TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/29 91/11/0046

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Veröffentlicht am 29.10.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
ZDG 1986 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Alexander K in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 4. März 1991, Zl. 534.574/9-2.5/89, betreffend Zurückweisung der Berufung in Angelegenheit Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte in seiner Eingabe vom 24. Mai 1989 den Antrag, ihn von der Präsenzdienstpflicht zu befreien und bis zur Entscheidung hierüber nicht zum Grundwehrdienst einzuberufen. Der Antrag wurde mit Bescheid des Militärkommandos Wien vom 9. August 1989 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, in welcher er sein im Antrag vom 24. Mai 1989 gestelltes Begehren wiederholte. Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 4. März 1991 wurde unter Bezugnahme auf die §§ 8 und 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) sowie § 2 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) "die Berufung mangels Parteistellung zurückgewiesen". Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer seit 20. Oktober 1989 zivildienstpflichtig sei. Als anerkannter Zivildiener sei er nicht mehr Wehrpflichtiger, weshalb ihm kein Antragsrecht im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 WG auf Befreiung von der "Wehrpflicht" mehr zustehe und er seine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG im gegenständlichen Berufungsverfahren "verwirkt" habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid unter anderem in seinem Recht auf Entscheidung in der Sache selbst bzw. auf inhaltliche Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde verletzt. Tatsächlich sei seine Parteistellung nicht weggefallen und habe er "nach wie vor als Partei ein rechtliches Interesse an inhaltlicher Entscheidung über (seinen) Berufungsantrag".

Dieses Vorbringen beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des Inhaltes des angefochtenen Bescheides. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß der Wortlaut dieses Bescheides ("Berufung mangels Parteistellung zurückgewiesen") den Anschein erweckt, es sei damit eine Entscheidung in der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG (das ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat - vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A) verweigert worden. Dies ist aber nicht der Fall. Für das richtige Verständnis des angefochtenen Bescheides darf die ihm beigegebene Begründung nicht außer acht gelassen werden (vg. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11625/A). Danach liegt der Grund für den mit ihm getroffenen Abspruch einzig und allein darin, daß der Beschwerdeführer nach Einbringung seiner Berufung gemäß § 2 ZDG von der Wehrpflicht befreit wurde. Daraus folgerte die belangte Behörde mit Recht den Wegfall der Antragslegitimation des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 WG, weil ein Befreiungsantrag nach dieser Bestimmung voraussetzt, daß es sich beim Antragsteller um einen Wehrpflichtigen handelt. Derartige Anträge anderer Personen sind a limine, d.h. ohne Prüfung der materiellen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch, zurückzuweisen. Auf den Wegfall der Antragslegitimation des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren hatte die belangte Behörde deshalb Bedacht zu nehmen, weil sie bei ihrer Entscheidung von der Sach- und Rechtslage bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auszugehen hatte. Die Begründung dieses Bescheides zeigt, daß die belangte Behörde nicht etwa angenommen hat, es sei bei Erhebung der Berufung ein die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels ausschließender Umstand vorgelegen, sondern daß sie in Wirklichkeit eine Entscheidung in der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG, das ist das Befreiungsbegehren des Beschwerdeführers, getroffen hat, indem sie seinen Antrag zurückgewiesen hat. Denn die Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht sich ausschließlich auf diese durch § 36 Abs. 2 Z. 2 WG bestimmte Sache, sie enthält nichts, woraus sich die Unzulässigkeit der Berufung als solche ableiten ließe. Festzuhalten ist, daß auch die Zurückweisung eines Antrags durch die Berufungsbehörde eine Entscheidung in der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG darstellt. Da es sich bei der Anführung des Wortes "Berufung" im Spruch des angefochtenen Bescheides bloß um ein Vergreifen im Ausdruck handelt, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem geltend gemachten Recht auf Entscheidung in der Sache bzw. auf inhaltliche Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides nicht verletzt.

Im Hinblick auf die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 24. Mai 1989 ist sein Vorbringen nicht berechtigt, der erstinstanzliche Bescheid sei rechtskräftig geworden und es stünde, sollte es zum Wiederaufleben der Wehrpflicht des Beschwerdeführers kommen, einem dann gestellten inhaltsgleichen Antrag das Hindernis der entschiedenen Sache entgegen. Der angefochtene Bescheid trat zur Gänze an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides, dieser gehört daher nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Verfehlt ist auch die Ansicht des Beschwerdeführers, er sei derzeit nicht zivildienstpflichtig, sondern "prinzipiell wehrpflichtig", weil gemäß § 5 Abs. 1 ZDG nur TAUGLICHE Wehrpflichtige ihre Befreiung von der Wehrpflicht beantragen könnten, er aber infolge Aufhebung des seine Tauglichkeit aussprechenden Beschlusses vom 22. Februar 1989 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0171, wieder vorübergehend untauglich geworden sei, weshalb der Bescheid der Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 20. Oktober 1989 "mangels Antragslegitimation nichtig" sei. Dieses Vorbringen beruht auf der durch nichts gedeckten Meinung, ein rechtskräftiger Bescheid gemäß § 2 ZDG verliere mit der nachträglichen Aufhebung des die Tauglichkeit des Betreffenden aussprechenden Beschlusses der Stellungskommission seine Rechtswirksamkeit.

Was die behauptete Verletzung des Rechts auf Befreiung "vom Wehrdienst" anlangt, ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer in diesem Recht gar nicht verletzt sein kann, weil er ohnedies nicht mehr wehrpflichtig ist und ihm daher ein Rechtsanspruch auf Befreiung von der Präsenzdienstpflicht gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 WG begrifflich nicht (mehr) zustehen kann.

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991110046.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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