TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/22 90/15/0011

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Veröffentlicht am 22.04.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §22;
BAO §102;
BAO §284 Abs2;
UStG 1972 §12 Abs2 Z1;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 litc;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
ZustG §13 Abs4;
ZustG §21 Abs1;
ZustG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des 1. Dr. N und des 2. Dr. O, beide Rechtsanwälte in Wien I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 11. August 1989, Zl. 6/1-1208/87-01, betreffend Umsatzsteuer 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer bei den beschwerdeführenden Rechtsanwälten durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Abzug der auf die Kosten der Garagierung der PKW der Beschwerdeführer entfallenden Vorsteuern sei nicht zulässig, weil gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten. Das Finanzamt erließ dieser Auffassung des Prüfers folgende, den Abzug von Vorsteuern im Betrage von S 5.784,-- (1982), S 6.015,-- (1983) und S 7.302,-- (1984) versagende Umsatzsteuerbescheide.

Mit der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, mit den Lieferungen und Leistungen, die nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 als nicht für das Unternehmen ausgeführt gelten, könnten nur jene Aufwendungen gemeint sein, die kausal für das Fahrzeug aufgewendet würden, nicht jedoch jene Aufwendungen, die mit dem Fahrzeug für ganz andere Zwecke zwangsläufig erwachsen, wie z. B. Garagierungskosten im innerstädtischen Bereich oder etwa Transportkosten, die im Zusammenhang mit einer Reise entstünden.

Nach Erlassung einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragten die Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz in mündlicher Verhandlung. Sie führten ergänzend im wesentlichen aus, die Nichtanerkennung des Vorsteuerabzuges für Garagierungskosten führe zu einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil auf Grund der regionalen Verschiedenheit in einem Fall Garagierungen zur absoluten Betriebsnotwendigkeit zählten und im anderen Fall nicht erforderlich seien. Auch die Höhe der Garagierungskosten sei wegen der räumlichen Gegebenheiten nicht beeinflußbar. Der Begriff Betrieb von Personenkraftwagen dürfe nicht exzessiv interpretiert werden. Darunter dürften nur unmittelbare Kosten, die mit dem Personenkraftwagen im Zusammenhang stünden, gesehen werden, nicht hingegen alle Kosten schlechthin, die im weitesten Sinn nur mittelbar mit Kraftfahrzeugen zusammenhingen.

Die belangte Behörde beraumte die mündliche Verhandlung für den 27. Juli 1989 an. Die Ladung wurde den Beschwerdeführern (zu Handen des Erstbeschwerdeführers) in deren Kanzlei am 13. Juli 1989 zugestellt und dort von einer Person, die sich durch Ankreuzen der entsprechenden Rubrik als "Angestellter des berufsmäßigen Parteienvertreters" zu erkennen gab, unter Beifügung eines den Namen des Erstbeschwerdeführers tragenden Eingangsstempels übernommen. Die Beschwerdeführer erschienen zur mündlichen Berufungsverhandlung nicht.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, ein Entschuldigungsschreiben der Beschwerdeführer sei der belangten Behörde nach dem Verhandlungstermin (am 31. Juli 1989) zugegangen. Das Fernbleiben der Partei von der Verhandlung habe gemäß § 284 Abs. 2 BAO nicht deren Durchführung gehindert. Im übrigen sei ausschließlich eine Rechtsfrage zu erörtern gewesen.

Nach herrschender Lehre decke sich der Begriff der im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 2 lt. c UStG 1972 mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang stehenden Leistungen mit der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung. Auf Grund des Abgabenänderungsgesetzes 1980 zählten daher ab 1. Jänner 1981 auch die Garagierungskosten eines Kraftfahrzeuges zu den mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbundenen Kosten. Es stehe außer Zweifel, daß Garagierungskosten als mit dem Betrieb eines PKW in Zusammenhang stehend anzusehen seien. Eine Unterscheidung in mittelbare oder unmittelbare Kraftfahrzeugaufwendungen sei nicht vorzunehmen.

Garagierungsleistungen seien als einheitliche sonstige Leistungen zu beurteilen, die für einen einheitlichen Gegenstand erbracht würden, der als nicht zum Unternehmensbereich gehörig anzusehen sei.

Die Beschwerdeführer erhoben zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluß vom 28. November 1989, Zl. B 1181/89, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1972 kann ein Unternehmer unter den in der zitierten Vorschrift angeführten Voraussetzungen die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt wurden (Z 1), als Vorsteuerbeträge von der Umsatzsteuer abziehen.

Nach dem ersten Satz des § 12 Abs. 2 leg. cit. gelten

Lieferungen oder sonstige Leistungen ... als für das

Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen.

Hievon bestehen Ausnahmen nach § 12 Abs. 2 Z. 1 bis 3. Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 in der im Streitzeitraum (1982 bis 1984) maßgeblichen Fassung gelten (von im vorliegenden Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) Lieferungen und sonstige Leistungen als nicht für das Unternehmen ausgeführt, die in Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen.

Die zuletzt angeführte Vorschrift wurde durch Abschnitt VI Art. I Z. 7 des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 645, eingeführt. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (626 Blg. NR. XIV. GP.) habe diese an sich nicht systemkonforme Regelung ihren Grund in budget- und wirtschaftspolitischen Überlegungen, wobei für die gänzliche Versagung des Vorsteuerabzuges - auch hinsichtlich des Betriebes der Kraftfahrzeuge - nicht zuletzt auch verwaltungstechnische Gründe maßgebend seien. Da die in Rede stehenden Kraftfahrzeuge nicht als für das Unternehmen angeschafft gelten, könnten sie auch nicht als zum Unternehmensbereich gehörig angesehen werden, sodaß diesbezüglich weder eine Eigenverbrauchsbesteuerung noch eine Besteuerung des Selbstverbrauches in Betracht kommen könne.

Im Beschwerdefall ist maßgeblich, ob die "Garagierung" eines PKW eine Leistung darstellt, die im Sinne des § 12 Abs. 2 lit. c UStG 1972 mit dem Betrieb eines PKW in Zusammenhang steht.

Dabei ist zu beachten, daß die zitierte Vorschrift den Abzug sowohl der mit der Anschaffung (bzw. Herstellung oder Miete) als auch mit dem Betrieb von Personenkraftwagen in Zusammenhang stehenden Vorsteuern - als Leistungen betreffend, die als nicht für das Unternehmen ausgeführt gelten - ausschließt. Die Vorschrift bedeutet somit einen umfassenden Ausschluß des Abzuges jener Vorsteuern, die in allen durch Anschaffung und Halten eines PKW veranlaßten Aufwendungen enthalten sind. Es ist daher eine einschränkende Auslegung des Begriffes "Betrieb", als deren Ergebnis nur die mit dem "Fahrbetrieb" in ursächlichem Zusammenhang stehenden Vorsteuern vom Abzug ausgeschlossen wären, nicht angezeigt. Mit dem "Betrieb" im Sinne der zitierten Vorschrift in ursächlichem Zusammenhang stehen somit alle Leistungen, die bei der widmungsgemäßen Benützung anfallen; dazu zählen auch die Kosten der "Abstellung" (gegebenenfalls "Garagierung") eines PKW, mögen diese wegen des Parkplatzmangels in Großstädten oder aus anderen Gründen anfallen, weil auch ein Ursachenzusammenhang zwischen der Benützung eines PKW und der Garagierung nicht verneint werden kann.

Die Beschwerdeführer machen geltend, sie seien zur Anmietung eines Garagenplatzes wegen der Lage ihres Betriebes in der Wiener Innenstadt und des damit verbundenen Parkplatzmangels bzw. der erhöhten Gefahr von Beschädigungen gezwungen. Damit wird aber nicht aufgezeigt, daß kein Zusammenhang zwischen den Garagenkosten und dem Betrieb eines PKW bestünde. Daß nicht alle Abgabepflichtigen von den behaupteten Umständen in gleicher Weise betroffen werden, ändert nichts am Ursachenzusammenhang zwischen dem Betrieb eines PKW und dessen "Garagierung".

Soweit die Beschwerdeführer (ebenso wie die belangte Behörde) auf ertragsteuerrechtliche Regelungen Bezug nehmen, ist darauf hinzuweisen, daß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 - anders als etwa Abs. 2 Z. 1 leg. cit. - nicht an das Ertragsteuerrecht anknüpft. Den von den Erlässen des Bundesministers für Finanzen vom 22. Dezember 1977, AÖF Nr. 286/1977, und vom 30. Jänner 1981, AÖF Nr. 64/1981, ausgehenden Ausführungen der Beschwerde ist zu erwidern, daß die genannten Erlässe mangels ordnungsgemäßer Publikation keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindlichen Rechtsquellen darstellen.

Auch die Verfahrensrüge ist nicht berechtigt. Die Beschwerdeführer machen geltend, die (nach der Aktenlage den Beschwerdeführern zu Handen des Erstbeschwerdeführers zugestellte) Ladung zur mündlichen Verhandlung sei am 13. Juli 1989 während "meiner urlaubsbedingten Abwesenheit" (offenbar des Erstbeschwerdeführers) zugestellt worden; es sei daher keine ordnungsgemäße Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung erfolgt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt § 13 Abs. 4 des Zustellgesetzes, wonach eine Sendung an jeden in der Kanzlei des berufsmäßigen Parteienvertreters anwesenden Angestellten zugestellt werden darf, auch dann zur Anwendung, wenn Adressat des zuzustellenden Schriftstückes der Rechtsanwalt persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Parteienvertreter ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0137, vom 19. April 1989, Zl. 89/02/0018, und vom 21. Februar 1990, Zl. 89/02/0161). Die in der zitierten Vorschrift genannten "Angestellten des Parteienvertreters" sind keine Ersatzempfänger; an sie dürfen daher auch solche Sendungen zugestellt werden, bezüglich derer eigenhändige Zustellung angeordnet ist. Für die Wirksamkeit der Zustellung der Ladung ist eine allfällige Abwesenheit des Erstbeschwerdeführers im Zeitpunkt der Zustellung somit ohne Belang (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 88/11/0048). Die Annahme der Beschwerdeführer, die Ladung sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, ist daher unzutreffend.

Die Beschwerdeführer bringen in diesem Zusammenhang ferner vor, nach der Rückkehr vom Urlaub am 23. Juli 1989 habe der (offenbar Erst-)Beschwerdeführer am 25. Juli 1989 eine Vertagungsbitte in bezug auf die für den 27. Juli 1989 anberaumte mündliche Verhandlung abgefertigt. Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, wonach diese Vertagungsbitte nach dem Termin der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde eingelangt sei, bleibt jedoch unwidersprochen. Im übrigen legen die Beschwerdeführer nicht dar, welche Gründe für eine Verlegung der Verhandlung vorgelegen hätten, deren Nichtbeachtung durch die belangte Behörde - rechtzeitiges Einlangen des Vertagungsantrages vorausgesetzt - einen relevanten Verfahrensmangel bedeutet hätte. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführer begründet somit schon im Hinblick auf § 284 Abs. 2 BAO keinen Verfahrensmangel.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren ErlässeVerwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990150011.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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