TE Vwgh Beschluss 1991/6/20 AW 91/04/0046

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Veröffentlicht am 20.06.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §360 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Bauunternehmung G-GmbH, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. März 1991, Zl. 04-15 Ga 5-1991/1, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. März 1991 in diesbezüglicher Bestätigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 29. November 1990 gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Schließung der im Standort W, R-Gasse, betriebenen Asphaltmischanlage der Beschwerdeführerin verfügt. Hiezu wurde ausgeführt, die Erstbehörde habe diese Anordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 mit dem Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung, festgestellt durch die Strafbescheide erster bzw. zweiter Instanz vom 18. Mai 1990 und 9. November 1990 sowie der Feststellung des Weiterbetriebes auf Grund von Erhebungsberichten des Gendarmeriepostenkommandos St. A begründet. Zum Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin sei - unter Hinweis auf die Anordnung des § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 - auszuführen, daß das Gesetz nicht zwischen verschiedenen Arbeitsweisen einer Gewerbeausübung unterscheide. Die Frage, ob es sich um Produktions-, Revisions- oder saisonbedingte oder sonstige Arbeiten handle, unterliege daher keiner weiteren Prüfung durch die Behörde, sobald sich die Gewerbeausübung als solche als gesetzwidrig darstelle. Es sei daher ausreichend, wenn sich die Gewerbebehörde erster Instanz auf die Gendarmerieerhebungen gestützt habe. Die beantragte Einvernahme von Sachverständigen habe sich erübrigt. Daß Arbeiten bis zum 30. November 1990 vorgenommen worden seien, bestreite auch die Beschwerdeführerin nicht. Es könne daher der Erstbehörde auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, ihren Bescheid am 29. November 1990 erlassen zu haben. Sollten die Arbeiten nunmehr tatsächlich eingestellt worden sein, stehe es dem Anlagenbetreiber frei, einen Antrag auf Widerruf der Schließungsmaßnahmen bei der Gewerbebehörde erster Instanz einzubringen. Dem Vorbringen, der erstbehördliche Bescheid überschreite den Rahmen des "contrarius actus" und die generelle Schließung verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Wahl des gelindesten noch zum Ziel führenden Mittels, könne deshalb nicht gefolgt werden, weil einerseits die Änderung der Anlage dergestalt sei, daß durch sie andere Emissionen und somit auch Immissionen als vorher (früher Bitumendämpfe, jetzt Verbrennungs-, Zersetzungs- und Oxydationsprodukte der Bitumendämpfe) hervorgerufen würden, weshalb das Änderungsverfahren die gesamte Anlage mitzuberücksichtigen habe und daher der "contrarius actus" im Spruch des Straferkenntnisses naturgemäß auf die Asphaltmischanlage als solche abstelle und andererseits die Aufzählung einzelner Teile der Anlage im Strafbescheid dem Anlagenbetreiber keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vor- oder Nachteil zu erbringen in der Lage wäre, da unter die Aufzählung stillzulegender Anlageteile jedenfalls die neue Brennereinrichtung fiele und ohne dieses "Herzstück dieser Anlage" eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit der Asphaltmischanlage entfallen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 91/04/0124 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung wird ausgeführt, der angefochtene Bescheid führe dazu, daß der Beschwerdeführerin der Betrieb der gesamten Anlage verwehrt werde, obwohl sie - und dies gehe aus allen zitierten verfahrensgegenständlichen Unterlagen und Sachverständigengutachten hervor - eine wesentliche Verbesserung im Hinblick auf Emissionen sowie auch auf Immissionen durch die Änderung erfahren habe. Gerade im Hinblick auf diesen Umstand zusammen mit den Vorschriften der Verordnung BGBl. Nr. 394/1990 hätte ein weiterer Betrieb der Anlage keine wie immer gearteten unzumutbaren Nachteile zur Folge. Nach ihrer Ansicht könnten daher keine zwingenden öffentlichen Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen. Im Hinblick auf die Tatsache, daß auch sämtliche Emissionswerte der Anlage nach den durchgeführten Änderungen unter den Grenzwerten der TA-Luft lägen und daß die gesamten Immissionen unter den Orientierungswerten bzw. den umweltmedizinischen Beurteilungsmaßstäben lägen, sei auch ein Risiko für Umwelt und Nachbarn nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht gegeben bzw. sei keinerlei Gesundheitsgefährdung zu erwarten. Dazu werde als Nachweis auf das im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl. 90/04/0354 vorgelegte medizinisch-hygienische Gutachten über die Auswirkungen der von der gegenständlichen Anlage emittierten Luftschadstoffe auf die Bevölkerung, erstellt im Institut für Umwelthygiene der Universität Wien im Dezember 1990 ausdrücklich verwiesen. Des weiteren werde darauf verwiesen, daß die Anlage in der geänderten Form seit Juli 1989 bis zur Schließung im Jahre 1990 in Betrieb gewesen sei und daß keine wie immer gearteten nachteiligen Meß- oder Gutachtensergebnisse in diesem Zeitraum bekannt geworden seien, wie wohl solche laufend, sowohl von Nachbarn als auch von der Behörde und in großem Maße auch von ihr selbst in Auftrag gegeben worden seien. Mit einer Schließung der Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut entstehe jedoch für sie ein unverhältnismäßiger unwiederbringlicher Nachteil, zumal ein existenzbedrohender hoher wirtschaftlicher Ausfall durch die Produktionseinbußen entstehe. Die Folgen, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht ergäben sich auch nicht zuletzt aus dem Umstand, daß im Vertrauen auf die Stellungnahme der zuständigen Behörde und die Amtssachverständigen hohe Investitionskosten zur Änderung der Anlage (mehrere Millionen Schilling) aufgewendet worden seien.

Die belangte Behörde brachte in ihrer Stellungnahme zum Aufschiebungsantrag vom 12. Juni 1991 vor, wie aus den zugrundeliegenden Straferkenntnissen zu ersehen sei, wäre ein Betrieb ohne Änderungsgenehmigung im Sinne des § 81 GewO 1973 konsenswidrig, wobei darauf hingewiesen werde, daß vom Unternehmen ein diesbezüglicher Änderungsantrag mittlerweile eingebracht worden sei. Öffentliche Interessen seien insofern im Spiel, als durch die Anlagenänderung andere Emissionen und dadurch auch Immissionen (früher Bitumendämpfe, jetzt Verbrennungs-, Zersetzungs- oder Oxydationsprodukte der Bitumendämpfe) ausgelöst würden.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen und vermag auch die dargestellten Annahmen der belangten Behörde in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Danach ist aber bei der hier zu treffenden Entscheidung davon auszugehen, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 erfüllt sind, sowie weiters daß die im Bescheid festgestellten Emissions- und somit auch Immissionsänderungen mit dem Betrieb der Anlage verbunden wären. Insbesondere im Hinblick auf die letztangeführte Bescheidannahme kann aber eine Gesundheitsgefährdung von Nachbarn nicht ausgeschlossen werden, somit ein Umstand, der unter das Tatbestandsmerkmal zwingende öffentliche Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zu subsumieren ist.

Abgesehen davon könnte aber die Beschwerdeführerin auch bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht etwa die Rechtsstellung erlangen, die im angefochtenen Bescheid bezogene Betriebsanlage ohne die hiefür nach der behördlichen Annahme erforderliche Genehmigung unabhängig von den in den gewerberechtlichen Vorschriften in diesem Zusammenhang vorgesehenen Sanktionen betreiben zu dürfen.

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war somit schon auf Grund dieser Erwägungen nicht stattzugeben.

Schlagworte

Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:AW1991040046.A00

Im RIS seit

20.06.1991

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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