TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/30 90/09/0192

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

Dienstrecht - Disziplinarrecht

Norm

AVG §56
AVG §58
AVG §58 Abs1
AVG §58 Abs2
BDG 1979 §105 Z1
BDG 1979 §109
BDG 1979 §110
BDG 1979 §111
BDG 1979 §123
BDG 1979 §123 Abs1
BDG 1979 §123 Abs2
BDG 1979 §124 Abs1
BDG 1979 §126 Abs2
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §91
BDG 1979 §94 Abs1 Z2
B-VG Art122 Abs2
B-VG Art126b Abs5
B-VG Art51a
LDG 1984 §69
LDG 1984 §95 Abs2
ÖNORM A 2050
StGB §7 Abs1
VStG §5 Abs1
VwGG §41 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Griesmacher,

Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der

Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Mag. R in W,

vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid

der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres

vom 5. November 1990, Zl. 371/1-DK/1/90, betreffend Einleitung

eines Disziplinarverfahrens nach § 123 Abs. 1 BDG 1979, zu

Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines

Spruchteiles 1, soweit in diesem die Nichteinhaltung der Ö-NORM

A 2050 bei der im Juni 1986 erfolgten mündlichen Vereinbarung

mit der Fa. G vorgeworfen wird (erster Tatvorwurf), sowie des

Spruchteiles 2 und 3 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes,

hinsichtlich des Spruchteiles 5 wegen Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe

von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu

ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat in einem

öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine

Dienststelle ist das Bundesministerium für Inneres. In der Zeit

vom 1. Juli 1985 bis einschließlich 31. Juli 1990 leitete der

Beschwerdeführer die für Flüchtlingsbetreuung zuständige

Abteilung III/14 (frühere Bezeichnung: Abteilung IV/5).

Auf Grund des sogenannten "Rohberichtes" des Rechnungshofes

- Bericht des Rechnungshofes vom 4. Mai 1990 über das Ergebnis

der Gebarungsprüfung beim Bundesministerium für Inneres

betreffend das Flüchtlingswesen (Flüchtlingsbetreuung) (im

folgenden Rechnungshofbericht genannt) - der beim

Bundesminister für Inneres am 11. Mai 1990 eingelangt war und

zu dem das Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom

22. Mai 1990 gegenüber dem Rechnunghof eine umfassende

Stellungnahme abgegeben hatte, hielt die Dienstbehörde mit

Schreiben vom 5. Oktober 1990 dem Beschwerdeführer jene Punkte

des Rechnungshofberichtes vor (Punkte 31, 33, 39, 83 und 89),

aus denen sich nach näher begründeter Auffassung der

Dienstbehörde der Verdacht der Begehung von

Dienstpflichtverletzungen ergeben habe, lud den

Beschwerdeführer ein, hiezu innerhalb einer bestimmten Frist

Stellung zu nehmen und kündigte für den Fall des

Eingeständnisses der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen

ihre Absicht an, nach § 131 BDG 1979 eine Disziplinarverfügung

zu erlassen.

Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom

11. Oktober 1990 Stellung, in der er im wesentlichen die

Ansicht vertrat, er habe während seiner Tätigkeit als Leiter

der Abteilung IV/5 (nachmals III/14) die ihm übertragenen

Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen besorgt. Nach einem

Aktenvermerk vom 15. Oktober 1990 bedeutet dieses Schreiben

nach Mitteilung des Beschwerdeführers, daß er die ihm

angelasteten Dienstpflichtverletzungen nicht eingestehe.

Hierauf erstattete die Dienstbehörde mit Schreiben vom

16. Oktober 1990 gemäß § 110 Abs. 1 BDG 1979 Disziplinaranzeige

gegen den Beschwerdeführer an die belangte Behörde. Die

Disziplinaranzeige deckt sich inhaltlich mit dem Vorhalt vom

5. Oktober 1990; sie wurde nach der Aktenlage dem

Beschwerdeführer gemäß § 109 Abs. 3 BDG 1979 durch Hinterlegung

am 23. Oktober 1990 zugestellt.

Nach dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom

5. November 1990 (dem Beschwerdeführer zugestellt am

7. November 1990) beschloß die belangte Behörde in ihrer

Sitzung vom 31. Oktober 1990 gegen den Beschwerdeführer gemäß

§ 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren wegen des

Verdachtes einzuleiten, er habe

"1. im Juni 1986 mit der Firma G mündlich vereinbart, den

Preis des Mittagessens von S 42,35 auf S 49,50 und den des

Abendessens von S 30,25 auf S 33,-- zu erhöhen und im

Jahr 1988 neuerlich eine Preiserhöhung des Mittagessens auf

S 52,80 mündlich vereinbart, wobei die Bestimmungen der

Ö-Norm A 2050 hinsichtlich der Vergabe von Leistungen in

beiden Fällen nicht eingehalten wurden, somit möglicher-

weise dem Bund einen Vermögensnachteil von S 250.000,--

verursacht und dadurch gegen Ihre Dienstpflichten gemäß

§ 43 Abs. 1 BDG 1979, nämlich Ihre dienstlichen Aufgaben

unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu,

gewissenhaft und unparteiisch mit den Ihnen zur Verfügung

stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, sowie gegen Ihre

Dienstpflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979, nämlich Weisungen

zu befolgen, schuldhaft verstoßen,

2. wiederholte Male wissentlich die freihändige und mündliche

Auftragsvergabe von Transportleistungen entgegen den

Bestimmungen der Ö-Norm A 2050 hinsichtlich der Vergabe von

Leistungen durch Bedienstete der Abteilung IV/5 toleriert,

und somit gegen Ihre Verpflichtungen gemäß § 43 Abs. 1

BDG 1979, nämlich Ihre dienstlichen Aufgaben unter

Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft

und unparteiisch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden

Mitteln aus eigenem zu besorgen, sowie § 45 Abs. 1

BDG 1979, nämlich als Vorgesetzter darauf zu achten, daß

Ihre Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und

in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise

erfüllen, schuldhaft verstoßen,

3. entgegen den Bestimmungen der §§ 19 und 26 der Richtlinien

für die Inventar und Materialverwaltung keine unvermutete

Prüfung des Inventar- und Materialbestandes durchgeführt,

und somit gegen Ihre Verpflichtungen gemäß § 43 Abs. 1

BDG 1979, nämlich Ihre dienstlichen Aufgaben unter

Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft

und unparteiisch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden

Mitteln aus eigenem zu besorgen, § 44 Abs. 1 BDG 1979,

nämlich Weisungen zu befolgen, sowie § 45 Abs. 1 BDG 1979,

nämlich als Vorgesetzter darauf zu achten, daß Ihre

Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in

zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise

erfüllen, schuldhaft verstoßen,

4. am 23. März 1988 eine auf der Ebene der Sektionsleitung

entstandene Dienstanweisung ohne hiezu berechtigt zu sein

abgeändert und dadurch gegen Ihre Dienstpflicht gemäß § 43

Abs. 1, nämlich Ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung

der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und

unparteiisch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln

aus eigenem zu besorgen, und § 44 Abs. 1 BDG 1979, nämlich

Weisungen zu befolgen, schuldhaft verstoßen;

5. Ende des Jahres 1987 einem Bediensteten der Abteilung IV/5

Überstunden für die Ablegung eines

"Stapelfahrerführerscheines" angeordnet, einerseits ohne

hiezu ermächtigt zu sein und andererseits unter

Einbeziehung der für den Kursbesuch erforderlichen

Reisezeiten in die Überstundenanordnung, und dadurch gegen

seine Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979, nämlich

Ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden

Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den

Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu

besorgen, und 44 Abs. 1 BDG 1979, nämlich Weisungen zu

befolgen, schuldhaft verstoßen,

durch alle diese Handlungen gegen Ihre Dienstpflicht gemäß § 43

Absatz 2 BDG 1979, nämlich in Ihrem gesamten Verhalten darauf

Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die

sachliche Wahrnehmung Ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten

bleibt, verstoßen und somit Dienstpflichtverletzungen im Sinne

des § 91 BDG 1979 begangen."

In der Begründung berief sich die belangte Behörde auf die

im Zusammenhang mit dem Bericht des Rechnungshofes erstattete

Disziplinaranzeige der Dienstbehörde vom 16. Oktober 1990. Der

Verdacht beziehe sich auf die Punkte 31, 33, 39, 83 und 89 des

Rechnungshofberichtes und zwar im folgenden Umfang:

Der Rechnungshof habe in Punkt 31 seines zitierten Berichtes

folgendes ausgeführt:

"31 VERPFLEGUNGSVERTRAG

31.1.1 Im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingslagern, die

über eigene Dienstküchen verfügten, erlaubte die personelle

Besetzung des nur mit zwei Bediensteten besetzten

Flüchtlingslager Reichenau ausschließlich die Zubereitung des

Frühstücks, während das Mittag- und Abendessen seit etwa

15 Jahren durch den "Gasthof Maria G" geliefert wurde.

Die Auftragsvergabe erfolgte freihändig und ohne die Einholung

von Angeboten anderer allenfalls als Lieferanten in Frage

kommender Gasthöfe.

31.1.2 Es konnte vom RH nicht in Erfahrung gebracht werden, aus

welchen Gründen trotz häufiger Beschwerden der Heimleiter über

Qualität und Quantität der gelieferten Verpflegung von den

jeweiligen Leitern der Abt. IV/5 keine ernsthaften Versuche

unternommen wurden,andere Lieferanten zu finden.

Vielmehr hat Min.Rat Mag. R am 9. Juni 1986 mit der Fa. G

mündlich vereinbart, den Preis des Mittagessens von S 42,35 auf

S 49,50 und den des Abendessens von S 30,25 auf S 33,-- zu

erhöhen. 1988 kam es zu einer weiteren Preiserhöhung des

Mittagessens auf S 52,80.

31.1.3 Die Höhe der vereinbarten Beträge lag damit wesentlich

über den mit anderen Vertragspartnern getroffenen

Vereinbarungen, denen in gleichgelagerten Fällen nur der

übliche Verpflegssatz von S 46,-- für das Mittagessen und

S 24,50 für das Abendessen zugestanden worden war.

Dadurch lag der Preis des Mittagessens um rd. 15 v.H., der des

Abendessens sogar um rd. 35 v.H. über den sonst bezahlten

Sätzen.

Der dem Bund dadurch entstandene Vermögensnachtil kann daher

unter der Annahme einer unteren Belagsgrenze von

45 Flüchtlingen und einem Differenzbetrag pro Tag und

Flüchtling von S 15,30 - mit jährlich mindestens 250.000,--

angenommen werden.

31.2 Die bei der Auftragsvergabe bzw. -verlängerung sowie

Vertragsänderung gewählte Vorgangsweise steht nach Ansicht des

RH nicht im Einklang mit den die Vergabe von Leistungen

regelnden Normen. Die jeweiligen Leiter der Abt. IV/5 haben

daher ihre Kompetenzen eindeutig überschritten. Der RH erblickt

darin eine Dienstpflichtverletzung. Er empfiehlt, durch den

Vergaberichtlinien entsprechende Maßnahmen für eine

kostengünstige Lösung dieses Problems zu sorgen."

Nach Ansicht der belangten Behörde bestehe der Verdacht,

die in diesem Zusammenhang gepflogene Vorgangsweise entspreche

tatsächlich nicht den die Vergabe von Leistungen regelnden

Normen. Obwohl der Stellungnahme des Bundesministeriums für

Inneres zum zitierten Rechnungshofsbericht zu entnehmen sei,

daß die Auftragsvergabe freihändig aufgrund der örtlichen

Gegebenheiten erfolgt sei, erscheine der Verdacht weiterhin

gegeben, daß durch ein im wesentlichen passives Verhalten des

Beschwerdeführers der - im Bereich des Bundesministeriums für

Inneres als generelle Weisung geltenden - ÖNORM A 2050 nicht

entsprochen worden sei.

Es bestehe daher der Verdacht, der Beschwerdeführer habe

gegen seine Verpflichtung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 schuldhaft

verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des

§ 91 BDG 1979 begangen.

Der Rechnungshof habe in Punkt 33 seines zitierten

Berichtes folgendes ausgeführt:

"33 PERSONENTRANSPORT

33.1.1 Aufgrund der großen Anzahl bundesbetreuter Personen

reichten die den Einrichtungen für die Flüchtlingsbetreuung

zugewiesenen Dienst-Kfz für die zwischen den jeweiligen

Unterbringungsmöglichkeiten, d.s. fünf Flüchtlingslager und rd.

400 Beherbergungsbetriebe, durchzuführenden Überstellungen von

Flüchtlingen kapazitätsmäßig nicht aus.

Die Situation hat dazu geführt, daß eine große Anzahl privater

Transportunternehmungen vom BMI regelmäßig mit

Flüchtlingstransporten betraut wird.

33.1.2 Außer den Kosten für Übersiedlungen wurden vom BMI auch

Schülerbeförderungskosten für Kinder bundesbetreuter

Flüchtlinge getragen, wobei die Gesamtkosten für Übersiedlungen

und Schülertransporte im Rechnungsjahr 1988 insgesamt rd.

S 15.331.000 betrugen.

Während bei den Schülertransporten überwiegend öffentliche

Verkehrsmittel verwendet werden konnten und das BMI bei

privaten Transportunternehmungen dieselben Tarife vergütete,

die auch für die einheimischen Schulkinder verrechnet wurden,

war die Tarifgestaltung bei den Flüchtlingstransporten im Zuge

von Überstellungen völlig uneinheitlich.

33.2 Wie vom RH festgestellt wurde, sind in keinem einzigen

Fall entsprechend den Bestimmungen der ÖNORM A 2050

Ausschreibungen durchgeführt oder auch nur Vergleichsangebote

eingeholt worden.

Im Regelfall erfolgte die Auftragsvergabe aufgrund von

unverlangt eingesandten oder auch nur fernmündlichen Angeboten

der Transportunternehmungen, wobei die Tarife in der Folge

zwischen dem Unternehmen und dem zuständigen Referenten der

Abt. IV/5 fernmündlich vereinbart wurden; auch die Ausfertigung

eines schriftlichen Vertrages unterblieb.

33.3 Der RH bemängelt die der ÖNORM A 2050 widersprechende

Praxis der Auftragsvergabe und empfiehlt die Durchführung von

Ausschreibungen."

Die belangt Behörde hege auch diesbezüglich die Vermutung,

daß die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gepflogene

Vorgangsweise tatsächlich nicht den die Vergabe von Leistungen

regelnden Normen entspreche. Obwohl der Stellungnahme des

Bundesministeriums für Inneres zu dem zitierten

Rechnungshofbericht zu entnehmen sei, die Auftragsvergabe sei

auf Grund geographischer Gesichtspunkte freihändig erfolgt,

erscheine der Verdacht weiterhin gegeben, daß durch ein im

wesentlichen passives Verhalten des Beschwerdeführers den

Bestimmungen der ÖNORM A 2050 nicht entsprochen worden sei.

Es bestehe daher der Verdacht, der Beschwerdeführer hätte

gegen seine Verpflichtungen gemäß §§ 45 Abs. 1 und 43 Abs. 1

BDG 1979 schuldhaft verstoßen und dadurch eine

Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Der Rechnungshof habe in Punkt 39 seines zitierten

Berichtes folgendes ausgeführt:

"39 UNVERMUTETE KOMMISSIONELLE PRÜFUNG

39.1 In § 19 Abs. 3 und 4 bzw. § 26 Abs. 5 der Richtlinien für

die Inventar- und Materialverwaltung wird bestimmt, daß neben

der alljährlich von der Inventarverwaltung durchzuführenden

Inventur innerhalb von fünf Jahren eine unvermutete

kommissionelle Prüfung des Inventar- und Materialbestandes

durch eine vom Dienststellenleiter zu bestellende

Inventurkommission vorzunehmen ist. In diesem Zusammenhang wäre

noch festzustellen, daß in bezug auf die maximale fünfjährige

Frist zwischen diesen Prüfungen keine Ausnahmebestimmungen

bestehen, d.h. daß eine allfällige Erstreckung auf keinen Fall

zulässig ist.

Es konnte vom RH nicht in Erfahrung gebracht werden, wann eine

solche Prüfung im Bereich der Flüchtlingslager letztmals

durchgeführt worden war.

Aufgrund der siebenjährigen Skartierungsfrist und der Tatsache,

daß keine aktenmäßigen Unterlagen vorgefunden wurden, erscheint

die von der zuständigen Referentin in der Abt. IV/5 erhaltene

Auskunft, daß seit mindestens zehn Jahren keine derartige

Kontrolle stattgefunden habe, durchaus glaubhaft.

39.2 Der RH bemängelt nicht nur das vorschrifts- und

pflichtwidrige Verhalten des Leiters der Abt. IV/5, sondern

weist auch nachdrücklich auf die fehlende ressortinterne

Kontrolle durch die Buchhaltung hin. Er empfiehlt daher, die

unverzügliche Durchführung der längst überfälligen Prüfungen

anzuordnen."

Die Ansicht des Rechnungshofes erscheine gerechtfertigt, da

auch die Kontrolle des Material- und Inventarbestandes der

Ingerenz des Leiters der Abteilung IV/5 unterlegen sei.

Es bestehe somit der Verdacht, der Beschwerdeführer hätte

durch die bezeichneten Unterlassungen gegen seine

Verpflichtungen gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 schuldhaft verstoßen

und dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91

BDG 1979 begangen.

Der Rechnungshof habe in Punkt 83 seines zitierten

Berichtes folgendes ausgeführt:

"83 VERSTOSS GEGEN DAS EINKOMMENSTEUERGESETZ 1988

83.1 Die unter Zl. 4.043/1-SL IV/73 erlassene Dienstanweisung

über die Organisation und Verwaltung der "Besonderen

Einrichtungen des Bundesministeriums für Inneres" enthält in

Kapitel IV im Punkt III Bestimmungen über die Auszahlung von

"erhöhtem Taschengeld" an Flüchtlinge, die Hilfsdienste

verrichten.

Offensichtlich um der steuerrechtlichen Problematik

auszuweichen, wurde bestimmt, daß eine jährliche

Gesamtbeschäftigungsdauer derart zu begrenzen sei, "daß der

jeweils festgelegte Steuerfreibetrag nicht überschritten wird".

Bei der Lagerleiterbesprechung am 23. März 1988 in Reichenau

wurden die anwesenden Lagerleiter von ihrem unmittelbaren

Dienstvorgesetzten, dem Leiter der Ab. IV/5, angewiesen,

Remuneranten auch ungeachtet der von diesen erreichten

Jahresverdienstsummen zu beschäftigen.

Aufgrund dieser Weisung trat der Zustand ein, daß von den

Einkommen eines relativ großen Personenkreises - allein im

Flüchtlingslager Traiskirchen sind ständig mehr als

100 Remuneranten beschäftigt, deren monatliche Nettoeinkünfte

häufig einen Betrag von rd. S 8.000,-- erreichen - keine

Einkommensteuer entrichtet wurde.

83.2 Obwohl die Herbeiführung dieses für den Bund

vermögensnachteiligen Zustandes nicht in erster Linie Ziel der

zitierten Weisung gewesen sein konnte, stellt die Tatsache, daß

die Verletzung der Pflicht zur Leistung von Einkommensteuer im

Zusammenhang mit der Weisungserteilung in Kauf genommen wurde,

nach Ansicht des RH eine schuldhafte Verletzung der

Dienstpflichten des Leiters der Abt. IV/5 dar.

Erschwerend war in diesem Zusammenhang noch, daß der Beamte

-

aufgrund der Tatsache, daß die erwähnte "Dienstanweisung" des

BMI auf der Ebene der Sektionsleitung entstanden ist - als

Abteilungsleiter gar nicht berechtigt gewesen war, Abweichungen

von der noch in Kraft befindlichen Dienstvorschrift von sich

aus anzuordnen."

Wiewohl der Verstoß gegen einkommensteuerrechtliche

Bestimmungen nicht Gegenstand der Disziplinaranzeige gewesen

sei, bestehe der Verdacht, der Beschwerdeführer hätte eine

Dienstanweisung ohne hiezu berechtigt zu sein abgeändert und

dadurch gegen seine Dienstpflicht gemäß §§ 43 und 44 Abs. 1

BDG 1979 schuldhaft verstoßen und dadurch eine

Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 BDG 1979 begangen.

Der Rechnunghof habe in Punkt 86 seines zitierten Berichtes

unter anderem folgendes ausgeführt:

".....

Ein Aktenvermerk vom 28. Dezember 1987 betr. Rückvergütung der

angefallenen Kosten für die Ausbildung eines Mitarbeiters zum

Staplerfahrer besagt, daß u.a. lt. Weisung des Leiters der

Abt. IV/5 die dafür erforderlichen Reisezeiten in Form von ÜST

abzugelten

wären. ......"

Nach Ansicht der belangten Behörde dürften Reisezeiten nur

unter besonderen Umständen, die im relevanten Fall nicht

gegeben seien, als Überstunden verrechnet werden. Außerdem sei

der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt nicht zur Anordnung

von Überstunden ermächtigt gewesen. Es bestehe daher der

Verdacht, daß der Beschwerdeführer durch die bezeichneten

Unterlassungen gegen die ihn nach § 43 Abs. 1 BDG 1979

treffenden Verpflichtungen schuldhaft verstoßen habe und

dadurch eine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG 1979

begangen habe. Wiewohl seiner Stellungnahme vom 9. August 1990

zu entnehmen sei, daß die Überstundenanordnung erforderlich

gewesen sei, um wenigstens einen Bediensteten zur Erlangung der

Berechtigung (als Staplerfahrer) zu motivieren, liege die

Rechtswidrigkeit der Überstundenanordnung auf der Hand.

Im Zusammenhang mit der offenkundigen Mißachtung

bestehender dienstlicher Anweisungen und allgemeiner

Rechtsvorschriften bestehe darüber hinaus der Verdacht, der

Beschwerdeführer hätte gerade im sensiblen Bereich der

Flüchtlingsbetreuung durch die bezeichneten Handlungsweisen

auch gegen seine Verpflichtung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979

schuldhaft verstoßen. Diese Verdachtslage werde auch nicht

durch seine Aussage in seiner an die Dienstbehörde gerichteten

Stellungnahme vom 11. Oktober 1990, wonach er die ihm

"übertragenen Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen" besorgt

habe, entkräftet.

Zur Frage der Verjährung nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 führte

die belangte Behörde aus, der relevante Rechungshofbericht sei

dem Bundesministerium für Inneres am 11. Mai 1990 zur Kenntnis

gebracht worden. Ab diesem Zeitpunkt sei daher der frühest

mögliche Zeitpunkt des Beginnes der sechsmonatigen

Verjährungsfrist im Sinn des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979

anzunehmen.

Auf Grund der oben angeführten Erwägungen hätten die

gegenüber dem Beschwerdeführer bestehenden Verdachtsmomente

nicht ausgeräumt werden können, sodaß gegen den

Beschwerdeführer die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu

beschließen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der

Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die

Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung

der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich

der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß ein

Disziplinarverfahren gegen ihn nicht ohne Vorliegen der

Voraussetzungen des § 91 und entgegen der Verjährungsregel des

§ 94 BDG 1979 eingeleitet werde, durch unrichtige Anwendung

dieser Normen sowie der Vorschriften über die

Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die

Bescheidbegründung (§§ 37, 39 und 60 AVG in Verbindung mit

§ 105 BDG 1979).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der

Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid

übernehme wortgleich in seinem Spruch und mit geringen

Abweichungen auch in seiner Begründung die Ausführungen der

Disziplinaranzeige, die sich ihrerseits auf bestimmte Zitate

aus dem Rechnungshofbericht beschränkt habe. Mit keinem Wort

werde auf die abweichende Stellungnahme des Bundesministeriums

für Inneres (zum Rohbericht des Rechnungshofes) eingegangen, in

dem es das Verhalten des Beschwerdeführers als richtig

verteidigt habe. Deshalb müsse nicht nur die objektive

Unrichtigkeit der Auffassung des Rechnungshofes angenommen

werden, sondern könne den Beschwerdeführer auch kein

Verschulden treffen. Die Frage des Vorliegens eines

ausreichenden Verdachtes einer schuldhaften

Dienstpflichtverletzung habe daher ohne Berücksichtigung jener

vorhandenen oder jedenfalls sofort verfügbaren Stellungnahme

des Bundesministeriums für Inneres zum Rohbericht des

Rechnungshofes nicht mängelfrei beantwortet werden können.

Unter diesem Gesichtspunkt nimmt der Beschwerdeführer in der

Folge zu einzelnen Anschuldigungspunkten Stellung. So führt er

-

soweit es aus der Sicht des Beschwerdefalles wesentlich

erscheint - unter anderem zu Spruchteil 1 des angefochtenen

Bescheides aus, die üblichen Verpflegssätze von S 46,-- für ein

Mittagessen und S 24,50 für ein Abendessen seien von ihm bzw.

seiner Abteilung selbst festgesetzt worden. Eine Überschreitung

im Einzelfall könne daher keinen Weisungsverstoß darstellen;

die Überschreitung im Falle des Lagers Reichenau sei durch die

örtlichen Gegebenheiten erzwungen gewesen; der Rechnungshof

habe auch nie näher angegeben, auf Grund welcher Lokale in

welchen Orten er niedrigere Vergleichspreise erhoben habe. Zu

Spruchteil 3 führte der Beschwerdeführer aus, es werde mit

keinem Wort gesagt, daß die "unvermutete Prüfung des Inventar-

und Materialbestandes" zu seinen Dienstpflichten gehöre,

weshalb er gegenteiliges unterstelle. Zu den Spruchteilen 4 und

5 wandte der Beschwerdeführer Verjährung nach § 94 Abs. 1 Z. 1

BDG 1979 ein, weil wegen der Billigung der dort angesprochenen

Anordnungen seitens der zuständigen Vorgesetzten die

Dienstbehörde schon zu einem früheren Zeitpunkt (als durch den

Rohbericht des Rechnungshofes) hievon Kenntnis erlangt habe.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß in keinem Fall in der

Bescheidbegründung angegeben werde, welche Schuldform (Vorsatz

oder Fahrlässigkeit) vorliege. Zwar werde bei jedem

Anschuldigungspunkt nach der Tatbestandsumschreibung stereotyp

die Behauptung der "schuldhaften" Verletzung bestimmter

Dienstpflichten aufgestellt, nicht jedoch erklärt, ob

Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit unterstellt werde. Hätte

die belangte Behörde diese Frage geprüft, hätte sie nicht nur

Vorsatz, sondern auch Fahrlässigkeit ausgeschlossen, da sich

der Beschwerdeführer in einer bekannt schwierigen und immer

schwieriger gewordenen Situation nach bestem Wissen und

Gewissen bemüht habe, die ihm gestellte Aufgabe bestmöglichst

zu bewältigen.

Das ihm unter Spruchteil 2 vorgeworfene Tolerieren von

ÖNORM-widrigen Vergabepraktiken seiner Mitarbeiter bleibe

mangels konkreter Fakten zu unbestimmt.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer unter dem

Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch vor, der

im Spruchteil 1 enthaltene Vorwurf verstoße - soweit er sich

auf einen Vertragsabschluß im Juni 1986 beziehe - erkennbar

gegen die Verjährungsfrist nach § 94 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979.

Spruchteil 2 sei zur Gänze inhaltlich rechtswidrig, weil die

ÖNORM A 2050 für den Beschwerdeführer nicht rechtsverbindlich

sei.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis teilweise Berechtigung

zu.

Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine

Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem

9. Abschnitt dieses Gesetzes) zur Verantwortung zu ziehen.

Nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer

Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen

ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem

Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die

Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt

der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine

Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor

der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.

Disziplinarbehörden sind nach § 96 BDG 1979 die

Dienstbehörde, die Disziplinarkommissionen und die

Disziplinaroberkommission. Welche Behörden Dienstbehörden sind,

bestimmt § 2 DVG, welcher als Zuständigkeitsnorm auch im

9. Abschnitt des BDG 1979 anwendbar ist (vgl. z.B. das

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990,

Zl. 90/09/0121). Im Beschwerdefall ist unbestritten der

Bundesminister für Inneres Dienstbehörde.

§ 118 Abs. 1 BDG 1979 sieht vor, daß das

Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen ist, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte

Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände

vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht

erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung

darstellt,

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen,

oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine

oder nur unbedeutende Folge nach sicht gezogen hat und überdies

eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der

Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung

von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorsitzende der

Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeige die

Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob

ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige

Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der

Disziplinarkommission durchzuführen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes haben Ermittlungen der

Disziplinarbehörde vor der Einleitung eines

Disziplinarverfahren das Ziel, zu klären, ob die

Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind, oder ob

allenfalls offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der

Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (vgl. dazu das

Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1979,

Slg. 8686, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom

15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0113). Für die Einleitung des

Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen

den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer

Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht besteht,

wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der

Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen

gegeben erscheinen lassen. Verdacht ist mehr als eine bloße

Vermutung, er setzt die Kenntnis von Tatsachen voraus, aus

denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen

werden kann (vgl. dazu die Erkenntnisse des

Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0113,

vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0112 sowie vom

18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0061 und Zl. 90/09/0044). Die

Disziplinarkommission muß bei Fällung eines

Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber

haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung

begangen hätten; dies ist in dem der Einleitung des Verfahrens

nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebensowenig muß

im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte

Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden (vgl.

dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom

13. November 1985, Zl. 84/09/0143). Die dem Einleitungsbeschluß

nac

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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