TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/31 90/16/0226

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Veröffentlicht am 31.10.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
VwRallg;
ZPO §235;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des Josef K in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Präsidenten des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 29. Oktober 1990, Zl. Jv 2711 - 33/90, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

    Am 27. Jänner 1987 hatte der Beschwerdeführer beim

Kreisgericht ... (in der Folge: KG) die Erbschaftsklage gemäß

§ 823 ABGB gegen neun auf Grund ihres gesetzlichen Erbrechtes

eingeantwortete Erben (in der Folge: Beklagte) nach der am

13. November 1984 verstorbenen Agnes ... (in der Folge:

Erblasserin) angebracht.

In dieser Klage war der Wert des Streitgegenstandes mit S 100.000,-- - entsprechend dem festgestellt gewesenenen Einheitswert der (die gesamte Verlassenschaft nach der Erblasserin darstellenden) Liegenschaft samt Zubehör - angegeben worden.

Bei der Tatsachenangabe war in dieser Klage vorgebracht worden, die Erblasserin habe am 3. November 1984 in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Ehegattin, zweier weiterer Frauen und eines (in der Folge als Anton bezeichneten) Mannes ein mündliches Testament errichtet, in dem der Beschwerdeführer als Alleinerbe eingesetzt worden sei.

In dem betreffenden Verlassenschaftsverfahren - in dem der Beschwerdeführer den Antrag, diese beiden Frauen und Anton über das mündlich errichtete Testament einzuvernehmen und das von ihnen bestätigte Testament dann kundzumachen, gestellt hatte - habe Anton als eidlich vernommener Zeuge im wesentlichen angegeben, nichts von einer Testamentserrichtung zu wissen. Daher habe der Beschwerdeführer diesen Antrag (am 18. Februar 1985 mangels Beweisbarkeit des behaupteten mündlichen Testamentes) zurückgezogen.

Anton, gegen den wegen dieser Aussage Anzeige wegen des Verdachtes des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 und 2 StGB erstattet worden sei, sei in dem betreffenden - mit rechtskräftigem Schuldspruch beendetem - Strafverfahren von Anfang an geständig gewesen und habe als Motiv für diese Straftat angegeben, vom Erstbeklagten und fünf anderen Personen massiv dazu bestimmt worden zu sein.

Im Rahmen dieses Strafverfahrens sei festgestellt worden, daß die Erblasserin doch das erwähnte mündliche Testament errichtet habe.

In dieser Klage hatte der Beschwerdeführer abschließend im wesentlichen gegenüber den Beklagten die Feststellung, auf Grund einer letztwilligen Anordnung der Erblasserin Alleinerbe des aus der erwähnten Liegenschaft bestehenden Nachlasses zu sein, und dessen (den eingeantworteten Anteilen entsprechend) Herausgabe an den Beschwerdeführer als Alleinerben, sodaß er Alleineigentümer dieser Liegenschaft werde, begehrt.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13. Juli 1988 hatte der Vertreter des Beschwerdeführers zunächst das erwähnte Feststellungsbegehren dadurch ergänzt, daß die Beklagten schuldig seien, in die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes einzuwilligen.

Gegen diese Ergänzung hatte sich der Vertreter der Beklagten nicht ausgesprochen.

Weiters hatte der Vertreter des Beschwerdeführers in dieser Tagsatzung vorgebracht, falls auf Grund der Einwendungen der Beklagten, Anton dürfe als Zeuge nicht beeidet werden, die Voraussetzungen eines mündlichen Testamentes nicht mehr vorlägen, werde gegenüber dem Erstbeklagten in eventu für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens beantragt, ihn schuldig zu erkennen, dem Beschwerdeführer den Betrag von

S 4,400.000,-- s.A. ... zu bezahlen. Dazu hatte der Vertreter des Beschwerdeführers vorgebracht, die erwähnte Liegenschaft hätte im Jahre 1987 um einen Gesamtpreis von S 5,500.000,-- veräußert werden können; der Betrag von S 4,400.000,-- errechne sich aus dem Differenzbetrag zwischen den Anteilen des Beschwerdeführers an dieser Liegenschaft und den (restlichen) Anteilen der Beklagten.

Gegen die Zulassung dieses Eventualantrages hatte sich der Vertreter der Beklagten ausgesprochen.

Mit (jeweils rechtskräftig gewordenem) I. Beschluß und II. Urteil des KG vom 26. März 1990 war I. die "Klagsausdehnung gegen den Erstbeklagten hinsichtlich des Eventualbegehrens" zugelassen sowie II. das Klagebegehren und das Eventualbegehren des Klägers abgewiesen worden. Zu I. hatte das KG ausgeführt, die Klagsänderung seitens des Beschwerdeführers dadurch, daß er ein Eventualbegehren auf Zahlung eines Betrages von S 4,400.000,-- erhoben habe, sei zuzulassen gewesen, da im "gegenständlichen" Verfahren eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung im Hinblick auf den Grund des Anspruches nicht zu erwarten gewesen sei und auch die Ermittlung der Höhe des allfälligen Schadens im wesentlichen durch ein Sachverständigengutachten erfolgt wäre, was ebenfalls keine wesentliche Verfahrensverzögerung mit sich gebracht hätte.

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne der belangten Behörde) durch das dargestellte Eventualbegehren des Beschwerdeführers der Wert des Streitgegenstandes infolge Erweiterung des Klagebegehrens gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 erster Fall GGG geändert wurde oder (im Sinne des Beschwerdeführers) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für

das ganze Verfahren gleich.

Hievon treten gemäß § 18 Abs. 2 GGG Ausnahmen ein, von denen für den vorliegenden Fall lediglich die der Z. 2 erster Fall in Betracht kommt, wonach die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen ist, wenn der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert wird.

Der Beschwerdeführer scheint vor allem zu übersehen, daß sowohl der Kostenbeamte als auch die belangte Behörde als JustizVERWALTUNGsorgane bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidungen des GERICHTES gebunden sind (siehe z.B. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dessen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführtes Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 90/16/0171, mit weiterem Hinweis).

Schon damit ist im Hinblick auf den oben angeführten rechtskräftigen Beschluß des KG vom 26. März 1990, mit dem die "Klagsausdehnung gegen den Erstbeklagten hinsichtlich des Eventualbegehrens" zugelassen worden war, das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entschieden.

Im übrigen ist der Kläger vor Eintritt der Streitanhängigkeit gemäß § 235 Abs. 1 ZPO zu einer Änderung der bei Gericht überreichten Klage und namentlich zu einer ERWEITERUNG DES KLAGEBEGEHRENS, durch welche die Zuständigkeit des Prozeßgerichtes nicht ausgeschlossen wird, stets berechtigt. Nach § 235 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil, ZPO bedarf es nach Eintritt der Streitanhängigkeit der Einwilligung des Gegners. Auf Grund des § 235 Abs. 4 ZPO ist es nicht als eine Änderung der Klage anzusehen, WENN OHNE ÄNDERUNG DES KLAGEGRUNDES die tatsächlichen Angaben der Klage und die in derselben angebotenen Beweise geändert, ergänzt, erläutert oder berichtigt werden, oder wenn, GLEICHFALLS OHNE ÄNDERUNG DES KLAGEGRUNDES, das Klagebegehren in der Hauptsache oder in Beziehung auf Nebenforderungen beschränkt oder statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Im vorliegenden Fall war der ursprüngliche (zur Erlangung der Verlassenschaft = Liegenschaft geltend gemachte) Klagegrund das vom Beschwerdeführer behauptete mündliche Testament (das gemäß § 586 ABGB im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Beeidigung Antons nach § 336 Abs. 1 erster Fall ZPO wenigstens durch die Aussage der zwei übrigen Zeugen grundsätzlich hätte bestätigt werden können). Klagegrund des hier in Rede stehenden nachträglich gestellten Eventualbegehrens war hingegen ein (zur Erlangung von S 4,400.000,-- geltend gemachter) vermeintlicher Anspruch ex delictu, zu dessen Begründung zumindest teilweise neue - oben angeführte - rechtserzeugende Tatsachen vorgebracht werden mußten.

Lediglich der Vollständigkeit halber wird noch bemerkt, daß der Beschwerdeführer bei seinen Hinweisen auf die Entscheidungen des OGH vom 10. September 1918, Rv I 335, ZBl Nr. 24/1920, vom 16. September 1959, 2 Ob 298/59, JBl 1960, S. 102, und vom 17. Mai 1961, 6 Ob 207/61, RZ 1961, S. 143, und auf das Gutachten des Plenarsenates des OGH vom 19. Dezember 1952, Präs. 136/51, SSt 25/331 (Judikatenbuch Nr. 57), die dort erörterten Fälle zu Unrecht dem vorliegenden Fall gleichsetzt. Nur die nachträgliche Stellung eines Eventualbegehrens aus demselben Tatbestand (Klagegrund) ist keine Klagsänderung. Wohl aber liegt eine Klagsänderung vor, wenn zur Begründung des Eventualbegehrens neue rechtserzeugende Tatsachen vorgebracht werden (siehe z.B. die von Stohanzl, Jurisdiktionsnorm und Zivilprozeßordnung, MGA14, Wien 1990, unter E 44. und 45. zu § 235 ZPO zitierte Rechtsprechung, also auch die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung RZ 1961, S. 143).

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, Wien 1990, Rz 1225, vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen, weil dort in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung dargetan wird, daß nachträglich gestellte Eventualbegehren, SOWEIT SIE aus demselben Tatbestand abgeleitet werden, keine Klagsänderung seien (anders aber, wenn zu ihrer Begründung neue rechtserzeugende Tatsachen vorgetragen werden), und a.a.O., Rz 1226, bei Behandlung der Änderungen des "Klagegrundes" unter Anführung des Judikates 57 neu ausgeführt wird: Eine Klagsänderung durch Veränderung des Tatsachenvorbringens liege immer dann vor, wenn die neu oder verändert vorgebrachten Tatsachen den ursprünglichen Tatbestand verändern (z.B. durch Umstellung eines Wechselanspruches auf den Anspruch aus dem Grundgeschäft).

Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990160226.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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