TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/9 89/12/0236

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Veröffentlicht am 09.07.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

ABGB §6;
AHStG §39 idF 1981/332;
AHStG §40 Abs1 idF 1981/332;
AHStG §40 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der Mag. Ursula F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom 25. Oktober 1989, Zl. 82/12-1988/89, betreffend Nostrifikation, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin richtete mit Schreiben vom 22. März 1988 ein Ansuchen um Nostrifikation eines seitens der "Clayton University, USA" verliehenen akademischen Titels "Doctor of Philosophy in Fine Arts" auf "Doktor der Philosophie - Bereich:

Kunstgeschichte" an das Dekanat der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

Dieses Ansuchen wies das Fakultätskollegium mit Bescheid vom 29. Mai 1989 gemäß § 64 Abs. 3 lit. q UOG in Verbindung mit § 40 AHStG ab. Maßgebend hiefür war, daß es sich bei der "Clayton University" nach Auskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung um keine von einer autorisierten Akkreditierungskommission der USA anerkannte Hochschule handle. Die genannte Einrichtung verfüge über keine reguläre Fakultät, die Studien würden auf individueller Basis und weitgehend durch Fernstudien absolviert. Die "Clayton University" sei daher keine anerkannte ausländische Hochschule im Sinne der österreichischen Rechtsvorschriften.

Die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 40 AHStG abgewiesen.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter ausgeführt:

In der Berufung sei gerügt worden, daß die erstinstanzliche Behörde ihre Abweisung lediglich auf eine Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gestützt habe, wonach die "Clayton University" keine von einer autorisierten Akkreditierungskommission der USA anerkannte Hochschule sei. Weitere Erhebungen hinsichtlich der Qualifikation der Studien, die die Beschwerdeführerin durchgeführt habe, hätten nicht stattgefunden. Es sei geltend gemacht worden, daß § 40 AHStG ausdrücklich nicht auf das formale Faktum der Absolvierung eines Studiums an einer anerkannten ausländischen Hochschule abstelle, sondern eine sachliche und vergleichende Prüfung vorsehe, ob das ausländische Studium des Bewerbers umfangmäßig, anforderungsmäßig sowie inhaltlich als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium anzusehen sei.

Es sei zutreffend, daß der Wortlaut des § 40 AHStG nicht auf das Studium an einer ANERKANNTEN ausländischen Hochschule abstelle. Allerdings sei im Zuge der Interpretation der Rechtsnorm, bei der nicht der Wortlaut allein maßgeblich sei, sehr wohl davon auszugehen, daß der Gesetzgeber beabsichtigt habe, nur solche Studien anzuerkennen, die an einer derartigen Institution im Ausland zurückgelegt worden seien, die einer österreichischen Universität bzw. Hochschule künstlerischer Richtung voll gleichrangig sei und in dem Staat, in dem sie gelegen sei, als anerkannte Universität bzw. Hochschule gelte.

§ 39 AHStG, der die Führung ausländischer akademischer Grade in Österreich regle, normiere hingegen expressis verbis, daß ein von einer ANERKANNTEN ausländischen Hochschule verliehener akademischer Grad in Österreich geführt werden könne, ohne daß jedoch mit der Führung eines solchen Grades eine weitere Berechtigung im Gegensatz zu inländischen akademischen Graden verbunden sei.

Mit Hilfe eines Größenschlusses (argumentum a minori ad maius) müsse dies umsomehr für die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade und Studienabschlüsse gelten, weil durch die Gleichstellung des ausländischen mit dem inländischen Studienabschluß gemäß § 40 Abs. 4 leg. cit. alle Rechte erworben würden, welche nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften mit dem Besitz des inländischen akademischen Grades oder mit dem Abschluß des ordentlichen Studiums verbunden seien. Da somit eine rein am Wortlaut orientierte Interpretation des § 40 AHStG zu einem Widerspruch mit § 39 leg. cit. führen müsse, sei bei § 40 leg. cit. im Sinne einer am Regelungszusammenhang orientierten Interpretation von der Notwendigkeit der "ANERKANNTEN ausländischen Hochschule" auszugehen.

Überdies sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, daß mit einer Nostrifikation ein ausländischer Studienabschluß anerkannt werde, was wiederum eine Anerkennung der im Bereiche des Heimatstaates erworbenen, anerkannten Rechte des Nostrifikationswerbers bedeute. Wenn jedoch - wie im Beschwerdefall - ein Studienabschluß einer gesamtstaatlich nicht anerkannten Hochschule vorgelegt werde, sei kein im Heimatstaat gültiges Recht erworben worden, weshalb auch eine Anerkennung eines derartigen Rechtes nicht erfolgen könne. Es sei zwar zu Recht gerügt worden, daß sich die Behörde erster Instanz in ihrer Begründung lediglich auf eine Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gestützt habe, ohne den dahinterliegenden Rechtsstandpunkt näher zu erörtern; trotzdem sei in der Sache der Behörde erster Instanz vollinhaltlich zu folgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Der erste Satz des § 39 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes (AHStG), in der Fassung BGBl. Nr. 332/1981, lautet:

Jedem Träger eines von einer anerkannten ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grades ist es in Österreich gestattet, seinem Namen den erworbenen akademischen Grad, und zwar mit dem im Verleihungsdekret enthaltenen Wortlaut und unter Beisetzung der ausländischen Hochschule, die den akademischen Grad verliehen hat, im Verkehr mit Behörden und im privaten Verkehr beizufügen.

Gemäß § 40 Abs. 1 AHStG kann ein von einem österreichischen Staatsbürger oder von einer anderen Person mit einem ordentlichen Wohnsitz in Österreich an einer ausländischen Hochschule abgeschlossenes ordentliches Studium durch die zuständige akademische Behörde einer inländischen Hochschule, an der das entsprechende Studium eingerichtet ist, mit dem Abschluß des ordentlichen Studiums (§ 13 Abs. 1 lit. a, e und f) einer in den besonderen Studiengesetzen genannten Studienrichtung (eines Studienzweiges) als gleichwertig anerkannt werden (Nostrifizierung).

Nach Abs. 4 der genannten Bestimmung hat die zuständige akademische Behörde unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden inländischen Studienvorschriften zu prüfen, ob das ausländische Studium des Bewerbers umfangmäßig, anforderungsmäßig sowie inhaltlich als gleichwertig mit dem entsprechenden inländischen Studium anzusehen ist, ob dem Bewerber daher auf Grund des von ihm nachgewiesenen Studiums, der Prüfungen und der sonstigen wissenschaftlichen Leistungen der angestrebte akademische Grad an einer inländischen Hochschule zuerkannt werden könnte. Treffen einzelne Voraussetzungen nicht zu, so hat die zuständige akademische Behörde nach Abs. 5 der genannten Bestimmung mit Bescheid die Bedingungen festzulegen, von deren Erfüllung die Nostrifizierung abhängig gemacht wird. Dem Bewerber kann aufgetragen werden, durch ein oder mehrere Semester bestimmte Lehrveranstaltungen als außerordentlicher Hörer (§ 4 Abs. 1 lit. c) zu inskribieren und sich einzelner der für die Erlangung des angestrebten akademischen Grades im Inland vorgeschriebenen Prüfungen ganz oder zum Teil zu unterziehen. Die Vorschreibung der Prüfungen kann auch ohne Verpflichtung der Inskription von Lehrveranstaltungen erfolgen.

Im Beschwerdefall ist in erster Linie die Rechtsfrage strittig, ob bei einer Nostrifikation nach § 40 AHStG ebenso wie bei der Regelung über das Führen ausländischer akademischer Grade nach § 39 AHStG Grundvoraussetzung das Vorliegen eines Studiums an einer ANERKANNTEN Hochschule ist.

Die Behörde stützt im Beschwerdefall ihre abweisende Entscheidung darauf, daß es sich bei der genannten Hochschule nicht um eine ANERKANNTE Hochschule handle. Obwohl im § 40 AHStG im Gegensatz zu § 39 AHStG das Attribut "anerkannt" nicht verwendet wird, vermeint die belangte Behörde, im Wege der Interpretation dieses im § 40 Abs. 1 AHStG ergänzen zu müssen.

Diese Auffassung teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Für die Frage der Auslegung ist vielmehr in erster Linie entscheidend, ob die sprachliche Fassung einen klaren und eindeutigen Sinn des Gesetzessatzes ergibt. Ist dies der Fall, dann ist für weitere Auslegungsmethoden grundsätzlich kein Raum. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die sprachliche Auslegung zu einem überspitzten Ergebnis führen würde (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1952, Slg. N.F. Nr. 2555/A, und vom 23. Feber 1966, Slg. N.F. Nr. 6872/A).

Ausgehend davon ist - abgesehen von der Problematik der Verwendung des Begriffes "anerkannt" mangels eines formellen Anerkennungsverfahrens (vgl. Langeder-Strasser, Österreichisches Hochschülerrecht, Anm. 3 zu § 39 AHStG, S. 895) - festzuhalten, daß der Begriff "anerkannt" im § 40 AHStG nicht verwendet wird. Im Gegensatz zur belangten Behörde sieht der Verwaltungsgerichtshof darin aber noch keinen Widerspruch mit § 39 AHStG. Die Führung ausländischer akademischer Grade ist nach § 39 AHStG nämlich ohne ein weiteres behördliches Verfahren bereits dann gestattet, wenn es sich um einen von einer anerkannten ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grad handelt. Im Gegensatz dazu ist nach § 40 AHStG für die Nostrifizierung ein eigenes Verfahren vorgesehen, dessen Gegenstand die Feststellung der Gleichwertigkeit des vom Antragsteller an einer ausländischen Hochschule abgeschlossenen Studiums mit dem Abschluß des ordentlichen Studiums einer in den besonderen Studiengesetzen genannten Studienrichtung darstellt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1990, Zl. 89/12/0070). Es ist daher eine unterschiedliche gesetzliche Regelung hinsichtlich der Grundvoraussetzung schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil der Gegenstand des Verfahrens und die vorgesehene Art der Behandlung nach § 40 AHStG anders als nach § 39 AHStG ist.

Daraus folgt aber nicht, daß in jedem Fall, in dem Urkunden über ein Studium an einer ausländischen Einrichtung, die als Hochschule oder als Universität bezeichnet ist, vorgelegt werden, bereits damit die Grundvoraussetzung des § 40 Abs. 1 AHStG, nämlich, daß es sich um ein an einer ausländischen Hochschule abgeschlossenes ordentliches Studium handelt, erfüllt und damit das in den Abs. 4 und 5 vorgesehene Verfahren durchzuführen ist. Die Behörde ist vielmehr berechtigt und verpflichtet, zu prüfen, ob es sich bei der angegebenen Studieneinrichtung um eine solche handelt, die ihrer Art und Zielrichtung nach mit einer österreichischen Hochschule vergleichbar ist. Eine solche Überprüfung darf sich aber nicht auf die Feststellung beschränken, es handle sich um eine offensichtlich nach amerikanischem Recht nicht anerkannte Hochschule, sondern hat - durchaus im Sinne der von der Behörde erster Instanz eingeholten Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung - in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren unter Beiziehung der Partei getroffene Feststellungen über den Charakter der ausländischen Bildungseinrichtung zu enthalten.

Da die belangte Behörde ausgehend von der unrichtigen Rechtsauffassung, nach § 40 Abs. 1 AHStG sei für die Wertung als Hochschule im Beschwerdefall der Umstand der Anerkennung dieser Bildungseinrichtung als Hochschule im Sinne des ausländischen Rechtes entscheidend, weitere Erhebungen und Feststellungen im vorher dargestellten Sinne unterlassen hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen hinsichtlich des nach den Abs. 4 und 5 durchzuführenden Verfahrens erübrigt sich. Diesbezüglich wird für das fortgesetzte Verfahren noch ergänzend auf das hg. Erkenntnis vom 1. Feber 1990, Zl. 89/12/0046, hingewiesen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden VwRallg3/2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 anerkannt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989120236.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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