TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/18 91/13/0054

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Index

20/08 Urheberrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;
EStG 1972 §23 Z1;
UrhG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Renate L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 24. Jänner 1991, Zl. 6/1-1083/90-01, betreffend Gewerbesteuer für 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Streit steht im Beschwerdefall allein, ob die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die im wesentlichen in der Verarbeitung von Perlen zu Schmuckstücken besteht, eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a oder eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 23 Z. 1 EStG 1972 bildet. Die belangte Behörde unterstellt in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid eine gewerbliche Tätigkeit, während die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit in der wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie wegen dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde als künstlerische Tätigkeit ansieht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt in den Beschwerdegründen zunächst, die belangte Behörde entferne sich - bei ihrem Verständnis des Kunstbegriffes - in ihrer Definition bzw. hinsichtlich der Begriffsbestimmung von den "logischen Denkgesetzen". Ausgeführt ist diese Rüge in der Beschwerde allerdings nicht. Von sich aus vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, warum die belangte Behörde bei ihrer an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientierten Abgrenzung von Kunst und Kunstgewerbe (Kunsthandwerk) gegen die Denkgesetze verstoßen hätte.

Weiters wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vor, sie entferne sich auch von jenen Definitionen, die in den "derzeit im Handel befindlichen Lexikas, Duden und Nachschlagewerken" enthalten seien. Die Beschwerdeführerin versucht, dies anhand von Belegstellen aus derartigen Schriftwerken näher darzulegen. Dazu ist zu bemerken, daß der Verwaltungsgerichtshof Lexika und ähnlichen Nachschlagewerken die Eignung, zum Verständnis des Kunstbegriffes beizutragen, nicht absprechen will. Es ist aber auch in Rechnung zu stellen, daß diese Nachschlagewerke nicht die durch das Steuerrecht vorgegebene Abgrenzung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit zum Ziel haben. Diese Abgrenzung ist in erster Linie anhand jener Kriterien zu treffen, die Schrifttum und Rechtsprechung zum Steuerrecht entwickelt haben. Der angefochtene Bescheid hat eine solche Abgrenzung vorgenommen.

Zuzubilligen ist der Beschwerdeführerin, daß auch die Schaffung eines Kunstwerkes den Einsatz "handwerklicher Arbeit" erfordern kann, wie das in der Beschwerde angeführte Beispiel des Bildhauers zeigt. Das Ergebnis der "handwerklichen Arbeit" muß aber, soll die Tätigkeit des Bildhauers als künstlerische gelten, ein Kunstwerk sein. Im angefochtenen Bescheid kommt jedoch schlüssig zum Ausdruck, daß die Tätigkeit der Beschwerdeführerin auch in ihrem Ergebnis das Niveau des Kunstgewerbes nicht verlassen und künstlerische Höhe nicht erreicht hat.

Die Kriterienkataloge der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland für die Beurteilung der Tätigkeit von Gebrauchsgrafikern aus abgabenrechtlicher Sicht stellen keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtlichen Rechtsquellen dar. Abgesehen davon entfaltete die Beschwerdeführerin nicht die Tätigkeit eines Gebrauchsgrafikers. Auch die einzelnen Gesichtspunkte, die nach den Kritierenkatalogen auf eine künstlerische Tätigkeit hinweisen sollen und die die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt ins Treffen führt, verhelfen ihr nicht zum Erfolg. Nicht nur Kunstwerke, sondern auch Werke des Kunsthandwerkes werden in der Regel vom Hersteller selbst, in eigener Person geschaffen. Urhebereigenschaft kann auch einem Kunsthandwerker zukommen (§ 3 Abs. 1 UrhG, Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1966, Zl. 1516/65, und vom 26. März 1969, Zl. 1320/68, Slg. Nr. 3885/F). Die Ausarbeitung eigener Entwürfe unter Verwendung beigestellter Materialien zu Schmuckstücken für Auftraggeber ohne "eigene Verwertung" und Vervielfältigung kann nicht nur die Tätigkeit des Künstlers, sondern auch die des Kunsthandwerkers kennzeichnen. Der Besuch der Modeschule Hetzendorf in der Fachabteilung für Mode (Damenkleidermachen) bildet kein Indiz für eine künstlerische Qualität der Perlenverarbeitung zu Schmuckstücken. Auch die Mitgliedschaft beim Verband der bildenden Künstler reicht für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit nicht aus (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1963, Zl. 2020/62, vom 7. Oktober 1964, Zl. 174/64, vom 7. Oktober 1964, Zl. 2378/63, und vom 21. Jänner 1986, Zl. 84/14/0017).

Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, dem Berufungssenat hätte kein Mitglied mit entsprechendem Fachwissen angehört, schlägt deshalb nicht durch, weil lediglich ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht, daß dem erkennenden Senat je ein von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger und unselbständiger Berufe entsendetes Mitglied angehört (siehe § 270 Abs. 3 BAO, Stoll, BAO-Handbuch Seite 653, und das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 89/14/0088).

Dem Beschwerdeeinwand, es hätte ein Sachverständigenbeweis abgeführt werden müssen, ist folgendes entgegenzuhalten:

Dem angefochtenen Bescheid zufolge handelt es sich bei den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Arbeiten um Schmuckstücke (Kropfbänder), die sich im Rahmen des allgemeinen gehobenen Schmuckdesigns hielten und sich durch eine geschmackvolle Komposition und ausgezeichnete handwerkliche Fertigkeit auszeichneten. Die belangte Behörde sei jedoch zur Ansicht gelangt, daß die eigenschöpferische Tätigkeit gegenüber den handwerklichen Ausführungen in den Hintergrund trete und die Exponate Kundhandwerke - zweifellos gehobenen Stils - darstellten.

Hätte sich die belangte Behörde auf diese Darlegung ihrer Ansicht beschränkt, so wäre eine solche bloße Wertung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens wohl nicht ausreichend begründet gewesen. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid jedoch auch fest, daß bei der Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht der Entwurf bzw. der eigenschöpferische Aussagewert entscheidend seien, da die Beschwerdeführerin weitgehend durch Zurverfügungstellung der Schmuckmittelteile und Perlen an die Vorstellungen der Auftraggeber gebunden sei. Das handwerkliche Können des Perlenfassens, also das - wenn auch in verschiedenen Farbzusammenstellungen - Aneinanderknüpfen verschiedenartiger Perlen, stelle die ausschlaggebende Arbeit der Beschwerdeführerin dar. Die Beschwerdeführerin hat diesen Feststellungen nicht widersprochen. Diese Feststellungen erlaubten aber in der Tat die Aussage, daß die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht als künstlerisch im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 anzusehen sei, ohne daß es eines Sachverständigenbeweises bedurfte.

Die Beschwerdeführerin vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ihre Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/91.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991130054.X00

Im RIS seit

18.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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