TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/19 90/03/0262

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Veröffentlicht am 19.06.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §16 Abs1;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 26. September 1990, Zl. 8V-1147/5/90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 31. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. August 1989 um 15.00 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges auf der Südautobahn A-2, Richtungsfahrbahn Klagenfurt - Villach, bei Baukm 353.200 die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 41 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verhängt wurde.

Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung, die im Zuge des Berufungsverfahrens - unbestritten - auf den Strafausspruch eingeschränkt wurde, gab die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 26. September 1990 insofern teilweise Folge, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von fünf Tagen herabgesetzt wurde. In der Begründung des Bescheides wurde zum Unrechtsgehalt der Tat zunächst bemerkt, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen die häufigsten Unfallursachen seien. Selbst die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten dürften nur bei optimalen Verhältnissen (trockene Fahrbahn, gute Sicht, geringes Verkehrsaufkommen) gefahren werden. Dazu komme, daß der Beschwerdeführer die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit beträchtlich überschritten habe. Dadurch habe er nicht nur die Verkehrssicherheit gefährdet, sondern auch die Umwelt durch den erhöhten Schadstoffausstoß vermehrt belastet. Der Unrechtsgehalt sei daher erheblich und als Verschuldensgrad Vorsatz anzunehmen, weil eine derart erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung einem Kraftfahrer bewußt sein müsse. Als besonders erschwerend sei zu werten gewesen, daß sich der Beschwerdeführer schon mehrerer Geschwindigkeitsüberschreitungen schuldig gemacht habe, wobei unter anderem über ihn bereits eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- und eine zum Tatzeitpunkt allerdings noch nicht rechtskräftig gewesene Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt worden seien. Der Beschwerdeführer habe Geschwindigkeitsüberschreitungen mehrere Jahre hindurch immer wieder begangen, was darauf schließen lasse, daß er offenbar nicht gewillt sei, sich an die bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten. Die Berufungsbehörde könne daher nicht finden, daß die Erstinstanz die Strafe zu hoch festgesetzt habe. Dies auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Verhalten des Beschwerdeführers gegenständlich keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe und daß dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch nicht als sehr günstig zu bezeichnen seien. Eine Strafherabsetzung sei auch deshalb nicht in Betracht gekommen, weil die Erstinstanz ohnehin den gesetzlichen Strafrahmen erst zur Hälfte ausgeschöpft habe und die Strafe einen spürbaren Nachteil für den Beschwerdeführer darstellen müsse, um ihn von der Begehung gleichartiger Übertretunten in Zukunft ausreichend abzuschrecken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafverfahrens sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Ermessensentscheidung dar. Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. Nr. 10.077/A).

Wie der vorstehend wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, nahm die belangte Behörde bei der Strafzumessung auf alle im § 19 VStG angeführten Kriterien Bedacht. Zu Recht wurde von ihr auf den schweren Unrechtsgehalt der gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitung verwiesen. Daß bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 171 km/h, also einer Überschreitung der derzeit überhaupt in Österreich höchstzulässigen Geschwindigkeit um 41 km/h die Verkehrssicherheit ganz erheblich reduziert wird, bedarf keiner näheren Erörterung und ist jedem Laien einsichtig. Geschwindigkeitsüberschreitungen stellen - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - eine der häufigsten Ursachen von (zum Teil schwersten) Verkehrsunfällen dar. Auch der weiteren Annahme der belangten Behörde, daß eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung eine erhöhte Umweltbelastung mit sich bringt, was im übrigen eine nachteilige Folge im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG darstellt, kann nicht entgegengetreten werden (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0278). Vor allem aber läßt die wiederholte einschlägige Vorbeanstandung des Beschwerdeführers - auch darin ist der belangten Behörde beizupflichtigen - erkennen, daß der Beschwerdeführer offenbar nicht gewillt ist, sich an die bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt der von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer unterstellte Verschuldensgrad nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Wenn die belangte Behörde bei diesem Sachverhalt, insbesondere auch in Hinsicht auf das Ausmaß der über den Beschwerdeführer wegen einschlägiger Übertretungen bereits verhängten Strafen, das ihn nicht abhielt, neuerlich derartige Übertretungen zu begehen, selbst bei Bedachtnahme auf den Umstand, daß die Tat sonst keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers nicht als sehr günstig zu bezeichnen sind - diese Verhältnisse wurden sohin von der belangten Behörde entgegen der Behauptung in der Beschwerde bei der Strafbemessung ausdrücklich berücksichtigt -, nunmehr eine Strafe für geboten erachtete, die einen spürbaren Nachteil für den Beschwerdeführer darstellt, um ihn von der Begehung gleichartiger Übertretungen in Zukunft ausreichend abzuschrecken und solcherart von einer Herabsetzung der Geldstrafe Abstand nahm, ist darin weder ein Ermessensmißbrauch noch sonst eine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Dem steht nicht entgegen, daß die Tat - wie der Beschwerdeführer meint - weder unter besonders gefährlichen Verhältnissen noch mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde, was im übrigen dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde auch nicht unterstellt wurde.

Der Beschwerdeführer nimmt ferner auf § 11 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Jänner 1984 (mit der einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmt und die jeweils zu verhängenden Strafen im vorhinein festgesetzt wurden), wonach eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 40 km/h (nur) mit Geldstrafe von S 800,-- und Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden zu ahnden sei, und meint, daß unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes es nicht zulässig erscheine, im Beschwerdefall eine höhere Strafe als S 800,-- zu verhängen. Dem ist zu entgegnen, daß die genannte Verordnung von der belangten Behörde nicht anzuwenden war und auch nicht angewendet wurde und überdies nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, weil sie mit Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. April 1989 ersatzlos aufgehoben wurde. Der Beschwerdeführer vermag daher aus dem von ihm in diesem Zusammenhang zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1987, Zl. 87/02/0113, für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, ganz abgesehen davon, daß diesem Erkenntnis zufolge für die in der Verordnung bestimmten Tatbestände nur dann, wenn mit Strafverfügung - und nicht wie im Beschwerdefall mit Straferkenntnis - vorgegangen wurde, die jeweils in der Verordnung festgesetzte Strafe zu verhängen war.

In Hinsicht auf die von der belangten Behörde im vorliegenden Fall für die Strafbemessung angestellten und - wie gesagt - nicht als rechtswidrig zu erkennenden Erwägungen ist es ferner ohne Belang, daß von der belangten Behörde über den Beschwerdeführer wegen einer von ihm (früher) begangenen Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen um 38 km/h eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt wurde und der Unterschied der Geschwindigkeitsüberschreitung zum vorliegenden Fall lediglich 3 km/h beträgt.

Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, in welchem Recht der Beschwerdeführer dadurch verletzt wurde, daß von der belangten Behörde nur die Ersatzfreiheitsstrafe, nicht aber auch die Geldstrafe herabgesetzt wurde, zumal sich dem Gesetz nicht entnehmen läßt, daß - innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchssätze - ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen bestehen müsse und die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen ist.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Geldstrafe und ArreststrafeÜberschreiten der GeschwindigkeitErschwerende und mildernde Umstände Schuldform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030262.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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