TE Vwgh Erkenntnis 1991/7/24 91/19/0146

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Veröffentlicht am 24.07.1991
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §26 Abs1;
AZG §26 Abs2;
AZG §26;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des Anton S in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 4. April 1991, Zl. 5-212 Sche 43/2-90, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis vom 8. Mai 1990 (Spruchteile gemäß § 44a lit. a und b VStG):

"Die S Gesellschaft m.b.H. hat bei einer Überprüfung des Betriebes in G, X-Gasse 10, am 28.11.1989 als Arbeitgeber dem Arbeitsinspektor auf dessen Verlangen keine Einsicht in die zu führenden Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden folgender Dienstnehmer und deren Entlohnung gewährt: 1.) S Hermann,

2.) M Matthias, 3.) E DIMAJ und 4.) B MUJI. Für diese Verwaltungsübertretungen sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft gemäß § 9 VStG. 1950 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1.) bis 4.) § 26 Abs. 2 zweiter Teilsatz des AZG., BGBl. Nr. 461/1969 in der dzt. geltenden Fassung."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes und § 16 Abs. 1 und 2 VStG Geldstrafen von je S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je drei Tage) verhängt.

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und das Straferkenntnis "dem Grunde und der Höhe nach" bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abs. 1 und 2 des § 26 des Arbeitszeitgesetzes lauten

wie folgt:

"(1) Die Arbeitgeber haben zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.

(2) Die Arbeitgeber haben der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben."

Zufolge des § 28 Abs. 1 leg. cit. sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß von der Arbeitgeberin über die von den zu 3.) und 4.) des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten Arbeitnehmern geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung keine Aufzeichnungen geführt wurden, während aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten, hinsichtlich der von den zu 1.) und 2.) des Spruches des Straferkenntnisses erster Instanz angeführten Arbeitnehmern geführten Aufzeichnungen lediglich die in Stunden ausgedrückte Gesamtdauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer als Hilfsarbeiter an den einzelnen Tagen hervorging. Wenn die belangte Behörde letztere Aufzeichnungen als den Erfordernissen des § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes nicht entsprechend angesehen hat, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Die nach der genannten Gesetzesstelle für jeden einzelnen Arbeitnehmer zu führenden Aufzeichnungen müssen nämlich auch die Einhaltung der Bestimmungen über die Ruhepausen und Ruhezeiten erkennen lassen (vgl. Cerny, Arbeitszeitrecht 139), was im vorliegenden Fall nicht möglich ist. Darüber hinaus fehlen in den vorgelegten Aufzeichnungen auch jegliche Angaben über die Entlohnung der geleisteten Arbeitsstunden.

Daraus folgt, daß im Beschwerdefall dem § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes nicht entsprochen wurde. Der Beschwerdeführer wurde aber nicht wegen der Übertretung dieser Bestimmung, sondern wegen der Verletzung des § 26 Abs. 2 zweiter Teilsatz des Arbeitszeitgesetzes bestraft. Dies erweist sich als rechtswidrig: Die letztgenannte Bestimmung setzt nämlich voraus, daß vom Arbeitgeber Aufzeichnungen im Sinne des § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes geführt werden. Eine Verweigerung der Einsicht in nicht geführte Aufzeichnungen ist logisch nicht möglich.

Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, sodaß ihr Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190146.X00

Im RIS seit

24.07.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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