TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/10 91/04/0284

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Veröffentlicht am 10.12.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
21/01 Handelsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §8;
AVG §9;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §353;
GewO 1973 §356 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
HGB §17;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. August 1991, Zl. 313.999/1-III-3/91, betreffend Ansuchen um Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. August 1991 wurde über die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. November 1990 erhobene Berufung dahin abgesprochen, daß dieser Bescheid des Landeshauptmannes und der diesem Bescheid zugrundeliegende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Oktober 1990 im Grunde des § 353 GewO 1973 in Verbindung mit den §§ 8 und 9 AVG 1950, letzgenannter Bescheid hinsichtlich der Verfahrenskosten gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950, behoben werden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Schreiben vom 22. März 1990 habe Dipl.-Ing. W im Namen der "Firma S" um die gewerbebehördliche Genehmigung einer Baustoffrecyclinganlage im Standort Gst. 1037/13, KG N, angesucht. Mit Bescheid vom 22. Oktober 1990 habe die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das Ansuchen abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer an den Landeshauptmann von Oberösterreich berufen, der mit Bescheid vom 29. November 1990 den erstinstanzlichen Bescheid im wesentlichen bestätigt und die Berufung abgewiesen habe. Beide Bescheide hätten sich an den Beschwerdeführer gerichtet. Dieser habe neuerlich gegen den zweitbehördlichen Bescheid berufen.

Nach Anführung der §§ 8 und 9 AVG 1950 führte der Bundesminister weiters aus, daß das gegenständliche Ansuchen vom 22. März 1990 im Namen einer Firma gestellt worden sei. Ferner wurden die Bestimmungen des § 17 Abs. 1 und 2 HGB angeführt und hiezu festgehalten, daß eine Firma in einem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Die Firma eines Kaufmannes sei kein Rechtssubjekt im Sinne des § 8 AVG 1950, weshalb ein im Namen einer Firma eingebrachtes Betriebsanlagengenehmigungsansuchen mangels Schlüssigkeit einer meritorischen Behandlung nicht zu unterziehen sei. Aus § 353 GewO 1973 ergebe sich, daß die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlage ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt sei. Ein derartiger Verwaltungsakt stehe nur dann mit dem Gesetz im Einklang, wenn ein auf seine Setzung gerichtetes, von einer hiezu legitimierten Partei gestelltes Ansuchen vorliege. Daraus folge, daß das gegenständliche Ansuchen vom 22. März 1990 dem Beschwerdeführer nicht zugerechnet werden könne. Die Bescheide der Erst- und der Zweitbehörde, in denen über dieses Ansuchen abgesprochen worden sei, richteten sich jedoch an den Beschwerdeführer als Genehmigungswerber. In Anbetracht der Antragsgebundenheit eines Betriebsanlagengenehmigungs- bzw. Änderungsverfahrens fehle diesen Bescheiden mangels Vorlage eines zulässigen Ansuchens des Beschwerdeführers die Rechtsgrundlage, weshalb diese Bescheide zu beheben gewesen seien. Die Vorschreibung der Kommissionsgebühren im erstbehördlichen Bescheid sei gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 zu beheben gewesen, zumal der Verhandlung vom 9. August 1990 kein rechtsgültiges Ansuchen zugrunde gelegen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem auf § 77 GewO 1973 gestützten Recht auf Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung verletzt. Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, in der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe die belangte Behörde davon aus, daß Antragsteller und Verfahrenssubjekt während des Verfahrens in den Unterinstanzen die Firma S gewesen sei, während der Beschwerdeführer nicht Rechtssubjekt und daher nicht Partei des gegenständlichen Verfahrens gewesen sei, sodaß die Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid mangels Rechtsmittellegitimation - dies sei dem angefochtenen Bescheid indirekt zu entnehmen- zurückzuweisen gewesen wäre und die Bescheide der Unterinstanzen gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 zu beheben gewesen seien. Diese Rechtsansicht der belangten Behörde sei unrichtig, sie lasse den tatsächlichen Ablauf des Verwaltungsverfahrens völlig außer acht und sei Ergebnis einer wirklichkeitsfernen, formalistischen Betrachtungsweise. Wie die belangte Behörde selbst feststelle, sei das Genehmigungsansuchen vom 22. März 1990 durch Dipl.-Ing. W im Namen der "Firma S" gestellt worden. Der Behörde sei aus der Aktenlage bekannt, daß es sich bei Dipl.-Ing. W nicht etwa um einen Juristen, sondern um einen Zivilingenieur und Inhaber eines technischen Büros handle, der für die Projektierung der Anlage zuständig gewesen sei. Die Verwendung des Ausdruckes "Firma S" sei die laienhafte Bezeichnung eines Unternehmens als "Firma", und zwar ohne Rücksicht darauf, ob eine diesbezügliche Eintragung im Handelsregister/Firmenbuch vorliege oder nicht. Der Behörde sei aber stets klar gewesen, wer tatsächlich als Antragsteller gemeint sei. Sämtliche Schriftstücke seien an den Beschwerdeführer persönlich adressiert worden und dieser habe an der mündlichen Verhandlung vom 9. August 1990 als Konsenswerber, nicht etwa als Vertreter der "Firma S", unbeanstandet teilgenommen. Auch im weiteren Verfahren hätten sich sämtliche Verfahrenshandlungen der Behörde auf den Beschwerdeführer persönlich bezogen und seien von diesem zur Kenntnis genommen worden. Damit stehe fest, daß die ursprünglich auf das Büro Dipl.-Ing. W zurückgehende Falschbezeichnung des Antragstellers kurz nach Beginn des Verfahrens einvernehmlich zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer richtig gestellt worden sei, bzw. daß von vornherein der Beschwerdeführer als Antragsteller auftreten sollte und die Verwendung des Firmennamens auf eine irrtümlich erfolgte Falschbezeichnung des Antragstellers durch Dipl.-Ing. W zurückzuführen sei. Für diese Tatsache, nämlich, daß lediglich die Bezeichnung des Antragstellers kurz nach Verfahrenseinleitung richtig gestellt worden sei bzw. daß der Beschwerdeführer den ursprünglich gestellten Antrag aufrecht erhalten und in seinem Namen wiederholt habe, sprächen vor allem folgende Punkte:

a) Ladung und Beiziehung des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung als Konsenswerber, dieser sei auch als Konsenswerber aufgetreten;

b) Eingabe des Beschwerdeführers vom 28. August 1990, in der von ihm der Antrag auf Genehmigung des Projektes gestellt worden sei;

c) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Oktober 1990, der an den Beschwerdeführer persönlich adressiert sei;

d) Berufung des Beschwerdeführers vom 14. November 1990, in der dieser neuerlich die Genehmigung der Betriebsanlage beantragt habe;

e) Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. November 1990, der ebenfalls an den Beschwerdeführer persönlich adressiert sei;

f) neuerliche Antragstellung auf Genehmigung der Betriebsanlage durch den Beschwerdeführer in der Berufung vom 27. Dezember 1990.

Es widerspreche somit dem Akteninhalt - diesbezüglich werde auch eine Aktenwidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.a VwGG geltend gemacht -, daß während des (erstinstanzlichen) Verfahrens kein Ansuchen des Beschwerdeführers vorgelegen habe (siehe den Antrag vom 28. August 1990, der sich an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Gewerbebehörde in erster Instanz gerichtet habe). Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde habe es daher dem Beschwerdeführer weder an der Rechtsmittellegitimation gefehlt, noch seien ihm aus den behobenen Bescheiden keine Rechte erwachsen; die amtswegige Behebung der Bescheide der Unterinstanzen sei rechtswidrig. Der belangten Behörde hätte auffallen müssen, daß es einen Firmennamen "S" gar nicht geben könne, weil gemäß § 18 HGB die Firma des Einzelkaufmannes aus seinem Familiennamen mit mindestens einem vorgeschriebenen Vornamen bestehen müsse. Auch wenn die belangte Behörde diese Vorschriften nicht beachtet hätte, hätte sie jedenfalls zur Bewirkung eines mangelfreien Verfahrens Erhebungen im Handelsregister/Firmenbuch durchführen und dabei zur Erkenntnis kommen müssen, daß es eine Firma "S" nicht gebe. In Wahrheit handle es sich um einen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950. Im Verbesserungsverfahren hätte die Behörde klarstellen müssen, wie der Antragsteller vollständig heiße und ob der Antrag im Namen einer "Firma" oder im Namen des Beschwerdeführers gestellt worden sei.

Nach § 353 GewO 1973 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage bestimmte Unterlagen anzuschließen.

    Gemäß § 356 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde (§§ 333,

334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund

eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes

einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer

genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung

anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der

Augenscheinsverhandlung ... sind den Nachbarn durch Anschlag in

der Gemeinde (§ 41 AVG 1950) und durch Anschlag in den der

Anlage unmittelbar benachbarten Häusern und in den auf den an

diese Häuser unmittelbar angrenzenden Grundstücken stehenden

Häusern bekanntzugeben; ... Der Eigentümer des

Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

Sowohl die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage als auch die Änderung einer solchen setzt ein Ansuchen voraus und ist damit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Bereits die Anberaumung einer Augenscheinsverhandlung entsprechend § 356 Abs. 1 GewO 1973 setzt das Vorliegen eines im Sinne des § 353 GewO 1973 zu qualifizierenden Ansuchens voraus (siehe u. a. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0263).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargetan hat, kommt einer Firma, d.h. dem Namen, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt und mit dem er fertigt (§ 17 HGB), Rechtspersönlichkeit nicht zu. Die Firma ist kein selbständiges Rechtssubjekt, sondern nur Kennzeichen des Unternehmens, dessen Rechtsträger der Kaufmann als physische Person ist. Bei der der gegenständlichen Beschwerdeführung zugrundeliegenden Verwaltungsangelegenheit (Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage) handelt es sich um kein "Geschäft", das der Kaufmann "im Handel" betreibt, weshalb in Ansehung einer gewerblichen Betriebsanlage eines Einzelkaufmannes die Bestimmungen des § 353 und des § 356 Abs. 1 GewO 1973 nicht in Verbindung mit den Vorschriften des § 17 HGB zur Anwendung zu kommen haben (vgl. hiezu u.a. den hg. Beschluß vom 23. Mai 1989, Zl. 89/04/0066).

Der Beschwerdeführer gesteht in der vorliegenden Beschwerde selbst zu, daß das Ansuchen um Genehmigung der bezeichneten gewerblichen Betriebsanlage im Namen der "Firma S", d.h. somit - unabhängig davon, ob zufolge des Handelsregisters bzw. des Firmenbuches eine "Firma S" besteht oder nicht - jedenfalls nicht in einem ihn persönlich als Rechtssubjekt bezeichnenden Namen, gestellt worden sei. Der Beschwerdeführer beruft sich zwar weiters auf seine Eingabe vom 28. August 1990, er macht aber nicht etwa geltend, daß bereits der Anberaumung der Augenscheinsverhandlung vom 9. August 1990 ein anderes als das im Namen der "Firma S", nämlich etwa ein von ihm persönlich oder von einem Vertreter in seinem Namen eingebrachtes Ansuchen zugrunde gelegen wäre.

Wenn somit die belangte Behörde aus Anlaß der Berufung des Beschwerdeführers gegen den zweitbehördlichen Bescheid diesen zweitbehördlichen und den diesem zugrundeliegenden erstbehördlichen Bescheid behob, ist darin auf dem Boden der in § 17 HGB und in § 353 und § 356 Abs. 1 GewO 1973 gelegenen Rechtsgrundlage keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts Zivilrecht Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040284.X00

Im RIS seit

10.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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