TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/26 90/18/0252

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Veröffentlicht am 26.04.1991
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Index

27/01 Rechtsanwälte;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2;
RAO 1868 §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 26. September 1990, Zl. Ib-292-122/90, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 26. September 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 bestraft, weil er "als die Person, die laut Mitteilung des Zulassungsbesitzers Auskunft erteilen kann, der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Bregenz) auf Verlangen vom 23. 05. 1990 nicht binnen zwei Wochen nach der am 28. 05. 1990 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt"

habe, "von wem das Fahrzeug (Pkw) mit dem Kennzeichen ... am

26. 03. 1990 um 22.36 Uhr auf der Hofriedenstraße (L 1) in Lochau, Höhe Haus Nr. 15, in Fahrtrichtung Bregenz gelenkt wurde".

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Zufolge § 9 Abs. 2 erster Satz der Rechtsanwaltsordnung (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 556/1985) ist der Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist, verpflichtet.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde eine Aktenwidrigkeit vor, weil sie davon auszugehen gehabt hätte, daß er "in dieser Angelegenheit" von einer Person mit der Vertretung beauftragt und ersucht worden sei, "ihren Namen nicht bekanntzugeben", und er dieses Mandat auch angenommen habe. Die Auskunftsverweigerung sei daher nicht auf die Tatsache der Überlassung des Kraftfahrzeuges, sondern "auf die Tatsache der nach der Mandatserteilung bzw. Mandatsübernahme und den im Rahmen dieses Vertrages erteilten bzw. übernommenen Auftrag gestützt" worden. Die Überlassung eines Fahrzeuges durch einen Rechtsanwalt an eine bestimmte Person könne zwar sicherlich nicht als eine Angelegenheit gewertet werden, die diesem Rechtsanwalt "anvertraut" worden sei, wohl jedoch dann, wenn der Benützer dieses Fahrzeuges nach Begehung der Verwaltungsübertretung "den Überlasser dieses Fahrzeuges, welcher zufällig Rechtsanwalt ist", mit seiner diesbezüglichen Rechtsvertretung beauftragt habe. § 9 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung enthalte kein Auskunftsverweigerungsrecht, sondern vielmehr eine Auskunftsverweigerungsverpflichtung. Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 beziehe sich nur auf Auskunftsverweigerungsrechte, nicht hingegen auf Auskunftsverweigerungspflichten.

Der Beschwerdeführer geht also selbst davon aus, daß die Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch einen Rechtsanwalt an einen Klienten nicht als eine Angelegenheit gewertet werden kann, die dem Rechtsanwalt im Sinne des § 9 Abs. 2 erster Satz der Rechtsanwaltsordnung vom Klienten "anvertraut" worden wäre (vgl. dazu im übrigen das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1990, Zl. 90/18/0053, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Da es sich ferner nach Ansicht des Gerichtshofes bei der verlangten Auskunft auch nicht um eine dem Rechtsanwalt "in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordene Tatsache" im Sinne der zitierten Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung handeln kann (es ist ihm ja nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt "bekannt geworden", daß er das in Rede stehende Fahrzeug der von ihm erst nach Begehung der der Anfrage zugrunde liegenden Verwaltungsübertretung mit der Vertretung betrauten Person überlassen hat, welche diese Übertretung begangen hat), vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen schon aus diesem Grunde nicht nur keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Aktenwidrigkeit, sondern auch keine sonstige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen (vgl. auch dazu das eben erwähnte hg. Erkenntnis).

Ungeachtet dessen kann der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die Regelung des § 9 Abs. 2 leg. cit. für seinen Standpunkt auch deshalb nichts gewinnen, weil die Verfassungsbestimmung des § 103 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung nach der 10. Novelle vorsieht, daß Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, Auskünfte im Sinne des ersten Satzes dieser Bestimmung zu verlangen, zurücktreten. Dem in diesem Zusammenhang vorgebrachten, bereits erwähnten Einwand des Beschwerdeführers, die Vorschrift des § 103 Abs. 2 KFG 1967 beziehe sich nur auf Auskunftsverweigerungsrechte, nicht hingegen auf Auskunftsverweigerungspflichten, kommt keine Bedeutung zu, weil die im § 9 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung statuierte Verschwiegenheitspflicht zur Folge hat, daß die Behörde keinen Anspruch auf Erteilung von Auskünften hinsichtlich jener Angelegenheiten hat, die von dieser Verschwiegenheitsverpflichtung betroffen sind. Die dem Rechtsanwalt durch die erwähnten Regelungen der Rechtsanwaltsordnung eingeräumte Befugnis, über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen keine Auskunft zu geben, ist daher insoweit durch die in Rede stehende Verfassungsbestimmung durchbrochen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz (im Rahmen des gestellten Antrages) gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180252.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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