TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 91/05/0097

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

L82000 Bauordnung;
L82259 Garagen Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §42;
AVG §43 Abs5;
AVG §8;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der A gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. März 1991, Zl. MD-VfR-B XXII-2/91, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: G Gesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 35, vom 27. November 1990 wurde der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens u.a. unter Berufung auf § 70 der Bauordnung für Wien die Bewilligung zur Errichtung einer Tankstelle in Wien, B-Straße, erteilt und der von der Beschwerdeführerin "vorgebrachte Einspruch wegen ... einer nicht näher beschriebenen biologischen Beeinträchtigung ihrer Liegenschaft als in der Bauordnung für Wien und dem Wiener Garagengesetz nicht begründet abgewiesen".

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. März 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Zu dem erwähnten Einwand der Beschwerdeführerin bemerkte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides, daß die Ausübung der Berufsgärtnerei sicherlich eine der Formen der "Bewirtschaftung der Landwirtschaft" darstelle, was sich auch darin äußere, daß Berufsgärtner Angehörige der Landwirtschaftskammer seien. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gehe allerdings dahin, daß es sich bei der von Nachbarn geltend gemachten Beeinträchtigung der Bewirtschaftung nicht um ein rechtliches, sondern um ein wirtschaftliches Interesse handle. In die gleiche Richtung weise auch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, demzufolge die Einwendung, eine Liegenschaft werde durch die Bauführung entwertet, als privatrechtlich zu qualifizieren sei. Einwendungen, daß die vom Bauwerk zu erwartenden Immissionen über das ortsübliche widmungsmäßige Ausmaß hinausgingen, seien nie erhoben worden. Die Abweisung des von der Beschwerdeführerin in der Bauverhandlung vorgebrachten Einspruches sei daher im Ergebnis zu Recht erfolgt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes muß jede Tankstelle so beschaffen sein, daß eine Gefährdung ihrer Benützer, der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch giftige Gase oder Dämpfe, durch Brand oder durch Explosion sowie eine das nach der festgesetzten Widmung zulässige Ausmaß übersteigende Belästigung der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch Lärm, üblen Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten ist.

Diese Vorschrift dient zwar nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch jenem der Nachbarschaft, weshalb den Nachbarn daraus das subjektiv-öffentliche Recht erwächst, daß keine Tankanlage baubehördlich bewilligt wird, durch die eine in der wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmung angeführte Gefährdung oder Belästigung eintritt (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1960, Slg. N. F. Nr. 5389/A). Dieser Bestimmung ist aber nicht zu entnehmen, daß der Nachbar auch dann einen Rechtsanspruch auf Abweisung eines Bauansuchens für eine Tankstelle hätte, wenn deren Betrieb im Sinne der von der Beschwerdeführerin bei der Bauverhandlung erhobenen Einwendung "eine biologische Beeinträchtigung" der in der Gärtnerei erzeugten Produkte herbeiführen könnte.

Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden und wird im übrigen auch in der Beschwerde gar nicht behauptet, daß die anläßlich der Bauverhandlung protokollierte Einwendung der Beschwerdeführerin, mit welcher eine "biologische Beeinträchtigung ihrer Liegenschaft" geltend gemacht worden ist, im Sinne einer Befürchtung der Beschwerdeführerin zu verstehen sein könnte, daß sie als Nachbarin im Sinne des § 6 Abs. 1 leg. cit. durch die von der Tankstelle ausgehenden "giftigen Gase oder Dämpfe" oder durch einen von dieser Anlage ausgehenden "üblen Geruch" belästigt werden könnte. Die belangte Behörde hat daher keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführerin verletzt, wenn sie auf die in Rede stehende Einwendung der Beschwerdeführerin nicht meritorisch eingegangen ist und die beantragte Baubewilligung dennoch erteilt hat.

Die Beschwerdeführerin ist aber auch nicht in ihrem aus § 13 a AVG abzuleitenden Belehrungsrecht verletzt worden, weil dieses auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten beschränkt ist und sich nicht auf Belehrungen in der Sache selbst bezieht. Die Manuduktionspflicht geht also nicht etwa so weit, daß eine Partei, die unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 Abs. 1 AVG zu einer mündlichen Verhandlung geladen wurde, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden müßte. Die Behörde ist auch nicht verpflichtet, die Partei zu weiteren Einwendungen anzuleiten (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 178 f. unter den Punkten 4, 6 a und 8 wiedergegebenen hg. Erkenntnisse). Im übrigen ist noch darauf hinzuweisen, daß die Baubehörde das Bauansuchen der Mitbeteiligten auch dann nicht abzuweisen gehabt hätte, wenn die Einwendung der Beschwerdeführerin im Sinne der nunmehrigen Ausführungen in der Beschwerde so zu verstehen gewesen wäre, "daß der Betrieb der Tankstelle" die "Landwirtschaft" der Beschwerdeführerin "schädigen würde".

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den mit Schriftsatz vom 8. Mai 1991 gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Verfahrensrecht AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050097.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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