TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/5 86/17/0125

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Veröffentlicht am 05.12.1991
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L37168 Kanalabgabe Vorarlberg;
L82308 Abwasser Kanalisation Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbgVG Vlbg 1984;
AVG §42 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BAO;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
KanalisationsG Vlbg 1976 §11;
KanalisationsG Vlbg 1976 §13 Abs3;
KanalisationsG Vlbg 1976 §14 Abs1;
KanalisationsG Vlbg 1976 §14 Abs2;
KanalisationsG Vlbg 1976 §14 Abs8;
KanalisationsG Vlbg 1976 §14;
KanalisationsG Vlbg 1976 §15;
KanalisationsG Vlbg 1976 §17;
KanalisationsG Vlbg 1976 §2 Abs3;
KanalisationsG Vlbg 1976 §27;
KanalisationsG Vlbg 1976 §28 Abs2;
KanalisationsG Vlbg 1976 §28 Abs3;
KanalisationsG Vlbg 1976 §28 Abs4;
KanalisationsG Vlbg 1976 §28;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der Marktgemeinde Lustenau, vertreten durch den Bürgermeister, gemäß § 24 Abs. 2 VwGG versehen mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Mai 1986, Zl. IIIa 221/27, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung einer Vorschreibung von Kanalisationsbeiträgen (mitbeteiligte Partei: O in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 14. Juni 1984 trug der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde dem Mitbeteiligten gemäß §§ 3 und 5 des Kanalisationsgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 33/1976 (im folgenden: Vlbg KanalG 1976), und dem § 3 der Kanalordnung der Marktgemeinde Lustenau vom 21. Dezember 1976 auf, die Bauwerke und befestigen Flächen auf dem Grundstück nn1, KG L, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides, getrennt nach Regenwasser (Niederschlagswässer) und Schmutzwasser (Abwässer), an den hiefür vorgesehenen Sammelkanal anzuschließen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 21. November 1984 wurde dem Mitbeteiligten gemäß §§ 13, 14, 15 und 28 Abs. 3 Vlbg KanalG 1976 in Verbindung mit den §§ 9 bis 12 und 18 der Kanalordnung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 21. Dezember 1976 für das genannte Grundstück ein Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 6.844,-- und ein "Anschlußbeitrag/Ergänzungsbeitrag" in der Höhe von S 19.446,40 (bestehend a) aus einem Teilbetrag von der Geschoßfläche in Höhe von S 13.806,-- und b) einem Teilbetrag von der verbauten Fläche in Höhe von S 5.640,40), insgesamt inklusive Mehrwertsteuer ein Betrag von S 28.919,40 vorgeschrieben.

Der Mitbeteiligte erhob Berufung. Der Erschließungsbeitrag in Höhe von S 6.844,-- und der Teil des Anschlußbeitrages von der Geschoßfläche in Höhe von S 13.806,-- seien ungerechtfertigt, da der Mitbeteiligte bereits Jahre hindurch Kanalbenützungsgebühr bezahlt habe. Nur der Neuanschluß für Niederschlagswasser wäre zu bezahlen.

1.3. Mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 10. April 1985 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag gemäß § 119 Vlbg AbgabenverfahrensG, LGBl. Nr. 23/1984. Danach habe der Mitbeteiligte die Liegenschaft erst im Laufe des Jahres 1982 erworben. Wie er von Nachbarn gehört habe, sei das Grundstück zusammen mit anderen in den 50er Jahren an die Gemeindekanalisationsanlage angeschlossen werden, wofür damals ein einmaliger pauschaler Anschlußbeitrag von S 600,-- vorgeschrieben worden sei. Dies werde auch im Falle seines Rechtsvorgängers nicht anders gewesen sein. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der damalige Kanalanschlußbeitrag als endgültiger Beitrag vorgesehen gewesen sei. Es sei daher § 28 Abs. 3 und 4 Vlbg KanalG 1976 anzuwenden. Ungeachtet dessen hätte aber die Vorschreibung der Gemeinde an die Person gerichtet werden müssen, die im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches, das sei gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. der 1.1.1977, Eigentümer des Grundstückes gewesen sei. Dieser Abgabenanspruch wäre schon mit Ende 1982 verjährt gewesen. Somit bestehe nur die auf § 17 Abs. 1 lit. b Vlbg KanalG 1976 gestützte Vorschreibung des Beitrages unter Punkt 2b des Bescheides des Bürgermeisters vom 21. November 1984 im Betrag von S 5.640,40 zu Recht.

1.4. Mit Bescheid vom 25. November 1985 änderte die Abgabenkommission der beschwerdeführenden Gemeinde den Bescheid des Bürgermeisters insoweit ab, als bei der Festsetzung des Anschlußbeitrages der vorläufige Beitrag von S 450,-- unter Anwendung des § 29 Vlbg KanalG 1976 mit S 4.130,10 angerechnet sowie Rechenfehler hinsichtlich des Erschließungsbeitrages und des Anschlußbeitrages berichtigt wurden, sodaß der zu zahlende Gesamtbetrag inklusive Mehrwertsteuer mit S 24.363,-- festgesetzt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Anspruch der Gemeinde auf den Erschließungsbeitrag gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanals in der X-Straße, sohin im Jahre 1982, entstanden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei eine Betriebsfertigstellung nicht vorgelegen. Die Sammelkanäle selbst seien in der Zeit vom 18. April 1979 bis 7. Dezember 1979 errichtet worden. Die Betriebsfertigstellung sei im Jahr 1982 mit dem Anschluß an die gemeinsame Abwasserreinigungsanlage H erfolgt. Der Abgabenanspruch für den Anschlußbeitrag sei gemäß § 14 Abs. 8 leg. cit. mit Rechtskraft des Anschlußbescheides vom 14. Juni 1984 entstanden. Es werde anerkannt, daß der Mitbeteiligte im Jahre 1955 für die Einleitung der geklärten Hausabwässer und der Niederschlagswässer in die in der Zwischenzeit aufgelassene provisorische Kanalleitung in der X-Straße einen Betrag von S 450,-- bezahlt habe, wenngleich er einen diesbezüglichen Nachweis nicht erbringen könne. Da aber aus Unterlagen im Rathaus hervorgehe, daß die Eigentümer der umliegenden Häuser einen Betrag in dieser Höhe bezahlt hätten, spreche die Vermutung dafür, daß auch der Mitbeteiligte bzw. dessen Rechtsvorgänger im Eigentum von der Verpflichtung zur Zahlung dieses Betrages nicht ausgenommen gewesen sei und diesen auch tatsächlich bezahlt habe. Es könne davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem im Jahr 1955 geleisteten Betrag um einen vorläufigen Anschlußbeitrag im Sinne des § 28 Abs. 3 leg. cit. gehandelt habe. Dieser sei in Anwendung der Wertsicherungsbestimmung des § 29 leg. cit. anzurechnen gewesen.

Der Mitbeteiligte erhob Vorstellung, in der beantragt wird, den Bescheid zur Gänze aufzuheben, da sich auch hinsichtlich der Niederschlagswässer ergeben habe, daß ein Kanalisationsbeitrag bereits im Jahr 1955 geleistet worden sei.

1.5. Mit Bescheid vom 20. Mai 1986 gab die Vorarlberger Landesregierung der Vorstellung Folge, hob den Bescheid der Abgabenkommission auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde zurück.

Nach der Begründung dieses Bescheides setze die Vorschreibung eines ERSCHLIESSUNGSBEITRAGES die Widmung der im Einzugsbereich des Sammelkanales gelegenen Grundstücke in einem Flächenwidmungsplan als Bauflächen oder bebaubare Sonderflächen voraus. Der Flächenwidmungsplan sei mit 27. Jänner 1981 in Kraft getreten. Die Sammelkanäle seien in der Zeit vom 18. April bis 7. Dezember 1979 errichtet worden, seien somit in diesem Zeitpunkt bereits vorhanden gewesen.

Bemessungsverjährung, gerechnet vom Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes sei somit nicht eingetreten. Der Abgabenanspruch entstehe mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales bzw. mit der Rechtswirksamkeit der Widmung des betreffenden Grundstückes. Hinsichtlich der Betriebsfertigstellung sei auf den Zeitpunkt abzustellen, "wann der errichtete Sammelkanal im Jahre 1979 zur Aufnahme und Weiterleitung der zugeleiteten Wässer diente, unabhängig des Anschlusses an die gemeinsame Abwasserreinigungsanlage". Aus den vorgelegten Akten könne nicht entnommen werden, ab welchem Zeitpunkt dieser Kanal obiger Funktion gerecht geworden sei. Werde von der Errichtung ausgegangen, so entstehe im vorliegenden Fall der Abgabenanspruch mit der Widmung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan.

Offen bleibe die Frage, ob der Mitbeteiligte Gesamtrechtsnachfolger oder Einzelrechtsnachfolger hinsichtlich des Eigentums am Grundstück nn1 sei. In welcher Form der Eigentumsübergang erfolgt sei, sei aus den vorliegenden Akten nicht zu eruieren. Die Beantwortung dieser Frage sei jedoch maßgeblich für die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages, hinsichtlich dessen Abgabenschuldner der Grundstückseigentümer sei. Der Abgabenanspruch entstehe mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales oder mit der Rechtswirksamkeit der Flächenwidmung. Von weiterer Wichtigkeit sei es daher, den Eigentumsübergang und die Entstehung des Abgabenanspruches zeitlich festzuhalten. Mit der globalen Feststellung, daß die Betriebsfertigstellung des Sammelkanals mit dem Anschluß an die Abwasserreinigungsanlage im Jahre 1982 erfolgt sei, und ohne Berücksichtigung des Zeitpunktes des Eigentumsüberganges könne für das Verfahren nichts gewonnen werden.

Was den ANSCHLUSSBEITRAG anlange, so sei der Abgabentatbestand, auf dem Boden der Feststellungen der Abgabenkommission, im Jahre 1955 erfüllt. Da der Abgabentatbestand vor Inkrafttreten des Vlbg KanalG 1976 (1. Jänner 1977) erfüllt worden sei, komme § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. zur Anwendung. Danach entstehe der Abgabenanspruch am 1. Jänner 1977. Hinsichtlich des Anschlußbeitrages sei somit Bemessungsverjährung eingetreten.

Bei diesem Ergebnis könne vernachlässigt werden, ob es sich tatsächlich um einen vorläufigen Beitrag gehandelt habe oder nicht, da § 28 Abs. 3 und 4 Vlbg KanalG 1976 auf den Tatbestand abstelle, an den das Gesetz die Einhebung eines Kanalisationsbeitrages knüpfe.

1.6. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Vorstellungsbescheid wird in seinem gesamten Umfang angefochten.

1.7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG hat die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Artikel 131 und 132) und vor dem Verfassungsgerichtshof (Artikel 144) Beschwerde zu führen. Die Berechtigung zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 B-VG, die die Behauptung der Verletzung in subjektiven Rechten voraussetzt, zeigt, daß es sich bei der Beschwerdeführung auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht, wie die beschwerdeführende Gemeinde meint, um eine "besondere Art der Amtsbeschwerde" im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG handeln kann. Dafür spricht auch die Befugnis zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde. Zutreffend hat die beschwerdeführende Gemeinde daher ihre Rechtsverletzungsbehauptung (Beschwerdepunkte) - wenn auch aus ihrer Sicht bloß hilfsweise - ausgeführt.

2.2. ZUM ERSCHLIESSUNGSBEITRAG:

2.2.1. Die Beschwerdeführerin führt hinsichtlich des ERSCHLIESSUNGSBEITRAGES unter anderem aus, sie stimme der belangten Behörde darin zu, daß die Sammelkanäle als solche im Jahr 1979 bereits "vorhanden" gewesen seien, ferner daß § 13 Abs. 1 des Kanalisationsgesetzes an die Betriebsfertigstellung anknüpfe und damit nicht die allfällige bautechnische Fertigstellung eines Sammelkanales verstanden werde; vielmehr müßten alle rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Sammelkanal "betrieben", d.h. voll genutzt werden könne. Die belangte Behörde vermeine aber, daß diese Frage, "unabhängig des Anschlusses an die gemeinsame Wasserreinigungsanlage" davon abhänge, wann der errichtete Sammelkanal im Jahre 1979 zur Aufnahme und Weiterleitung der zugeleiteten Wässer diente; dies könne den Akten nicht entnommen werden. Da es sich bei dieser Begründung um eine im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Aufhebung "tragende" handle, die im weiteren Abgabenverfahren auf Gemeindeebene Bindungswirkung erzeugen würde, müsse diese Behauptung in der vorgetragenen Form bekämpft werden. Sie beruhe auf einer weder in den Akten noch sonst gedeckten Annahme. Denn gerade deshalb, weil diese Frage keinen aktenmäßigen Niederschlag gefunden habe, sei auch eine Aufhebung des Berufungsbescheides der Abgabenkommission durch die Vorstellungsbehörde erfolgt. Zum Nachweis, daß die Behauptung der belangten Behörde, schon im Jahre 1979 habe der gegenständliche Sammelkanal zur Aufnahme und Weiterleitung der zugeleiteten Wässer gedient, nur auf Grund eines gravierenden Verfahrensfehlers aufgestellt worden sei, werde darauf hingewiesen, daß der gegenständliche Sammelkanal von vornherein überhaupt nur daraufhin konstruiert gewesen sei, an die gemeinsame Abwasserreinigungsanlage angeschlossen zu werden, und daß tatsächlich der völlig neu errichtete Sammelkanal erst im Jahre 1982 in Betrieb genommen worden sei.

Frühestens mit der Erlassung einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 1 des Kanalisationsgesetzes, wonach der Einzugsbereich des Sammelkanales festzulegen sei, könne ein Erschließungsbeitrag im Sinne des § 13 leg. cit. erhoben werden; denn letztere Regelung ziele ausdrücklich auf die Erschließung innerhalb des Einzugsbereiches eines Sammelkanales gelegener Grundstücke ab. Dieser Einzugsbereich werde aber erst durch die genannte Verordnung festgelegt. Die belangte Behörde habe es unterlassen, entsprechende Überlegungen hinsichtlich des Ergehens dieser Verordnung anzustellen. Diese Verordnung sei am 27. Jänner 1981 erlassen worden und am 31. März 1981 in kraft getreten.

Aber auch zu diesem Zeitpunkt könne von einer "Betriebsfertigstellung" des Sammelkanales nicht gesprochen werden, da überhaupt erst Anfang Dezember 1981 seitens des regionalen Abwasserverbandes "N" mitgeteilt worden sei, daß ein Anschluß des neu errichteten Sammelkanales erfolgen könne, der erst in der Folge realisiert worden sei.

Der angefochtene Bescheid gehe überhaupt von einer verfehlten rechtlichen Annahme aus, und zwar von einer verfehlten Auslegung des § 13 Abs. 3 des Kanalisationsgesetzes, insbesondere des ersten Satzes über das Entstehen des Abgabenanspruches. Nicht das abstrakte Entstehen des Abgabenanspruches im Sinne des erstmöglichen Vorschreibens sei maßgeblich, sondern allein der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Vorschreibung des Erschließungsbeitrages. Im vorliegenden Falle sei dieser im Jahre 1984 vorgeschrieben worden, also zu einem Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben längst grundbücherlicher Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft gewesen sei.

2.2.2. Nach § 2 Abs. 3 Vlbg KanalG 1976 in der Fassung vor LGBl. Nr. 62/1988 sind Sammelkanäle jene Teile der Abwasserbeseitigungsanlage, welche der Aufnahme und Weiterleitung der über die Anschlußkanäle zugeleiteten Abwässer oder Niederschlagswässer dienen, einschließlich der Anschlußschächte.

§ 11 Abs. 3 und 4 leg. cit. bestimmt:

"(3) Kanalisationsbeiträge sind der Erschließungsbeitrag, der Anschlußbeitrag, der Ergänzungsbeitrag und der Nachtragsbeitrag.

(4) Abgabenschuldner ist hinsichtlich des Erschließungsbeitrages der Grundstückseigentümer, hinsichtlich der übrigen Kanalisationsbeiträge der Anschlußpflichtige."

§ 13 leg. cit. in der genannten Fassung lautet:

"(1) Für die Erschließung innerhalb des Einzugsbereiches eines Sammelkanales gelegener Grundstücke, die in einem Flächenwidmungsplan als Bauflächen oder als bebaubare Sonderflächen gewidmet sind, kann ein Erschließungsbeitrag erhoben werden, wenn in den Sammelkanal Abwässer nicht nur vorläufig eingeleitet werden dürfen.

(2) Die Bewertungseinheit hat 5 v.H. der in den Einzugsbereich fallenden Grundstücksfläche (m2) zu betragen.

(3) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales. Erfolgt die Betriebsfertigstellung jedoch vor der Widmung der betreffenden Grundstücke als Bauflächen oder als bebaubare Sonderflächen, so entsteht der Abgabenanspruch mit der Rechtswirksamkeit der Widmung."

2.2.3. Was zunächst die zuletzt wiedergegebene Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Marktgemeinde anlangt, ist ihr zu entgegnen, daß es hinsichtlich des Umstandes, wer Grundstückseigentümer und damit Abgabepflichtiger des Erschließungsbeitrages ist, auf den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld und nicht auf jenen der bescheidmäßigen Beitragsvorschreibung ankommt. Nach § 3 Abs. 1

Vlbg AbgabenverfahrensG entsteht nämlich der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft. Der Zeitpunkt der Festsetzung (hier: Bescheid des Bürgermeisters vom 21. November 1984) und die Fälligkeit einer Abgabe ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Es kommt daher auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestandes an, an den die ausdrückliche Regelung des § 13 Abs. 3 Vlbg KanalG 1976 die Entstehung des Abgabenanspruches knüpft. Das Abgabenschuldverhältnis entsteht mit jener Person, die in diesem Zeitpunkt Grundstückseigentümerin ist bzw. war. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. April 1991, Zl. 86/17/0199, ausgesprochen hat, enthält § 27

Vlbg KanalG 1976 für das Abgabenschuldverhältnis keine "in-rem-Wirkung" oder "dingliche Wirkung". Das Gesetz enthält daher keine Regelung, der zufolge bei einem nach § 13 Abs. 3 leg. cit. entstandenen Abgabenschuldverhältnis ein Schuldnerwechsel bei jedem Eigentümerwechsel angenommen werden könnte.

Die belangte Vorstellungsbehörde hat daher zu Recht die Frage als relevant erachtet, ob der Mitbeteiligte oder eine Person, dessen Gesamtrechtsnachfolger der Mitbeteiligte ist, im (ebenfalls festzustellenden) Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes nach § 13 Abs. 3 Vlbg KanalG 1976 Grundstückseigentümer war. Sie hat daher die globale Feststellung der Abgabenbehörde zweiter Instanz, die Betriebsfertigstellung des Sammelkanals sei mit dem Anschluß an die Abwasserreinigungsanlage im Jahr 1982 erfolgt, zu Recht als ergänzungsbedürftig angesehen, weil dies nichts über den genauen Zeitpunkt der Betriebsfertigstellung, nämlich der Möglichkeit der Abwasserableitung durch den Sammelkanal aussagt und auch hinsichtlich der Person des Abgabenschuldners keine Klärung im Hinblick darauf ermöglicht, daß der Mitbeteiligte nach seiner eigenen Angabe während des Jahres 1982 Eigentümer des Grundstückes wurde.

2.2.4. Aus § 13 Abs. 1 Vlbg KanalG 1976 ergibt sich, daß kein Erschließungsbeitrag erhoben werden kann, solange kein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan in Geltung steht. Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. entsteht der Abgabenanspruch mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales. Erfolgt die Betriebsfertigstellung jedoch vor der Widmung der betreffenden Grundstücke als Bauflächen oder als bebaubare Sonderflächen, so entsteht der Abgabenanspruch mit der Rechtswirksamkeit der Widmung. Sammelkanäle dienen nach § 2 Abs. 3 leg. cit. der Aufnahme und Weiterleitung der über die Anschlußkanäle zugeleiteten Abwässer oder Niederschlagswässer. Vor dem Hintergrund dieser Zweckbestimmung der Sammelkanäle ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach mit der "Betriebsfertigstellung" des Sammelkanales im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. gemeint ist, daß der Sammelkanal fertiggestellt UND betriebsfertig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 1990, Zl. 87/17/0304).

Die beschwerdeführende Marktgemeinde wendet sich nun weder gegen die Feststellung des Rechtswirksamwerdens des Flächenwidmungsplanes mit 27. Jänner 1981 noch gegen die Feststellung, daß Sammelkanäle in der Zeit vom 18. April bis 7. Dezember 1979 errichtet wurden, somit insoweit bereits "vorhanden" waren. Sie rügt allerdings den Satz in der Begründung des angefochtenen Bescheides, hinsichtlich der Betriebsfertigstellung sei "somit auf den Zeitpunkt abzustellen, wann der errichtete Sammelkanal im Jahre 1979 zur Aufnahme und Weiterleitung der zugeleiteten Wässer diente, unabhängig des Anschlusses an die gemeinsame Abwasserreinigungsanlage". Die beschwerdeführende Gemeinde ist der Auffassung, es werde ihr damit die unzutreffende Feststellung überbunden, daß die Betriebsfertigstellung noch im Jahr 1979 erfolgt sei. Damit verkennt die beschwerdeführende Gemeinde den rechtverstandenen Inhalt der sprachlich nicht glücklichen Formulierung. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes wollte die belangte Behörde von dem im Jahr 1979 errichteten Sammelkanal sprechen und nicht den erst festzustellenden Zeitpunkt der Betriebsfertigstellung auf das Jahr 1979 einschränken. Schon im nächsten Satz des angefochtenen Bescheides lautet nämlich die Feststellung der belangten Behörde zeitlich ganz umfassend, aus den vorgelegten Akten könne "nicht entnommen werden, ab welchem Zeitpunkt dieser Kanal obiger Funktion gerecht wurde".

Auch der diesbezügliche Beschwerdevorwurf besteht daher nicht zu Recht.

2.2.5. Ohne Relevanz für den Ausgang dieses Verfahrens ist die weitere Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Gemeinde, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, daß die Einzugsgebietsverordnung gemäß § 3 Abs. 1 Vlbg KanalG 1976 am 31. März 1981 in Kraft getreten sei, zumal die beschwerdeführende Gemeinde selbst ausführt, auch zu diesem Zeitpunkt könne von einer Betriebsfertigstellung des Sammelkanales nicht gesprochen werden, da überhaupt erst Anfang Dezember 1981 seitens des regionalen Abwasserverbandes "N" mitgeteilt worden sei, daß ein Anschluß des neu errichteten Sammelkanales erfolgen könne, der erst in der Folge realisiert worden sei.

2.3. ZUM ANSCHLUSSBEITRAG:

2.3.1. Hinsichtlich des ANSCHLUSSBEITRAGES ging die belangte Behörde von der Feststellung der Gemeindeabgabenbehörde zweiter Instanz aus, daß der Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten im Jahr 1955 einen als vorläufigen Anschlußbeitrag zu wertenden Beitrag für die Einleitung von Haus- und Niederschlagswässern in die Kanalleitung in der Höhe von S 450,-- geleistet habe. Hinsichtlich des Anschlußbeitrages sei der Abgabentatbestand daher vor dem am 1. Jänner 1977 erfolgten Inkrafttreten des Vlbg KanalG 1976 verwirklicht worden. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Vlbg KanalG entstehe in solchen Fällen der Abgabenanspruch am 1. Jänner 1977. Der Abgabenbescheid des Bürgermeisters sei am 27. November 1984 erlassen worden, es liege daher hinsichtlich des Anschlußbeitrages Bemessungsverjährung vor.

2.3.2. Gemäß § 11 Abs. 4 Vlbg KanalG 1976 ist Abgabenschuldner hinsichtlich des Anschlußbeitrages der Anschlußpflichtige. § 14 leg. cit. in der Stammfassung lautet auszugsweise:

"(1) Für den Anschluß von Bauwerken und befestigten Flächen an einen Sammelkanal kann ein Anschlußbeitrag erhoben werden.

(2) Die Bewertungseinheit hat sich aus folgenden, nach Quadratmetern zu berechnenden Teileinheiten zusammenzusetzen:

a)

40 v.H. der Geschoßfläche von Gebäuden,

b)

20 v.H. der bebauten Fläche,

c)

10 v.H. der angeschlossenen befestigten Fläche.

(3) Wenn von einem Bauwerk oder einem selbständigen Teil eines Bauwerkes nur Niederschlagswässer in die Abwasserbeseitigungsanlage eingeleitet werden, entfällt die Teileinheit nach Abs. 2 lit. a, wenn nur Abwässer eingeleitet werden, die Teileinheiten nach Abs. 2 lit. b und c.

...

(6) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Rechtskraft des Anschlußbescheides, frühestens jedoch mit dem im Anschlußbescheid festgesetzten Zeitpunkt des Anschlusses."

Der Absatz 6 enthielt durch die Novelle LGBl. Nr. 16/1982 die Bezeichnung Abs. 8.

§ 28 Abs. 2 und 3 Vlbg KanalG 1976 bestimmen:

"(2) Bei Bauwerken oder befestigten Flächen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne bescheidmäßigen Auftrag an die Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen worden sind, ist ein Anschlußbescheid zu erlassen, wenn es im Interesse einer geordneten Abwasserbeseitigung erforderlich ist.

(3) Für Bauwerke, befestigte Flächen und Grundstücke, für die nach bisher geltenden Vorschriften ein Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden ist, der entweder ausdrücklich als vorläufiger Beitrag bezeichnet wurde oder seinem Inhalt nach als solcher anzusehen ist, können die im § 11 Abs. 3 genannten Kanalisationsbeiträge vorgeschrieben werden, wobei der bereits geleistete vorläufige Beitrag unter Anwendung des § 29 anzurechnen ist. Wenn der Tatbestand, an den dieses Gesetz die Einhebung eines Kanalisationsbeitrages knüpft, bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht worden ist, entsteht der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes."

2.3.3.1. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, der Abgabenanspruch sei mit Rechtskraft des Anschlußverpflichtungsbescheides des Bürgermeisters vom 16. Juni 1984 entstanden. Wenn § 28 Abs. 3 leg. cit. anzuwenden wäre, hätte es eines Ausspruches der Anschlußverpflichtung nicht bedurft.

Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt, die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe dem Mitbeteiligten entgegenkommen wollen und habe deswegen eine Zahlung einer Kanalisationsgebühr im Jahr 1955 "anerkannt". Sie habe also trotz Fehlens eines Beweises eine fiktive Berücksichtigung vornehmen wollen. Wenn die belangte Behörde daraus ableite, daß diese Tatsache erwiesen sei, so irre sie. Es fehle jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß der Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben und bezahlt worden sei.

2.3.3.2. Was die Sachverhaltsfeststellungen betreffend den im Jahr 1955 vorgeschriebenen und geleisteten vorläufigen Anschlußbeitrag anlangt, wird auf den obigen Punkt 1.4. verwiesen, wo die Feststellung der Abgabenbehörde zweiter Instanz wiedergegeben wird, auf die sodann die Vorstellungsbehörde ihren Bescheid, was diesen Punkt der Sachverhaltsannahme anlangt, in völliger Übereinstimmung mit jener der zweitinstanzlichen Behörde der Gemeinde stützte. Die Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Gemeinde besteht daher nicht zu Recht.

Was die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt betrifft, erweist sich zunächst die Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde als unzutreffend, es komme ausschließlich darauf an, ob - nach Inkrafttreten des Vlbg KanalG 1976 - ein Anschlußpflichtbescheid (hier der rechtskräftige Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Juni 1984) erlassen worden sei. Denn nach § 14 Abs. 8 leg. cit. entsteht mit der Rechtskraft dieses Bescheides der Abgabenanspruch auf den Anschlußbeitrag. Die beschwerdeführende Gemeinde übersieht dabei nämlich die Übergangsregelungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz, des § 28 Abs. 3 erster Satz und des § 28 Abs. 4 leg. cit. Ist einer der Tatbestände dieser Übergangsregelungen gegeben, so schließt dies eine ohne Bedachtnahme auf das Übergangsrecht erfolgende Anwendung des Dauerrechtes, unter anderem des § 14 Abs. 8 leg. cit. aus. Wie § 28 Abs. 2 zeigt, erweist sich in den Fällen wie dem vorliegenden auch die Erlassung eines Anschlußbescheides nach dem 1. Jänner 1977 nicht als unzulässig oder sinnlos. Er ist vielmehr geboten, wenn es im Interesse einer geordneten Abwasserbeseitigung erforderlich ist. Keinesfalls könnte die Erlassung eines Anschlußpflichtbescheides nach Inkrafttreten des Vlbg KanalG 1976 dazu führen, daß ein nach den Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz zum 1. Jänner 1977 entstandener Abgabenanspruch neuerlich entstünde.

Auszugehen ist nämlich vom § 28 Abs. 3 zweiter Satz Vlbg KanalG 1976. Danach entsteht der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Jänner 1977), wenn der Tatbestand, an den dieses Gesetz die Einhebung eines Kanalisationsbeitrages knüpft, bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht worden ist. Diese Bestimmung kommt für alle Altbestandsfälle, die materiell den Abgabentatbeständen des Vlbg KanalG 1976 entsprechen, zur Anwendung. Dabei kann ein Fall vorliegen, für den noch gar kein Beitrag vorgeschrieben wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0041, dem ein solcher Fall zugrundelag); die Regelungen des § 28 Abs. 3 erster Satz und Abs. 4 kommen diesfalls nicht zur Anwendung (vgl. das eben zitierte Erkenntnis). Wurde ein nur vorläufiger Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben, ist dieser nach § 28 Abs. 3 erster Satz leg. cit. anzurechnen. Wurde ein endgültiger Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben - auch hier ist § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. gemäß dem jeweils letzten Satz in § 28 Abs. 4 lit. a und b leg. cit. anzuwenden - ist die Erhebung der Kanalisationsbeiträge durch die Schranken des Abs. 4 leg. cit. begrenzt.

Wie im Fall des eben zitierten hg. Erkenntnisses vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0041, handelt es sich auch im vorliegenden Fall um einen "Anschluß-Altbestand". In einem solchen Fall läßt sich, wie der Gerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen hat, unter dem in der Übergangsbestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. gebrauchten Begriff des "Tatbestandes, an den dieses Gesetz die Einhebung eines Kanalisationsbeitrages knüpft", zwanglos die im § 14 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Tatsache des vollzogenen Anschlusses an den Sammelkanal verstehen, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß nach der derzeit geltenden Regelung zur Entstehung des Abgabenanspruches noch die Rechtskraft des Anschlußbescheides hinzutreten muß (Abs. 8).

Der Abgabentatbestand nach dem Vlbg KanalG, auf den die Übergangsbestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. Bezug nimmt, und zwar jener nach § 14 Abs. 1 leg. cit., ist im Beschwerdefall durch den im Jahr 1955 vollzogenen Anschluß somit vor Inkrafttreten des Kanalgesetzes verwirklicht worden. Daraus folgt die Anwendbarkeit dieser Übergangsbestimmung und die Richtigkeit der Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Abgabentatbestand im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. mit 1. Jänner 1977 entstanden ist. Wie im Vorstellungsbescheid weiters ausgeführt wurde, trat hinsichtlich des Anschlußbeitrages Bemessungsverjährung ein.

Der Beschwerdevorwurf besteht daher auch in diesem Punkt nicht zu Recht.

2.3.4.1. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde lege der angefochtene Bescheid den § 28 Abs. 3 Vlbg KanalG 1976 auch deshalb inhaltlich rechtswidrig aus, weil damit auf eine besonders häufige und bedeutsame Fallgruppe nicht Bedacht genommen werde. Seit Beginn der 70iger Jahre habe sich die Notwendigkeit ergeben, die vor vielen Jahren errichteten Sammelkanalisationsanlagen zu erneuern. Gerade ein solcher Fall liege auch in der beschwerdeführenden Gemeinde vor. Unter der fiktiven Annahme, daß seinerzeit Kanalisationsbeiträge vorgeschrieben worden wären, würde die Auslegung der belangten Behörde zum sachwidrigen Ergebnis führen, daß in solchen Fällen nur bis zum 31. Dezember 1982, keinesfalls jedoch nachher die im § 11 Abs. 3 leg. cit. genannten Kanalisationsbeiträge vorgeschrieben werden könnten.

2.3.4.2. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Gesetzesbestimmungen sind aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden. Grundsätzlich handelt es sich beim Anschlußbeitrag um eine Abgabe, die nur einmal zu leisten ist (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Vlbg KanalG 1976, 12 BlgLT XXII. GP aus 1976, 47).

Nachträgliche Leistungen können bei Erfüllung des Tatbestandes des Ergänzungsbeitrages (§ 15 Vlbg KanalG 1976) oder eines Nachtragsbeitrages (§ 17 leg. cit.) gefordert werden. Verfassungsrechtlich unbedenklich hat der Gesetzgeber bei der Beurteilung der Einmaligkeit der Heranziehung zur Beitragsleistung auch gleichartige Abgabenansprüche nach früheren Vorschriften berücksichtigt. Wenn der Landesgesetzgeber anläßlich und wegen der erstmaligen eingehenden und landeseinheitlichen gesetzlichen Regelung der Kanalabgaben den hebeberechtigten Gemeinden (neuerdings) für den durch die Verjährungsbestimmungen begrenzten Zeitraum ab Inkrafttreten des Gesetzes die Möglichkeit eröffnete, Fälle des "Anschluß- oder Erschließungs-Altbestandes" zu überprüfen und zum Anlaß einer Abgabenvorschreibung zu machen, so begegnet auch dies keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1985). Die zeitliche Beschränkung dieser Möglichkeit findet in der Übergangssituation ihre sachliche Rechtfertigung.

2.3.5.1. In der Beschwerde wird weiters die Auffassung vertreten, im Falle der unbedingten Notwendigkeit der völligen Neulegung der Sammelkanäle in größeren Zeitabständen (wie vorliegendenfalls) könnten der Erschließungs- und Anschlußbeitrag im Sinne der §§ 13 und 14 Vlbg KanalG 1976 (abermals) erhoben werden. Denn rechtlich, wirtschaftlich und technisch handle es sich um eine selbständige "Betriebsfertigstellung" nach § 13 bzw. um einen selbständigen "Anschluß" im Sinne des § 14 leg. cit. 2.3.5.2. Wenn im § 28 Abs. 3 und 4 Vlbg KanalG 1976 darauf abgestellt wird, daß für Bauwerke, befestigte Flächen und Grundstücke nach den bisher geltenden Vorschriften ein Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden ist, so kann dies nur bedeuten, daß damit alle jene Vorschriften gemeint sind, die vor Erlassung des Vlbg KanalG 1976 bestanden haben. Wurde also vor Inkrafttreten des Gesetzes ein dem Gesetz entsprechender Abgabentatbestand verwirklicht, so kommt es nur unter den Voraussetzungen der zitierten Übergangsregelungen zu einem neuerlichen Entstehen des Abgabenanspruches.

Außerhalb des Übergangsrechtes ist aus den taxativ aufgezählten Tatbeständen für Ergänzungs- und Nachtragsbeiträge in den §§ 15 und 17 leg. cit. auf die Einmaligkeit des Anschlußbeitrages zu schließen. Nach der oben bereits zitierten Regierungsvorlage ist der Anschlußbeitrag eine Abgabe, die einmalig zu leisten ist; im Rahmen dieser Ergänzungs- und Nachtragsbeiträge bestehe aber die Möglichkeit, Änderungen sowohl in der Bewertungseinheit als auch in bezug auf die Abwasserbeseitigungsanlage Rechnung zu tragen. Maßgeblich ist unter diesem Gesichtspunkt die Identität der erbrachten Entsorgungsleistung, nicht die Identität des jeweiligen konkreten Kanalstranges.

2.3.6.1. In der Beschwerde wird schließlich ausgeführt, daß der angefochtene Bescheid jedenfalls auch insofern rechtswidrig sei, als er den Ausspruch des Berufungsbescheides über den Anschlußbeitrag bezüglich der bebauten Fläche in Höhe von S 5.635,68 aufhebe. Der Mitbeteiligte habe aber in der Berufung eindeutig zu erkennen gegeben, daß diesbezüglich keine Bekämpfung erfolge. Insofern sei Rechtskraft eingetreten. Nachdem in diesem Punkt das Berufungsrecht verwirkt worden sei, hätte die Gemeindeaufsichtsbehörde keinesfalls mit einer Aufhebung vorgehen dürfen, sondern hätte die Vorstellung, soweit sie sich nunmehr auch auf diesen Punkt erstreckte, als unzulässig zurückweisen müssen. Die belangte Behörde habe also diesbezüglich zu Unrecht eine Sachentscheidung getroffen, obwohl sie funktionell unzuständig gewesen sei.

2.3.6.2. Die beschwerdeführende Gemeinde verkennt, daß die Position 2b des Bescheides des Bürgermeisters vom 21. November 1984 lediglich eine Berechnungskomponente, nämlich die Teileinheit der Bewertungseinheit nach der bebauten Fläche (20 v.H. von 119.4 m2, d.s. 23.9 Bewertungseinheiten, somit S 5.640,40) betrifft und nicht die Abgabenschuld für den Anschlußbeitrag als solche. § 14 Abs. 2 Vlbg KanalG 1976 spricht selbst von Teileinheiten der Bewertungseinheit. Eine solche Berechnungskomponente kann nicht in Rechtskraft erwachsen. Im Hinblick auf die Untrennbarkeit des Verfahrensgegenstandes "Anschlußbeitrag" und im Hinblick darauf, daß dem Gemeindeaufsichtsrecht im Zusammenhalt mit dem Abgabenverfahrensrecht eine Präklusion von Einwendungen fremd ist, erfolgte die Aufhebung der gesamten Anschlußbeitragsvorschreibung zu Recht.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zulässigkeit der Vorstellung Parteistellung und Rechtsansprüche der Parteien (außer der Gemeinde) im Vorstellungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1986170125.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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