt,

1. wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet,

2. wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund der §§ 932 und 933 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

Ist in den Fällen des Abs. 1 bis 3 des § 20 GrEStG die Steuer bereits festgesetzt, so ist gemäß § 20 Abs. 4 GrEStG auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern.

Auf Grund des § 20 Abs. 5 GrEStG können Anträge nach Abs. 1 bis 4 bis zum Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Tatbestandsmerkmal "rückgängig gemacht" in Z. 1 und 2 des § 20 Abs. 1 GrEStG dieselbe Bedeutung hat.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. mit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. April 1984, Zl. 82/16/0165, Slg. Nr. 5876/F, und dem schon oben angeführten - in der ÖStZB 22/1989, S. 421, veröffentlichten - im wesentlichen folgendes dargetan:

Ein Erwerbsvorgang ist nicht im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt - DER FORM NACH aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt.

In dem zuletzt zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters dargelegt, daß es sich bei § 20 GrEStG um eine Begünstigungsbestimmung handelt und bei Begünstigungstatbeständen die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Ganz abgesehen davon, daß es sich bei dem erstmaligen Vorbringen in der Beschwerde, warum Johann H. als Mitkäufer in Erscheinung getreten sei, um eine auf Grund des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung handelt, ist es nach dem zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates ohne rechtliches Gewicht, welche wirtschaftlichen Motive für die Vertragsgestaltungen entscheidend waren.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung keine Rechtswidrigkeit darin zu erblicken, wenn die belangte Behörde auf Grund der ihr vorgelegten Urkunden eine Rückgängigmachung des Kaufvertrages im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 1 (oder 2) GrEStG ausschloß. Nach keiner dieser Urkunden hatte die Verkäuferin in bezug auf die hier in Rede stehende Liegenschaft ihre ursprüngliche (freie) Rechtstellung wiedererlangt. Vielmehr ging es ihr, Josef St. und vor allem dem Beschwerdeführer darum, den ursprünglichen Kaufvertrag trotz des inzwischen bekannt gewordenen Rechtsmangels (siehe z.B. Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Wien - Stand nach dem 15. Nachtrag Juli 1987, Tz 49b Abs. 3 und Tz 85 zu § 20) - möglichst zum eigenen Vorteil - weitestgehend unverändert aufrechtzuerhalten.

Zutreffend weist die belangte Behörde u.a. insbesondere auf das - eingangs die Übergabe der Liegenschaft laut Kaufvertrag vom 29. Oktober 1986 bestätigende - Schreiben des Beschwerdeführers vom 23. Juni 1988 hin, wonach bei einer am Vortag stattgefundenen Besprechung eine vergleichsweise Regelung dahin gehend erörtert worden sei, daß die Verkäuferin für den Fall des Obsiegens des Servitutsberechtigten den Kaufpreis um S 1,000.000,-- verringern würde. Mit diesem Pauschalbetrag, durch welchen die Nachteile der Käufer "im tatsächlichen" ohnedies nur zu einem geringen Teil abgefunden wären, würden die Käufer ihren Schaden insgesamt als abgefunden erklären. Allerdings wäre die Verfassung eines geänderten Vertrages erforderlich. Gleichzeitig teilt der Beschwerdeführer mit, er habe vorerst einen Betrag von S 17,500.000,-- - allerdings ohne Präjudiz und ohne Aufgabe der Ansprüche der Käufer - an die Verkäuferin überwiesen. Weiters teilte die Verkäuferin ihrem früheren Rechtsfreund in ihrem Schreiben vom 8. August 1988 ausdrücklich mit, daß in der Zwischenzeit mit den Käufern der Liegenschaft, dem Beschwerdeführer und Josef St., eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach die Käufer ab sofort das Risiko der Dienstbarkeit ausschließlich zu ihren Lasten nehmen würden, wobei seitens der Verkäuferin eine Ermäßigung des Kaufpreises der Liegenschaft um S 1,000.000,-- eingeräumt worden sei.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung wurde er in dem von ihm geltend gemachten Beschwerdepunkt durch die von der belangten Behörde vorgenommene (bloße) Herabsetzung (Minderung) der Gegenleistung im Sinn des § 20 Abs. 3 Z. 2 und Abs. 4 GrEStG unter gleichzeitiger Verneinung einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 29. Oktober 1986 nicht verletzt.

Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, und zwar ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers auf Grund des § 39 Z. 6 VwGG ohne Durchführung einer Verhandlung.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Begünstigungstatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990160087.X00

Im RIS seit

11.04.1991

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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