TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/26 90/06/0144

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Veröffentlicht am 26.09.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §17;
AVG §45 Abs3;
BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §27 lita;
BauO Tir 1989 §27 litb;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §31 Abs9;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. der Elisabeth N , 2. des Elmar N und 3. des Günther N in B, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Juli 1990, Ve-550-1471/33, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister,

2. - 15. Mitbeteiligte in B, alle vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben anteilig dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien zu 2. bis 16. Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.600,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 89/06/0110, zu entnehmen. Daraus ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch wesentlich, daß (im Ergebnis) einer "Wohnungseigentumsgemeinschaft M" eine Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit elf Wohnungen und elf Tiefgaragenplätzen auf der Gp. 1246/1 rechtskräftig erteilt und die Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien teils zurück-, teils abgewiesen wurden.

Am 22. August 1989 beantragten die nunmehrigen Miteigentümer der Bauliegenschaft (die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu 2. bis 16.) neuerlich die Erteilung einer Baubewilligung für ein Mehrfamilienwohnhaus mit elf Wohnungen und elf Tiefgaragenplätzen, wobei - dem anläßlich der Bauverhandlung eingeholten Sachverständigengutachten zufolge - in Abänderung der genehmigten Pläne nunmehr der östliche Bauteil um 3 m nach Süden verschoben, die Tiefgarage auf 6 m vorspringende Tiefe reduziert und deren östlicher Teil im Ausmaß von 11,35 m auf 6 m entfallen sollte. Die dadurch entfallenen Garagenplätze sollten im Westen der Tiefgarage untergebracht und die Garagenrampe dadurch um 8,50 m nach Westen verschoben werden. Die Wandhöhe von 7,50 bleibe durch diese Änderungen unberührt, die Firsthöhe werde durch eine Verringerung von 30 Grad auf 25 Grad um 0,44 m verringert. Die interne Raumaufteilung in den Geschoßen bleibe im wesentlichen unverändert. Die Grenzabstände, gemessen ab Außenkante Verputz jeweils an der geringsten Stelle, würden zur Gp. 1184/2 (Weg) im Westen 6,60 m und im Osten 9,60 m und zur Gp. 1245 (Weg) im Westen 5,25 m und im Osten 7,0 m betragen. Die übrigen Grenzabstände und die Baumasse blieben unverändert. Bei der über dieses Bauvorhaben am 6. September 1989 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu der sie unter Hinweis auf die möglichen Präklusionsfolgen (§ 42) AVG geladen wurden, erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen: Die Behörde habe den Beschwerdeführern entgegen § 17 AVG die Herstellung von Aktenabschriften (Fotokopien) nicht gestattet, sondern nur Akteneinsicht gewährt. Es sei deshalb eine entsprechende Vorbereitung nicht möglich gewesen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Wandhöhen und Seitenabstände sowie "Bauordnung und Raumordnung" seien nicht eingehalten. Die Frage der Hangsicherung sei nicht ausreichend geklärt. Aufgrund der bereits vorliegenden Gutachten wäre im Falle eines weiteren Aushubs das Wohnhaus der Erstbeschwerdeführerin sowie des Drittbeschwerdeführers stark gefährdet und es würden weitere Sprünge auftreten. Das Haus der Erstbeschwerdeführerin sei schon aufgrund der bisherigen Bauweise durch die namentlich genannte Baufirma beschädigt worden. Eine Beanspruchung von Grundstücken der Beschwerdeführer würde nicht geduldet. Es müsse eine solche Bauweise vorgesehen werden, daß der östliche Trakt (des Projektes) ohne Gefährdung des Hauses der Erstbeschwerdeführerin und der westliche Trakt ohne Gefährdung des Hauses (der am Beschwerdeverfahren nicht beteiligten) Brigitte N. und des Drittbeschwerdeführers und ohne "Setzen von Verankerungen" errichtet werde, "dies unter Einhaltung der technischen Bauvorschriften der TBO und der TRO." Die "entsprechenden Ö-Normen" seien nicht eingehalten, die Baubeschreibung sei nicht ausreichend. Eine Grundparzelle 1246/1 existiere nicht. Der östliche Teil des Bauvorhabens komme auf Liegenschaften zu stehen, die nicht im Eigentum der Bauwerber stünden und hinsichtlich derer eine Zustimmung der Liegenschaftseigentümer nicht vorläge. Es liege noch kein gültiger Baubescheid vor, weil der Wohnungseigentumsgemeinschaft keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Das Bauansuchen stehe mit dem Flächenwidmungsplan im Widerspruch.

Die mitbeteiligten Parteien wiesen darauf hin, daß das nunmehr geänderte Bauvorhaben den Hangfuß im östlichen Teil der Bauparzelle nicht mehr berühre, sodaß keine Gefährdung der Beschwerdeführer eintreten könne. Die mitbeteiligten Parteien als Bauwerber seien grundbücherliche Eigentümer des Baugrundstückes.

Der bautechnische Sachverständige erstattete in der Folge sein Gutachten, wonach das Bauvorhaben den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes, der Tiroler Bauordnung und bei Einhaltung der entsprechenden Auflagen auch den Technischen Bauvorschriften entspreche. Durch das Abrücken des östlichen Bauteiles um 3 m nach Süden und den Entfall des östlichen Teiles der Tiefgarage werde ein Anschneiden der Böschung der im Norden des Bauplatzes gelegenen Liegenschaften (ergänze: der Beschwerdeführer) vermieden. Der Sachverständige für Bodenmechanik führte dazu aus, daß aufgrund der Projektänderungen keine Hangsicherungsmaßnahmen mehr erforderlich seien, da "aufgrund der neuen Geometrie der Hangfuß praktisch nicht angeschnitten" werde. Das bauausführende Unternehmen sei aus Vorsichtsgründen "dennoch zu einer abschnittweisen Herstellung der Bodenplatte" sowie dazu bereit, vier Meßpunkte zu beobachten und zu protokollieren. Bei Auftreten von Verformungen werde die Baugrube unverzüglich zugeschüttet. Die Baugrubensicherung an der Westseite könne technisch so gestaltet werden, "daß die Ankerspitzen das Nachbargrundstück nicht unterfahren".

Mit Bescheid vom 18. September 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung mit zahlreichen Auflagen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unzulässig zurückgewiesen, teils abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer und Brigitte N. Berufung. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Oktober 1989 wurde den Berufungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. Jänner 1990 Folge, sie hob den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand zurück. In der Begründung dieses Bescheides hielt die belangte Behörde die Einwendungen der Beschwerdeführer teils für unzulässig, teils für unbegründet, hinsichtlich der Einwendung unzureichender Hangsicherungen jedoch für berechtigt: Es handle sich bei dieser Einwendung um ein im § 30 Abs. 4 TBO ausdrücklich genanntes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht, soweit es dabei um mögliche nachteilige Auswirkungen (der Bauführung) auf Nachbarliegenschaften geht. Gemäß § 4 Abs. 1 TBO dürften bauliche Anlagen nur auf Grundstücken errichtet werden, die nach ihrer Lage und Bodenbeschaffenheit für die vorgesehene Bebauung geeignet seien. Die belangte Behörde habe von ihrem Recht, das Ermittlungsverfahren zu ergänzen, Gebrauch gemacht und die im zivilgerichtlichen Verfahren (gemeint ist ein aktenkundiger Rechtsstreit zwischen den Beschwerdeführern und den mitbeteiligten Bauwerbern wegen Verhängung eines Bauverbotes) erstatteten Gutachten angefordert. Diese hätte das Erfordernis bestimmter Hangsicherungsmaßnahmen ergeben, weshalb die Berufungsbehörde ihre Entscheidung nicht auf das von ihr eingeholte, ergänzungsbedürftig gebliebene Sachverständigengutachten habe stützen dürfen. Die Sicherheit eines Bauvorhabens müsse nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. September 1981, Zl. 06/2533/79) schon im Bauprojekt zum Ausdruck kommen und nicht einfach der Bauausführung überlassen werden. Der Gemeindevorstand habe die vom gerichtlichen Sachverständigen geforderten sicherheitstechnischen Vorschreibungen als Auflagen in den Spruch des Bescheides ebenso aufzunehmen, wie die Sicherheitsmaßnahmen für die beiden weiteren Häuser der Beschwerdeführer. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 1990 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführer nunmehr insoweit Folge gegeben, als folgende sicherheitstechnische Auflagen in den Spruch des Bescheides aufgenommen wurden:

"Bei Errichtung des östlichen, nunmehr nach Süden verschobenen Bauteiles, ist ca. 7 m südlich der Grundgrenze der (Erstbeschwerdeführerin) ein Ankerriegel aus Stahlbeton herzustellen und anschließend acht Anker mit einer Tiefe von 10 m in einem Winkel von 45 Grad in den Untergrund einzubringen und vorzuspannen. Diese sicherheitstechnischen Maßnahmen sind vor Baugrubenaushub zu tätigen. Die Baugrube zur Errichtung der im westlichen Teil vorgesehenen Garagenplätze ist abschnittsweise in einer Länge von jeweils 5 m auszuheben und die Böschung sowie die Baugrube durch Spritzbeton zu befestigen. Weiters sind beginnend vom Nordwesteck des bestehenden Bauteiles Richtung Westen auf eine Länge von 13 m 3,70 m unterhalb des bestehenden Gemeindeweges alle 1,13 m ein 3 m langer Anker anzubringen, wobei die Anker so zu setzen sind, daß sie in die Liegenschaft der Anrainer (Drittbeschwerdeführer) und Brigitte N. nicht hineinreichen."

Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Darin rügen sie (zusammengefaßt), daß die Anker in die Liegenschaft der Erstbeschwerdeführerin hineinreichen würden. Die Anordnung des abschnittweisen Aushubes der Baugrube im westlichen Teil sei nicht ausreichend und ohne Gutachten verfügt worden. Im übrigen wiederholten die Beschwerdeführer ihre schon früher erhobenen Einwendungen.

Die belangte Behörde bestellte den Gutachter des Gerichtsverfahrens zum nichtamtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete ein Gutachten, worin er ausführte, daß die sicherheitstechnischen Auflagen des Berufungsbescheides aus seiner Sicht "bestätigt" werden könnten. Die normmäßigen Sicherheiten seien eingehalten. Darüber, ob die Bodennägel in das Grundstück der Beschwerdeführer hineinreichten, könne er keine Aussagen machen. Die oberste Lage der Bodenvernagelung sei nachweislich entspannt worden und liege somit kraftlos im Untergrund. Ob die untere Lage entspannt worden sei oder nicht, sei dem Sachverständigen nicht bekannt. Dies sei auch unerheblich, da selbst bei einem tiefen Aushub auf dem Grundstück der Beschwerdeführer von diesem Bodennägeln keine Gefahr ausgehen könne. Die Bodennägel seien fachgerecht gesetzt worden. Die (offenbar gemeint: dadurch auf den Grundstücken der Beschwerdeführer) eintretende Behinderung sei nur von untergeordneter Größe, da Kanäle und Rohrleitungen üblicherweise nicht so tief in den Untergrund gelegt würden, daß sie auf das Niveau der Bodennägel kämen. Eine Behinderung des Pflanzenwuchses sei nicht denkbar. Die Vorwürfe des Beschwerdevertreters seien technisch nicht haltbar.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Juli 1990 die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien zu 2. bis 16. - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt: es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, uva.).

Gemäß § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO) in der hier bereits anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 33/1989 sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.

Gemäß § 30 Abs. 4 TBO hat die Behörde über eine Einwendung abzusprechen, die - von einem Nachbarn erhoben - die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung). Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.

Hingegen sind gemäß § 30 Abs. 2 TBO Einwendungen hinsichtlich der Verletzung einer Bestimmung (ausschließlich) objektiven Rechtes zurückzuweisen; Einwendungen hinsichtlich der Verletzung eines subjektiven Rechtes, welches in Privatrechten begründet ist, sind gemäß § 30 Abs. 3 TBO auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen.

Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, daß die (mittlerweile offenbar gesetzten) Anker ("Bodennägel") in die Liegenschaft der Erstbeschwerdeführerin hineinreichen, ist darauf nicht weiter einzugehen, da von der belangten Behörde lediglich die Rechtmäßigkeit des Baubewilligungsbescheides zu prüfen war, nicht aber ein davon allenfalls abweichendes - und daher gegebenenfalls konsensloses - Bauverhalten der mitbeteiligten Parteien. Soweit im Spruch des Berufungsbescheides ausdrücklich festgesetzt ist, daß die Anker nicht unter die Grundstücke der Beschwerdeführer reichen dürfen, ist damit dem Anliegen der Beschwerdeführer ohnehin Rechnung getragen. Im übrigen ist die Setzung derartiger Bodennägel eine bewilligungspflichtige bauliche Maßnahme im Sinne des § 25 lit. a TBO: Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 83/05/0022, BauSlg. 402, ausgesprochen hat, ersetzt die Erteilung einer Auflage nicht die allenfalls hiefür erforderliche Bewilligung. In diesem - gegebenenfalls nachträglich abzuführenden - Bewilligungverfahren können die Beschwerdeführer alle Einwände vortragen, aus denen sie der Meinung sind, daß die geplante (allenfalls mittlerweile bereits durchgeführte) Setzung der Anker unter Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführer geplant war bzw. erfolgt ist. Nur in diesem Bewilligungsverfahren kann die Frage der Zulässigkeit der erforderlichen Hangsicherungsmaßnahmen (insbesondere auch, ob sie ohne Inanspruchnahme der Liegenschaften der Beschwerdeführer technisch möglich sind) geklärt werden. Sollte sich die Undurchführbarkeit dieser Maßnahmen ergeben, stünde auch fest, daß von der beschwerdegegenständlichen Baubewilligung (mangels Erfüllbarkeit der Auflage) nicht Gebrauch gemacht werden dürfte.

Hinsichtlich der - von den Beschwerdeführern ebenfalls bekämpften - Auflage, die Baugrube "zur Errichtung der im wesentlichen" (gemeint offenbar: im westlichen) "Teil vorgesehenen Garagenplätze abschnittweise auszuheben", erschöpft sich das Beschwerdevorbringen wie auch schon die Einwendungen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren in der Behauptung, diese Sicherungsmaßnahmen seien nicht ausreichend. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, die Behörde habe kein Sachverständigengutachten eingeholt, trifft zwar hinsichtlich der Gemeindebehörden zu; durch die Einholung des Sachverständigengutachtens durch die Vorstellungsbehörde ist jedoch klargestellt, daß die Vorschreibung einer Spritzbetonsicherung im Abstand von 5,0 m im westlichen Teil der Baugrube zwar nicht der Ö-Norm entsprochen hätte, durch die Hinterfüllung des verbliebenen Arbeitsraumes die normmäßige Sicherheit für die Hangsicherung jedoch wieder erreicht und sogar überschritten sei. Diesen Darlegungen des Sachverständigen sind die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sie legen auch in ihrer Beschwerde nicht dar, inwiefern die diesem Gutachten zugrundeliegenden Annahmen nicht zuträfen. Insoweit ist somit eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht erkennbar.

Die Beschwerdeführer rügen ferner (neuerlich), daß ihnen die Anfertigung von Kopien aus den Verwaltungsakten entgegen § 17 AVG verweigert worden sei. Darin liegt - vorbehaltlich der technischen Möglichkeit, die auch von den Behörden nicht bestritten wurde - eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie die Beschwerdeführer zutreffend vorbringen. Die belangte Behörde hat diese Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer nicht aufgegriffen, weil - der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge - "durch die gewährte Akteneinsicht und die Gestattung, Aktenabschriften zu verfertigen, den grundlegenden Erfordernissen des Parteiengehörs entsprochen" worden sei. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann in der - gesetzwidrigen - Weigerung der Behörde, Kopien aus dem Akt anfertigen zu lassen, auch dann eine Verletzung von Parteirechten liegen, wenn (im übrigen) "den grundlegenden Erfordernissen des Parteiengehörs" entsprochen wurde, ist doch den Verwaltungsvorschriften eine Beschränkung der Parteienrechte auf unabdingbare Mindeststandards fremd. Dies führt jedoch dennoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die Beschwerdeführer - wie schon im Verwaltungsverfahren, so auch in ihrer Beschwerde - nicht darlegen, an der Erhebung WELCHER Einwendungen sie durch die Vorgangsweise der Gemeindebehörden gehindert worden bzw. aus welchem Grund einem von den Beschwerdeführern beigezogenen Privatsachverständigen die Erstattung eines alle Umstände des Falles berücksichtigenden Gutachtens aufgrund (nur) einer Akteneinsicht oder einer Abschriftnahme aus den Akten nicht möglich gewesen sei. Aus den im Akt der belangten Behörde befindlichen Ablichtungen aus dem Gerichtsakt über den Rechtsstreit der Beschwerdeführer mit den mitbeteiligten Parteien ist vielmehr zu entnehmen, daß aufgrund eines von den Beschwerdeführern eingeholten bodenmechanischen Privatgutachtens vom 20. Juni 1989 das Bezirksgericht Hall in Tirol mit Beschluß vom 23. Juni 1989 ein einstweiliges Bauverbot verhängte, welches in der Folge - nach Maßgabe der Klärung bzw. Vornahme der zum Schutz der Beschwerdeführer erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen - zunächst teilweise (Beschluß vom 28. November 1989) und schließlich zur Gänze (Beschluß vom 11. Dezember 1989) aufgehoben wurde. Es ist somit nicht erkennbar, daß die Beschwerdeführer durch die Verweigerung der Anfertigung von Aktenkopien im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Bauverhandlung im Ergebnis in irgendeiner Weise an der Verfolgung ihrer Rechte, insbesondere der Beiziehung eines Privatsachverständigen, beeinträchtigt worden wären. Welche Einwände von den Beschwerdeführern dadurch allenfalls nicht - oder nicht rechtzeitig - erhoben worden sind, wird auch in der vorliegenden Beschwerde nicht ausgeführt, der es daher insoweit an der erforderlichen Darlegung der Bedeutsamkeit der geltend gemachten Verletzung des § 17 AVG mangelt (vgl. die bei DOLP, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 600 f zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Soweit die Beschwerdeführer in Zweifel ziehen, daß die Bauwerber Eigentümer der Bauparzelle seien, ist darauf schon deshalb nicht einzugehen, weil die Vorschrift des § 27 Abs. 3 lit. a und b TBO, wonach von den Bauwerbern entweder der Nachweis des Eigentums oder eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers beizubringen ist, nicht dazu bestimmt ist, Interessen der Nachbarn zu schützen (vgl. die Erkenntnisse vom 26. Mai 1983, Zl. 83/06/0025, BauSlg. Nr. 60, und vom 6. Dezember 1983, Zl. 83/05/0201, BauSlg. Nr. 154). Insoweit besteht daher kein subjektiv-öffentliches Recht der Beschwerdeführer als Nachbarn im Sinne des § 30 Abs. 4 TBO. Dies gilt auch - wie u.a. aus dem die gleichen Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 89/06/0110, hervorgeht - für die Einwendungen der mangelnden Zufahrtsmöglichkeit, einschließlich jener für Einsatzfahrzeuge. Da die Beschwerdeführer schließlich substantiierte Einwände gegen die sachliche Richtigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens nicht vorzubringen vermögen, ist auch ihr - mit der Aktenlage im Widerspruch stehende - Einwand, die Beschwerdeführer müßten bei konsensgemäßer Bauführung "immer und zu jeder Zeit damit rechnen ..., daß der Hang wiederum arbeitet und weitere Schäden an ihren Häusern auftreten" durch nichts begründet.

Da sich die Beschwerde sohin in jeder Richtung als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff.insbesondere auf § 49 Abs. 6 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien auf Ersatz von Umsatzsteuer aus dem geltend gemachten Schriftsatzaufwand, sowie auf den 50%igen Einheitssatz mußte abgewiesen werden: während Umsatzsteuer bereits in den Pauschalsätzen der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 enthalten ist, fehlt für den Zuspruch des Einheitssatzes die Rechtsgrundlage.

Schlagworte

Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990060144.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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